Gedenktage Augsburger Juden: 19. bis 24. Januar

January 22, 2023

am 19. Januar:

1827 Geburt von Emmanuel Lämle, gest. 1893;

1911 Geburt von Jakob Brenerman, gest. 2000;

1928 Tod von Aaron Großberg, geb. 1857;

1887 Tod von Salomon Neuburger, geb. 1818;

2010 Tod von Ernst Cramer in Berlin, geb. 1918 in Augsburg, kehrte im Mai 1945 als US-Soldat bei Kriegsende nach Augsburg zurück, Journalist, Publizist, Vorsitzender der Axel-Springer-Stiftung, ab 2003 Ehrenbürger der Stadt Augsburg;

 

Ernst Cramer (1913- 2010)

 

am 20. Januar:

1765 Tod von Isaak Juda Levi, 77 Jahre alt;

1813 Geburt von Mina Pickert, n. Gerstle, gest. 1878;

1862 Geburt von Bertha Neuburger, n. Neumeyer, gest. 1908;

1864 Moses hirschbaum aus Steppach;

1872 Tod von Heinrich Obermayer 1872, Metzgermeister aus Kriegshaber, 80 Jahre alt;

1878 Tod von Nathan Gunz, geb. 1833;

1890 Tod von Max Obermayer;

1903 Tod von Hermann Bach, geb. 1852;

 

am 21. Januar:

1737 Tod von Ester Ulmo, 54 Jahre alt;

1747 Tod von Sprinz Tannhauser aus Fischach;

1797 Tod von Rosa Ulmo, 25 Jahre alt, gestorben an Fieber;

1800 Tod von David Regensburger;

1817 Tod von Mina Regensteiner, 55 Jahre alt;

1818 Tod von Schimon Hubel, 63 Jahre alt;

1854 Geburt von August Gerstle, gest. 1899;

1862 Geburt von Heinrich Rosenstiel, gest. 1914;

1870 Geburt von Hermann Göggel, gest. 1910;

1871 Geburt von Karl Raff, gest. 1924;

1934 Tod von Rosa Lustig, n. Eigner, geb. 1873;

1941 Tod von Klara Herrmann, n. Gutmann, geb. 1857;

 

am 22. Januar:

1738 Tod von Jedia Seligman;

1816 Tod von Klara Braumann, Wirtstochter aus Steppach, 27 Jahre alt;

1825 Tod von Kela Schwarz aus Pfersee;

1839 Tod einer Sara … aus Schlipsheim, Alter und Familienname unbekannt;

1840 Tod von Jakob Seligman aus Leimen, 67 Jahre;

1848 Geburt von Michael Heymann, gest. 1919;

1863 Tod von Jona Nördlinger aus Fürth, 2 Jahre alt;

1865 Tod von Gabriel Liebschütz;

1875 Geburt von Samuel Gutmann, gest. 1939;

1891 Geburt von Salo Herrmann aus Oettingen, 1942 in Piaski ermordet;

1925 Tod von Emil Epstein, geb. 1866;

1926 Tod von Albert Kornitzer, geb. 1864;

1926 Tod von Emilie Erlanger, n. Neuburger, geb. 1862;

1935 Tod von Luise Estenfelder, geb. 1880;

 

am 23. Januar:

1770 Tod von Brendl Ulmo aus Pfersee, 86 Jahre;

1810 Tod von Secharja Neuburger, 84 Jahre;

1835 Tod von Mina Lepert, 44 Jahre;

1840 Geburt Bertha Tannhauser, n. Levinger, gest. 1883

1858 Geburt von Albert Sander; gest. 1939

1870 Tod von Sofie Schnell, fast 3 Jahre alt;

1871 Geburt von Julius Löb, gest. 1908

1885 Tod von Joachim Fromm, geb. 1816

1891 Tod von Hanna Weiss 68 Jahre alt;

1908 Tod von Babette Epstein, n. Rosenfelder, geb. 1837;

 

am 24. Januar:

1725 Tod von Benjamin Ulmo, geb. 1645;

1796 Tod von Dov Mändle aus Kriegshaber;

1803 Tod von Juda Rapaport aus Fürth;

1880 Geburt von Luise Estenfelder, gest. 1935;

1881 Geburt von Walther Reis, gestorben im Altern von einer Woche;

1888 Tod von Hermann Gutmann, 1914 gefallen im Weltkrieg;

 


Berlin in early 1900s

February 22, 2016

Fascinating pictures

..-amazing what colorization brings about

However, if I am not mistaken, some shots were made rather in Munich, not in Berlin. Right ..? 🙂

 


אזרחות ישראלית וכבוד לציידת הנאצים

February 16, 2016

שר הפנים אריה דרעי העניק אזרחות ישראלית לציידת הנאצים ביאטה קלרספלד. ”הכרת תודה על כל מה שעשתה למען העם היהודי

Beate Klarsfeld Arye Deri Israeli citizenship February 2016דרעי וקלרספלד

source: http://www.inn.co.il/News/News.aspx/316280


Eine jüdische Episode am Gut Bannacker im Süden von Augsburg

April 27, 2015

Am südwestlichen Ende Augsburgs nahe Bobingen befindet sich der 1972 eingemeindete Stadtteil Bergheim und mit ihm auch der bei vielen Augsburgern wenig bekannte Weiler Bannacker. Dieser ist benannt nach einem Gutshof, der bis 1930 im Besitz der Familie Fugger-Babenhausen war, von 1930 bis zur „Arisierung“ aber den jüdischen Konvertiten Weininger gehörte und seit wenigen Jahren nunmehr als Veranstaltungsort für Konzerte im Rahmen des „Mozart@Augsburg“ Festivals wachsende Beachtung findet. Zeit also, um die zwar kurze, so aber doch durchaus illustre „jüdische“ Episode am südlichsten Punkt von Augsburg etwas nähere zu beleuchten, zu deren Facetten mit Privatflugzeugen eintreffende Weltstars ebenso gehörten, wie auch verängstigte jüdische Jugendliche, die im temporären zionistischen Schulungslager auf die Schnelle landwirtschaftliche Fähigkeiten erwerben mussten, um in Israel eine vage Zukunft vor Augen zu haben.

Bannacker Augsburg Bannackerstr Oberschönenfelderstr

Das Herrenhaus wurde von dem Johann Gottlieb von Süßkind  (1767-1849) errichtet, der aus dem etwa 20 km südöstlich von Stuttgart gelegenen Nürtingen stammte. Der lutherische Bankier war in Augsburg zunächst für die gleichfalls christlichen Bankiers der Familie Halder (nach welcher die Augsburger Halder-Straße benannt ist in welcher sich die Synagoge befindet) tätig und war während der Napoleonischen Kriege durch Wechsel- und Spekulationsgeschäfte zu exorbitanten Reichtum gekommen und galt als „reichster Mann Schwabens“. Süßkind wurde 1821 vom bayerischen König Maximilian I. in den Freiherren-Stand erhoben und erwarb in den Folgejahren zahlreiche Landgüter, darunter das Schloss  Haunsheim bei Lauingen, das fränkische Barockschloss Dennenlohe bei Ansbach und das der Schloss der Fugger im schwäbischen Dietenheim. Den Weiler Bannacker, in dem sich zuvor nur wenige Gehöfte und eine kleine Kapelle befanden, ließ er zum Landschloss mit Herren-haus und Stallungen ausbauen. Seine Erben verkauften den Besitz jedoch an die Familie Fugger-Babenhausen, die den Gutshof  Bannacker 1930 an Richard Weininger veräußerten.

mehr: Die Weiningers – eine jüdische Episode am Gut Bannacker im Süden von Augsburg

Bannacker Augsburg

The Weininger Days in Bannacker – from celebrities to Zionists at the South end of Augsburg

In the southernmost end of Augsburg is the hamlet Bannacker (lit. “banned field”). Almost two hundred years ago the Christian banker Johann Süßkind built a large manor house with some stables, the estate Bannacker. By 1860, the heirs sold the property to the Fugger Babenhausen family. The Fugger however in 1930 sold it to the entrepreneur Richard Weininger from Berlin, a converted Jew, whose older brother, the philosopher Otto Weininger in 1903 at the age of 23 had committed suicide in Vienna after publishing a number of highly controversial and fierce misogynist and anti-Semitic books that were bestsellers and made him a person of sensational international fame.

