Zum 50. Jahrestag der Errichtung der Friedhofshalle am jüdischen Friedhof Hochfeld Augsburg

June 28, 2011

Vor ziemlich genau 50 Jahren, Anfang Juli 1961 wurde am jüdischen Friedhof zwischen Alten Postweg und Haunstetter Str. im Stadtteil Hochfeld der Grundstein zur neuen Tahara gelegt. Die Gründungsurkunde, die bei der Grundsteinlegung in das Fundament eingemauert wurde besagt dazu:

Als Ersatz für die durch schwere Bombenangriffe im Jahre 1944-45 zerstörte Friedhofshalle, lässt die israelitische Kultusgemeinde Schwaben – Augsburg unter dem derzeitigen Gesamt-Vorstand durch den Architekten Dipl. Ing. Hermann Guttmann, Frankfurt am Main diese neu errichten, um dem Menschenbruder nach dem Prinzip der Gleichheit nach dem Tode gleiche Ehrung und Bestattung, sowie Trost den Trauernden teilwerden zu lassen.

Augsburg, Tammus 5721, Juli 1961

Der heutige Sprachgebrauch würde „nach dem Prinzip der Gleichheit“ gewiss auch die „Menschenschwester“ einschließen. Das genaue Datum der Grundsteinlegung ist nicht bekannt, jedoch entsprach der 1. Juli bereits dem 17. Tammus, weshalb nur der Zeitraum bis Monatsende 29. Tammus (13. Juli) in Frage kommt.

Bei Angriffen der US-amerikanischen Luftwaffe auf die nahegelegenen Messerschmidtwerke  wurden durch verirrte Bomben einige Schäden am Friedhof verursacht. In einem Bericht des Städtischen Friedhof- und Bestattungsamts vom 15. Juli 1948 heißt es dazu: „Ein kleiner Teil dieses Friedhofs um die Trauerhalle wurde durch einen Luftangriff m Februar 1944 zerstört. Durch diese Bombenwirkung wurden insgesamt 246 Steine umgeworfen, von denen 118 Stück teils überhaupt nicht und teils leichter beschädigt sind und demnächst aufgestellt werden sollen. 47 Steine sind reparaturbedürftig und 81 Stück mehr instandsetzungsfähig. Teile der südlichen und nördlichen Umfassungsmauer fielen ebenfalls den Bomben zum Opfer. Die Trauerhalle wurde durch einen Volltreffer völlig vernichtet.“

(Quelle: Archiv IKG Augsburg)

Den städtischen Berichten zur Bestandsaufnahme der jüdischen Friedhöfe in Augsburg aus dem Jahre 1948 beigefügt waren auch Photographien, die entsprechende Schäden festhalten. Eine Aufnahme vom zerstörten Tahara-Haus zeigt dessen wenige Überreste mit einem markanten David-Stern.

Wenngleich inzwischen weitgehend vergessen gehörte Hermann Zvi Guttmann zu den prägenden, gestalterischen Persönlichkeiten des Judentums der Bundesrepublik Deutschland. Als Architekt zahlreicher Nachkriegs-Synagogen, Gedenkstätten und Friedhofshallen verlieh er mit seiner Arbeit die sichtbaren Zeichen jüdischen Lebens nach der „Schoa“ Gestalt.

 

Guttmann wurde 1917 im polnischen Bielsko geboren und studierte in Krakau Germanistik und Philosophie. Nach dem Einmarsch der Deutschen in Polen gelang ihm die Flucht ins sowjetisch besetzte Lemberg, wo er bis 1941 am polytechnischen Institut ein Architekturstudium beginnen konnte. Dieses setzte er nach Ende des zweiten Weltkriegs in München an der Technischen Universität fort und machte sich nach dem Staatsexamen als Diplom-Ingenieur in Frankfurt am Main selbständig. In den kommenden Jahrzehnten widmete sich Guttman der Restauration oder Neubau zahlreicher Synagogen in Deutschland, etwa in Frankfurt am Main, Offenbach, Düsseldorf, Hannover, Bayreuth, Osnabrück oder Würzburg. In Fürth restaurierte er 1967 die aus dem Jahr 1763 stammende alte Synagoge. Aus dem selben Jahr stammt sein international wohl am meisten beachtetes Werk, das sog. jüdische Denkmal auf dem Gelände des ehemaligen „Konzentrationslagers“ Dachau.

