Das Kriegshaber Holzgrabmal des Mordechai Cassel

January 14, 2010

Etwa acht Meter östlich vom alten Friedhofswärterhaus am jüdischen Friedhof Kriegshaber befindet sich ein Grabplatz, der bis in die 1990er Jahre mit einem hölzernen Grabmal versehen war. Dieses wurde im Frühsommer des Jahres 1927 von Theo Harburger fotografiert und aufgezeichnet. Die hölzerne Platte wurde mit einer Art Vitrine umgeben, um die Tafel vor der Witterung zu schützen. Gemäß einer Bemerkung in seinem unveröffentlicht gebliebenen Abhandlung über die „Geschichte der Juden in Kriegshaber“ (sein Nachlass befindet sich im Augsburger Stadtarchiv) aus dem Jahre 1934, soll dies auf Veranlassung des Heimatforschers Luis Dürrwanger (1878-1959) geschehen sein. Da das Schriftstück jedoch auch in der Nachkriegszeit noch mehrmals überarbeitet wurde, muss sich die Information nicht zwangsläufig auf die Jahreszahl 1935 beziehen. Erinnerungen aus den Reihen der früheren Friedhofswärter-Familie Felber jedenfalls verbürgen, dass die Grabplatte zumindest seit den frühen 1950er Jahren mit dem Gehäuse umgeben war. Im Laufe der Zeit brach dessen Glas jedoch an zahlreichen Stellen und die Umrandung begann zu rosten, so dass sich der Effekt ins Gegenteil kehrte und durch Kondenswasser und Rost der Verfall der Holzplatte erheblich beschleunigte. Frau Agnes Maria Schilling veranlasste deshalb, dass das verfallende Denkmal im Haus der Friedhofswärter untergestellt wurde, danach gelangte es ins 1985 entstandene „Jüdische Kultusmuseum Augsburg Schwaben“ im Gebäude der Augsburger Synagoge, Halderstr. 6-8. Dort ist die mittlerweile völlig unleserliche Holzplatte ein vielbeachtetes Ausstellungsstück der Judaica-Exhibition. Der Sockel des Grabplatzes hingegen wuchs in den Folgejahren zu und war deshalb nicht mehr exakt zu lokalisieren. Auch der einstige Glasmetallrahmen ging verloren und so schien die letzte Erinnerung an den Verstorbenen getilgt.

Die beiden Holzgrabplatten am jüdischen Friedhof in Fischach von Josef Moses ben Abraham haLevi (5574/1815), und seiner Frau Brendl (5593/1833) festgehalten von Theo Harburger am 10.02.1927 (CAHJP P160/49), die mittlerweile auch „umglast“ wurden.

Gemäß seinen Aufzeichnung hatte Theo Harburger das hölzerne Grabmal am 12. Mai 1927 fotografiert. Zu dieser Zeit war der neue Friedhofspfleger Hermann Felber Sen. (1894-1956) gerade seit drei Monaten am Kriegshaber Friedhof. Harburger machte insgesamt nur 15 Aufnahmen vom Friedhof, wovon drei Gesamteindrücke und die anderen einzelne Grabdenkmäler porträtieren. Dass er das Holgrabmal in seiner enge Auswahl aufnahm ist nicht weiter verwunderlich, galten solche als sehr rar. Neben zwei weiteren Exemplaren in Fischach gilt die Kriegshaber Holzplatte in der Region auch als einziges erhaltenes hölzernes Grabmal. Harburger zufolge war die Eichenholzplatte 95 cm hoch und 32.5 cm breit. Die Dicke betrug 3 cm. Gewidmet wurde das Denkmal dem Mordechai Sohn des Mordechai aus Kassel, der am 27. Cheschwan 5566 verstarb (nach christlichem Kalender am 19. oder 20. November des Jahres 1805).

 

Harburgers Fotografie (CAHJP P160/125) zeigt die Holzplatte an ihrem früheren Stellplatz, weshalb im Oktober 2007 der Grabplatz wieder aufgefunden werden konnte. Unter einer Grasnarbe konnte so auch die etwas schräg stehende Nachkriegseinfassung auf welcher das Gehäuse montiert wurde, aufgefunden werden. Das Gehäuse selbst wurde erst im Herbst 2009 bei Gartenarbeiten entlang der nordöstlichen Mauer unter üppigen Wildwuchs wieder entdeckt. Der charakteristische Baum an der nordöstlichen Ecke des Hauses, bereits 1927 zu sehen,  ist inzwischen zur stattlichen Größe herangewachsen.

Das Bild von Theo Harburger zeigt eine damals noch einwandfrei lesbare Inschrift, was erstaunlich ist, wenn die Holzplatte zu dieser Zeit bereits 120 Jahre alt sein soll. Entsprechend einfach ist es deshalb natürlich auch die dort abgebildete Inschrift zu lesen und wiederzugeben:

Übersetzt heißt sie: „Hier ist begraben der Heilige, Herr Mordechai Sohn des Herrn Mordechai seligen Angedenkens aus Kassel am Tag 3, 27 Marcheschwan 566 nach kleiner Zählung.“

Das erfordert eine Reihe von Erklärungen und wie so oft, führt dies zu einem Bündel weiterer Fragen. Die Bezeichnung  הקדוש (ha‘kadosch), wörtlich „der Heilige“ bezieht sich in der Regel auf eine Person, die starb um den Namen Gottes zu heiligen: קדוש השם (kidusch ha‘schem). Sinngemäß leitet sich dies vom Gebot der Thora ab, den Namen Gottes zu heiligen (3. Moses 22:32) und im daraus abgeleiteten Umkehrschluss, Gottes Name nicht zu entweihen (chillul ha’schem). Der Überlieferung gemäß gibt es drei Gebote, bei denen die eigene Lebensrettung nicht vorrangig ist:

Götzendienst, verbotene sexuelle Akte (etwa Inzest oder Ehebruch), Mord

In der sefardischen Tradition des Judentums bezeichnet man die Juden Portugals und Spaniens, die den Tod der Zwangstaufe vorzogen als „Heilige“. Analog dazu bezeichnet man heute auch die Opfer des Holocausts als „kedoschim“, ganz unabhängig davon, dass sich ihnen in der Regel die Frage nach einer Konversion, etc. gar nicht stellte. Begrifflich entspricht dies in etwa dem christlichen Terminus eines Märtyrers. Wie nun auch immer, legt die Bezeichnung des Bestatteten als „Heiligen“ nahe, dass er gewaltsam ums Leben kam. Der zeitgeschichtliche Kontext des Sterbedatums gibt für solche Deutungen jede Menge an Möglichkeiten.

Im Würzburger Abkommen vom September 1805 hatten Frankreich und Bayern im Vorfeld verabredet, dass das bayerische Herzogtum bei einem Sieg der Verbündeten, Augsburg und die vorderösterreichische Marktgrafschaft Burgau zugeschlagen bekäme. Erst am 9. Oktober 1805 wurde die Freie Reichsstadt Augsburg trotz mehrfach erklärter Souveränität und Neutralität von anrückenden französischen Soldaten besetzt. Am Folgetag ritt der französische Feldherr und Kaiser Napoleon Bonaparte Höchstselbst durch das Wertachbrucker Tor in die Stadt und verweilte dort, vom Augsburger Bischof und von den Stadtherren empfangen zwei Tage und Nächte im Hotel Drei Mohren in der Maximilian Straße. Berühmt ist die Überlieferung, dass Napoleon den um ihre Souveränität bangenden Stadtherren beim Anblick des schlechten Straßenpflasters gesagt haben soll, die Stadt bedürfe eines Fürsten. Der an Weihnachten geschlossene Frieden von Pressburg regelte die Augsburger Frage endgültig im bayerischen Sinne. Bis zu dieser Zeit war die Stadt und Umgebung von französischen Truppen besetzt, ehe nun bayerische nachrückten. Wenige Tage später, am 1. Januar 1806 wurde Bayern sogleich auch Königreich und der bisherige Kurfürst König.

Der Todeszeitpunkt Mordechais am 19./20. November fällt demnach in eine geschichtsträchtige Zäsur, zugleich aber auch ungewisse Übergangszeit, in der das Gebiet der bisherigen Freien Reichsstadt und seiner westlichen burgauischen Vororte von französischem Militär besetzt war. Interessant in diesem Zusammenhang dürfte sein, dass die in Kriegshaber und hernach in Augsburg ansässige Familie des Veit Kaula und sein Partner Jakob Obermayer Heereslieferanten (unter anderem für Säbel und Gewehre) waren, pikanterweise sowohl für die österreichische wie auch bayerische Seite. Jakob Obermayer wohnte seit 1803 in Augsburg. Mit ihm hatten auch die in München ansässigen Lieferanten Westheimer und Straßburger sowie der Pferseer Gemeindevorsitzende Henle Ephraim Ulman (seit längerer Zeit bereits auch ein Finanzier des Augsburger Bischofs) gegen die Gewährung hoher Darlehen, die Augsburgs Unabhängigkeit gewährleisten sollten, das Wohnrecht in der Stadt erhalten.