Richard Weininger and his wife established the Bannacker estate as meeting place for the international high society, where musicians, actors, politicians, aristocrats, industrialists and other celebrities organized private golf and polo tournaments, to which the VIPs arrived with their  luxurious limousines or even with their own sport aircrafts at the existing private Bannacker airport.

However, given the racial fanaticism of the Nazis, the celebration days were counted on Bannacker because although Hitler had great respect for Otto Weininger, “the Protestant baptized Jew who committed suicide out of decency”, the local Nazis, of course did not oversee the “detail”, that his brother Richard Weininger, who himself at the age was baptized as well, had Jewish parents in Vienna.

In the Olympic year of 1936 the Weininger couple, up to now German patriots, allowed the temporary placement of a camp for youth Zionist pioneers in a house of their estate, where the youngsters were rather improvised were (re-)educated for garden- or farm work, maybe useful in Eretz Israel. Many of the Zionist youngsters however did not arrive the Holy Land, but the Concentration camps of the Nazi. After the games the policy of the Nazis intensified again and so now also the Bannacker property was “aryanized” and thus the short Jewish episode in the very South of Augsburg came to an end.

Today, after several decades and years of slumber, with the organization of classical Mozart concerts some kind of social life returns to Bannacker, although of course at least so far it cannot keep up with the international splendor of the Weininger Days at the estate.


Der “Holocaust” aus der Perspektive der Teletubbies

April 17, 2015

Was haben die Teletubbies mit dem Holocaust zu tun?

 

Auch wenn die ersten die als Babies, mit der Sendung  aufgewachsen sind, bald die Abiturjahrgänge abbilden und die Ende der 1990er Jahre diskutierten Befürchtungen hinsichtlich des Einflusses einer solchen Sendung auf die Entwicklung von Kindern hätten, ggf. erste konkrete Anhaltspunkte geben, offenbar eine sehr absurde Frage, … zugegeben.

Andererseits: Geschichte gibt es längst schon nicht mehr nur als Sammlung (vergangener) Ereignisse, die mit einer Anzahl authentischer Materialien, sich im Laufe der Zeit auf ein paar wenige stereotype Aussagen und Abbildungen verengen. Ein scheinbar besonders geeigneter Weg, die Auseinandersetzung mit dem Alten durch Neues zu ermöglichen, ist deshalb auch die Interpretation und In-Fragestellung durch Methoden der Kunst und Kultur.

Auf dieser Ebene können, neben Filmen, Skulpturen und Malereien, sich also dann auch Holocaust und Teletubbies begegnen, obgleich die „Beschäftigung“ (oder sollte man nicht eher vom Hadern sprechen?) mit „dem finstersten Kapitel der deutschen Geschichte“ (zumindest) offensichtlich keine Berührungsflächen mit der dann doch eher einsilbigen Fernsehproduktion für Kleinstkinder hat. Deren pummelige Protagonisten tragen einfarbige Strampelanzüge in Grün, Gelb, Lila und Rot und heißen Tinky-Winky, Tipsy, La-La und Po. In mehreren hundert Folgen der britischen TV-Serie stammeln sie durch eine Fantasielandschaft und brabbeln vergnügte Kinderlaute bei ihren “Abenteuern”. Zwar gibt es in der Gartenlandschaft der Teletubbies auch Brücken, aber keine führt in ein Konzentrationslager. Aber man kann ja auch von außerhalb anknüpfen.

Lange Rede, kurzer Sinn.

Teletubby Laa-Laa - masks at the dance floor

eh-oh

https://www.youtube.com/watch?v=xlNMk4SD6gA

Die 1997 produzierte Hymne der Baby-Serie hieß „Teletubbies say Eh-Oh“, war immerhin 32 Wochen in der deutschen Hitliste und erreichte dort sogar Platz 1  – womit die Teletubbies übrigens genauso viele Nummer-Eins-Hits in Deutschland hatten wie Elvis Presley (was immer das nun besagen kann).

Das von offenbar verzichtbaren Konsonanten befreite „hello“ war auch die Grußformel der Teletubbies. Im Video ist nun auch die gelbe Figur Laa-Laa zu sehen, wie sie vor einem runden Tisch tanzt, offenbar einer Werkbank. Auf ihr liegen flache Gesichtsschablonen. Recht viele sind bereits zu Boden gefallen und so ergibt es sich, dass die rundlichen (tubby) Trolle eben auch drauf herum laufen.

Jüdisches Museum Berlin Memory Void Masken Installation Leute

 https://jhva.wordpress.com/2012/10/30/das-judische-museum-in-berlin/

Jüdisches Museum Berlin Memory Void Masken

 

Es ist nur eine kurze Sequenz und was sie bedeutet, ist nicht erklärt und tatsächlich verdiente das auch keine Beachtung, gäbe es zur geschilderten Szene nicht doch eine Entsprechung – und zwar an prominenter Stelle in einem gänzlich anderen Kontext, nämlich im „Jüdischen Museum“ von Berlin, dem auch international viel beachteten Bau von Daniel Liebeskind.

Dort gibt in einem hohen, aber engen und grauen, offenen Beton-Raum eine Installation des renommierten israelischen Künstler Menashe Kadishman (geb. 1932) die eben daraus besteht, dass der Boden mit solchen Gesichter-Schablonen oder Masken bedeckt ist. Das Werk nennt sich שכלת (schachelet), „Herbst“ – was auch vom Titel her zum Garten der Teletubbies passt – und ist eine jener „memory voids“ (: Erinnerungslücken) in der Konzeption des Museums, das sich abgesehen davon recht erfolglos vorgenommen hat, „zweitausend Jahre jüdischer Geschichte in Deutschland“  zu verkörpern, außer man erweitert das Konzept der Erinnerungslücken auch darauf.

teletubbies eh oh holocaust dancing

Ob die Auseinandersetzung des Berliner Museums mit dem „Holocaust“ nun tatsächlich vom Promotion-Video des intellektuell eher bescheidenen Teletubbies SuperhitsEh-oh“ abgekupfert ist, mag man selbst überlegen. Es hat wohl auch damit zu tun, wie wahrscheinlich es ist, dass man einen Boden weiträumig mit flachen ausgestanzten Gesichtsmasken belegt und darauf herumläuft. Allzu häufig ist ein solches Szenarium wohl nicht anzutreffen.

Das Teletubby-Video stammt von 1997, aus dem selben Jahr stammt nach der Webseite http://www.kadishman.com/resume/ auch das Werk „Shakhelet“, was stimmen kann oder auch nicht, freilich wurde das Berliner Museum erst 2001 eröffnet und das Werk erst damit öffentlich.

Womöglich bestehen Begriffe wie „Museums-Pädagogik“ auch nicht umsonst. Wörtlich übersetzt wären dies Musen (Geister), die Kinder an der Nase herum führen. Da reicht dann auch ein Mann fürs Kadisch.

 Teletubby with mask stencil“Mary, mary, quite contrary …”

The mask at the floor installation at Jewish Museum in Berlin, called Shakhelet (autumn) maybe actually is an idea taken from the promotion video of British toddler TV program “Teletubbies” which was shot for the hit single “eh-oh” (for “hello”). The video is from 1997.

Berlin Jüdisches Museum Maske Jewish Museum Shachelet

The “Jewish Museum” in Berlin since 2001 presents the very same idea of distributing punched face like stencils on the floor in order to “remember” the “holocaust”as installation by the renowned Israeli artist Menashe Kadishman.

How come ..?

 


Demonstration gegen Antisemitismus in Berlin!

