Vierhundert Jahre Juden im mittelfränkischen Ellingen

July 31, 2012

Inn /Gasthof “Römischer Kaiser” in Ellingen

Die im Kreis Weißenburg / Gunzenhausen und an der schwäbischen Rezat gelegene mittelfränkische Kleinstadt Ellingen mit etwa 3000 Einwohnern ist ein ehemaliger Sitz des „Deutsch-Ordens“ und bewirbt sich selbst als „Perle des fränkischen Barock“ oder als „barocker Traum“. Im weiteren Ortsgebiet verläuft aber der 2007 als Weltkulturerbe ausgezeichnete Limes von Rätien, als dessen Hauptstadt das römische Augsburg galt. In der nahen Umgebung befindet sich ein Kalksteinabbaugebiet mit einer bedeutenden Solnhofer- und Juramarmor-Industrie.

Townhall / Rathaus Ellingenבניין העירייה עלינגן

Erstmals schriftlich überliefert gilt Ellingen um das Jahr 900. Seit 1216 ist dort der „Deutschherrenorden“ ansässig, der eigentlich „Ordo fratrum domus Sanctae Mariae Teutonicorum Ierosolimitanorum“ hieß,zu Deutsch „Orden der Brüder vom Deutschen heiligen Marienhaus in Jerusalem“, meist verkürztals  Ordo Teutonicus (OT) und nahm 1190 am dritten Kreuzzug Teil an der Belagerung der heute israelischen Stadt Akko (עכו), das 1291 als letzte Bastion des Königreichs Jerusalem der Kreuzfahrer verloren ging. Im Jahr zuvor kam es zu Ausschreitungen betrunkener Ritter gegen einheimische Juden und Muslime von Akko, wobei einige von ihnen ums Leben kamen. Als Reaktion auf das Gemetzel verlangte der Sultan die Auslieferung der Täter und eine Entschädigung der Opfer, was die Ritter verweigerten. Die muslimischen Heere des Sultans zogen deshalb gegen Akko, um das Land vor den „barbarischen Christen“ zu befreien. In der Folge gingen rasch auch die verbliebenen Sitze der Kreuzfahrer in Israel verloren.

Die Geschichte der Juden in Ellingen beginnt wahrscheinlich um 1520 mit der Ausweisung der Juden aus dem benachbarten, nur knappe vier Kilometer Fußweg entfernten Weißenburg, wo es mindestens seit Ende des 13. Jahrhunderts eine jüdische Gemeinde gab. In einer 1573 in Venedig gedruckten Ausgabe des יצחק עקדת befindet sich die Notiz שייך להרה”ג מוהר”ר אנשיל עלינגן, dessen Herkunft, wie es der Name bereits sagt wohl aus Ellingen ist, wo sich unter den Deckengemälden des ehemaligen jüdischen Betsaals auch eine entsprechende Abbildung findet.

Um 1725 richtete Löb Amson in seinem 1682 erworbenen stattlichen Haus an der Weißenburger Straße einen barocken Betsaal ein, der vielleicht auch vorher schon als solcher benutzt wurde. 1740 verkaufte er das Haus an den Händler und Bankier Samuel Landauer, der von 1757-59 an der Rückseite des geräumigen Hofes an der Neuen Straße ein eigenes Synagogengebäude mit Tauchbad errichten ließ und 1776 das Gebäude mit dem vorherigen Betsaal an einen Christen verkaufte. Dieser richtete dort den heute noch als Hotelgaststätte existierenden Gasthof „Römischer Kaiser“ ein, der sich nun im Besitz eines Grafen befindet.

Siehe: http://www.roemischer-kaiser-ellingen.de/

Sara Landauer, Tochter des Josef und eine Enkelin des Samuel heiratete um 1790 Abraham Hirsch in Pfersee. Fanny, die 1804 im schwäbischen Harburg geborene Tochter ihres ermordeten Bruders Samuel (1771-1809) heiratete in Hürben Samuel Loeb Joachim Guggenheimer (1803-1863). Samuels Sohn Josef (1804-1853) hingegen wurde Rabbiner in Fischach.

Further information by Rolf Hofmann, Stuttgart:

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20Bayern/LANDAUER-ELLINGEN.pdf

At the doorpost the sloping piece of wood marks until today where until 235 years ago once was the mesusah capsule.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts lebten noch 60-80 Juden in dem damals etwa 1500 Einwohner umfassenden Ort um die Ellinger Residenz, das auch Sitz des Bezirksrabbinats war. Die Gemeinde war jedoch nicht groß genug geworden, um sich einen eigenen Friedhof leisten zu können, weshalb zumindest in neuerer Zeit die Toten aus Ellingen in Georgensgmünd, Pappenheim und Treuchtlingen bestattet wurden. Die Synagoge an der Neuen Straße 14 wurde 1929 restauriert, jedoch lebten zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft kaum noch 40 Juden am alten Deutschherren-Ort. Bald darauf, im Jahre 1938 endet die etwa vierhundertjährige jüdische Geschichte von Ellingen mit der Verhaftung der Ellinger Juden und der Plünderung ihres Besitzes.