Als zusätzlicher Faktor kommt demnach, was die jüdischen Gemeinden von Kriegshaber, Steppach und Pfersee wie auch die wenigen aus diesen Gemeinden stammenden Juden in Augsburg betrifft , eine mehr oder minder vielschichtige Interessenslage hinzu, die ein Licht auf die Todesumstände des Mordechai werfen könnten. Eine jüdische Besonderheit ist das freilich nicht. Kaum war bekannt geworden, dass die Franzosen sich Augsburg näherten, hing der christliche Finanzrat der Reichsstadt Johann von Schaezler ganz unverhohlen aus dem Palais seines Schwiegervaters Liebert in der Maximilianstraße in lateinischer Sprache einen weithin sichtbaren und vor allem opportunistischen Willkommensgruß an den nahenden Herren: „pacem qui dedit, patrem nobis dedit“. Dass er zumindest am Vortag als Mitglied der Stadtregierung noch alle Bemühungen der Bewahrung der städtischen Neutralität und Souveränität widmete, war offenbar sehr rasch vergessen und längst kein Thema mehr, als im Februar 1806 unter der Führung von Schaezler eine Delegation Augsburger Bankiers und Kaufleute nach München reiste, um dem frisch gekrönten ersten bayerischen König die Referenz zu erweisen.

Die Inschrift der Grabplatte erschwert aber zunächst die Identifizierung des „Heiligen“. Die Namensangabe des Toten lautet:  ל“ז –  מרדכי בן מרדכי .  Dem zweiten, väterlichen Mordechai folgt in der Inschrift das Kürzel ל“ ז, welches ein seliges Gedenken ausdrückt. Da die Grabplatte an sich schon dem Zweck des Gedenkens an einen Toten erfüllt, bezieht sich eine solche zusätzliche Erwähnung in aller Regel auf den Umstand, dass der Vater des Verstorbenen bereits vorher verstorben ist. Die Namensgebung an sich ist ungewöhnlich, da es bei aschkenasischen Juden völlig ungebräuchlich ist, dass der Sohn direkt nach dem Vater benannt ist. Allenfalls ein Enkel erhält den Namen des Großvaters, nicht jedoch der Sohn. Anders verhält es sich jedoch bei sephardischen Juden, bei denen die Sitte, dem Sohn den Namen des Vaters  zu geben, vielfach belegt ist. Sollte der Name auf der Grabplatte also nicht auf falschen Informationen beruhen – wir wissen nicht, wie bekannt der Verstorbene in Augsburg, Pfersee oder Kriegshaber war – so müssten wir den Toten als einen sephardischen Juden auffassen. Als solcher wäre er zweifellos höchst ungewöhnlich. Noch erstaunlicher in dieser Weise ist freilich der Zusatz מקסל, den Theo Harburger in seiner handschriftlichen Notiz von 1927 mit einem א versehen als מקאסל berichtigen wollte, um die gängige hebräische Schreibweise des Ortsnamens Kassel (die offiziell gültige deutsche Schreibweise war bis 1926 eigentlich Cassel) wiederzugeben. Der Eintrag in der Inschrift ist aber auch so durch das Präfix מ (von, aus) als „aus Kassel“ zu lesen und zu verstehen. Ein sephardischer Jude aus Kassel ist nun freilich ein Anachronismus, da es dort ebenso wenig eine sephardische Judengemeinde gab wie in Kriegshaber oder Augsburg. Zwar sind Juden in Kassel erstmals im 13. Jahrhundert belegt, um 1720 lebten nur drei jüdische Familien, 1798 bereits 53 in der Stadt, doch von Sepharden fehlt jede Spur. Bis 1772 befand sich das Kasseler Rabbinat (der Landgrafschaft Hessen) im Exil im benachbarten Witzenhausen, da die in Kassel dominierende jüdische Familie Goldschmidt keine (jüdische) Konkurrenz am Ort duldete und entsprechende Regelungen mit ihren fürstlichen Herren traf. Zwar finden sich am Friedhof von Witzenhausen auch ältere Grabsteine und einige gehören einem Mordechai oder dem Sohn eines Mordechais, aber keine der erhaltenen Inschriften deutet auf einen Sepharden. Das ist auch in Kassel und in der sonstigen Umgebung nicht anders. Die Kasseler Familie Goldschmidt hat jedoch in Frankfurt am Main einen Seitenzweig der Goldschmidt-Kassel heißt und eine zeitweilige Präsenz in Kassel namentlich überliefert. Dies eröffnet die nicht auszuschließende Möglichkeit, das in der Inschrift vorhandene קסל trotz des Präfixes nicht als Orts- sondern als Familienname zu verstehen. Die Frankfurter Familie Kassel, wegen ihres Hauses „am Buchsbaum“ auch entsprechend namentlich vertreten, war eine bekannte, einflussreiche Familie von Hoffaktoren aus deren Mitte später das Bankhaus Goldschmidt gegründet wurde. Der Sohn des Bankgründers Chaim von Goldschmidt-Kassel heiratete 1878 Minka, die Tochter des letzten Frankfurter Rothschilds. In Frankfurt ansässig waren jedoch auch Mitglieder der Wertheimer Familie, seit 1769 etwa Zacharias Wertheimer. Sein Onkel Wolf Simon Wertheimer lebte als Hoffaktor in München, wurde aber nach seinem Tod 1765 am jüdischen Friedhof in Pfersee-Kriegshaber begraben, da München erst 1816 einen eigenen Friedhof bekommen sollte. Eine ganze Reihe von Nachkommen Wolf Wertheimers haben sich mit anderen Familien in Pfersee und Kriegshaber, aber auch in München verbunden, etwa mit Ulmanns oder Obermayers. Josef Hirsch (auf Gereuth,1805-1885) etwa heiratete Karoline Wertheimer (1800-1888), die Tochter von Zacharias Wolf Wertheimer (1782-1844). Ihr gemeinsamer Sohn Moritz (Mordechai), bekannt geworden als Maurice de Hirsch (1831-1896) war mit Clara Bischofsheim (1838-1899) verheiratet. Clara wiederum war die Tochter Jonathan Rafael Bischofsheim und Henriette Goldschmidt-Cassel. Zusammen mit Louis Goldschmidt Cassel gründete Jonathan Bischofsheim 1829 das Bankhaus Bischoffsheim-Goldschmidt. Jonathans Vater Rafael dagegen war nun verheiratet mit Helen Cassel. Der Sohn ihres Bruders Jacob Cassel war Ernst Cassel (1852-1921), der im Alter von 17 Jahren nach England auswanderte und zunächst in einer Filiale der Goldschmidt-Bank seiner Verwandten arbeitete, ehe er selbst als Unternehmer erfolgreich wurde, maßgeblich am Ausbau des Eisenbahnnetzes in Amerika und Mexiko beteiligt war und schließlich als Sir Ernest Cassel geadelt wurde. Zuletzt galt er als Förderer des späteren Premierministers Winston Churchill. Der Vater von Jacob und Helen Cassel wiederum war Moses Cassel (1756-1825), der zusammen mit seinem Bruder Baruch ein Geldgeschäft in Köln betrieb. Dieser hatte nun einen 1774/5 geborenen Sohn namens Moritz Mordechai, über den weiter nichts bekannt war. Da Moritz nun aber eine häufige Umschreibung des hebräischen Namens Mordechai ist, könnte es sich hier um den am Kriegshaber Friedhof bestatten Toten handeln. Moritz Mordechai wäre demgemäß eine vorstellbare Erklärung für die Inschrift „Mordechai ben Mordechai“ und würde wie der Zusatz „aus Cassel“ auf einem Missverständnis beruhen. Möglicherweise ist die Platte 1806 aber zeitlich auch um das Purim-Fest  formuliert worden …

Die eigentliche Identität des Toten wäre demzufolge also die des „Mordechai ben Baruch Cassel, 1775-1805“. Durch die zahlreich vorhandenen familiären Verbindungen der Cassel und Goldschmidt-Cassel zu Familien in Kriegshaber, Pfersee und München, wäre es auch verständlich, warum unser Mordechai sich überhaupt in der Region aufhielt, da ansonsten nichts dafür spricht, dass er in München oder an einem der Orte der nach über 500 Jahren nun erlöschenden Marktgrafschaft Burgau selbst ansässig war. Wir wissen auch nichts von einer Ehe, die wir in seinem Alter aber vermuten können. Die familiäre Bindung an schwäbische und in München tätige (meist ohnehin aus Pfersee und Kriegshaber stammende) Hoffaktoren und Heereslieferanten hingegen macht es einigermaßen plausibel, dass er sich auch im Zusammenhang mit entsprechenden Geschäften befasste und wahrscheinlich in irgendeiner Weise und Abfolge im Gefolge der französischen Truppenkontingente reiste. Dies gibt freilich noch keinen Aufschluss über die Art seines Todes und verrät auch nicht seinen Sterbeort. Da München bis 1816 über keinen eigenen Friedhof verfügte, kann er durchaus auch dort oder in der Nähe ums Leben gekommen sein. 1812 noch wurde auch Abraham Uhlfelder, als Nachfolger von Wolf Wertheimers Sohn Abraham einer der ersten Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde von München, der dort seit den 1770er Jahren lebte und gleichsam als Heereslieferant tätig war, in Kriegshaber begraben worden. Seine späteren Nachkommen begründeten später in München das Kaufhaus Uhlfelder im Rosental. Als letzten Münchner Juden bestattete man am Kriegshaber Friedhof am 11. September 1815 noch dicht neben Uhlfelder den Gelehrten Loeb Sohn des Meir Gumperts. Der Kreis schließt sich aber, wenn man berücksichtigt, dass der Frankfurter Hauptzweig der Familie Golschmidt-Cassel im Haus Buchsbaum wohnte und deshalb in manchen ihren Zweigen auch den Namen Buchsbaum trug, so wie sich die Familie die in Frankfurt im Haus zum Roten Schild Rotschild nannte. Im Jahre 1560 nämlich wanderte Nathan von Oberhausen an der Wertach nach Frankfurt, heiratete dort Brendle, die Tochter des Buchsbaum-Juden, der für Schimon Ginzburg, dem Stammvater der Ulmo-Günzburg – Sippe arbeitete. Nathan von Oberhausen nannte sich fortan Nathan Buchsbaum und hinterließ bei seinem Tod 1575 ein staatliches Testament mit umfangreichem Inventar (siehe Frankfurter Zeitung vom 13.08.1929). So wir die Cassel-Familie unter seinen Nachfahren finden, was durchaus der Fall sein dürfte, so schließt sich mit dem Abkömmling Mordechai vielleicht ein Kreis, der mit Nathan von Oberhausen begann.  