September 11, 2014

Große Kundgebung vor dem Brandenburger Tor in Berlin am Sonntag, 14.09.2014, um 15.00 Uhr

In den vergangenen Wochen mussten wir Zeuge werden, wie in vielen deutschen Städten blanker Hass auf Juden wieder offen ausgebrochen ist.
Antisemitische Hetzparolen, tätliche Angriffe und Bedrohungen sowie Anschläge auf Synagogen haben nicht nur in der jüdischen Gemeinschaft, sondern in großen Teilen der Gesellschaft tiefe Besorgnis und Entsetzen ausgelöst.
Doch wir überlassen Antisemiten und den Feinden der Demokratie nicht das Feld!
Deshalb rufen wir alle Demokraten auf:

„Steh auf! Nie wieder Judenhass!“

Große Kundgebung vor dem Brandenburger Tor in Berlin
am Steh auf! Nie wieder Judenhass! Berlin Brandenburger Tor 14 September 2014 KundgebungSonntag, 14. September 2014, um 15.00 Uhr

Wir freuen uns, auch die Bundeskanzlerin begrüßen zu dürfen!

Die Angriffe auf die jüdische Gemeinschaft sind Angriffe auf die gesamte Gesellschaft.
Deshalb sind alle Bürger aufgerufen, aufzustehen gegen Judenhass!

WIR BRAUCHEN SIE ALLE! GEGEN JUDENHASS! FÜR EIN TOLERANTES UND WELTOFFENES DEUTSCHLAND!

Quelle: http://www.zentralratdjuden.de/


Comeback Kid

June 24, 2014

Goldschmiedebrunnen Augsburg Juni 2014

Nach 593 Tagen (oder fast 85 Wochen) Abwesenheit kehrte heute mittag um ca. 13 Uhr der lange vemisste Goldschmiedebrunnen am eheamligen Annaplatz zurück, unweit von seinem früheren Standort.

Augsburg Goldschmiedebrunnen MontageRemontage

Goldschmiedebrunnen Augsburg Remontage

Der Brunnen wurde 1912 von der jüdischen Bankierswitwe Sabine Bühler (aus Pfersee/Kriegshaber) gestiftet. Im Weltkrieg sollte die Figur, die an einen Freund der Stifterin erinnerte, geraubt, um eingeschmolzen zu werden, überstand  den Anschlag aber (fast unbeschadet). Auf einem Hamburger Schrottplatz wieder gefunden, kam sie zurück nach Augsburg, wo ihr in der Nachkriegszeit immer wieder der Pokal gestohlen wurde. Exakt einen Tag vor dem hundertsten Geburtstag am 8. November 2012 wurde der Brunnen an seinem alten Platz vor dem Karstadt-Kaufhaus demontiert. Über die Notwendigkeit zu debattierenwäre bestenfalls mühsig.

Goldschmiedebrunnen Augsburg BühlerBühler-Kaufmann-Brunnen mit Köpf-Haus

Goldschmiede-Brunnen Augsburg

Freuen wir uns stattdessen, dass die von Hugo Kaufmann nach Vorlage geschaffene Figur auch ihr zweites Exil gut überstanden hat und sehen darüber hinweg, dass sie frontal betrachtet das wenig attraktive Sparkassen-Haus zum Hintergrund hat.

Goldschmiedebrunnen Anna-Kirche Juni 2014

Goldschmiedebrunnen Augsburg Hugo Kaufmann Sabine Bühler Ludwig BachThe Boy is back

Goldschmiedebrunnen Augsburg Stadt von morgenGute Frage !?

Goldschmiedebrunnen

Augsburger Goldschmiedebrunnen Hugo Kaufmanna nais Eckerle

 


Israel im Spiegel des statistischen Weltfriedens

May 1, 2014

Berlin Alexanderplatz Fernsehturm Weltzeituhr“Weltzeituhr” am Alexanderplatz, Berlin

Die Wahrnehmung Israels und der Nahostkonflikte im weltweiten Vergleich

In einer repräsentativ eingestuften, von der EU beauftragten Umfrage meinten 65 % der befragten Deutschen im Jahr 2003, Israel sei die größte „Bedrohung für den Weltfrieden“. Aus einer vorgegebenen Liste konnten die Teilnehmer mehrere Länder als entsprechend „gefährlich“ einstufen. Weit hinter dem „Favoriten“ Israel rangierten Nordkorea, der Iran, Irak und Afghanistan, gefolgt von den USA und Russland. Nach Staaten der EU wurde nicht gefragt, auch nicht nach Deutschland, Lichtenstein, dem Vatikan oder der Schweiz.

Das Ergebnis der Umfrage wurde damals und seit dem sehr kontrovers diskutiert. Meist in der Weise, warum es in Deutschland eine doch so hohe Bereitschaft gebe, Israel einseitig „an den Pranger“ zu stellen, oder aber, ob die “in der gesamten EU verbreitete Kritik” an „Israels Politik“ trotz mancher Überzogenheit nicht doch ein gewisses Quantum „Wahrheit“ beinhalte.

Nicht hinterfragt wurde jedoch das Motiv dafür, Israel, dessen Militär sich bislang nicht außerhalb der eigenen Grenzgebiete betätigte, in einer Frage nach dem „Weltfrieden“ aufzulisten, so als wären wenigstens Ansätze dafür erkennbar, dass der Judenstaat etwa Argentinien, West Sahara, Hongkong, Tibet, Tasmanien oder doch wenigstens Mekka und Medina erobern wolle, von der Rückeroberung Altona, Worms und Kriegshaber mal ganz zu schweigen. Wenngleich also sachlich eher fragwürdig, mag schon die Auflistung wie auch die „Wahl“ der Befragten mit der übergroßen, nicht zu leugnenden Popularität Israels zu tun haben, sind Berichte zum sog. „Nahostkonflikt“ seit Jahrzehnten doch fester Bestandteil der Medienberichte weltweit, wie sonst nur Börse, Sport und Wetter, insbesondere auch gerade in Deutschland.

Als „Nahostkonflikt“ wird damit im Jargon der Medien – trotz zahlreicher andere, erheblich gewalttätigerer Konflikte und Kriege in der Region – begrifflich noch immer “der” Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern (bzw. ggf. Arabern) bestimmt. Wann immer also sonst nichts gesagt ist, meint der Begriff sodann auch fast immer und ausschließlich die „Ungleichung: Israel-Palästina“. Annähernd, aber dann doch nicht ganz so stereotyp handhabt dies der amerikanische Begriff „Middle East“, denn zumindest seit dem „9/11“ hat sich der Blick für die Region auch für die Korrespondenten etwas geschärft. Trotzdem hinkt die Analyse der Erkenntnis manchmal noch immer weit hinterher.

Baustellenwerbung in Berlin Schutt füllt BadewannenBaustellen-Plakat in Berlin

Seit 1935, also in fast achtzig Jahren, kamen nach Schätzungen der UNO in den Auseinandersetzungen zwischen Arabern und Juden etwa 55.000 Menschen ums Leben. Das ist keine kleine Zahl und ergibt einen rechnerischen Durchschnitt von etwa 690 Toten pro Jahr, wovon ebenfalls statistisch etwa 2/3 Palästinenser und weniger als 1/3 Israelis sind. In Jahren mit Kriegen ist die Zahl wesentlich höher, in anderen liegt sie naturgemäß deutlich niedriger. Im Vergleich zum sonstigen Geschehen auf dem Planeten ist die Zahl der Toten im Dauerkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern jedoch erstaunlich gering.