Margit Hummel and Rolf Rossmeisl at the former praying room of the Amson / Landauer House, now Römischer Kaiser (Roman Emperor) in Middle Franconian townlet of Ellingen, today used for different events.

Backyard of the Römischer Kaiser in Ellingen which also was the court of the Jews in Ellingen with synagogue and mikvah at the other end

In Midlde Franconian townlet of Ellingen near Weissenburg (Ansbach/Nuremberg) from about 1520 until 1940 was a small Jewish community. In the house of the Jewish families Amson and Landauer was a remarkable as elaborate Baroque prayer room used by the Jews of Ellingen until in 1759 the synagogue in the backyard was inaugurated. At the ceiling of the prayer room are several depictions of well known stories from the hebrew Bible. The house in 1776 was sold by the Jewish owner and the Christian purchaser converted it into an inn. After some restauration today the building is used by its present owner again as Gasthof. To stay here is comparable cheap and a hot tip for all who want to enjoy comfort along with a time travel …

Walk in: water closet inside the wall closet …


Zum Schutz der Beschneidung

July 27, 2012

Ein Aufruf der Orthodoxen Rabbinerkonferenz in Deutschland (ORD/ http://www.ordonline.de/), dem wir sehr gerne Folge leisten:

Offener Brief zum Schutz der Beschneidung

Liebe Freunde,


die Diskussion über die Zulässigkeit der Beschneidung nimmt in den Medien teilweise schreckliche Züge an. So gibt es zum Beispiel auf faz.net einen “Offenen Brief zur Beschneidung” http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/offener-brief-zur-beschneidung-religionsfreiheit-kann-kein-freibrief-fuer-gewalt-sein-11827590.html
in dem die Beschneidung von Jungen als “Anwendung von Gewalt” bezeichnet wird.

Um all diesen Artikeln etwas entgegen zu setzen und möglichst auch die im September zu erwartende Diskussion im Bundestag zu beeinflussen, haben Prof. Kyrill-Alexander Schwarz (Universität Würzburg) und “Dr.  XY” (Name auf schriftlichen Wunsch am 20. August 2012 entfernt) ebenfalls einen Offenen Brief zur Beschneidungsdebatte verfasst, der in den nächsten Tagen in einer der großen Zeitungen veröffentlicht werden soll. Die Datei findet Ihr im Anhang.

Jeder, der den Brief mit unterzeichnen möchte, sendet bitte eine Mail mit Name, Beruf/Titel und Wohnort an: T.Ellen.Guggenheim@t-online.de. Bitte leitet diese Bitte auch an Eure Freunde und Bekannte weiter. Je mehr Unterzeichner, desto besser!

Für das Menschenrecht auf elterliche Erziehung
zur religiösen Identität

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung, sehr geehrte Bundestagsabgeordnete,

Im Zuge der Forderung nach einer „Versachlichung“ der Diskussion um die Beschneidung benennen die Unterzeichner eines offenen Briefes an Sie in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 21.07.2012 als Kernpunkt der Debatte eine „Abwägung der Grundrechte auf Religionsfreiheit von Erwachsenen mit dem Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung sowie die Achtung seiner Würde.“. Diese und ähnliche Beschreibungen in der gegenwärtigen Debatte kommen einer Diffamierung der jüdischen und muslimischen Religionsgemeinschaften gleich. Die Beschneidung ist kein Instrument der Eltern zur sexuellen Unterdrückung, Entwürdigung oder Verstümmelung ihrer eigenen Kinder, sondern ein Akt, der die Körper der Kinder vollständig werden lässt: Sie werden durch eine Beschneidung zu einem selbstverständlichen Teil ihrer Religionsgemeinschaften, ebenso wie sie selbstverständlich eine Muttersprache erlernen. Nicht die Eltern, sondern eine Gesellschaft, die muslimischen und jüdischen Kindern eine solche selbstverständliche religiöse und soziale Identität verweigert, verletzt ihre Würde.

 

Die Verabsolutierung des kindlichen Rechts auf körperliche Unversehrtheit bedeutet, dass Normativität nur den unbeschnittenen Körpern der Mehrheitsgesellschaft zugestanden wird; nur sie haben eine selbstverständliche und „natürliche“ Existenzberechtigung. Im Sinne der Religionsfreiheit soll sich ein Mensch daher zwar im Erwachsenenalter frei für eine „abnorme Ausnahme“ entscheiden können, jedoch darf er diese nicht zur Normalität werden lassen – Seine Kinder sollen unbeschnitten bleiben, und nicht die Religion ihrer Eltern, sondern jene der Mehrheitsgesellschaft verkörpern. Jüdischen und muslimischen Eltern wird damit nicht weniger als das Recht auf eine selbstverständliche Nachkommenschaft genommen.