Sollten wir den am Friedhof in Kriegshaber Pfersee bestatteten Mordechai identifiziert haben, so kam er im Alter von ca. 30 Jahren in einer Weise ums Leben, die seine Bestatter dazu veranlasste, ihn als „Heiligen“ zu würdigen. Das mag im zeitlichen Kontext und in der Verbindung mit einer wahrscheinlichen Tätigkeit als Heereslieferant im Umfeld der französischen Besatzung der Markgrafschaft Burgau, Augsburg und Münchens etwas euphemistisch erscheinen, aber die genauen Umstände, wie auch der Ort seines Todes bleiben auch so im Dunkeln. Offensichtlich aber ist die Vermutung, dass ein Holzgrabmal deshalb gewählt wurde, weil der Verstorbene oder die jüdische Gemeinde arm gewesen sei, angesichts des alles andere als unbemittelten Familienhintergrundes und der zahlreichen lokalen Verbindungen, doch eine seltsame Vorstellung. Das im „Jüdischen Kultusmuseum“ ausgestellte, unleserliche Grabmal wurde 1927 von Theo Harburger in einem sehr gut erhaltenen Zustand fotografiert. Sollte es sich aber tatsächlich, was ohne exakte wissenschaftliche Altersbestimmung nicht sicher gesagt werden kann, um eine Platte aus dem Jahr 1806 handeln, wäre sie zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits 121 Jahre alt gewesen.

Anders als die alte, unleserliche Holztafel befindet sich das Grab des Verstorbenen noch immer am Friedhof. Die Position des Grabes ist genau bekannt. Auch die Maße der alten Grabplatte sind bekannt und ebenso die Inschrift, die Harburger 1927 fotografierte. Preise für eine neue Grabtafel halten sich in Grenzen. Materialkosten (hinzu kämen Inschrift, Einfassung, …) für massives Eichenholz belaufen sich aktuellen Internetangeboten aus der Region bei einer Plattenstärke 30 mm in der Größenordnung von 60 € pro m² (gebraucht würden 3 m²). Die Preise für Sandstein sind etwas billiger. Wie das Preisniveau vor 200 Jahren war, ist weit schwieriger zu ermitteln. Aber die Anschauung, dass Holzgrabmäler ein Zeichen von Armut gewesen seien, liefert im Umkehrschluss, dass fast alle erhaltenen Grabmäler auf jüdischen Friedhöfen hierzulande nicht aus Holz, sondern aus Stein sind, dem nicht ganz unbekannten Klischee Vorschub, dass Juden eben reich sind. Reich genug, um nicht arm zu sein. Tatsächlich unterscheiden sich die Preise wohl nicht.

Die Tatsache, dass es kaum Holzgräber gibt, muss nicht mal an einer mangelhaften Witterungsresistenz liegen – bröckeln Sandsteine doch oft auch bereits nach ein paar Jahrzehnten Pflegelosigkeit dahin –Holzgrabmale haben gegenüber steinernen ganz andere Nachteile, die ihre Existenz gefährden. Zum einem können sie anders als Steine verfeuert werden, zum anderen sind sie weit weniger standfest als Steinplatten, die bei einer Höhe von einem Meter schon mal 250 Kilo oder mehr wiegen können und folglich auch leichtens von Dieben zu transportieren. Zwar ist es geläufig, dass Grabsteine immer wieder mal als Baumaterial missbraucht wurden, aber die Verfeuerung erfordert keine Bauvorhaben, sondern lediglich einen kalten Winter und hinterlässt für den Dieb günstiger weise auch keine Spuren. In dieser Weise ist, klar, dass man in der Regel Steine bevorzugte, nicht aus finanziellen Motiven, sondern aus Gründen der Standortsicherheit.

Ein Sprichwort sagt: „Verrottetes Holz kann man nicht schnitzen“, ein anderer Ausdruck jedoch betont positiv, dass etwas oder jemand „aus dem selben Holz geschnitzt“ ist. Als JHVA setzen wir uns deshalb dafür ein, dass die Erinnerung an die Toten bewahrt bleibt und Erinnerungstafeln existierenden Gräbern nicht ersatzlos Trophäe von Museen werden.


The wooden grave marker of Mordechai the Kadosh from Kriegshaber Jewish Cemetery

January 13, 2010

Some meters east of the former keepers house at the Jewish Cemetery of Kriegshaber Pfersee (today in the north-western part of Augsburg) there was a somewhat rare wooden grave marker. According to the Hebrew inscription, photographed and noticed by Theodor Harburger in 1927, it belonged to the “kadosh” (lit. “saint”, means: “martyr”) Mordechai ben Mordechai from Kassel, died on 19th/20th of November 1805. His memorial plate which is somewhat rotten by condensation and illegible now (since 2000 ?) is part of the Judaica-Exhibition at the “Jewish Cultural Museum” which since 1985 is hosted in the west wing of the Augsburg synagogue, while the actual cemetery plot fell into oblivion.

However the Harburger photograph allowed to relocate the exact spot and thus we retraced in fall 2007 under the sward the bordering where the grave marker bordered by a rack with glass plates. The  completely overgrown casing we had discovered only in fall 2009 at the north-eastern cemetery wall. So the exact cemetery plot was known, the measurements (95 cm to 32.5 cm to 3 cm as recorded by Theo Harburger) from 1927 as well as the inscription of the wooden monument, which translated in English reads:  “Here is buried the Saint Mister Mordechai son of Mister Mordechai of blessed memory from Kassel, on day 3, the 27th of Marcheshvan 566 according to the minor era (which omits the thousands of the date).”

Mordechais death is at a time when the Free Imperial City of Augsburg lost her sovereignty and gets a part of Bavaria. On 9th of October 1805 French troops occupied the neutral City and the day after Napoleon himself came for a two-day visit before he advanced toward Munich (where he arrived on October 16th). After the (fourth) Peace of Pressburg, the territories of the ceasing Upper-Austrian Margravate of Burgau as well as the Free Imperial City of Augsburg were ceded to Bavaria, the allies of the French.  At the end of December 1805 French troops left the territory and Bavarian troops promoted and took control. So for Augsburg and the rural communities in her west it was a decisive period in history with far-reaching consequences and a period of transition as well.

Local Jewish court factors and military suppliers like Kaula, Obermayer, Mendle and others needed to reorient to the new circumstances, as well as the Christian ruling class of the once proud and powerful Imperial city.  

Mordechai presumably was not from the city of Cassel (since 1926 written as Kassel with K) as the inscription of his grave marker suggests, but rather a member of the renowned and widely ramified Cassel-family, aka as Goldschmidt-Cassel or Buchsbaum, which had many family relations to Swabian Jews at Pfersee, Kriegshaber, Augsburg and Munich. Already in 1560 Nathan of Oberhausen on the Wertach (river), which now also is a part of Augsburg, left his home village Oberhausen and moved to Frankfurt on the Main, where he married  Brendl the daughter of a Jew who lived in the Buchsbaum (lit. boxtree) house of the Frankfurt Ghetto. Nathan who adopted the name and called himself Nathan Buchsbaum was a partner of Simon Ginzburg the patriarch of the Ginzburg-Ulmo family who later dominated Pfersee and Kriegshaber, and is an ancestor of succeeding members of the Buchsbaum-, Goldschmidt-. Goldschmidt-Cassel and Cassel-families. Nathan died 1575 as a wealthy man.  

Mordechais presence in the region however obviously wasn’t  entirely coincidental but rather is to be seen in the context of a ramified family network. As a likely member of a Cologne based family of financiers Mordechai Cassel conceivably was occupied with military supply as well.  In this context the reference “saint” perhaps may be somewhat euphemistic, but of course there are many circumstances imaginable in what way he died. According to the inscription “kadosh” we only may conclude that it was a violent death in a way that motivated the mourners to call him a “martyr”.  

The current and familiar understanding of wooden memorial plates as indication for poverty disregards that plates of oak wood are not cheaper than sandstone grave markers. Actually wooden plates may be more expensive and in addition also more durable than sandstone, which often crumbles after two or three decades. The assumption that wooden plates are only used out of shortage of money is based on an error in reasoning. Since wooden grave markers are very rare, it also implies that most Jews are “rich”, what of course is an often borrowed cliché. The reasons why there actually are only few wooden memorial plates at Jewish cemeteries of course are quite different. One reason is that wood other than stone is burnable. Wooden memorials also have no footing underground and therefore they are less  stable and last but not least wooden grave marker are way lighter than sandstone plates which at a height of one meter may weigh 250 kg or more. So wooden plates of course are an easy prey for thieves. It is commonly known that many Jewish grave stones had been stolen and were misused as construction material, but to burn wood needs no construction site but only a cold winter. The usage of the plates as firewood reduces them to ashes and leaves no marks.