http://www.insel-verlag.de/autoren/hermann_zvi_guttmann_1679.html

Auch in Augsburg prägte Guttmann das Erscheinungsbild der jüdischen Nachkriegsgemeinde. Neben der 1961 in Zusammenarbeit mit dem heimischen Architekten Rudolf Brochno (von dem auch das Rathaus in Adelsried und das Army-Hospital in der Flak Kaserne stammten) gestaltete er 1963 – wieder gemeinsam mit Brochno den ehemaligen Trauungsaal im Gebäude an der Halderstraße zur „kleine Synagoge“. Abgesehen von wenigen Ausnahmen ist sie bis heute Ort der Gottesdienste der Israelitischen Kultusgemeinde. Eingeweiht wurde der Bau unter der Teilnahme zahlreicher Ehrengäste am 15. Dezember 1963. 

Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde im Jahre 1963: vorne 1. und 2. Vorsitzender Julius Spokojny und Ludwig Ruppin, hinten: Albert Schenavsky, Salo Neuburger, Max Koritscher und Henric Rübenfeld

(source: Gebt Ehre der Lehre, Erinnerungsschrift zur Einweihung der kleinen Synagoge, Dezember 1963, IKG Schwaben Augsburg)

50 years ago in early July 1961 Jewish architect Hermann Zvi Guttmann from Frankfurt established the new Tahara at Hochfeld Jewish Cemetery in Augsburg. The previous cemetery hall on 25th of February 1944 was completely levelled by an US  bombing raid, aimed to the Messerschmidt factory nearby. Guttmann who constructed a number of post-war synagogues, cemetery halls and memorials all over Germany in 1963 also designed the renovation and modification of the “small synagogue” at Halderstr. in Augsburg, currently used by the Jewish community of Augsburg.


במשק של מגי

June 24, 2011

to all whom it may concern 

Well, I try my best
To be just like I am
But everybody wants you
To be just like them
They say sing while you slave and I just get bored
I ain’t gonna work on Maggie’s farm no more


Gratulation Brose Baskets Bamberg ..!

June 19, 2011

Brose Baskets Bamberg verteidigte gestern abend mit einem spannenden Sieg im letzten Playoff-Spiel erfolgreich den Meistertitel gegen Alba Berlin

To signs of Bamberg, the  smoke beer and the basketball team


Juden im mittelalterliche Friedberg / Bayern

June 17, 2011

Offenbar nur wenigen ist bekannt, dass das bayerische, seit einigen Jahrzehnten auch schwäbische Friedberg eine jüdische Geschichte hatte, die etwa in die Zeit zurückreicht als der Ort erstmals im Jahre 1264 urkundlich erwähnt wurde. Darin handelt es sich um die Absicht, eine Fridberch genannte Burg zu errichten und zwar als bayerischer Grenzposten gegenüber den Augsburgern und Österreichern auf der anderen Seite des Lechs. Die Gründung wird dem 1252 geborenen letzten Staufer Konradin zugeschrieben, der 1268 im Alter von nur sechzehn Jahren in Neapel öffentlich geköpft wurde. Zuvor freilich war er Herzog von Schwaben und seit seinem zweiten Lebensjahr sogar auch „König von Jerusalem“. Im Alter von 14 Jahren wurde er mit Sofie der nur achtjährigen Tochter des Landsberger Markgrafen Dietrich, der nur zehn Jahre älter war als Konradin. Andere Zeiten …