Dies ist ein Eingriff in das zuvörderst den Eltern – nicht dem Staat und nicht der Mehrheitsgesellschaft – obliegende Recht und die Pflicht zur religiösen Erziehung sowie generell zur Erziehung und damit Prägung ihrer Kinder (Art. 6 Abs. 2 GG; Art. 4 Abs. 1, 2 GG; § 1 Gesetz über die religiöse Kindererziehung).

 

Es ist ein zentrales Anliegen des Menschenrechts auf Religionsfreiheit, nicht den Vorstellungen einer Mehrheit folgen zu müssen, sondern für sich das Recht auf ein Leben nach eigenen, dem eigenen Selbstverständnis verpflichteten religiösen Handlungen in Anspruch nehmen zu können. Hier erweist sich der Grundrechtsschutz in seiner zentralen Funktion als Schutz der Minderheit.

 

Mit dem rigorosen Schutz der körperlichen Unversehrtheit des Kindes und seiner Religionsfreiheit werden die Grundrechte des Kindes von Abwehrrechten gegenüber dem Staat, die es bis zu seiner Mündigkeit durch seine Eltern wahrnimmt (vgl. §§ 1, 5 Gesetz über die religiöse Kindererziehung), zu Abwehrrechten gegen Private, namentlich gegen seine eigenen Eltern. Damit kommt der Staat seiner grundgesetzlichen Pflicht zum besonderen Schutz der Familie nicht nach (Art. 6 Abs. 1 GG).

 

In der öffentlichen Diskussion wird immer wieder betont, dass die Bedürfnisse und Traditionen der beteiligten Religionsgemeinschaften berücksichtigt werden sollen. Diese Berücksichtigung soll allerdings nach den Vorgaben der Mehrheitsgesellschaft erfolgen. Geschützt wird in einer solchen Gesellschaft nicht „jüdisches und islamisches Leben im Rahmen der deutschen Rechtsordnung“ – geschützt wird der Traum von einem Land, in dem ausschließlich die Deutungsmuster und Körper der Mehrheitsgesellschaft existieren können.

 

Wir, die Unterzeichner, bitten Sie, den „Kinderschutzgedanken und die Bedürfnisse der betroffenen Kinder zur Grundlage Ihrer Entscheidungsfindung zu machen“ und sich „eindeutig auf der Seite des Kindes zu positionieren“: Jüdische und muslimische Kinder haben das Recht, in einer offenen und pluralistischen Gesellschaft aufzuwachsen, einer Gesellschaft, die ihre Identität nicht kriminalisiert, sondern sie als gleichberechtigt und gleichwertig anerkennt.

* * *

Kommentar zur Diskussion

Es muss etwas mit dem „Sommerloch“ zwischen der Fußball-EM und dem Beginn der Olympischen Sommerspiele in London zu tun haben, vielleicht auch damit, dass man nicht zu viel über das andauernde Gemetzel in Syrien oder über die Entwicklung in Ägypten oder die “Eurokrise” informieren und reden will: Denn selten bekam das Urteil eines einzelnen Gerichts in Deutschland gar so viel Aufmerksamkeit, wie das inzwischen allgemein bekannte Urteil zur “religiösen Beschneidung”, welches selbige als „Körperverletzung“ wertet, freilich ohne näher zu bestimmen, ob das mehr im Bereich einer Watschen, Piercing, Knochenbrüchen oder Hirnambutation zu verstehen ist.

Zwar kann, was viele gar nicht verstanden haben, auch das Kölner Landgericht gar keine Gesetze erlassen (dafür sind in Rechtsstaaten mit Gewaltenteilung noch immer Parlamente zuständig), doch hinderte das eine Vielzahl eifriger Kommentatoren nicht daran, anzunehmen, dass Bescheidung von Kindern in Deutschland nunmehr verboten sei. Dem ist natürlich (noch) nicht so und da keine einzige Partei des Deutschen Bundestages auch nur ein entsprechendes Gesetz erwägt, wird es dazu nicht kommen. Da darüber hinaus auch kein anderes Gericht an die singuläre Entscheidung des Kölner Landgerichts gebunden ist und deren Urteil zudem von einer höheren Instanz revidiert werden kann, müsste man die ganze Sache eigentlich achselzuckend zur Kenntnis nehmen und das Pusten im Wasserglas sozialverträglich gestalten. Allenfalls -ausreichend Langeweile vorausgesetzt – der juristische Weg der Instanzen wäre naheliegend gewesen und der Weg der allgemeinen Rechtspraxis und hätte zudem auch die gesellschaftlich relevante Chance gehabt, die völlig unterschiedlichen Ebenen der Argumentation aufzuzeigen, die nun aber umso lauter am bundesdeutschen Hühnerhaufen zu hören sind.