Since the rotten and illegible wooden plate of Mordechai is a mere exhibition piece of the “Kultusmuseum”, there also is no mark left to remember the deceased who still is buried at the cemetery. Actually the Halacha forbids the removal of grave markers from a graveyard, since the function of a memorial plate obviously is to commemorate the death as well as to mark the actual burial place.  But since the original piece is rotten we seek to renew the memory of the “saint” Mordechai who died more than two hundred years ago with a new plate. We may comply all requirements since we know the exact position of the burial place, the exact measures of the original grave marker as well as the exact wording of each line of the inscription. The material costs are manageable if the willingness of the relevant is given to restore the honor of Mordechai the kadosh.


Landauer-Haus in Augsburg

January 11, 2010

In den Jahren 1910/11 baute der Architekt Fritz Landauer  für seinen Cousin Otto Landauer (1882-1974)  in der Fröhlichstr. 5 sein erstes Wohnhaus. Fritz Landauer (1883-1968) wurde am als Sohn von Joseph (1853-1929) und Anna Landauer (1861-1913) geboren. Sein Vater wie seine Onkel sind Söhne des aus Hürben stammenden Webers und Textilfabrikanten Moses Samuel Landauer (1808-1894), Begründer der in Oberhausen ansässigen Fabrik M.S.Landauer, die 1938 enteignet wurde. In der Nachkriegszeit bis 1995 war am Werksgelände die Textilfirma Elbeo von Dietrich Bahner. Fritz Landauer ist in Augsburg vorallem für den Bau der Synagoge (1913-1917) an der Halderstr. 6-8 bekannt, die weniger seinen als den Vorstellungen der Bauherren entsprach. Fritz Landauer hat auch Grabsteine entworfen, wovon er im englischen Exil eine Weile leben sollte. Seine “Handschrift” ist an verschiedenen Grabsteinen seiner Landauer erkennbar.

The architect Fritz Landauer (1883-1968) was born in Augsburg as son of Joseph and Anna Landauer. The grand house  Froehlichstr. 5 for his cousin Otto Landauer (son of Joseph Landauers brother Heinrich Landauer and Bettina, nee Stein) was his first major construction project. Fritz Landauer in Augsburg today is best known for the Synagogue Halderstr. 6-8 (built 1913-17). Landauer escaped the Nazi regime in 1937 and lived in England until he passed away in 1968. Temporarily he made ends meet with designing and manufacturing of grave markers – a previous experience he made in Augsburg, where his parents as well as all aunts and uncles are buried.


“Juden und Jüdisches auf gut Deutsch gesagt”

January 8, 2010

März 2017: Ausführlicher beschrieben im Buch:

Yehuda Shenef

Humor, Wucher, Weltverschwörung: Die geläufigsten Vorurteile gegenüber Juden und was es mit diesen auf sich hat 

ISBN: 978-374-3181-205

Taschenbuch: 260 Seiten

13 Euro

 

Die aus einer calvinistischen Familie aus Hanau stammenden Brüder Jacob Grimm (1785-1863) und Wilhelm Grimm (1786-1859), heute eher durch ihre Kinder- und Hausmärchen-Sammlung (1812-1815) berühmt, begannen das Deutsche Wörterbuch (DWB) bereits 1838. Über zwanzig Jahre lang sammelten sie an der Berliner Friedrich-Wilhelms Universität Material.  Der erste Band erschien 1854. Nach ihrem Tod (beide sind nebeneinander in Berlin-Schöneberg begraben worden) führten andere Sprachwissenschaftler das Werk fort. Erst 1961 nach 123 Jahren wurde das Werk mit dem 32. Band beendet. 1971 erschien ein Quellenband. Alle Bände zusammen umfassen in der vierten Auflage von 1999 exakt 34.824 Seiten.

Die Online-Ausgabe findet sich hier: http://germazope.uni-trier.de/Projects/DWB

Im 1877 veröffentlichten Band H-J (10) des DWB finden sich nicht weniger als 12 komplette Spalten (2351-2363) mit zahlreichen Stichwörter die oft verblüffende Bezüge zu Juden und Jüdischem herstellen wollen und im heutigen Sprachgebrauch größtenteils nicht mehr vorkommen. Im 19. Jahrhundert freilich waren diese Begriffe mehr oder minder gebräuchlich und wohl auch für alle prägend, die mit diesem „objektiven“ Standardwerk der deutschen Sprache  und den teilweise umfangreichen beigefügten Begriffserläuterungen vertraut gemacht wurden.

Sich damit (wenigstens in Auszügen) vertraut zu machen, lohnt sich – unter anderen Vorzeichen auch heute noch oder wieder. Die entsprechenden Einträge (die Schreibweisen sind, wo sie keine im Werk aufgeführten Belegstellen zitieren, dem heutigen Schreibweisen angepasst) beginnen alphabetisch mit „JUDAS“, der u.a. erläutert wird als Synonym „für einen heimtückischen Menschen überhaupt“.

Es folgen

JUDASBAUM

JUDASBEUTEL, eine bildliche Metapher für das „Verlangen nach schnödem Gewinn 

JUDASBRUDER = „ein falscher Bruder“

JUDASJAGEN nimmt Bezug auf einen auch in der Augsburger Region (Jaudasjagen) belegten katholischen Brauch zur christlichen Fastenzeit, mitunter wurde eine Judas-Strohpuppe dabei verbrannt.

JUDASGRUSS, JUDASKUSS

JUDASOHR, Name einer ostindischen Flussschnecke voluta auris Judae, vom Aussehen erinnert die Muschel eher spitzen Eselsohren

JUDASÖHRLEIN, ein Schwamm peziza auricula, auch JUDASSCHWAMM

JUDASSCHWEIS, ein besonders starker Angstschweiß

JUDASZUNGE, falsche Zunge

Ausführlicher erklärt wird das Stichwort JUDE, unterteilt in 10 Unterpunkte:

1. der fremde Eigenname, der im lateinischen Gewande zu uns kommt

2. Jude heißt sowohl der Bewohner des jüdischen Landes im alten Testament, wie auch der von dort Vertriebene …

3. von ihren schlimmen Eigenschaften werden namentlich ihre Unreinlichkeit, sowie ihre Gewinnsucht und ihr Wuchersinn in mannigfachen Verwendungen betont … („er stinkt wie ein Jude“, „schmecken wie ein toter Jude…“)

4. Sprichwörtliches: „Willst du einen Juden betrügen, musst du ein Jude sein“ …

5. Unter Jude wird auch bloß der hausierende Handelsjude verstanden: etwas beim Juden kaufen, der Jude schachert, … Sprichwörtlich: fürs Gewesene gibt der Jude nichts

6. Auch abgesehen von der Religion, wird der, welcher gewinnsüchtig und wucherisch verfährt, ein Jude genannt …: ein unbeschnittener Jude;  „zwanzig Prozent nimmt der allerchristlichste Jude“ (Lessing), „Es gibt doch wohl auch Juden, die keine Juden sind“ (Schiller) , …

7. der Ewige Jude, als Bild eines unruhig umherziehenden Menschen8. Einige Handwerksleute nannten die Jungen (Lehrlinge) die noch keine Gesellen waren „Juden“, weil sie nach ihrer Zeremonie noch nicht „getauft“ waren.

9. Jude, ein Gedicht, Fabel: jemanden einen Juden anhängen

10.  ein stacheliger Bart: „ich habe einen wahren Juden im Gesicht, muss mich balbieren lassen“ …

Dem Stichwort JUDE folgen nun eine Anzahl damit verknüpfter Assoziationen etwa der JÜDELEI, das JÜDELN, als Verb auch: juden (ich jude, du judest, er judet, …ihr judetet, wir werden gejudet haben ..? ). JÜDELN wird dabei so erklärt: die Art eines Juden öfter zeigen; im Handel betrügen; wie ein Jude riechen… Verwandt damit ist wohl auch das Verb JUDENZEN: eine jüdische Art an sich tragen und hervorkehren, im Denken… Die „Zuspitzung“ davon dürfte wohl der Terminus JÜDSCHEN sein, ein Verb welches erklärt wird mit: „jüdisch machen, daher: beschneiden“.

 

Es gibt jedoch noch eine ganze Reihe spezifischer Begriffe wie JUDENBENGEL („Schimpfwort für einen jüdischen Knaben oder jungen Mann“), JUDENJUNGE, JUDENFRAU, erstaunlicherweise ein Synonym für „Jüdin“, JUDENGENOSSE („Genosse der Juden nach Art und Glauben: weh euch, Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler,…“), JUDENMÄDCHEN, … oder summa summarum:  das JUDENGESINDEL , im Deutschen Wörterbuch dargelegt als „das weltverlaufene und an seinem Erlöser treubrüchige Jüdengesindlein“.

Eine Anzahl von Begriffen leiten sich von der Religion ab:

Der JUDENAPFEL etwa, definiert als citrus decumana, Paradiesapfel, von den Juden zum Laubhüttenfest gebraucht (gemeint ist der Etrog, heute durchgängig als citrus medica cedra bezeichnet. (Vom hebräischen Wort ertrag leitet sich über persisch etransch das heute in aller Munde befindlich Orange ab, was allgemein für Arabisch gehalten wird. Im Arabischen heißen Orangen freilich „burtukal“). In der „teutschen apothek“ (1548) werden „Citronaten“ als „Judenöpfel“ übersetzt.