Schon bald als südlich der Burg eine kleine Siedlung entsteht finden sich auch jüdische Bewohner am Ort, die vermutlich zum Anhang der Staufer gehörten. Notiert sind sie freilich auf der anderen Seite des Lechs. Im August 1298 findet sich unter den Augsburger Juden die sich im Namen der Gemeinde gegenüber den Ratsherren der Stadt verpflichten, aus eigenen Mitteln einen etwa vierhundert Meter umfassenden Abschnitt der nordwestlichen Stadtmauer zu bauen, auch Choewelin von Frideberch, das wir wohl auf das bayerische Friedberg in der Nachbarschaft zu Augsburg deuten können, obwohl der gleichnamige Ort in Hessen ebenfalls eine Gründung der Staufer und etwas älter ist. Chawa (=Eva) ist eine von zwei Frauen unter den Unterzeichnern und wahrscheinlich die Witwe eines Friedberger Juden. Der Umstand, dass Friedberg als Herkunftsbezeichnung in der Augsburger Urkunde erwähnt ist, belegt, dass es einen vorherigen festen Ortsbezug gegeben hat. Ein zweiter namentlich bekannter Jude ist der erstmals 1355, dann aber mehrfach als Augsburger Steuerzahler und Hausbesitzer bis 1377 notierte Samuel von Friedberg, der sich auch als Sanwil, Sanfel, etc. findet und als Arzt und Fleischhäkel der Augsburger Judengemeinde bezeichnet wird. Letzteres verpflichtete ihn gemäß dem Augsburger Stadtrecht von 1276 auch zum Tragen des Judenhut, welcher ihn als offiziellen Repräsentanten der Augsburger Juden kennzeichnete. Mit ihm weilten sicher auch weitere Verwandte und Bedienstete die wohl auch aus dem knapp sieben Kilometer entfernten Friedberg gekommen waren. Einzelne Notizen könnten auf Söhne von ihm deuten, jedoch ist dies angesichts mehrerer zeitgleicher Samuels nicht sicher. Als Arzt hatte er wohl nicht nur in Friedberg, sondern gewiss auch in Augsburg eine herausgehobene Stellung, als Fleischhäckel oder –hacker (hebräisch: menachér) war er nicht für die Schächtung zuständig, sondern zerteilte das geschlachtete Tier. Vielleicht qualifizierte ihn dies als eine Art Chirurg – heute wären wir da wohl vielleicht etwas skeptischer.

Überraschender Weise finden sich in der Zeit nach 1440, als es keine jüdische Gemeinde mehr in der Reichsstadt Augsburg gab weitere Notizen über Friedberger Juden:

Im Jahr 1455 wird Moses der Schwiegersohn des Gerstl, nun als Bürger von Friedberg bezeichnet in einer Augsburger Urkunde erwähnt, da der christliche Augsburger Konstantin Breyschuh bei ihm 200 rheinische Gulden geliehen hat. Drei Jahre später, im Juli 1458 erwähnt eine weitere Urkunde Jakob von Friedberg, da dieser den christlichen Friedberger Hans Huber beauftragt für Geld einzutreiben, dass der Augsburger Christof Zwingensteiner ihm schuldet.

Weitere Belege existieren wahrscheinlich nicht, doch kann man daraus schließen, dass in den ersten beiden Jahrhunderten der Geschichte Friedbergs wohl kontinuierlich Juden am Ort lebten, als Arzt oder Pfandleiher für durchaus stattliche Summen, oder aber dass nach der Abwanderung der Juden aus Augsburg zumindest einige von ihnen auch ins benachbarte bayerische Friedberg gingen.

Im heutigen Friedberg, das mit zahlreichen Eingemeindungen knapp 30.000 Einwohner hat erinnert freilich auch sonst wenig an die mittelalterliche Frühzeit, da der Ort in der Folgezeit mehrfach zerstört wurde (allein zweimal von den Schweden während des Dreißigjährigen Krieges). Angesichts dieser mitunter vollständigen Verwüstungen ist es kaum zu bestimmen, wo in etwa jüdische Friedberger gewohnt haben mochten. Sehr wahrscheinlich wird es keine „Synagoge“ gegeben haben, doch einige Häuser mit Betsaal und sicher auch wenigstens eine Mikwe können wir getrost als gesundes Minimum voraussetzen. Aus dieser Zeit sind nur einige Reste der Burg und der (freilich rekonstruierten) Stadtmauer am alten Wasserturm sind erhalten, ansonsten gilt das Rathaus aus dem Jahre 1674 als ältestes Gebäude der Stadt.