Um dies zu verdeutlichen lohnt es sich bereits, den Blick im sog. „Nahen Osten“ etwas auf die zahlreichen zum Teil äußerst blutigen Gefechte zu erweitern. Einige wenige, noch wenigstens halbwegs geläufige Beispiele aus der Region genügen:

– Im Krieg zwischen dem Irak und dem Iran zwischen 1980 und 1988 starben „über eine Million“ Menschen (Guardian, 2010 und Berufung auf UN-Schätzungen). Die genaue Zahl der Toten zu ermitteln ist übrigens auch nicht im Interesse der Vereinten Nationen, die sich damit zufrieden gab, festzustellen, dass die Opferangaben auf Seiten der ehemaligen Kriegsgegner strittig sind und aus propagandistischen Zwecken wohl absehbar auch bleiben werden. Es wäre also auch möglich, dass eine Million und 55.000 Menschen ums Leben kamen. Wir werden es nie erfahren und keinen Menschenrechtler interessiert es, obwohl der Irak zur Zeit Saddam Husseins etwa 150.000 Palästinenser als Söldner im Krieg gegen den Iran anheuerte.

– Im Zeitraum von 2003 bis 2013 starben im Irak 127.000 Zivilisten und weitere 174.000 Kämpfer bei militärischen Auseinandersetzungen und Terroranschlägen. Offizielle Angaben der irakischen Regierung listen in der Zeit nach dem Sturz von Saddam Hussein bis zum 31.12.2011 die Zahl von 1126 Selbstmordanschlägen auf, bei denen 12.844 Zivilisten und 204 alliierte Soldaten (USA und westliche Verbündete) getötet wurden. 30.644 Zivilisten wurden schwer verletzt, darunter auffallend viele Kinder und Jugendliche, da diese seltener in Autos sitzen, sondern oft in Gruppen frei bewegten. Mit dem Abzug der amerikanischen Soldaten aus dem Irak ist die Anzahl der Anschläge und Todesopfer nicht gesunken, sondern disproportional zum kaum noch vorhandenen Medien-Interesse, deutlich gestiegen.

– Die Zahl der Toten im Libyen-Krieg, der zum Sturz der Regierung von Muamer Gaddafi führte, wurde Ende 2011 von verschiedenen Seiten in der Größenordnung von 20-25 Tausend angegeben, während des Krieges jedoch noch um einiges höher, wahrscheinlich aus Gründen der Kriegspropaganda. Inzwischen gilt seitens der UN die Zahl von 6.121 durch NATO-Angriffe getöteten Zivilisten als bestätigt. Da es „objektiv“ auch tatsächlich schwierig sein konnte, im Kriegsgeschehen einzelne Tote ihren Verursachern zuzuordnen, schließt dies eine tatsächlich noch höhere Zahl nicht aus. Ein ausgeprägtes Interesse besteht seitens der Weltpresse, den internationalen Organisationen oder Menschenrechtsaktivisten auch in diesem Fall nicht. So musste sich auch die NATO nicht für „über 6000“ ums Leben gekommene libysche Zivilisten rechtfertigen. Im sog. Gaza-Krieg im Dezember 2008 bis Mitte Januar 2009 kamen nach halbwegs übereinstimmenden Angaben des israelischen Militärs, der Hamas und internationalen Menschenrechtsgruppen etwa drei- bis neunhundert Zivilisten ums Leben, was für einen internationalen Aufschrei sorgte und auch in winterlichen deutschen Städten den Ruf „Kindermörder Israel“ erschallen ließ. Dass allein die durch „Einsätze“ der NATO verursachten Kollateral-Toten um ein vielfaches höher lagen, interessierte weltweit niemanden. Kritische Einzelstimmen vermerken jedoch in der Nachbetrachtung, dass wenn man im Libyen-Krieg auch Anschläge und Mordkommandos in einzelnen Städten und Dörfern – auf welcher Basis auch immer – mit berechnete, man zu weit höheren Opferzahlen käme. So resümierte im Herbst 2013 die englische „International Business Times“: „Libya: Civil War Casualties could reach 100.000“. Die oben genannte Zahl der ca. 55.000 Toten im achtzig-jährigen Konflikt zwischen Juden und Arabern, wäre in Libyen binnen acht Monate verdoppelt worden.

Die Zahl der Getöteten im syrischen “Bürgerkrieg” hat nach internationalen Schätzungen nach zwei Jahren Kampfdauer, die „psychologische“ Marke von 100.000 überschritten. Auch wenn die Berichte westlicher (US, Europa) Medien den Krieg mitunter tage- oder wochenlang „vergessen“ könne, scheint es doch weiterhin tägliche Gefechte mit Dutzenden oder hunderte Toten zu geben. Im März 2014 schätzten internationale Experten die Zahl der Getöteten im nunmehr dreijährigen „Bürgerkrieg“ auf 150.344 (Daily Star, 1 April, 2014). Keine Angaben liegen aus dem Libanon vor, der seit 2012 durch die mit Assad verbündete Hisbollah zur Konfliktpartei geworden ist. Auch über die Arbeit der deutschen UNIFIL-Soldaten, deren Aufgabe übrigens darin besteht, Waffenschmuggel über die Grenzen des Libanon zu verhindern, liegen keine offiziellen Nachrichten vor. Wahrscheinlich besteht im akuten Kriegsfall aber auch gar keine Notwendigkeit für Waffenschmuggel.

Gelegentliches Aufsehen kann nur der Einsatz von Giftgas gegen Zivilisten oder eine wenigstens dreistellige Zahl von getöteten Zivilisten erregen. Die Aufmerksamkeit ist aber immer nur kurzlebig und nicht ernst gemeint. Demonstrationen gibt es keine und auch Menschenrechtlicher, die sonst mutig die sog. Gaza-Blockade durchbrechen wollen, sind offenkundig anderweitig beschäftigt.

Man könnte natürlich auch unterhalb der “Kriegsebene” beleuchten wollen, wie viele Menschen bei Demonstrationen für oder gegen die sog. Muslim-Bruderschaft in Ägypten starben. Unsere Medien begnügen sich mit der Rechnungseinheit „mehrere Dutzend Tote und hunderte Verletzte“, was zugleich auch in etwa der Wahrnehmungsschwelle entsprechen dürfte, unterhalb der kein „Nachrichtenwert“ besteht. Und was tut sich in Algerien, im Jemen, in Jordanien, in Saudi Arabien, im Iran oder Irak? Interessiert das irgendwen?

Allenfalls sind einige wenige darüber empört, dass im öl- und einflussreichen Katar, dessen Scheichs in Europa, und gerade auch in Deutschland im großen Stil Banken und Versicherungen aufkauften, ausländische Billigarbeiter unter als skandalös beschriebenen Bedingungen ihr Leben verlieren, beim Bau von Fußball-Stadien für die FIFA-WM. Weit populärer ist es da vergleichsweise aber Israel „diskriminierende“ Kontrollen palästinensischer Arbeiter vorzuwerfen, die im Judenstaat oder in den „illegalen“ Siedlungen überdurchschnittlich gut bezahlte Arbeit finden, zumindest wenn man die Löhne vergleicht, die sie in “Palästina” selbst, im benachbarten Ausland oder in Katar bekämen.

Als Zwischen-Fazit lässt sich feststellen: Trotz der beträchtlichen Aufmerksamkeit auch in den sog. westlichen Medien (Europa, Amerika) ist zumindest gemessen an den realen Opferzahlen (Kriege, Terroranschläge, Militäreinsätze) der direkten Nachbarschaft „der“ Nahostkonflikt eher unbedeutend und ja,  fast harmlos. Kein Wunder, dass sich dies auch auf die allgemeinen Lebensumstände auswirkt, die keineswegs den Erwartungen Außenstehender entsprechen.

Synagoge AleppoSynagogue of Aleppo, Syria

So ist nun auch die statistische Gefahr Opfer einer Gewalttat zu werden – und dazu rechnen wir Kriege, Terroranschläge, Raubüberfälle, Schießereien, Drogen- und Bandenkriege und dergleichen – weder in Israel, noch in den Palästinenser-Gebieten sonderlich hoch, weder im regionalen, und schon gar nicht im weltweiten Vergleich:

Nach Angaben der OECD ist die weltweit höchste Sterblichkeitsrate mit 21 Toten pro 1.000 Einwohnern im Jahr derzeit im südafrikanischen Lesotho anzutreffen, gefolgt von Afghanistan und Swasiland mit 18 und dem Kongo mit „15.8“ Toten pro 1000 Menschen und Jahr. Das erste europäische Land folgt erst auf Platz 9 dieser Liste mit der höchsten Sterblichkeitsrate und passt sicher nicht in die von unseren Medien vermittelte Realität: Es ist das kleine eher als beschaulich und mondän empfundene Monaco mit der Quote von 15.2, die in diesem Fall jedoch hochgerechnet werden musste, da das Fürstentum an der Cote Azur nur 36.000 Einwohnern hat – nicht wenige davon gelten als recht wohlhabend.