Als JUDENFUHRE wurde von Fuhrleuten bezeichnet der „Transport mit JUDENÄPFELN von Italien nach Deutschland zum Ausschmücken der Laubhütten, der schnell geschehen musste und gut bezahlt wurde.“

Das Stichwort JUDENSCHUL wird erläutert als Synagoge. Sprichwörtlich: „es geht zu wie in einer Judenschule“ (d.h. laut, lärmend; ein Ausdruck der nicht nur bei älteren Deutschen zumindest im ländlichem Schwaben noch geläufig ist, wobei klar ist, dass es sich nur um einen tradierten Ausdruck handelt, ohne eigenem Erfahrungshorizont).

ich schätz, du seist dein Freunden als genehm,
als wenn ein sau in die judenschul käm

Viele Begriffe sind auch heute noch selbsterklärend (auch wenn nicht ersichtlich ist, worin der Bedarf diese Worte bestand):  JUDENBART („großer Bart nach Judenart“), JUDENDEUTSCH („Deutsch wie es die Juden sprechen mit hebräischen Bestandteilen versetzt“ – „Christendeutsch“ wäre demnach wohl „Deutsch wie es die Christen sprechen, mit lateinischen Bestandteilen versetzt“?). Ein JUDENBEKEHRER ist jemand versucht Juden zum Christentum zu bekehren, der im „Erfolgsfall“ daraus hervorgehende JUDENCHRIST wird auf zwei Weisen erläutert: 1. ein Christ jüdischer Herkunft, 2. ein getaufter jüdischer Spekulant. Die JUDENGASSE („Gasse in welchem die Juden im Mittelalter abgesondert wohnen mussten“ – zumindest in Augsburg war dem trotz des Straßennamens nicht so), JUDENGEMEINDE, JUDENVIERTEL (nicht zu verwechseln mit dem erst späteren VIERTELJUDEN), JUDENGLAUBE (auch JÜDENGLAUBE), schließlich auch das in neuerer Zeit vielfältiger verwandte JUDENHAUS („Haus eines Juden, Haus wo Juden wohnen“, aber auch als Begriff für Synagoge; sprichwörtlich: „er ist so willkommen wie ein Ferkel im Judenhaus“). Neben Judenhaus und Judenschul ist dem DWB gemäß noch JUDENKIRCHE ein anderer Begriff für Synagoge, der auch in alten städtischen Urkunden in Augsburg namentlich belegte JUDENKIRCHHOF  bezeichnet hingegen den Friedhof in der Stadt, der anders als man dem Begriff nach vermuten könnte, nicht in der Nähe der Synagoge war. Der ebenfalls in Augsburg bekannte JUDENHUT ist ein „Hut von der Form und mit dem Abzeichen, wie ihn die Juden im Mittelalter tragen mussten“ zugleich aber auch ein „Pflanzenname: auch Judenhütchen, Judenhütlein: von rhamnus paliurus, judendorn, impatiens nolitangere, springkraut; physalis alkekengi, judendocke..“ Etwas sehr verharmlosend ist die Erläuterung des JUDENRINGLEIN: „Ringlein wie es die Juden als Abzeichen auf der Brust oder auf dem Hut tragen“. Zum einem trugen „die“ Juden ein solches Abzeichen nicht freiwillig, sondern unter Nachahmung muslimischer Vorbilder an manchen Orten in Deutschland zeitweilig und unter Zwang. In Augsburg wurde 1434 eine solche Pflicht auf Drängen der Kirche angeordnet, damit die Juden nicht mehr freundlich gegrüßt und mit gut gekleideten Priestern verwechselt werden konnten. Abgesehen davon hatte der Ring in Augsburg einen Durchmesser von 19 cm, was die Bezeichnung „Ringlein“ unangebracht erscheinen lässt. Einen expliziten Augsburger Bezug hat der Eintrag JUDENHAUBE, der so erklärt wird: „eine Frauenzimmerhaube der Augsburger Tracht“. Kopfbedeckungen für männliche Juden werden JUDENKAPPE oder JUDENMÜTZE genannt.

Es gäbe noch zahllose weitere Varianten und Unterbegriffe, die sich in den angeführten Belegstellen exemplarisch noch mehr verbreiten. Sprachlich interessant ist aber zum Abschluss eine Sammlung von Begriffen zur Erklärung der Natur, worin der Volksmund oder einzelne deutsche Naturwissenschaftler jüdische Eigenheiten entdeckten, die Motiv für eine entsprechende Benennung waren:

Da wäre etwa das JUDENHARZ auch bekannt als JUDENLEIM oder JUDENPECH und definiert als „bitumen asphaltum“, was nichts anderes ist als der (heute meist aus Erdöl gewonnene) Asphalt, der inzwischen überall zum Straßenbau verwendet wird. Den Arabern wird nachgesagt, dass sie bereits vor tausend Jahren damit praktische Erfahrungen sammelten. Warum man dies nun ausgerechnet mit gleich verschiedenen Namen „den Juden“ zuschrieb ist unklar, aber sicher eine eigene Recherche wert. Etwas seltsam mutet auch der JUDENSTEIN an, mancherorts als Ortsangabe vermittelt mit Bezug zu einem meist bereits verschwundenen, sprich überbauten jüdischen Friedhof. Im Wörterbruch der Grimm – Nachfolger jedoch ist es die Bezeichnung für Olivenkerne (Olivensteine) oder aber Stachel oder Pfeile von Meerigeln … „die lang und dünn geformten heißen JUDENNADELN“. Als JUDENBAUM oder JUDENDORN bezeichnete man rhamnus paliurus heute eher geläufig als Stechdorn. Eine JUDENDOCKE physalis alkekengi nennt man heute Lampionblume. Der namensgebende Blütenkelch der heute an Lampions erinnern soll wurde früher als Judenhut gedeutet. Als JUDENKIRSCHE wurden früher Hagebutten bezeichnet. Als JUDENFISCH wurde hingegen squalus zigaena, der Hammerfisch angegeben: „wegen der Ähnlichkeit seines Kopfes mit einer eigentümlichen jüdischen Kopftracht“.  JUDENKRAUT hingegen wird erklärt als „stachys annua, jährige Rossnessel, Hexenkraut; auch achillea millefolium, Schafgarbe“.

Und in dieser Art geht es noch munter weiter: JUDENNUSS staphylea pinnata, kennt man heute als Pimpernuss. Die Pflanze ist selten geworden. Ihre Früchte sehen aus wie kleine Haselnüsse und erinnern geschmacklich an Pistazien. Überliefert ist die Existenz eines Pimpernusslikörs. Aber es gibt da auch noch die JUDENPAPPEL, den JUDENPFEFFER, den JUDENPILZ , die JUDENFEDER oder in literarischen Werken auch die JUDENLEBER („Leber eines Juden“) als phantastisches Zaubermittel:  „… thut auch Drachenschuppen dran, Hexenmumien, Wolfeszahn, … Judenleber, Ziegengall, Eibenzweige, abgerissen bei des Mondes Finsternissen.“ (Schiller) . Nicht nur Schillers Freund Christian Körner fand dies ausgesprochen komisch und schreibt am 2. Dezember 1804 aus Dresden an den Verfasser: „Als vollends die Judenleber mit solchem Pomp her deklamiert wurde, wäre das Parterre beinahe in allgemeines Lachen ausgebrochen.“

Nach der Anzahl und Vielfältigkeit zu urteilen  muss Deutschland damals wohl noch ein JUDENLAND („Land der Juden oder auch Land wo viele Juden wohnen“) gewesen sein, auch wenn die große Mehrzahl der Begriffe merkwürdig und absonderlich anmutet. Das meiste haben sich wohl JUDENSPÄHER (jemand der argwöhnisch Ausschau hält nach Spuren von Jüdischem: „… an dem wackeren Herz möchte auch der scharfsinnigste Judenspäher keine Spur seiner Abstammung erkennen“) aus den Fingern gesogen, beim Versuch in die rätselhafte JUDENSEELE („Seele eines Juden, von einem wucherischen Menschen“; sprichwörtlich: „verloren wie eine Judenseele“) zu blicken.

Man benötigt nicht zu viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie ab 1877 gebildete Schüler und Studenten, mit den objektiven, sachkundigen Erklärungen des angesehenen Deutschen Wörterbuchs der Brüder Grimm als Maßstab Juden wahrgenommen haben. Wer etwas nicht wissen oder genau erklären kann, schaut ins Wörterbruch oder Begriffslexikon und schlägt nach. Davon leben entsprechende Werke auch heute noch.

Aber wie sieht es heute aus mit dieser Art Vokabular? Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist der Sprachschatz zur Definition der Juden zweifellos noch weit vielfältiger geworden – und vielleicht existiert irgendwo auch eine Sammlung von Begriffen, wie sie sich etwa in der NaziPostille „Stürmer“ finden lassen. Aus den Wörterbüchern der Zeit nach 1945 ist aber bereits auch das meiste aus dem Bestand des DWB vollständig verschwunden. Im nunmehr wieder ungedruckten Volksmund hat sich aber mehr gehalten als vermutet oder eingeräumt wird. Immer noch etwa hört man ganz selbstverständlich Ausdrücke wie Halbjude (ohne das erläutert wird, welche Hälfte der betreffenden Person jüdisch ist: die rechte, die obere?) Das kann bei der allgegenwärtigen Verbreitung und dem hohen Ansehen der Werke auch gar nicht anders sein.