Little is known about Jews in Friedberg near the Bavarian shore of River Lech near Augsburg. However shortly after the establishment of a Staufer castle bordering Augsburg and Austrian Swabia Augsburg records mention Jews from the bavarian Friedberg which developed as settlement near the stronghold, for instance Sanwil of Friedberg who almost a quarter of a century is noted in Augsburger taxpayer records as doctor of the Jewish community as well as butcher (those were the days …). Also after the expulsion of jews from Augsburg in 1440 there are some Jews who lend money to Augsburg citizen and sent Christians from Friedberg for debt collecting. However since the small town was destroyed several times (two times alone during the 30 Years War) there of course is nothing left frpm previsous times.


Where is the lamb..?

June 10, 2011

A woman customer comes to the butchery and requests the rate of lamb.
5 a pound,” is the answer.
But the butcher next door sells it for 2 a pound,” she objects.
Nu, if so go and buy it there,” says the butcher.
But he’s all out,” she intimates.
Git,” says the butcher, “… whenever I will be out of lamb it will only 1 a pound. Promise!

בורגאַו: הטלה הזהוב


Mietek Pemper (1920 – 2011)

June 9, 2011

Mieczysław Pemper died on the eve of the Festival of Shavuot which commemorates the Torah. Mietek, as he was usually called, was 91 years old and since 1958 has lived in Augsburg.

ברוך דין האמת

* * *

 


chag schawuot sameach

June 7, 2011

חג שבועות שמח

 


Der neue jüdische Friedhof von Fürth

June 6, 2011

*Jüdischer Friedhof Fürth, Erlanger Str. 99

Einer Meldung des „Fürther Tagblatts“ Nr. 111 vom Sonnabend 13. Juli 1839 gemäß gab am 4. des Monats ein Bauer seinem älteren Sohn „den Auftrag die Ochsen auf dem Felde zu hüten. Dieser überließ seinem jüngeren Bruder, einem 10jährigen Knaben, die Sorge für dieselben, welcher wahrscheinlich spielend den Strick, an dem die Ochsen gebunden waren, um den Hals schlang, und dadurch die Ursache seines frühen schrecklichen Todes wurde. Man fand den Leichnam des Unglücklichen einige Stunden später mit Blut und Staub bedeckt, eine weite Strecke von dem Hutplatze entfernt.“

Unter einem Hut- oder Huthplatz verstand man früher einen Weidepatz, was sich vom Hüten ableitet. Unweit davon entstand hernach der städtische Friedhof der Stadt Fürth, der sich aktuellen Zeitungsberichten in einer „Krise“ befindet. Die Zahl der Bestattungen geht zurück, und während zahlreiche unter Denkmalschutz stehende Gräber mangels Nachkommen keine Pflege mehr finden, hat sich die Zahl der Leichenverbrennungen in den letzten 30 Jahren von einem auf fast zwei Drittel erhöht. http://www.nordbayern.de/region/fuerth/krisenmanagement-am-further-friedhof-1.957610

Im Städtischen Friedhof von Fürth integriert ist heute der 1880, als die jüdische Gemiende der Stadt mit ca. 3300 Menschen ihren “Höchststand” erreicht hatte, angelegte neue Friedhof der jüdischen Gemeinde im heutigen Stadtteil Ronhof. Das stattliche Tahara-Haus des Fürther Architekten Adam Egerer (1859-1936)stammt aus dem Jahr 1902, doch dem Vernehmen nach wurde der Friedhof aber erst ab 1906 für Begräbnisse benutzt. Auf dem Gelände befinden sich Denkmale für jüdische Soldaten des ersten Weltkriegs und in der Tahara Tafeln zur Erinnerung an fast 900 Fürther Juden, die von den Nazis ermordet wurde. Die Nachkriegsgemeinde benutzt den Friedhof bis heute.

Denkmal für die gefallenen Fürther jüdischen Wehrmachtssoldaten der Kriegsjahre 1914 – 1918:  

איך נפלו גיבורים ויאבדו כלי מלחמה

 Grave marker of Prof. Eduard (Menachem Mendel ben Menachem Mendel) Schneerson (1941 – 2009) “Professor der Elektrotechnik, Theoretiker des Distanzschutzes elektrischer Netze” by far no common tombstone inscription.