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Auf Platz 45 findet sich bereits Deutschland, mit einer Sterblichkeitsrate von 10.4, die etwa der von Rumänien entspricht. Niedriger ist sie in Italien (9.7) und Griechenland (9.6) , Länder, die wir gedanklich eher mit Urlaub verbinden, aber auch mit einem gewissen Maß an Korruption, oder wie im Fall von Italien mit der sog. „Mafia“ und ihren Mordkommandos. Ähnliche Werte kennt die Statistik für Bosnien (9.2) und Österreich (9.1). Den Weltdurchschnitt von 8.3 „Toten pro hunderttausend Einwohnern im Jahr“ erreichen punktgenau Madagaskar, Benin und Grönland und wir können uns selbst überlegen, welche Assoziationen dies für uns weckt oder warum in Deutschland zu leben tendenziell gefährlicher ist als dort. Die USA liegen mit 8.1 etwas darunter, kommen damit aber nur auf Platz 104 und sind allgemein sicherer als Deutschland, auch wenn „die“ Medien uns ein ganz und gar anderes Bild der Wirklichkeit vermitteln, wollen, warum auch immer.

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Indien, Canada und China erreichen je 7.1 Platz 133. In der Türkei, in Irland und in Brasilien beträgt die jährliche Quote nur 6.2 und im Iran (Platz 172.) liegt sie bei 5.9. Wo nun aber ist sind eigentlich Israel und die Palästinenser abgeblieben? Sie sind nun schon in Sichtweite.

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Der karibische Inselstaat Antigua and Barbuda, den meisten Menschen allenfalls für seine Tourismus-Werbung der „365 beaches“ bekannt, erreicht bei 85.000 Einwohner (wovon derzeit immerhin 285 Militärdienst leisten) eine jährliche Sterblichkeitsquote von 5.4. Mit nur 5.3 etwas besser ist die Quote die Israel (Platz 190.) erreicht. Die jährliche Sterblichkeitsrate in Israel ist damit nach OECD-Angaben nur halb so hoch wie in Deutschland. Aber fragen Sie mal Ihr Bauchgefühl danach, auch danach, welche Eindrücke von der Wirklichkeit Medienberichte vermitteln.

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Wegen der geringeren Sterblichkeitsziffer können die Israelis nun aber neidisch auf folgende Staaten blicken: Südkorea etwa mit statistischen 5.0 (Platz 195), Singapore mit 4.5 (206.) oder eben auch auf die „Palestinian Territories“, wie sie in der OECD Statistik genannt werden. Sie erreichen – Kriege, Terror und Vergeltungsschläge hin oder her – einen Wert von 4.0 und sehr eindrucksvollen Platz 216 in der Weltstatistik, der nichts anderes besagt, als dass in 215 anderen Staaten Menschen ein höheres Risiko haben zu sterben (sei es durch Gewalt, Hunger, Krankheit, Katastrophen, oder woran auch immer).

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Syrien ist in der Studie noch mit dem Wert von 3.1 angegeben, der sich in den letzten beiden Jahren vermutlich aber deutlich erhöht haben wird. Die derzeit niedrigsten Sterblichkeitsraten weltweit finden wir in den arabischen Golfstaaten, deren Luxusbauten alle Welt beeindrucken: Das oben schon genannte Katar mit seinen 2 Millionen Einwohnern (davon sind 80 % Ausländer!) erreicht 1.1 Tote pro 1000 und Jahr und damit den vorletzten Platz 235. Umgerechnet sind das 22 Tote im gesamten Jahr (Fußball-Stadien Arbeiter nicht einberechnet, noch nicht). Offenbar sind arabische Milliardäre dann doch glücklicher als jene die in Monaco leben und weit häufiger sterben. In den Vereinigten Arabischen Emiraten liegt die Quote nur bei 0.9. Ein Todesfall kann da kaum noch eine natürliche Ursache haben.

Etwas abweichend von den Ergebnissen der OECD sind jene des CIA-Factbook, das jedes Jahr soweit möglich die entsprechenden Zahlen aktualisiert. Dort landet Südafrika mit 17.4 vor der Ukraine mit 15.8 (vor den aktuellen Auseinandersetzungen!). Mit 14.2 Toten pro 1000 bereits spürbar sicherer scheint Afghanistan zu sein, das eine etwa vergleichbare Sterblichkeitsrate hat wie Russland mit 13.9 oder wie Serbien mit 13.7. Auch in dieser Liste rangiert Deutschland mit dem Wert von 11.2 und Platz 36 relativ weit oben unter den Sterbenden, etwa gleichauf mit Uganda, den Tschechen und den Kongolesen (10.6). Laut Angaben der CIA kommen die USA hier mit 8.4 auf Platz 87, geringfügig über den Weltdurchschnitt von 8.0. Israel liegt hier 5.5 auf Platz 171, der Gaza-Streifen kommt auch hier mit 3.15 auf eine der niedrigsten Sterblichkeitsraten der Welt. Nur in sechs Staatswesen oder Territorien ist sie niedriger, am niedrigsten mit dem 1.4 liegt auch nach CIA-Analyse Katar.

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(http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_death_rate)

Hofbräuhaus Münchenbeim Hofbräuhaus in München

Nun, man mag einwenden, dass in dieser Art von Statistik, die den Anteil der Sterbefälle in der Gesamtbevölkerung misst, davon beeinflusst wird, dass eine hohe Anzahl von Geburten, die Quote der Sterblichkeit drückt. Dieser Einwand ist berechtigt, trotzdem misst diese Statistik dann aber doch den Einfluss den die Sterblichkeit auf die Entwicklung einer Gesellschaft oder eines Staatswesens hat.
Da bei „den Palästinensern“ ab und an propagandistisch gar von „Völkermord“ die Rede ist, kann dies mittels internationaler Bevölkerungsstatistiken und Studien klar widerlegt werden. Eine Bevölkerung die kontinuierlich stark anwächst, und zwar deutlich über dem weltweiten Durchschnitt wird nicht „ausgerottet“, sie wächst stark an.

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Auch wenn man sich im internationalen Vergleich ansieht, wie es sich mit Personen verhält, die bei Gewaltakten umkommen, d.h. bei Kriegen, Terror, Kriminalität oder Selbstmord (Faktoren also, die gerade im Nahen Osten nicht immer so genau zu trennen sind), ergibt sich keine wesentlich andere Situation. Anders aber in der Todesursache, die ein beabsichtigtes (Fremd)Verschulden voraussetzt.

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Die Angaben der UNODC („Homicide Statistics 2012“, United Nations Office on Drugs and Crime), beziehen auch politische Terroranschläge (wie etwa Selbstmordattentate im Irak oder Schießereien in Mexiko, etc.) mit ein, was methodisch richtig ist, da die Beispiele der Hisbollah im Libanon und der Taliban in Afghanistan belegen, dass politischer, religiös begründeter Terror durchaus mit internationalen Drogenhandel einhergehen kann, sich oft genug auf diese Weise sogar auch erst finanzieren lässt. Wenn im Folgenden also von „Mord“ oder einer „Mordrate“ die Rede ist, schließt sie jede ermittelte Gewalttat mit ein, den Giftmord ebenso wie Bandenkriminalität oder Terroranschläge und Kriegshandlungen!