Die Gegenwart des vereinten, weltoffenen Deutschland hat jedoch längst eigene Verhaltens- aber auch Sprachregeln festgelegt. Demnach würden andere Wendungen in einem solchen Werk stehen müssen, etwa die Metapher von den „jüdischen Mitbürgern und Mitbürgerinnen“ (die keine Mit-Bürger sind, sondern Bürger oder nicht). Insbesondere die modernere lokale, regionale, in aller Regel jedoch (abermals) universitäre Geschichtsforschung hat sich ein wenig doch verdient gemacht um die Schaffung von Ersatzvokabular für das was man nun etwas boshaft die „Grimmsche Lücke“ nennen könnte: Da ist nun von Hofjuden (oder neutraler Hoffaktoren) die Rede, von Schutzjuden, von Kammerjuden, von Betteljuden und Judenregalen, sogar Vorstadtjuden sind schon belegbar. Die meisten Begriffe verknüpfen sich direkt oder bald mit finanziellen Zuordnungen, die scheinbar unverzichtbare Grundlage sind, um Juden und Judentum (von außen) zu verstehen. Besitzende und besitzlose Juden werden gleichermaßen mit dem Merkmal des Unsteten typisiert und da Juden in früheren Zeiten nicht fliegen konnten, spricht man auch von Land- und nicht von Luftjuden.

Die gewiss bemerkenswerteste „Bindestrichisierung“ im Zusammenhang mit Juden ist aber zweifellos der Terminus des Nicht-Juden dessen charakteristische Eigenart in jeweiligen Kontexten als nicht-jüdisch umschrieben wird. Das erinnert ein wenig an Nicht-Schwimmer oder Nicht-Raucher, erscheint aber, da anders als Rauchen oder Schwimmen mit keiner spezifischen, nur zeitweiligen Tätigkeit als Ausschlussdefinition verbunden, etwa so „sinnvoll“ wie die Bezeichnung Nicht-Mann für Frau, Nicht-Erwachsener für Kind oder noch offener Nicht-Katze anstelle von Hund. Im spätmittelalterlichen oder frühneuzeitlichen historischen Kontext ist es offensichtlich, dass „Nicht-Juden“ in Deutschland doch wohl Christen waren und keine Nicht-Juden. Vielleicht vermeidet man diese direkten Bezeichnungen aber auch, um in akademischen Abhandlungen der jüdischen Verhältnisse nicht in Gefahr zu geraten, das Vokabular auf die eigene (in der Regel „nicht-jüdische“) Abstammungslinie anzuwenden. Man könnte von Hof-, Land- oder Bettelchristen abstammen oder falls man dies alles nicht zu persönlich nimmt, zumindest Größen wie Mozart oder Goethe im Blickwinkel auf ihre Steuerleistungen zu verengen. Es sagt – wie bei jüdischen Gelehrten ja auch – vielleicht viel mehr über Goethe aus, wenn man sieht, wieviel Steuern er gezahlt hat. Wozu soll man sich auch durch seine staubigen Bücher quälen? Und wer war der bessere Komponist, Mozart oder Beethoven oder Bach? Das kann uns ihre Musik nicht sagen, vielleicht aber die Einträge in den Steuerlisten?

 

März 2017: Ausführlicher beschrieben im Buch:

Yehuda Shenef

Humor, Wucher, Weltverschwörung: Die geläufigsten Vorurteile gegenüber Juden und was es mit diesen auf sich hat 

ISBN: 978-374-3181-205

Taschenbuch: 260 Seiten

13 Euro


Rabbiner von Augsburg: Heinrich Gross (1835-1910)

January 1, 2010

Der als Henoch ben Elijahu geborene, international eher als Henri Gross (ungarisch: Grosz) bekannt gewordene Heinrich Gross war der zweite neuzeitliche in Augsburg angestellte Rabbiner und trat 1875 die Nachfolge Jakob Heinrich Hirschfeld aus Pecs (Kulturhauptstadt 2010) an, der 1871 die sog. Augsburger Reformsynode unterstützte und daraufhin von der Gemeindeleitung unter Salomon Rosenbusch (der 1867 die Nachfolge des offiziellen Gemeindegründers Carl von Obermayer antrat) entlassen und gemeinsam mit anderen Teilnehmern der illustereren Konferenz seitens des traditionellen Judentums öffentlich gebannt wurde. Die umstrittene Synode fand zwar in Augsburg statt, wurde aber von der noch mehrheitlich konservativ eingestellten Gemeinde weitgehend ignoriert wenn nicht gar abgelehnt. Wie auch immer entwickelte sich die Kultusgemeinde in den Folgejahren dann doch einigermaßen zügig in die Reformrichtung, weshalb es offenbar schwierig war, einen neuen Rabbiner zu finden, der nach Augsburg kommen wollte, um die Gräben zwischen den Fraktionen zu überbrücken.

Heinrich Gross wurde am 6. November 1835 im heute slowakischen, damals ungarischen Senica (Scenicz) geboren. Er war ein Schüler von Jehuda Aszod (1794-1866), der noch über profundes talmudisches Wissen verfügte und unter anderem mit Rabbi Moses Sofer geistreiche und reizvolle halachische Korrespondenzen führte. 1864 gehörte Sofer er zu einer Delegation klassischer Rabbiner die beim österreichischen Kaiser Franz Joseph in Wien vorsprach und erfolgreich darum bat, die Pläne für eine von der Regierung ausgehendes Institut zur staatlichen Ausbildung der Rabbiner fallen zulassen. Ein solches, fürchteten die vorsprechenden Gelehrten könnte von reformerischen Strömungen dominiert werden und den geistigen Tod des Judentums bewirken. Der Kaiser entsprach der Bitte und hatte eine eigene: er bat um einen Segen durch die Rabbiner. Diesen erteilte ihn Moses Sofer und wünschte ihm ein langes Leben und eine lange Regentschaft. Wünsche die in Erfüllung gegangen waren, als der Monarch 1916 im Alter von 86 Jahren und nach 68 Jahren Regentschaft verstarb.

Zumindest an weltlicher Gelehrsamkeit stand Gross seinem ersten Lehrer nicht nach. Er studierte er der Jewish Encyclopedia gemäß zunächst in Breslau, das damals als Hochburg des neuorthodoxen Judentums galt und dann in Halle, wo er 1866 über Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) promovierte. Hernach war er zwei Jahre als Privatlehrer am Pariser Wohnsitz des weltweit berühmten ukrainisch-russischen Baron Horace Günzburg (1833-1909) angestellt, der zu den wesentlichen Initiatoren und Führern der insgesamt doch eher glücklosen jüdischen Emanzipationsbewegung in Russland gehörte, in einer Zeit als dort nach und nach die ominösen „Protokolle der Weisen von Zion“ erdichtet und in Umlauf gebracht wurden. Der Nachkomme aus der schwäbischen Ulmo-Günzburg-Linie war seit 1880 auch Vorsitzender der späteren Jüdischen Landwirtschaftsgesellschaft , die einen nicht geringen Einfluss auf die bald formulierten Pläne von Theodor Herzl nehmen sollte. In St. Petersburg, seinem eigentlichen Wohnort freilich baute er eine große eindrucksvolle Synagoge deren Vorstand er zeitlebens blieb. Aus gelehrter jüdischer Tradition stammend war er jedoch auch dem Allgemeinwohl verpflichtet und finanzierte eine Armenküche für hungernde Kinder in Petersburg. In Paris nun kam Heinrich an der Bibliothèque Nationale auf sein Thema, das ihn publizistisch am meisten beschäftigen sollte: die Geschichte der mittelalterlichen Juden in Nordfrankreich, die in großem Umfang unter dem Namen Gallia Judaica erschien und wegen seiner guten systematischen Gliederung lange als Standartwerk zur Geschichte der Juden in Frankreich galt. Von besonderem Interesse auch für die Geschichte seines späteren Arbeitsplatzes in Augsburg ist dabei insbesondere auch das Eingangskapitel „L’identification de tour les noms géographiques français mentionnés dans la littérature rabbinique du moyen âge“ seines von Moses Bloch herausgebenen „Dictionaire geographique de la France d’après les sources rabbiniques“, dem wertvolle Hinweise zu entnehmen sind. Gross publizierte dazu auch zahlreiche Artikel und Einzeldarstellungen, von denen viele in der vom Dresdner Rabbiner Zacharias Frankel 1851 ins Leben gerufenen und später von Heinrich Graetz geführten  „Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums“ publiziert wurden.

Mit seiner Amtszeit von 1875 bis zu seinem Tode am 31. Januar 1910 ist Heinrich Gross einer der ausdauerndsten in Augsburg und in der Tiefe talmudischen und geschichtlichen Wissens ein bis dato letztes Aufflackern früherer Gelehrsamkeit in der Stadt an Lech und Wertach. Verheiratet war seit 1873 Heinrich mit Anna, die immerhin um 17 Jahre jünger war als er. Ihr einziger Sohn Arthur wurde am 2. November 1874 geboren, verstarb aber bereits im Alter von 20 Jahren am 8. Sivan 5664, d.h. am 12. Juni 1895, unverheiratet und kinderlos, dem Vernehmen nach durch einen Unfall. Heinrich Gross verfasste auch ein “Lehrbuch der Israelitischen Religion für die Oberen Klassen der Mittelschulen” (1907 im Verlag J. Kauffmann, Frankfurt am Main erschienen). In seiner Amtszeit wandelte sich die traditionelle jüdische Gemeinde in Augsburg in eine rein reformistische , was insgesamt der Zeitströmung in Deutschland entsprach. Seine Amtszeit umfasst wesentlich die Präsenz der jüdischen Gemeinde in der Wintergasse, der westlichen Seitenstraße zu Augsburgs „Prachtstraße“ der Maximilianstraße, in welchen Fugger, Schaezler, in dieser Zeit aber u.a. auch längst Obermayers oder etwa Salomon Rosenbusch residierten. Gross stand einer modernen städtischen Gemeinde vor in einer Zeit die neben sozialen Verwerfungen auch mittels zahlreicher technischen Einrichtungen das Alltagsleben und die Wahrnehmung der Menschen nachhaltig prägte, sei es Photographie. Telefon, elektrisches Licht, Kino, Autos, Motorräder, Grammophone, usw.