Ehrenmedaillon am Grabmal des Kriegsteilnehmers von 1870 – 1871 Hermann Cohn (17. Feb. 1845 – 22. Sept 1928). Mit ihm bestattet wurde seine Frau Julie (1844-1934). Die Inschrift des Medaillons lautet: “Gott war mit uns, Ihm sei die Ehre. dem siegreichen Heere“. In der Mitte befindet sich die Kaiserkrone, unten am Fuß ein kleiner Magen David.

 

Grabmal des Siegfried (Israel ben Chaim) Offenbacher (1899-1970), der beim Brandanschlag auf das Müncher Seniorenheim vom 13. Ferbuar 1970 ums Leben kam. 

Siehe: https://jhva.wordpress.com/2010/02/14/rememberring-terror-in-munich/

ברוך אתה ה’ אלוהינו מלך העולם, אשר יצר אתכם בדין

 


Das jüdische Waisenhaus von Fuerth

June 2, 2011

 

In einem früheren Artikel habe ich die Zwecke des hiesigen israelitischen Waisenhauses besprochen, und (es) ist noch zu ergänzen, dass die Institution unter der umsichtigen Leitung des Herrn Dr. Königshöfer steht. Die Administration hat in Anbetracht, dass das jetzige, seit der Gründung benützte Local bezüglich seiner Lage und Räumlichkeiten viele Mängel aufzuweisen hat, und dass bei demselben die zu den notwendigsten Dingen einer solchen Anstalt gehörige reine, freie Luft in Verbindung mit einem geräumigen Hofe und Garten noch im Reiche der Wünsche liegt, einen Platz zum Baue eines neuen Waisenhauses nebst Haussynagoge gekauft, so dass daselbst ein seinen Zwecken entsprechendes geräumiges Haus aufgeführt werden soll.

Liegt es nun im Geist der Zeit, dass sie sich nicht nur durch einen regen Sinn für das Schöne und Erhabene, sondern auch für das Nützliche und Wohltätige auszeichnet, so ist die Sorge für (die) Verbesserung eines solchen Instituts, welches in seiner Sphäre zur Veredlung des Menschengeschlechts beiträgt, eine gewiss wohlberechtigte. Wahrlich, unsere Zeit, die mit so bedeutenden Mitteln des Verkehrs, der sozialen und geschäftlichen Verhältnisse, kurz mit solchem Wohlstande in jeder Hinsicht reichlich ausgestattet ist, durfte nicht zurückbleiben gegen die um ein Jahrhundert frühere Zeit der Gründung. Damals im Jahre 1763 nämlich, als der selige Herr Israel Lichtenstädter, der Stifter der Anstalt, derselben einen Anfangsbeitrag von 500 Gulden widmete, da war es schon viel, dass er durch den Wohltätigkeitssinn würdiger Gemeinde(mit)glieder die Stiftung mit einem Capitale von 4100 Gulden begründen konnte. So anscheinend gering diese Summe den anspruchsreichen Bedürfnissen der Anstalt gegenüber war, so hat sich letztere in Anerkennung ihrer Nützlichkeit durch die allgemeine Teilnahme und zahlreichen Beitritt zu einem beachtenswerten Stande emporgeschwungen. Dass nun deren verfügbare Mittel durch den oben besprochenen Bau sehr erschöpft werden, bedarf wohl keiner näheren Auseinandersetzung, da zudem die laufenden Bedürfnisse der 13 zu erziehenden Waisen beständig zu bestreiten sind.

Desto dringender bedarf daher dieses Institut des allseitigen Zusammenwirkens durch zahlreichen neuen Beitritt und freiwillige Geldbeträge, wenn dasselbe auch ferner zum Glücke vieler Menschen segensreich wirken und den vielseitigen Anforderung unserer Zeit würdig begegnen soll.

Der Artikel stammt aus „Der Israelit – ein Central-Organ für das orthodoxe Judentum“, 8. Jahrgang, Nr. 19, Mittwoch 8. Mai 5627 (1867)

metall in stone

Vielfach umworben wird nun, nachdem sich kein Waisenhaus mehr im Gebäude an der Hallemannstr. (früher Julienstr.) befindet, der Superlativ des „ersten jüdischen Waisenhauses in Deutschland“ (z.B. in der “Jüdischen Allgemeine” vom 29. Nov. 2007). Auch hier kann man fragen, was zu welcher Zeit mit „Deutschland“ gemeint ist? Woher stammt diese Idee, die 1763 etwas anderes bedeutet als 1868, dem Jahr, aus dem der heutige Bau stammt …?