Die weltweit höchste Gewaltrate hat demnach aktuell welcher Staat? Richtig, … Honduras. Die Quote der Todesopfer durch Gewalteinwirkung liegt in dem kleinen mittelamerikanischen Staat bei 96 pro Hunderttausend. Um das zu verstehen braucht man es nur statistisch umrechnen: Augsburg beispielsweise hat rund 270.000 Einwohner. Bei einer Quote wie in Honduras wären das 259 jährliche Mordopfer in Augsburg, rechnerisch also fünf Mordopfer jede Woche. Nach Angaben des Polizeiberichts 2012 entspräche dies aber in etwa der Zahl aller in der Kategorie zusammengefassten „Morde und alle übrigen vorsätzlichen Tötungen“ für ganz Bayern (2011: 335, 2012: 307). Nach Honduras am gefährlichsten ist ein weiteres mittelamerikanisches Land, nämlich El Salvador bei einer Quote von 69.1, gefolgt von der westafrikanischen Elfenbeinküste mit 56.9 (mit eingerechnet der Bürgerkrieg 2011). Auf Platz 4 folgt bei einer Quote von 45 Venezuela, das statistisch also nur halb so gefährlich ist wie Honduras, aber es de facto dann doch auf jährlich 13.000 Gewaltopfer bringt – die Hauptstadt Caracas hat mit 92 die höchste Gewaltquote aller Großstädte weltweit, wobei es hauptsächlich um Drogen geht, aber auch um politisch motivierte Anschläge. Durch Medienberichte bekannt geworden ist die hohe Kriminalitätsrate in Südafrika, das nach zahlreichen schwarzafrikanischen Staaten mit einem Wert von 31 Morden auf Platz 14. landet. Auf Platz 25 ist Mexiko erwähnenswert, mit der geschätzten jährlichen Zahl von etwa 25.000 Toten im Drogenkrieg, vor allem an der Grenze zu den USA. Die Quote beträgt 23.7.
Das Land mit der höchsten Mordrate in Europa ist Russland, das in der weltweiten Statistik mit der Rate von 10.2 und der totalen Zahl von 14.754 tödlichen Gewaltverbrechen jedoch erst auf Platz 71 rangiert. Das entspricht etwa der Kriminalität von Costa Rica, Liberia oder Gambia. Auf Platz 87 folgt trotz der Vielzahl der Terroranschlägen in den letzten Jahren Pakistan mit der Quote 7.8 und 13.860 Ermordeten. Platz 98 nimmt mit 5.2 die Ukraine ein. Auf dem 100. Platz folgt Kuba, das von vielen als Ferien- oder sozialistisches Paradies eingeschätzt wird. Die Mordquote von 5.0 ist jedoch statistisch ein klein wenig höher als bei großen ideologischen Feindbilde, den USA, die im gesamten auf den Wert von 4.9 kommen (Platz 102.).

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Auf Platz 110 folgt in der Statistik „Palestine“ (definiert als Gaza-Streifen und Westbank, soweit diese unter palästinensischer Selbstverwaltung stehen, was für 98.7 % der Bevölkerung zutrifft – ab und an ermordete jüdische Siedler werden übrigens nicht mitgerechnet, obwohl ihr bisheriger Wohnort zuvor auch international und medial ausdrücklich thematisiert wurde). Die jährliche Todesquote beträgt 4.1 und beinhaltet die Opfer israelischer Militärangriffe. Offenbar nur geringfügig sicherer ist die Türkei auf Platz 121 und einer Mordquote von 3.3, somit gleichauf mit Taiwan und Lettland. Noch etwas harmloser ist derzeit der Iran auf Platz 125 und einer offiziellen Quote von 3.0 Gewaltopfern im Jahr. Auf Platz 129 folgt Liechtenstein und der Quote von 2.8, was einem Gewaltopfer pro Jahr entspricht. Auf 134 finden wir das kleine Luxemburg mit immerhin 12 Mordopfern pro Jahr und der daraus resultierenden Quote von 2.5.

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Den 141. Rang nimmt Finnland mit 2.2 ein, weshalb man dort doch noch ein klein wenig gefährlicher lebt als in Israel (Platz 143), das den Wert von 2.0 erreicht und die Anzahl von 159 Ermordeten (Terror inklusive). Nur wenig sicherer geht es in Tschechien (Platz 151: 1.8), Belgien (Platz 152: 1.8) oder Canada (Platz 153: 1.7) zu. Auf Platz 168 folgt mit der Mordquote von 1.2 Groß Britannien, auf Platz 185 Italien mit der schon recht geringen Quote von 0.9 (Mafia inklusive) und auf Platz 191 folgt schließlich auch Deutschland mit der Quote von 0.8, die weltweit nur noch von 16 Staaten unterboten wird, darunter Österreich, Japan, Singapore und Monaco.
Da die sehr geringe Mordrate in Monaco, falls man bei statistischen „0.0“ überhaupt von einer solchen sprechen kann, einer der höchsten Sterberaten weltweit widersprochen wird, können wir nur hoffen, dass die Todesursachen jeweils korrekt ermittelt wurden. Zweifellos spielen deshalb vielleicht ja auch andere Faktoren eine Rolle, etwa die Zahl der vorgenommenen Obduktionen, die in Deutschland mit unter einem Prozent übrigens eine der niedrigsten unter allen Industriestaaten ist.

Fleinhausen Kirche Friedhof DinkelscherbenDorfkirche von Fleinhausen bei Dinkelscherben

Wie dem auch sei: Die Wahrscheinlichkeit in Israel als Opfer von Waffengewalt zu sterben ist so hoch wie in Liechtenstein, Finnland oder Luxemburg, während sie in Gaza dem Risiko auf Kuba oder in den USA entspricht.
Vielleicht sollte man dies mal durch- und überdenken, wenn man sich zum sog. “Nahostkonflikt” äußern möchte.


Stolpersteine in Augsburg

February 12, 2014

Die sog. “Stolpersteine” sind nun auch in Augsburg wieder zum Thema geworden.  Die einen wollen sie, um an Personen zu erinnern, die aus Augsburg entführt und meist anderswo umgebracht wurden, vor den Häusern wo sie lebten und wohnten. Auch weil ihnen in den meisten Fällen über den aufgezwungenen Tod auch ein Grabstein in der Heimat verwehrt geblieben ist.

Es gibt aber auch kategorische Gegner und die sind mitunter sehr einfallsreich in den Ausreden, um die “Stolpersteine” abzulehnen. Unter anderem zählt dazu die Sorge um das Andenken der Verstorbenen, das sinnbildlich “mit Füßen getreten” werde, freilich nur wenn man draufstampft, aber auch eine angebliche Omnipräsenz des “Themas” in der Öffentlichkeit. Tatsächlich ist es so, dass allein in der Augsburger  Innenstadt (besonders aber auch in Pfersee, Steppach oder Kriegshaber), zahlreiche der Stolpersteine denkbar wären.

Seitens des JHVA begrüßen wir die neuerliche Initiative zur Schaffung sog. Stolpersteine in Augsburg:

http://www.stolpersteine-augsburg.de

Nicht weil es in jedem Fall die beste aller Möglichkeiten wäre, um “der Vergangenheit” zu gedenken (das wäre es fast nie), auch nicht, weil wir der Meinung wären, das sog. “Gedenken” an ermorderte Juden zur “Kritik an der Politik des Staates Israel” berechtigen oder gar qualifizieren würde (mag manchem zwar jucken, aber: nein, weder noch), schließlich auch nicht, weil es sinnvoll wäre, eine weit über tausendjährige Geschichte von Juden in der Region auf ein paar Jahre drastischer Verfolgung und Ermordung zu reduzieren (auch das wäre Wunschdenken der übleren Sorte), sondern weil mit dem sonst überall praktizierten Komplettverschweigen rein nichts bewirkt wird und werden kann – wie man überall sieht, wenn man sehen will.