Heinrich Gross starb am 31. Januar 1910 im Alter von 74 Jahren. Seine Frau Anna folgte ihm im selben Jahr am 25. Oktober. Sie wurde nur 58 Jahre alt. Anna und Heinrich Gross sind gemeinsam am jüdischen Friedhof im Augsburger Stadtteil Hochfeld begraben. Die hebräische Grabinschrift würdigt Heinrich Gross als berühmten Rabbiner und Vorsitzenden des Rabbinatsgerichts.

פ”נ

הרב מפורסם החריף ובקי

מהור”ר חנך בן אליהו גראסס

אב”ד דק”ק אוגסבורג והמדינה

י”נ ביום כ”א שבט תר”ע  ק’

 

Dr. Heinrich Gross, Distrikrabbiner in Augsburg

geb. 6. November 1835, gest. 31. Januar 1910

Frau Anna Gross,

geb. 9. Dezember 1852, gest. 25. Oktober 1910

  In diesem Jahr gedenken wir ihnen jeweils zum 100. Todestag.

We commemorate the centenary of the death of Rabbi Heinrich Gross (1835-1910) aka Henri Gross or Grosz, who was Rabbi of Augsburg and distrct rabbi from 1875 until his death January 31 in 1910. Rabbi Gross was somewhat famous since he was the author of the “Gallia Judaica”, the then most comprehensive work on the history of medieval Jews in France he has written in Paris when he was employed by the famous and influential Russian-Jewish Baron Horace Guenzburg. In Augsburg the position of the rabbi was vacant since in 1871 the Jewish community fired Rabbi Hirschfeld becaus he embraced Reform-Judaism which held a nationwide conference in Augsburg back then. Henri Gross and his wife Anna as well as their son Arthur are buried at the Jewish Cemetery of Hochfeld in Augsburg (Haunstetter Str. Alter Postweg).


Jüdische Straßennamen in Augsburg

December 29, 2009

Es gibt bekanntlich nicht viele Namen in Augsburgs Straßen, die an die lange Geschichte der Juden in Augsburg erinnern. Da gibt es den “Judenberg” in der City und irgendwo gut versteckt einen Julius-Spokojny-Weg, den kaum einer je betreten hat. Kenner wissen, dass die heutige Karlstraße mal “Judengasse” hieß oder die Mauer entlang der Blauen Kappe früher “Judenwall”. Auch den Namen “Judenbrunnen” gab es mal, auch wenn sich das kaum einer erklären kann. Nicht leichter tut man sich aber, wenn man darüber nachdenkt, warum es in Augsburg nun eigentlich an recht prominenter Stelle einen Kennedy-Platz gibt. Was genau hat der nun für Augsburg getan? Und warum benennt man ihn nicht nach Carl-von-Obermayer, der sich, neben zahlreichen anderen Verdiensten als US-Konsul in Augsburg, als Kommandant der Augsburger Landwehr, Stifter von Armenküchen, usw. eben auch als Freund der schönen Künste wenigstens doch für den Bau eines neuen Stadttheaters an heutiger Stelle eingesetzt hat?

Wie dem auch sei, wir haben für die künftige Planung der Dauerbaustelle Augsburger Innenstadt ein paar Anregungen, wie Augsburg seiner reichhaltigen jüdischen Vergangenheit künftig mit angemessenem Stolz begegnen könnte. 

(Tipsiles-Weg, Fritz-Landauer-Str., Isidor-Obermayer-Weg, Maharam-Platz, Am Judenkirchhof, Sanwil-Ulmo-Weg, Carl-von-Obermayer-Platz, Rabbi-Weil-Str., Moses Landauer-Str., Henle-Ephraim-Ullmann-Str., Wolf Simon Wertheimer Str., …)

As it is generally known there are not many street names in Augsburg to recall the long history of Jews. There is a “Judenberg” (Jews hill) downtown and somewhere well hidden a side street, dedicated to the late Senator Julius Spokojny who was long-time head of the Jewish postwar community. Some appreciators know that once Karlstr. bore the name “Judengasse” (Jews street) and the wall alongside “Blaue Kappe” once was called “Judenwall” (Jews rampart). Also there was a “Judenbrunnen” (Jews Well), which defies explanation to most of the few who heard of it at all. However it is not much easier to explain why contrary to this there is a Kennedy-Place in the heart of the city of Augsburg. What exactly he had achieved for Augsburg? As far as I understood he never was in Augsburg not even once. Why – for instance – the place is not named for Carl-von-Obermayer who had abundant merits as US-Consul in Augsburg, as Commander of Augsburg’s Territorial Army, as donator of feeding for the poor, etc. and not least as patron of fine arts he was campaigning for the establishment of a new City Theater at the very place it is known today ..?


Ulmo – Wertheimer

December 28, 2009

Elchanan ben Ephraim Ulmo (1750-1807) seinen Zeitgenossen auch als Henle Ephraim Ullmann bekannt war im Jahre 1803 einer der drei Bankiers, denen die klamme Reichsstadt Augsburg gegen die Zahlung hoher Gebühre und der Gewährung fürstlicher Kredite die feste Ansiedlung in Augsburg gewährte. Seine Vater Ephraim Ulmo entstammte der berühmten Ulmo-Famile und war Vorsitzender der Pferseer Gemeinde. Seine Mutter Brendel (gest. 1779) war die Tochter des Rabbiners Schmuel Erlanger.

Er heirate Chana Wertheim, die Tochter von Loew und Enkelin von Schimschon Wertheim aka Samson Wertheimer. Ihre Tochter Klara Ullmann heirate 1807 Mosche Levi aka Moritz Loewenberg aus Hohenems (siehe Eintrag 7. Dezember 2007).

Elchanan, der seinen Wohnsitz in Kriegshaber behielt, starb bereits am 11. Februar 1807, seine Frau Chana aka Hauna folgte ihm am 11. September 1811 (externe Quellen nennen allerdings auf unklarer Grundlage das Jahr  1807). Beide sind am Kriegshaber Friedhof bestattet. Ihr Doppelgrabstein ist nur noch teilweise erhalten geblieben. Bei unserem bereits dritten aufeinanderfolgenden Nittel am Friedhof haben wir ihn ein weiteres Mal vom Wildwuchs befreit.

Elchanan ben Ephraim Ulmo (1750-1807) and Chana, nee Wertheimer, granddaughter of Shimshon Wertheim are buried at Kriegshaber Jewish Cemetery.


The mysterious Pfersee Handschrift

December 22, 2009

 

Dear Marianne Salinger,

I guess you are right, the circumstances are somewhat confused if not abstruse .

Apparantly it is one of those affairs, from which wise people say, you may know quite more about it, if you do not ask any questions. Since once you start with it, you will come to no end and unfortunately to no satisfying result. This is so because there are so many different factors involved you normally would not consider. Maybe Dan Brown should care for it…

First we rely on the information that is provided is true in general. If so, we have a handwritten Talmudic text from Paris, which commonly is dated to the year 1342 … and suddenly two and a half centuries later appears from Italy as property of the Ulmo-Ginzburg family. Another two centuries later there are Rabbis and sages (such as Chaim Azulai and Nathanael Weil…) who turn up in Pfersee … and their reports are the first known eyewitness reports depicting the book, the quantity of text, the structure, order, material, quality, ink and so on. Both reports are from the narrow period 1750-1753 only . Accordingly there even was suggested that the Munich or Pfersee Talmud Handschrift only very briefly was in the possession of the Ulmo family, if at all (see: Fuerchtegott Lebrecht – Handschriften und erste Ausgaben des Babylonischen Talmuds, Berlin 1862, p. 55 ff. and p. 99 ff.). 

 And so the questions begin working: For what reason the two reports from the 1750s differ from the manuscript in Munich regarding the order, content and most important regarding the colophons which give some data as the name of the writer, printer, the date and so on.  For some time there was the assumption that there maybe were two different old Talmudic handwritings, one in Pfersee, one in Munich. This is somewhat confusing of course since the “Pfersee Handschrift” also is known as “Munich Handschrift” (Muenchen). 

Similar to the questions regarding the former owners and the like it is unclear under what circumstances and about what time the Pfersee Handschrift came to Polling. The most precise estimation possible seems to be between 1754 and 1802 …

Apparently there are no catalogs with listings of the purchases the Polling monastery made. But it is known, that the Polling provost Franz Toepsl exceedingly expanded the library and bought numerous books, many in “oriental” languages. In the course of the secularization after 1803 all the books from Polling library were moved to Munich. What also is sure is that in the early 1860s Raphael Rabinovicz from Novo-Zagorny near Kovno (Kaunas) settled in Munich and “discovered” the Handschrift in rooms of the Royal Bavarian Library in Munich. Rabinovicz determined to make a critical examination of it. His financer was an antiques dealer from Munich – a constellation that also is known from other contexts. Before Rabinovicz however there was no academic reflection and debate on the Pfersee or Munich Handschrift. In other words: the Handschrift was unknown before him. On the other hand so far there is nobody who doubts the authenticity of the book , now known as Cod. Hebr. 95.

The actual Handschrift is preceded by several printed pages, one obviously is from the monastery of Polling, others provide table of contents in Hebrew, which already have the actual signature of the Munich library in the printed text (the signature in Polling was – of course – different). So the book in the current state we know was bound in Munich, obviously not before Nathan Rabbinovicz had worked with it.