Ganz offensichtlich lehnt eine – faktisch unberührte – ¾-Mehrheit „der Deutschen“ (in Umfragen, Internetforen, Leserbriefen, … nicht zu vergessen an den Stammtischen) „die Beschneidung“ ab. Das ist zwar ohne Belang, da Christen ja auch nicht nach Mekka pilgern.  Auch war das immer schon so, zumindest in dem Sinne, dass sie selbst für sich und ihre Knaben keine Beschneidung erwogen, obwohl eigentlich auch der christliche Heiland, der bekanntlich beachtliche Heilkräfte gehabt haben soll, als Judenbub ganz in Übereinstimmung dem göttlichen Gebot der Tora beschnitten wurde: „Am achten Tage, als er beschnitten (περιτεμεῖν) wurde, nannte man ihn mit Namen Jesus“ (Luke 2.21).

Doch alle Fakten ändern gar nichts daran, dass in den Diskussionen mitunter „Meinungen“ auftauchen, die man so ähnlich auch im „Stürmer“ lesen kann. Das ist insofern sogar verständlich, als dass die Mehrheit der Bevölkerung im Grunde keine Ahnung hat, worum es eigentlich geht. Normalerweise sagt man da aber: was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht. Hier aber geht es aber um den geplanten Vorsatz zum Missverständnis. Für bestimmte Kreise war das aber eigentlich immer schon so und reichte im Mittelalter von Ritualmord-Anschuldigungen bis zu den von Freud diagnostizierten “Schneideträumen”, die in der Nazizeit durch das omnipräsente jüdische Feindbild dann nochmals mit großem Aufwand verstärkt wurden. Im Grunde eine Psychose. Das wäre auch nicht weiter schlimm, denn gesellschaftliche Akzeptanz würde heute voraussetzen, dass ein jeder nach seiner Fasson leben und selig werden soll.

Es ist keineswegs zwingend, dass man sich  unbedingt in die Angelegenheiten anderer einmischt, bloß weil man keine Ahnung davon hat.

Trotzdem findet man ganz plötzlich eine landesweite Sorge um das Wohl von kleinen Knäblein, die wie immer schon üblich nach jüdischer und islamischer Tradition erzogen werden.

Beschneidung als solche solle zwar nicht verboten werden, jedoch bei Kindern nur noch aus medizinischen Gründen erfolgen. Insbesondere Mediziner verlangen nun aber „Rechtssicherheit“ aus Sorge „kriminalisiert“ werden zu können, etwa so wie früher Ärzte, die inzwischen längst legalisierte Abtreibungen vornehmen dürfen. Deshalb will nun der Deutsche Bundestag (angeregt nicht zuletzt durch die muslimischen Verbände) ein eigenes Gesetz auf den Weg bringen das jetzt schon legale Beschneidungen legalisiert, damit nicht künftig Mose durch Phimose ersetzt wird.

Auch die Argumentation der “Befürworter” handelt im wesentlichen von medizinischen Definitionen, von Hygiene, geringerem Risiken von Krebserkrankungen oder HIV-Infektionen, etc. weshalb auch die Mehrheit der US-Amerikaner beschnitten sei, während die Kontrahenten eben von “Verstümmelung” oder “Gewalt” reden.

Im Prinzip ist es also eine Art Streit unter Ärzten oder zumindest ein weiterer Schritt zur „Medizinisierung“ der Gesellschaft. Ärzte sind es die uns Ultraschallbilder des Ungeborenen zeigen und zuletzt den Totenschein ausstellen und für die Zeit dazwischen gibt es die Pflichtversicherung.

Es ist offensichtlich, dass der Pharma-Medizin-Komplex de facto die gesellschaftliche Rolle der Religion übernommen hat und dass zumindest in Deutschland Ärzte an die Stelle von (christlichen) Priestern getreten und dabei weiter auf dem Vormarsch sind. Das „religiöse“ Argumente dabei kein Gewicht haben, ist eine fast schon banale Nebensächlichkeit, weshalb ein Rabbi Yitzchak Ehrenberg, orthodoxer Rabbiner aus Berlin, der in einer jener Experten-TV-Talkshow behauptete, das „Beschneidungsverbot“ würde den „Tod des Judentums in Deutschland“ bedeuten, bestenfalls Stirnrunzeln hervorruft, während manche abschätzig meinen, dass wenn die “Körperverletzung von Kleinkindern”, die Grundlage des Judentums sei, es um dieses auch nicht weiter schade wäre. Wen kümmern da erst Grundrechte wie Religionsfreiheit nach Artikel 4.1-2 oder noch eigenartiger, die Annahme, dass es GOTTwirklich gibt?