Es ist ja nun auch nicht so, dass es in Augsburg Stolpersteine nicht schon längst geben würde. Es gibt sie. Überall und in großer Zahl. Sie sind niemanden gewidmet, aber sie erinnern daran, dass die Vernachlässigung der nicht unmittelbar kommerziell verwertbaren Umgebung, allgemein verbreitet ist. Anders als jene Gedenktafeln, sind sie wirkliche Stolpersteine, ganz einfach weil Menschen drüber stolpern. Feine Damen mit teueren Schuhen, Rentner, Kinder, Radfahrer. Sie alle tun sich, wie man als Anwohner der Augsburger Innenstadt täglich beobachten kann, mitunter schwer mit den überall vorhandenen Augsburger Stolpersteinen:

Napoleon, so das bekannte Bonmot soll bei seinem Einmarsch in die Stadt im Herbst 1805 beim Anblick der maroden Augsburger Straßen gesagt haben, dass die Stadt eines Fürsten bedürfe, um der weiteren Vernachlässigung zu entgehen. Und das führte sodann auch zur Verschenkung der Augsburger an die Herzöge von Bayern, die nun sogleich Könige werden wollten … und wurden – und vermutlich deshalb warten Stadt und Straßenbau in Augsburg auch zwei Jahrhunderte später noch immer auf die entsprechenden fürstlichen Maßnahmen …

绊脚石

Stolpersteine Augsburg (3)Камни преткновения

Stolpersteine Augsburgשטולפרשטיין

Stolpersteine Augsburg (2)Stolpersteine in der Augsburger City, Februar 2014

Wie dem auch sei, ein paar Namen hier und da könnten die allgemeine Gleichgültigkeit durchbrechen und einen bewussten Umgang mit der eigenen Nachbarschaft, Stadt, Region, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sorgen.

Wir sind den Gedenksteinen an vielen Orten begegnet und haben nirgendwo eine negative Auswirkung registrieren können, ganz im Gegenteil befassten sich gerade durch diesen Anreiz sehr viele Leute mit der Häuser- und Straßengeschichte ihrer Nachbarschaft, während immer wieder Touristen zu beobachten waren, die deshalb einen anderen Fußweg auf ihrer Exkursionen nahmen.

Ganz ohne Zweifel sind die folgenden Beispiele auch optisch ansprechender als die auch auch zwei Jahren reger Bautätigkeit in der Augsburger Innenstadt überreichlich vorhandenen Stolpersteine:

Stolperstein Nördlingen Max Mayer Elsa Mayer Rosa BredigStolpersteine in Nördlingen

Henriette Arnold 1861 Berlin 1944 TheresienstadtStolperstein in Berlin

Stoplersteine Bamberg KohnStolpersteine in Bamberg

Stolpersteine Regensburg Ehrlich NussbaumStolpersteine in Regensburg

stolpersteine dinkelsbuehlvor der ehemaligen Synagoge in Dinkelsbühl

Der Initiator  der “Stolpersteine” Gunter Demnig wurde für seine damals schon bemerkenswerte Engagement bereits im Januar 2005 in seiner Geburtsstadt Berlin mit dem “German Jewish History Award” der Obermayer Foundation ausgezeichnet:

http://www.obermayer.us/award/awardees.htm

Obwohl der Vorsitzende der Stiftung Arthur Obermayer viele und enge Beziehungen nach Augsburg und zu seinen Institutionen hat (seine väterlichen Vorfahren stammen aus Kriegshaber und Pfersee), hat die von ihm ausgezeichnete Initiative in Augsburg bislang keinen Anklang finden können.

http://de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine (deutsch)

http://en.wikipedia.org/wiki/Stolperstein (englisch)

http://de.wikipedia.org/wiki/Gunter_Demnig

Nachahmende Variationen finden sich übrigens ebenfalls an vielen Orten. In Kaufbeuren z.B. können die Gedenksteine weit größer ausfallen als das eher bescheidene Pflastersteinformat, und in manchen Fällen muss man noch nicht mal tot sein, um auf diese Weise in die Erinnerung gerufen zu werden:

Stolperstein Kaufbeuren

Memoire nomade Namen und Steine Erfurt Domplatz am Dom-Platz von Erfurt reicht es sogar wenn man Angelika, Rock Hudson oder Freddy Mercury heißt


„Das wirtschaftliche Schicksal des deutschen Judentums“

December 28, 2012

Vor achtzig Jahren, in der ersten Ausgabe für das Jahr 1933 vom ersten Januar – am Ende des Monats sollte Hitler Reichskanzler werden – kommentierte die Bayerische Israelitische Gemeindezeitung die Publikation „Das wirtschaftliche Schicksal des deutschen Judentums“. Ohne etwa davon zu ahnen, dass die „Machtergreifung“ der Nazis unmittelbar bevorstand, war diese Analyse, wie eine Reihe anderer aus der selben Zeit, in Bezug auf die Entwicklung des Judentums in Deutschland recht pessimistisch. So wie heute von der allgemeinen Gesellschaft in Deutschland, war damals in Bezug auf den kleinen jüdischen Bevölkerungsanteil von einer „starken Überalterung“ die Rede. Andere Autoren verschärften den Blick noch mit dem Hinweis auf den wachsenden Anteil von Mischehen oder Juden, die „aus dem Judentum austreten“. Auch die Bücher der Augsburger Vorkriegsgemeinde belegen dies in größerer Zahl, während Einträge hinsichtlich Geburten oder Ehen im Vergleich zu den Vorjahren abnehmen. Sehr wahrscheinlich wäre das Judentum in Deutschland auch ohne Hitler in einem oder zwei Jahrzehnten in eine ernste Krise geraten. Eine ähnliche Situation sehen wir auch in den heutigen jüdischen Gemeinden mit einer sehr starken, meist aus Zuwanderern rekrutierten Rentnern.

Augsburg Maximilianstrasse

Bayerische Israelitische Gemeindezeitung, No. 1,(1.1.1933), S. 6 f.:

 

Die letzten Jahre brachten eine Reihe namhafter sozial-wissenschaftlicher Arbeiten über Bevölkerungs-, Berufs- und Wirtschaftsverhältnisse der deutschen Juden der Gegenwart. Die grundlegenden neuen Bücher von Silbergleit, Alfred Marcus und Zielenziger sind in diesen Blättern nach allen Seiten behandelt und in ihren Ergebnissen mitgeteilt worden.

Eine eben erschiene Monographie von Jakob Lestschinsky „Das wirtschaftliche Schicksal des deutschen Judentums“ (Schriften der Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden, Nr. VII; 175 Seiten; Preis RM 3.50) gibt zunächst eine selbständige historische Darstellung des wirtschaftlichen Schicksals der deutschen Juden in den letzten hundert Jahren und wendet sich dann einer umsichtigen materialreichen, hauptsächlich statistischen Behandlung den Fragen der Verstädterung der deutschen Juden zu, ferner dem Geschlechts- und Altersaufbau, der Berufsumschichtung in den letzten zehn Jahren, der Rolle der Juden in den einzelnen Wirtschaftszweigen, der sozialen Gliederung, endlich der neuesten Entwicklung durch den Wandel des kapitalistischen Wirtschaftssystems.