So there are many more questions if you do not rely on former presumptions and their perpetuation.

Your specific question was whether a wealthy Jewish community who had enough money for loans also had to have money to keep a priceless book. Yes, that’s the way it should be. But … as I have summarized the Jewish witnesses of the book mentioned it about 1750 (and it is not sure if they really described the very same one) and the next undoubted statement on it is that of Raphael Nathan Rabinovicz who obviously arranged the volume and furnished it with tables of content. Older handwritten parts were glued together and placed in front of the handwriting. They are obviously of some age, but they can originate from everywhere – since the binding was made not before the 1870s. In addition there are numerous small handwritten notes at the front and back cover of the book, most of them seem to be writing exercises, for instance the following example:

אני אורי יהודא שליטא

 

The last abbreviates שיזכה לחיים טובים ארוכים

It is questionable if those notes (often regarded as signatures of the former owners) may be older than the cover sheets ..?

However between 1750 and 1870 there are another  120 years without any further explanation. So we also do not know whether the Jewish bankers and lenders from Kriegshaber and Augsburg who financed credits to the broke Free Imperial City of Augsburg in the very beginnings of the 19th knew of the existence of the book at all.

See also:

רפאל נתן נטע ראבינאוויץ 

  ספר דקדוקי סופרים : עם הגהות נקראות דברי סופרים


Die ehemalige Synagoge von Ichenhausen

December 21, 2009

Die erste Synagoge in Ichenhausen ist nachweisbar für das Jahr 1687, jedoch muss weit früher eine andere bestanden haben, wird die Geschichte der Juden in Ichenhausen doch bis in die 1450er Jahre (Chaim Schachor) zurückdatiert. Die erwähnte Synagoge wurde 1781 (an selber Stelle?) durch einen Neubau ersetzt, welche die örtliche Überlieferung einem Kirchenbauer namens Joseph Dossenberger zuschreibt. 1896 wurde die Synagoge renoviert und ein weiteres Mal im Sommer 1929. Am 10. November 1938 freilich wurde auch die Synagoge in Ichenhausen zerstört und das Gebäude hernach von den Nationalsozialisten als Heulager verwendet. Nach dem Krieg beherbergte das Haus bis 1984 die örtliche Feuerwehr . Danach wurde es restauriert und im Dezember 1987 in Erinnerung an die frühere Synagoge als „Haus der Begegnung“ eingerichtet. Die Renovierung ist gelungen und vermittelt einen guten Eindruck von der einstigen Schönheit der ländlichen Synagoge. Der Thora-Schrein ist jedoch – anders als die Wandheizungen – nur aufgemalt.

 In den oberen Etagen vermitteln Ausstellungen Einblicke in die Geschichte der vormaligen jüdischen Gemeinde in Ichenhausen (thematisch überschneidet sich dabei jedoch manches mit der Ausstellung im Schulmuseum), während der Hauptraum Raum bietet für kulturelle Veranstaltungen: Am 29. November 2009 beispielsweise standen  „Contes Mystiques – Geheimnisvolle Erzählungen“ auf dem Programm und boten demnach „eine musikalisch-literarische Entdeckungsreise in die Weihnachtszeit“. Dem folgte am Samstag 05.12.2009 ein „Adventskonzert“ des „Vocal-Ensembles Hochwang“.

The former Synagogue of Ichenhausen

A first synagogue in Ichenhausen is mentioned for the year 1687, however, there must have existed a much earlier one, since the history of Jews in Ichenhausen usually is dated back to the 1450s. The synagogue was replaced in 1781 (at the same spot?) by a new building, which the local tradition attributes to the regional known church constructor  Joseph Dossenberger (1721-1785), who was born in Wollishausen near Augsburg.

In 1896, the synagogue was renovated and a last time during summer of 1929. On 10 November 1938, however, the Ichenhausen synagogue was destroyed and afterwards the building was used by the Nazis as stockroom for hay, so the saying goes. After the war the building housed the local fire department until 1984. Then it was restored and in December 1987 it was inaugurated as “House for encounter” in memory of the former synagogue. The restoration was well done and conveys a good impression of the beautiful former rural synagogue. The Torah Ark however – other than the heating – merely is a painting at the wall.

The upper floors have an exhibition which provides insight into the history of the former Jewish community in Ichenhausen, while the main room offers space for numerous cultural events: On 29 November 2009 for example, were “Contes Mystiques – Mysterious Stories” on the program, and thus offered “a musical-literary journey of discovery into the Christmas season.” This was followed by a “Christmas Concert” of the “vocal ensemble Hochwang” on Saturday, 5th of December 2009. 


Abraham von Augsburg

December 9, 2009

Als Abraham von Augsburg überliefert die Geschichte einen übereifrigen Konvertiten zum Judentum, der zur Mitte des 13. Jahrhunderts im mittelrheinischen Sinzig (Kreis Ahrweiler) bei einem Pogrom gegen die jüdische Gemeinde ums Leben kam.

Den Angaben des Pferseer Memorbuches handelt es sich bei Abraham um einen französischen Adeligen, der zum Judentum übertrat. Die 1297 verfasste megilat hanehargim (s. Perles, Monatsschrift, 11/1873) bestätigt die Herkunft aus Frankreich, erwähnt ihn hingegen aber auch als das Oberhaupt aller Barfüßigen –  ראש לכל היחופים – was sich ohne Zweifel auf den christlichen Orden der Barfüßer beziehen wird. Franziskanischer Barfüßer waren als Bettelmönche bekannt, die eine Abkehr von irdischen Reichtum predigten. Nach dem Tod des Gründers 1226 kam es unter seinen Anhängern jedoch zum sog. „Armutsstreit“. Treue Anhänger sahen im Bau großer Basiliken für den Orden eine Abkehr vom Armutsideal des Ordensgründers. Die Motive und zeitliche Folge für Abrahams Übertritt zum Judentum ist vielleicht in diesem Kontext zu sehen. Im Jahre 1243 nämlich richteten Franziskanermönche in Augsburg eine Barfüßer-Kirche ein, die freilich durch eine größere romanische um 1265 fertiggestellte Basilika ersetzt wurde. Der später noch mehrfach beschädigte und veränderte Bau besteht heute noch namentlich als „Barfüßer-Kirche“ am Übergang von der Altstadt zur Jakober Vorstadt.

Unbekannt ist, ob er auch zuvor bereits Abraham hieß. Das ist zumindest nicht auszuschließen. Als Konvertit löste er sich jedoch von seiner bisherigen Abstammung und galt deshalb als Sohn Abrahams, des Stammvaters aller Juden, und erhielt deshalb zu seinem ursprünglichen oder gewählten Vornamen Abraham den Namenszusatz:  אברהם בר אברהם אבינו  „Bar Abraham awinu“ (Sohn unseres Vaters Abraham).

 Der zeitliche Kontext ergibt, dass Abraham, so er in Augsburg zum Judentum übertrat, dies unter der Leitung von Rabbi Meir bar Baruch, dem Maharam tat. Die Mikwe der damaligen jüdischen Gemeinde wäre dann wenig mehr als 120 Meter der Kirche entfernt gewesen, der er bis dahin vorstand, was sodann zweifellos ein erheblicher Affront gewesen sein muss und erklären kann, warum Abraham bar Abraham Augsburg verließ. Ein weiterer Grund kann natürlich auch der Übereifer gewesen sein, durch den sich leider Konvertiten manchmal auszeichnen (wollen). Den Schilderungen gemäß attackierte er nun seine frühere christliche Religion und deren „abscheuliche Götzen“. In Sinzig, wo es in jener Zeit eine ansehnliche jüdische Gemeinde gab, predigte er die von ihm selbst vollzogene Umkehr zum Judentum. Von den Schilderungen der Evangelien über die „Tempelreinigung“ stürmte er zudem in die ihm bestens vertrauten Kirchen, wo er  die Köpfe von Figuren abschlug und Kreuze zerbrach. Die Folge war ein Angriff der Christen auf alle Juden am Ort und den Berichten verschiedener Memorbücher gemäß wurden 60 – 70 Juden in Sinzig verbrannt, Kinder, Frauen, Männer, Lehrer, Rabbiner. Dem Memorbuch von Pfersee (die Nürnberger Angaben weichen etwas davon ab) gemäß trug sich dies zu am sechsten Wochentag, der zugleich Neumondstag des Montags Kislev war, im 25. Jahr des sechsten Jahrtausends zu, also am 1. Kislev 5025, bzw. am Freitag 28. November 1264 – d.h. vor 745 Jahren.

Der Vorfall erregte große Aufmerksamkeit bei Juden und Christen. Mordechai ben Hillel und Mosche ben Jakob haben dies poetisch verarbeitet. Der Maharam verließ in der Folge Augsburg und sprach sich dafür aus, Konversionen zum Judentum zu erschweren. Später, als er mit zahlreichen Anhängern Deutschland verlassen und nach Israel auswandern wollte, wurde er jedoch angeblich von einem Konvertiten erkannt und verraten.

  

אברהם מאוגשבורג

According to the Memorbook of Pfersee, Abraham of Augsburg was a French aristocrat and head of the discalced monks in Augsburg, where he converted to Judaism. In his public sermons he challenged to leave Christianity and to join the Jewish people. Inspired by the narration of “Jesus cleansing of the temple” in November 1264 he entered in Sinzig (Middle Rhine) churches and beheaded Madonna figures and broke crosses. In return the whole Jewish community of SInzig (about 60 children, women and men) were killed by the Christians.

Hebrew inscription at the altar of the Barfuesser Church in Augsburg, which now is Protestant.