Andererseits, wer ist es, der überall proklamiert, dass über sechzig Jahre nach den Nazis “jüdisches Leben” wieder “normal” sei in “Schland” ..? Wer braucht wen fürs gute Image im Ausland …?

Was nun aber? Wie bereits gesagt, gibt es gar kein Verbot der Beschneidung und es wird auch keines geben, aber wir können damit rechnen, dass der Bundestag ein Gesetz vorlegt und beschließt, das als „Kompromiss“ zwischen den „unversöhnlichen“ Positionen letztlich die Rechte der Mediziner stärkt und Beschneidungen nur noch von „Fachärzten“ durchführen lässt. Das wird einerseits zwar viele jüdische Mammen freuen, da es sodann ein schlagendes Argument dafür gibt, den (beschnittenen) Sohn frühzeitig auf eine Ärztelaufbahn vorzubereiten, andererseits vielleicht zu jüdischen Beträumen in deutschen Kliniken führen, damit man dort die Brit Mila feiern kann, statt in der Synagoge, wo dann schon wieder etwas mehr Platz wäre, um in einer weiteren Vitrine noch mehr Beschneidungsmesser auszustellen… Im Ergebnis wäre und wird an der gegenwärtigen Praxis kaum etwas geändert, aber es war dann gut, dass man geifernd drüber gestritten hat.

Fast wollte man sagen, dass dieses absehbare Ergebnis eigentlich schade ist, und das es besser wäre, wenn es tatsächlich zu einem Beschneidungsverbot käme – durch den Bundestag als Gesetz beschlossen. Ein solches Gesetz müsste  Beschneider wie Eltern natürlich rundweg kriminalisieren und mit möglichst drastischen Strafen (Bußgeld, Haft, Entzug des Sorgerechts, Ausweisung, etc.) sanktionieren, anders machte das ja auch wieder keinen Sinn. Wenn schon, denn schon.

Warum? Es wäre durchaus spannend, wie das von statten ginge. Um die Juden in Deutschland braucht man sich dabei nicht viele Gedanken machen, da sie in der großen Mehrzahl schon recht alt sind und nach vielen Jahrzehnten realen Sozialismus in der Sowjetunion nun noch ein paar Jahre deutschen Sozialstaat ausprobieren. Mehr mit dem Rollator unterwegs ist, braucht eh keine Beschneidung mehr. Unter den Jüngeren gibt es viele Mischehen, Abwanderung ins irgendwie dann doch attraktivere Ausland, aber auch eine Abkehr von den kaum gekannten religiösen Traditionen des Judentums, die nicht mal das Aufstellen von Weihnachtsbäumen zum Jahresende tolerieren wollen.

Um es auf den Punkt zu bringen: selbst in den größeren deutschen Städten gibt es nicht eben viele Beschneidungen in den jüdischen Gemeinden, da auch Sowjets Schneideträume und Ressentiments gegenüber dem Judentum hatten.

Anders sähe es aus mit Millionen von Muslimen in Deutschland. Sie zu kriminalisieren wird sich wohl niemand trauen, sonst brennen wieder Reifen auf den Autobahnen. Schon deshalb kommen in den Medien zu dieser Diskussion meist Juden zu Wort, damit sie das negative Stimmungsbild der Öffentlichkeit abbekommen.

 * * *

For some weeks there is a heated debate in Germany since a district court in Cologne ruled that religious circumcision of little boys was “Körperverletzung”. The judges however did not specify, whether they have ment a simple bodily harm, as a rather harmless slap in the face or a malicious injury, assault or aggravated battery …

The debates – to put it in a nutshell – are superfluous like many comments. Many overheated squabblers just have not even realized, that in Germany laws of course are made by the Bundestag not by a local Landgericht and up to now no single voice in the Bundestag has been raised to demand any law to ban or illegalize circumcision. The Bundestag in contrary will launch a law which allows circumcision which is already legal.

Much ado about nothing.


„Die erschießen auch Pferde, stimmt’s …?“

July 26, 2012

… –wie die sog. „Wettbewerbskultur“ die Nächstenliebe verdrängt

Almost everywhere we are facing contests, competitions at so called “casting shows”, knock out matches in sports, community biddings, opinion polls, ratings, raffles and many occasions more. Contests of all kind dominate the appearances of our society and affect our way to associate with others.

The neighbor, who we are supposed to love by the the Tora law of brotherly love, charity and altruism,  more and more is regarded as opponent, rival and … obstacle.  In order to justify an increasing misbehavior of jealousy and grudge, “marketing experts” without own ideas offer numerous contests, prizes and rewards and put the case for something they inflatingly call a “culture of contests”, which however only knows one winner: the organizer. Bet?