Die Pflege jüdischer Waisen war bereits von der Antike an eine feste Aufgabe der Gemeinden (d.h. der politischen jüdischen Kommune oder Synagogen-Gemeinde), insofern sich keine nahstehenden Verwandten um die verwaisten Kinder kümmern konnten oder wollten. Da meist aber Verwandte oder Freunde die Pflegschaft übernahmen, gab es bei meist ohnehin kleineren Gemeinden von bis zu einigen Hundert Menschen keine größeren Waisenheime, da für einige wenige Kinder entsprechend wenige Zimmer genügten. Findelhäuser für ausgesetzte Kinder gab es bis in die Neuzeit hinein in jüdischen Gemeinden überhaupt nicht, während es für deutsche Christen bereits Ende des 13. Jahrhundert in Nürnberg ein Findelhaus gibt (abgesehen von früheren Berichten die bis ins 6. Jahrhundert zurückreichen, aber allgemein  schon eher legendären Charakter haben). Im Jahre 1386 ist eines in Ulm bezeugt und in München ist eines für das Jahr 1485 nachweisbar. Warum der christliche Bedarf an (zentralen) Waisen- und Findelhäusern bereits so früh recht hoch war?

 

Die jüdische Vorsorge für Waisen ist keine neuzeitliche Idee, die Sozialreformern bedurfte. Kaum ein anderes Gebot der Thora wird in ihr öfter und mit mehr Nachdruck erwähnt, um dessen Umsetzung sich bereits in der Zeit des Tempels die Levi und Kohen kümmerten. Der Aufseher der Waisen im Auftrag der späteren jüdischen Gemeinde (קהל) wurde „Vater der Waisen“ (אבי יתומים) genannt und war in manchen Fällen ein Lehrer oder Bedienstete des Lehrers. Der Begriff findet sich bereits im Talmud (Mishna Gittin 5.4). Handelte es sich bei dem Waisen um das Kind besitzender Eltern, konnte die Gemeinde auch einen speziellen Aufseher einsetzen, den man אפיטרופא (abgeleitet von επιτροπος) nannte und im heutigen Sprachgebrauch Vormund nennen würde. Der Epitrofa kümmerte kümmerte sich um den erbbaren Besitz bis das Kind alt genug war. Diese bereits in der Antike geübte Praxis wurde in mittelalterlichen jüdischen Gemeinden aufrechterhalten, insbesondere auch weil elternlose Kinder (und ihr Besitz) aus der jüdischen Gemeinschaft geraubt und zwangsgetauft werden konnten, worüber es ja nun auch zahlreiche Klagen aus allen Gegenden und Jahrhunderten gibt.

Ein Beispiel aus weit jüngerer Zeit noch ist der Fall der sechs unmündigen Waisenkinder des Henle Ephraim Ullmann (Elchanan ben Efraim Ulmo) für die nach seinem Tod am 4. März 1807 und dem darauffolgenden seiner Frau Chana (geb. Wertheimer) das königliche Gericht die Vormundschaft an die verwandten Ber und Simon Ullmann übergab (siehe: Kurze Darstellung der Streitsache der Handlungsvorsteher in Augsburg gegen die Ullmännischen Kinder von da wegen Abänderung des erlassenen Oblatoriums; Augsburg 1817).

Hardly any other mitzvah in the Torah is mentioned more often than the expressivley stated obligation to take care for orphans. Accordingly already very ancient Jewish communities attached great importance to the welfare of orphans. In most cases naturally relatives took care, otherwise the Jewish community had welfare custodians or legal guardians. In medieval times and afterwards there also was the thread that Jewish orphans were forced to Christian baptism and their heritage of course was confiscated. So the welfare and care for orphans is anything but a new idea. In contrary the establishment of an orphanage rather indicates that personal obligation (the mitzvah) to take care for orphans increasingly was shifted to the community board.