Wir erinnern zur Einführung in das neue wertvolle Buch Letschinskys an die bekannten Grundtatsachen, die durch das Silbergleitsche Zahlenwerk mit unabweisbarer Evidenz erschlossen sind:

Von insgesamt bei Silbergleit erfassten 403.969 Juden in Preußen (etwas mehr als 1 % der Gesamtbevölkerung) unter denen 76.387 Reichsausländer waren, gehörten an: der Landwirtschaft 4224, der Industrie einschließlich Bergbau und Baugewerbe 92.477, dem Handel und Verkehr 216.615, der Verwaltung, etc. sowe den freien Berufen 21.028, dem Gesundheitswesen und der Wohlfahrtspflege 15.188, den häuslichen Diensten und dem Erwerb ohne Angabe des Betriebes 7.371; ohne Beruf waren 47.966. Der jüdische Prozentsatz in Handel und Verkehr ist mit 53.6 % auffällig hoch; er beträgt für die gesamte Bevölkerung des Reiches im Jahre 1925 nur 16.9 %. Nach der sozialen Stellung weicht die jüdische Bevölkerung von der üblichen Gliederung ebenfalls stark ab. Denn es sind von 100 Berufszugehörigen

   der Wohnbevölkerung des Reiches der Juden in Preußen
Selbständige

20,9

54,5

Angestellte und Beamte

16,3

23,4

Arbeiter

42,6

5,9

mithelfende Familienangehörige

8,9

3,7

Hausangestellte

2,2

1,0

ohne Beruf

9,1

11,7

 Bei den Juden sind also mehr als die Hälfte Selbständige, bei der Gesamtbevölkerung nur etwa ein Fünftel. Selbständige, Angestellt und Beamte sind bei den Juden mehr als drei Viertel, bei der Gesamtbevölkerung nur ein starkes Drittel. Bezüglich der Wohnweise der Juden in Preußen ergibt sich die gleiche Einseitigkeit: in zwanzig Großstädten lebten 294.230 = 72.8 % der Ermittelten. Geburtenhäufigkeit der Juden Preußens lag bis 1860 bei der allgemeinen, kurz vor dem Weltkriege war sie nur halb so groß wie die der Gesamtbevölkerung. Andererseits hat die jüdische Sterblichkeit stets weit unterhalb der allgemeinen gelegen. Von 1867 bis 1910 hat die allgemeine Bevölkerung um zwei Drittel, die jüdscihe nur um ein Drittel zugenommen. Für die Zukunft der jüdischen Bevölkerungsentwicklung stellt Silbergleit keine günstige Prognose, indem er die gegenwärtige Altersverteilung „ins Grosteske ausartend“ bezeichnet.

Die in den Silbergleitschen Zahlen nach dem Stand von 1925 (wir sind heute bereits im Jahr 1933) deutlich gemachten Tendenzen des jüdischen Bevölkerungsschwundes, der Vergreisung und Verengerung der Wirtschaftsbasis haben sich in den letzten acht Jahren verstärkt und herrschen in der gleichen Stärke auch in den nicht-preußischen Ländern.

Speziell in Bayern, das vor hundert Jahren noch mehr als zwanzig Prozent der deutschen Juden umfasste, während heute knapp 8 % der deutschen Juden in Bayern wohnen, wich man in früheren Jahrzehnten, besonders in den 30er und 40er Jahren des 19. Jahrhunderts dem wirtschaftlichen und politischen Druck durch eine starke Abwanderung nach Nordamerika, aus. Dieses Ventil ist heute verschlossen; außerdem ist an die Stelle des Wachstums der jüdischen Bevölkerung von damals ein rapider Rückgang, der andauert und immer stärker wird, getreten. Die alten Leute stellen heute in Deutschland bei den Juden einen 1 ½ mal so hohen Satz wie bei den Nichtjuden, während die jüngeren und jüngsten Jahresklassen bei den Juden eine viel kleinere Quote zeigen als bei der übrigen Bevölkerung, deren Altersaufbau im Übrigen schon an und für sich durch eine starke Überalterung gekennzeichnet ist.

Die unabwendbaren Folgen der kapitalistischen Entwicklung, die verästelten Gebilde der gebundenen und verstaatlichten Wirtschaft, die Kartelle und Syndikate mit ihren verheerenden Wirkungen auf ein freies, selbständiges, wagemutiges und ideenerfülltes Unternehmertum, das alles sind Erscheinungen, die sehr häufig geschildert und statistisch dargestellt worden sind. An Stelle eines wirtschaftlich uneingeengten Geländes, auf dem ein Wettbewerb der Begabungen ausgetragen wird, entstanden abgesperrte bürokratische Dienststellen der Kartelle und des Staates. Die Türen dieser neuen Betriebe und Stellen bleiben den Juden meist verschlossen. In der Bayerischen Staatsbank in München gibt es beispielsweise nach einer Aufstellung des Bayerischen Kurier (1930; Seite 159 in dem Artikel „Die Personalverhältnisse bei der Staatsbank“) unter den 1061 Beamten nur einen einzigen Juden. Die Juden haben weinst bekanntlich (vgl. Hümmert, Die finanziellen Beziehungen jüdischer Bankiers  und Heereslieferanten zum bayerischen Staat; München 1927) der Bayerischen Staatsbank zwei Drittel ihres Aktienkapitals besorgt. „Von dem Aktienkapital der bayerischen Hypotheken- und Wechselbank im Gesamtbetrag von 10 Millionen Gulden im Jahr 1835 zeichneten Simon von Eichthal (der Sohn des Münchner Bankier Seligmann, der 1824 als Aron Elias Freiherr von Eichthal starb) 3.337.300 Gulden, sein Bruder Arnold von Eichthal, Bankier in Augsburg, 25.000 Gulden, Maier Anselm von Rothschild in Frankfurt 1.500.000 Gulden, Samuel von Hirsch in Würzburg 30.000 Gulden, die Brüder Aarons in Berlin 150.000 Gulden, der Bankier Isidor Obermayer in Augsburg 150.000 Gulden, Kommerzienrat Marx in München 100.000 Gulden und der Bankier Westheimer in München 70.000 Gulden. Demnach zeichneten diese Geldgeber jüdischer Herkunft insgesamt 6.332.500 Gulden oder 63.3 % des Aktienkapitals (siehe Hümmert a.a.O. Seite 40)

Sic transit gloria mundi! Die Auflösung des wirtschaftlichen Liberalismus hat hier einen einschneidenden Wandel geschaffen. Der eine Prozentsatz Juden in Deutschland hat einstmals in der liberalen Ära der deutschen Wirtschaft ein Mehrfaches an belebender Kraft zum allgemeinen Nutzen beigesteuert. Der rückläufigen Bewegung, die als „Konjunkturkrise“ oder „Strukturkrise“ zu etikettieren den „Gelehrten“ der Wirtschaftswissenschaft überlassen bleibe, kann nicht durch eine Art jüdischer „Autarkie“ abgeholfen werden. Solche Selbstabsperrung nur noch den Rest der jüdischen Wirtschaftskraft zerstören. Zusätzliche Leistung und Pflege der alten jüdischen individualistischen Tugenden, die zusehends abhandenkommen als da sind Sparsamkeit und Selbstbescheidung,

Zähigkeit und Wendigkeit bei absoluter geschäftlicher Zuverlässigkeit, wieder bessere Pflege des Gehirns statt der körperlichen Glieder, sind bessere Mittel als unzulängliche Selbsthilfeorganisationen, die sich leicht caritativ verfärben. Die besondere Fähigkeit des Einzelnen, Klugheit und Tüchtigkeit, Fernhaltung von allem, gerade der beweglichen jüdischen Art so schlecht bekommenden, bürokratischen Geiste, die höchstmögliche allgemeine und fachliche Ausbildung, ein rasch zur Verfügung stehendes reiches allgemeines und spezielles Wissen, die ruhige überlegene Selbstbehauptung in besonders schwierigen Lagen, Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit und nicht nachlassende Zähigkeit sind auch heute noch Flügel, die helfen über Tal und Hügel. Allerdings die soziale und wirtschaftliche Gesamtumschichtung und in deren Gefolge die entsetzliche endgültige Ausschaltung vieler williger Kräfte aus dem Erwerbsleben bleibt unabwendbar; das ist gemeinsames Schicksal unserer Generation.”

Anmerkung: Jakob Lestschinsky (1876-1966) befasste sich als Statistiker vor allem mit der wirtschaftlichen Lage der Juden in Europa. In den 1920er Jahren lebte der aus Litauen stammende Autodidakt in Berlin, wo er u.a. Korrespondent des in New York City erscheinenden פֿאָרווערטס war. Lestschinsky wurde bereits im März 1933 von den neuen Machthabern in Berlin verhaftet und als unerwünschter Ausländer ausgewiesen. Er ging zunächst in die USA. Lebte dann aber bis zu seinem Tod in Israel und verstarb 1966 in dessen Hauptstadt Jerusalem.

Siehe auch: http://yiddish.forward.com/