Gedenktage Augsburger Juden: 10. – 17. Dezember

December 11, 2023

am 10. Dezember:

1871 Geburtstag von Julius Bach (gest. 1929);

 

am 11. Dezember:

1736 Tod von Moses Chaim Israel aus Steppach, Alter 38;

 

am 12. Dezember:

1264 Abraham von Augsburg beim Augsburger Rathaus verbrannt. Er war ein zum Judentum konvertierter Christ, der zuvor Oberhaupt der „Schuhlosen“, des Barfüßer Ordens in Augsburg war, wurde aber zunehmend feindselig gegenüber seiner früheren christlichen Religion, ging in Kirchen und zerschlug die Köpfe der früher von ihm selbst angebeteten „Götzenbilder“. In Sinzig bei Bonn sollen deshalb wegen ihm rund 60 Juden erschlagen worden sein. Er selbst wurde in Augsburg hingerichtet, wobei verschiedene Überlieferungen leicht abweichende Details und Daten nennen.

 

am 13. Dezember:

1919 Tod von Philip Pinchas Zahn im Alter von 18 Jahren;

 

am 14. Dezember:

2016 Tod von Chana Tausendfels, Malerin und Autorin, im Alter von 53 Jahren;

                   Chana Tausendfels 2000

am 15. Dezember:

1918 Tod von Hugo Bein im Münchner Militärkrankenhaus, wo er seinen Verwundungen, die er sich im Fronteinsatz in Belgien kurz vor Kriegsende zugezogen hatte, erlegen ist, geb. 1881;

 

am 16. Dezember:

1779 Tod von Efraim Ulmo aus Pfersee, im Alter von 75 Jahren;

 

  1. Dezember:

1854 Geburtstag von Irene Binswanger, geb. Guggenheimer (gest. 1931);

 

3000 weitere Daten:

YORZAIT

Gedenk-Kalender zur Geschichte der Juden in Augsburg,

mit Fotos und Kurzbiografien

ISBN: 978 3755 733 690

Ringbuch, 220 Seiten, DIN A4

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Abraham von Augsburg

December 9, 2009

Als Abraham von Augsburg überliefert die Geschichte einen übereifrigen Konvertiten zum Judentum, der zur Mitte des 13. Jahrhunderts im mittelrheinischen Sinzig (Kreis Ahrweiler) bei einem Pogrom gegen die jüdische Gemeinde ums Leben kam.

Den Angaben des Pferseer Memorbuches handelt es sich bei Abraham um einen französischen Adeligen, der zum Judentum übertrat. Die 1297 verfasste megilat hanehargim (s. Perles, Monatsschrift, 11/1873) bestätigt die Herkunft aus Frankreich, erwähnt ihn hingegen aber auch als das Oberhaupt aller Barfüßigen –  ראש לכל היחופים – was sich ohne Zweifel auf den christlichen Orden der Barfüßer beziehen wird. Franziskanischer Barfüßer waren als Bettelmönche bekannt, die eine Abkehr von irdischen Reichtum predigten. Nach dem Tod des Gründers 1226 kam es unter seinen Anhängern jedoch zum sog. „Armutsstreit“. Treue Anhänger sahen im Bau großer Basiliken für den Orden eine Abkehr vom Armutsideal des Ordensgründers. Die Motive und zeitliche Folge für Abrahams Übertritt zum Judentum ist vielleicht in diesem Kontext zu sehen. Im Jahre 1243 nämlich richteten Franziskanermönche in Augsburg eine Barfüßer-Kirche ein, die freilich durch eine größere romanische um 1265 fertiggestellte Basilika ersetzt wurde. Der später noch mehrfach beschädigte und veränderte Bau besteht heute noch namentlich als „Barfüßer-Kirche“ am Übergang von der Altstadt zur Jakober Vorstadt.

Unbekannt ist, ob er auch zuvor bereits Abraham hieß. Das ist zumindest nicht auszuschließen. Als Konvertit löste er sich jedoch von seiner bisherigen Abstammung und galt deshalb als Sohn Abrahams, des Stammvaters aller Juden, und erhielt deshalb zu seinem ursprünglichen oder gewählten Vornamen Abraham den Namenszusatz:  אברהם בר אברהם אבינו  „Bar Abraham awinu“ (Sohn unseres Vaters Abraham).

 Der zeitliche Kontext ergibt, dass Abraham, so er in Augsburg zum Judentum übertrat, dies unter der Leitung von Rabbi Meir bar Baruch, dem Maharam tat. Die Mikwe der damaligen jüdischen Gemeinde wäre dann wenig mehr als 120 Meter der Kirche entfernt gewesen, der er bis dahin vorstand, was sodann zweifellos ein erheblicher Affront gewesen sein muss und erklären kann, warum Abraham bar Abraham Augsburg verließ. Ein weiterer Grund kann natürlich auch der Übereifer gewesen sein, durch den sich leider Konvertiten manchmal auszeichnen (wollen). Den Schilderungen gemäß attackierte er nun seine frühere christliche Religion und deren „abscheuliche Götzen“. In Sinzig, wo es in jener Zeit eine ansehnliche jüdische Gemeinde gab, predigte er die von ihm selbst vollzogene Umkehr zum Judentum. Von den Schilderungen der Evangelien über die „Tempelreinigung“ stürmte er zudem in die ihm bestens vertrauten Kirchen, wo er  die Köpfe von Figuren abschlug und Kreuze zerbrach. Die Folge war ein Angriff der Christen auf alle Juden am Ort und den Berichten verschiedener Memorbücher gemäß wurden 60 – 70 Juden in Sinzig verbrannt, Kinder, Frauen, Männer, Lehrer, Rabbiner. Dem Memorbuch von Pfersee (die Nürnberger Angaben weichen etwas davon ab) gemäß trug sich dies zu am sechsten Wochentag, der zugleich Neumondstag des Montags Kislev war, im 25. Jahr des sechsten Jahrtausends zu, also am 1. Kislev 5025, bzw. am Freitag 28. November 1264 – d.h. vor 745 Jahren.

Der Vorfall erregte große Aufmerksamkeit bei Juden und Christen. Mordechai ben Hillel und Mosche ben Jakob haben dies poetisch verarbeitet. Der Maharam verließ in der Folge Augsburg und sprach sich dafür aus, Konversionen zum Judentum zu erschweren. Später, als er mit zahlreichen Anhängern Deutschland verlassen und nach Israel auswandern wollte, wurde er jedoch angeblich von einem Konvertiten erkannt und verraten.

  

אברהם מאוגשבורג

According to the Memorbook of Pfersee, Abraham of Augsburg was a French aristocrat and head of the discalced monks in Augsburg, where he converted to Judaism. In his public sermons he challenged to leave Christianity and to join the Jewish people. Inspired by the narration of “Jesus cleansing of the temple” in November 1264 he entered in Sinzig (Middle Rhine) churches and beheaded Madonna figures and broke crosses. In return the whole Jewish community of SInzig (about 60 children, women and men) were killed by the Christians.

Hebrew inscription at the altar of the Barfuesser Church in Augsburg, which now is Protestant.