 

Beim nächsten Mal wird alles besser: Neues Spiel, neues Glück. Das Nächste ist die Zukunft, als Wiederholung aber zugleich auch die Vergangenheit. In beiden Fällen ist es nicht das, was wir gerade haben oder sind. Das Nächste ist der (noch) fehlende Vergleich, der noch unerledigte Rivale der uns wie in der Bibel des nachts im Kampf an der Hüfte packt und aus Jakob eben Israel macht und uns das Vorrücken auf nächste, die höhere Stufe ermöglicht, die ohne den Konkurrenten nicht zu erzielen ist. In der heutigen von elektronischen Medien und rascher „Echtzeit“- Übermittlung geprägten Wettbewerbskultur ist der Nächste kein rivalisierender Bruder oder geheimnisvoller Engel, sondern ein Konkurrent, ein Mitbewerber. Es ist auch kein Feind im klassischen Sinne, den es auf den (militärischen) „Feldern der Ehre“ zu bezwingen oder gar auszurotten gilt, sondern jemand, den man als Maßstab , zur Selbsteinschätzung braucht, unabhängig davon, wer diese Beurteilung letztlich nach welchen Kriterien auch immer vornimmt. Fehlt dieser Konkurrent, so gibt es auch keinen Wettbewerb und ergo keinen “Erfolg”, zumindest im Sport. Im sonstigen Berufs- und Alltagsleben kann dies noch ein wenig anders aussehen, doch sobald es eine wie auch immer geartete Form der Öffentlichkeit gibt, steht das Abschneiden im Vergleich im Blickpunkt und ist oft genug erst der Anlass der Begegnung.

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ setzt bei Juden und Christen im biblischen Gebot voraus, dass man sich selbst liebt. Es setzt ferner voraus, dass man überhaupt weiß, wie man (sich selbst) liebt. Ob das gegenwärtig ohne  Broschüren, und Ratgeber und Seminare mit „Anleitung zur Selbstliebe“ von statten geht, kann bezweifelt werden. In der Bibel ist das Gebot mit der Aufforderung verbunden, sich nicht zu rächen, was die Möglichkeit, den Nächsten beim nächsten Mal zu bezwingen zugegeben etwas beschränkt. Im hebräischen Originaltext heißt „re’a“ nicht Nächster im Sinne einer Abfolge – der deutsche Begriff ist eine alte Form von Nachbar (die in der englischen Form „love thy neighbor as yourself“ noch erhalten ist) – sondern Freund oder Kamerad, wobei sich das griechisch-lateinische Wort von der Kammer (kamera) ableitet, also den Zimmergenossen impliziert. Der hebräische Begriff assoziiert hingegen eine gemeinsame Tätigkeit und Verantwortung, nämlich das Weiden oder Hüten und zwar von Schafen, basierend auf dem Begriff „re’e“ die Weide oder Wiese. Analog dazu kennt das Hebräische den Begriff des Hirten  „re’e“, der es in den Gedichten des Hirtenkönige (oder: Königs der Hirten)  David (dessen Name bereits wieder eine Variation des Themas darstellt) zu Weltruhm brachte: „Der Herr ist mein Hirte, ich fürchte nichts.“ Dies lässt sich auch übersetzten als „Der Herr ist mein Nächster…“ Der Nächste im biblischen Verständnis ist also ein Hirte, oder einer mit dem man (gemeinsam) Schafe hüten kann, vielleicht ein Hirtenkollege, möglicherweise ein Schaf. Jedenfalls liegt es auf der Hand, dass dies keinen Wettbewerb, sondern Gemeinschaftsarbeit voraussetzt. In der Frühgeschichte des jüdischen Volkes sind die Helden oft Hirten: Abraham, Isaak, Jakob, Moses, David, Rabbi Akiwa, um nur einige zu nennen, … sie alle waren Schafhirten. Wer das für archaisch und überholt ansieht, dem sei gesagt, dass in der offiziellen Biographie von Schimon Peres, dem gegenwärtigen israelischen Staatspräsidenten als ursprünglicher Beruf Schafhirte steht. Man ahnt, dass Nächstenliebe (ständiges) Schäfchenzählen  impliziert und deshalb Planung und Organisation erfordert. Das Nächste als das Kommende ist die Zukunft, die Vision, Voraussicht, die Prophetie. Der biblische Begriff für Prophet ist im hebräischen Original wörtlich ein „Bringer“ (nawi), vergleichbar mit dem griechisch-lateinischen „angelos“, meist übersetzt als „Bote“, aber ganz gewiss kein geflügeltes Wesen, sondern allenfalls ein ebensolches Wort. Das hebräische Wort für den Engel wiederum lautet „mal’ach“ und leitet sich von „mal’acha“ der Arbeit ab, was über die Vermittlung des Jiddischen auch im Deutschen als „Maloche“ allgemein bekannt ist. Während der hebräische Engel demnach ein Malocher ist, ist der hebräische Prophet ein echter „Bringer“, ein Vermittler, die Personifizierung des Nächsten, des Folgenden, des Kommenden, der Zukunft, so wie in der eingangs bereits erwähnten Begegnung Jakobs mit dem Engel, der ihn in die nächste Stufe vorrücken lässt.

Die Kommenden, die unsere Zukunft sein sollen sind die Kinder, die nächste Generation. Sie sollen es besser haben als wir, wie es oft heißt, und vielleicht werden sie das auch, wenn sie lernen, ohne uns auszukommen. Unsere Zukunft werden sie dadurch zwar nicht unbedingt, aber vielleicht haben sie eine eigene. Da sie heute aber dafür konkurrieren müssen, um es besser zu haben, ist das nicht sicher, denn wo die Bibel Vollkommenheit im gemeinschaftlichen Verantwortung des Schafehütens sieht, ist heute vorgesehen, den Besten, nicht und eben nicht den Nächstbesten, auszuwählen. Und als bestes Verfahren dazu, Personen, Ideen oder Konzeptionen auszuwählen, dient der Wettbewerb, die Debatte, die Konkurrenz, ganz gleich ob es sich um einen Ideenwettbewerb für ein Bauvorhaben handelt, um die Aussprache im Parlament, die eher Gegensätze als Gemeinsamkeiten betonen will (letzteres gilt eher als „langweilig“ oder vielleicht noch schlimmer als „verwechselbar“), der Instanzenweg vor Gericht oder aber auch der Schlagabtausch in zahllosen Talk-Shows. Immer wieder ist der Nächste der Konkurrent, den es zu bezwingen gilt.

Nachrichtensendungen fokussieren entsprechend ihre Themen und rücken möglichst polarisierende Ansichten (gerne auch von Personen die sonst nichts zu sagen haben und wenn möglich sogar „ausgewogen“ von mehreren extremen Standpunkten aus gesehen in den Blickpunkt, um „Stimmung“, Kontroversen aber auch Quote zu erzielen. Dies basiert auf der, trotzallem unbewiesenen Annahme, dass Kritisieren der Beweis für die Existenz eines eigenen Denkens darstellen könnte und man wirft deshalb – als weiteres Instrument des Wettbewerbs – bevorzugt dem Nächsten auch gerne eine „unkritische Haltung“ vor, bis man, beim nächsten Mal vielleicht selbst Gegenstand der Kritik wird, völlig unberechtigt, versteht sich. Da gilt es als Wettbewerber aufzupassen und auf dem Laufenden zu bleiben, um in der von den Massenmedien geprägten Themenwelt nicht zu verpassen, worüber man als nächstes Bescheid wissen sollte. War man letztens noch Nahostexperte und konnte per Ferndiagnose genau erklären, wie sich ein (ewiger?) Frieden erreichen ließe, so musste man schon wieder Vulkanologe und Experte für Luftsicherheit sein, dann ein ebensolcher für katholisches Kirchenrecht und tags darauf ein Insider für griechische Wirtschafts- und internationale Finanzpolitik. Jeweils ein oder zwei Wikipedia – Artikel und ein Kommentar aus den „Leitmedien“ gaukeln dieses Insiderwissen durchaus vor. Das erinnert immer öfter an die sprichwörtliche Sau die als nächstes durchs Dorf getrieben wird, insofern keine Schafe zur Hand sind. Was die oft bestenfalls von Halbwissen geprägten Debatten und ihre rasche Abfolge betrifft, bestimmt dies alles in viel stärkerem Maße „die Medien“, deren Vielfalt trotz aller Konkurrenz, freilich häufig massiv überschätzt wird. Tatsächlich haben wir es heute wie in vielen anderen Lebensbereichen, eher mit einem überregionalen Quasi-Monopol einiger weniger Meinungsmacher zu tun, mit Nachrichtenagenturen, deren Artikel (durchaus im doppelten Wortsinn) von 350 Tageszeitungen im ganzen Land als Fertigprodukt fast wortgleich abgedruckt werden. Ähnlich verhält es sich auch mit der bunten Vielfalt in Supermärkten und Kaufhäusern. Auch hier wurden die kleinen Tante Emma – Läden fast vollständig verdrängt zugunsten großer Supermarktketten, die in welchem Stadtteil und welcher Region auch immer das „Warenangebot“ völlig standardisiert haben. Hier ist das Nächste nur die Wiederholung.

Doch was hat Nachrichtenwert? Eine negative Seite, die wir, unkritisch wie wir sind, nicht selbst bemerkt haben sollen, oder die wir zumindest noch nicht als wichtigsten Aspekt einer Person oder Sache gesehen haben. Ein neues Medikament etwa, das Millionen Menschen hilft, verursacht bei vier Leuten Nebenwirkungen. Wie konnten wir das als Experten nun übersehen haben? Da müssen wir doch schnell mal nachlesen und uns pharmakologisches Expertenwissen anlesen. Als „Zuschauer“, so behaupten zumindest Medienexperten sehen wir es gerne, wenn das Bild eines Helden in das eines Schurken verkehrt wird und die Literatur steht assistierend mit Begriffen wie Fallhöhe zur Seite. Journalisten, die etwas enthüllen sind Apokalyptiker im Kleinen und als Verfechter der Wahrheit beliebt. Tatsächlich übernehmen viele zumeist vorformulierte Pressemitteilungen und plaudern nach der Pressekonferenz am Büfett mit konkurrierenden Kollegen, denen man vorgaukelt, wie sehr man sich freut, sie mal wieder zu sehen. Durch das Konkurrenz-Denken an den nächsten Termin oder Erfolg geht jedoch die Beständigkeit verloren, wie auch der Einzelne, das Singuläre, das Einzigartige an Wert verliert, da es nicht in Serie hergestellt oder ausgestrahlt wird. Der Nächste ist nicht mehr der Freund, sondern der nächste Rivale.

Der Wettbewerbsgedanke impliziert jedoch den Zwang zur Serie. Ein Nächstes setzt jedoch eine bereits vorhandene Einteilung voraus. Die nächste Folge einer TV-Serie z.B., die Fortsetzung eines (leider?) kommerziell erfolgreichen Films oder Computer-Spiels. Dies setzt voraus, dass der „Konsument“ neugierig darauf ist, zu erfahren, wie es mit der nächsten Folge weitergeht und damit solche Überlegungen nicht folgenlos bleiben, werden diese „Formate“ und Medien-Produkte minutiös geplant. Der Erfolg ist zwar nicht garantiert, andererseits jedoch auch kein Zufall. Serien, Filme und dergleichen werden an einem Testpublikum ausprobiert. Die Darsteller in TV-Serien werden auf anvisierten wesentlichen Zielgruppen zugeschnitten, damit die Waschmittel kaufende Hausfrau und der pubertäre Jüngling auf ihre jeweilige Art angesprochen werden können und ihnen für ihre Teilhabe an der inszenierten „Wirklichkeit“ die passenden Identifikationsfiguren zur Verfügung stehen. Medienimperien leben gewinnbringend von diesen Illusionen, die oft generationsdefinierend sind. Wessen Eltern in der Generation der späten 1960er und frühen 1970er Jahre junge Erwachsene waren, der kennt natürlich entsprechende Medien-Assoziationen wie das „Woodstock-Festival“, entsprechende Filme, Musiker und Lieder aus dieser Zeit. Sie haben ihre Generation geprägt, wie es heißt. Man kann im Rückblick sogar die Ironie nachlesen, dass es sich um eine „Generation“ handelte, die ihre “Individualität” entdeckte.

Verplant sind aber auch die Reaktionen der künftigen Kunden, wenn man im Frühjahr 2010 bestimmt, was im Sommer 2012 der nächste große Kinoerfolg sein wird. Misserfolge beruhen unter akademischer Analyse sodann lediglich auf defekter Planung und der Vernachlässigung einzelner Faktoren.  Erfolg ist also nicht immer planbar, oft genug aber doch und ein noch so albernes Konzept kann, so es an der Kasse erfolgreich ist, noch solange Nachfolger generieren, bis die Idee eben nichts mehr einbringt, sprich keine Gewinne mehr abwirft. Fehlender Gewinn jedoch erzeugt Kostendruck der ggf. an der eigenen wirtschaftlichen Existenz nagt wie das Schaf auf der Wiese. Das verhält sich auch nicht anders bei TV- oder Radio-Magazinen und Zeitschriften. Beispielsweise wenn man gezielt zu Wettbewerben aufruft, um an Ideen zu gelangen, für die man sonst eine Kreativabteilung bezahlt. Urheberrechte muss der Teilnehmer vorsichtshalber abtreten, so dass die Nichtgewinner keine weitere, nächste Chance haben, mit ihrer Leistung Erfolg zu finden. Das erinnert ein wenig an einen der wenigen eher kritischen Filme von Sydney Pollak über die Wettbewerbskultur. „They shoot horses, don’t they?“ lautet der Originaltitel wie in wörtlicher Übersetzung auch dieser Wettbewerbsbeitrag. Gezeigt wird darin ein Tanz-Marathon aus der Zeit der Wirtschaftkrise in den USA – der zur Zeit der Präsidentschaft von Herbert Hoover, nicht der heutigen. Aus unterschiedlichen Motiven nehmen es die Teilnehmer, sei es aus Eitelkeit, aus Hoffnungen auf eine Karriere oder auch nur wegen der sieben freien täglichen Mahlzeiten, auf sich rund um die Uhr zu tanzen mit nur jeweils zehn Minuten Pause nach zwei Stunden. Es dauert Tage und Wochen, bis sich das Feld der konkurrienten Teilnehmer mehr und mehr lichtet.  Als die Hauptprotagonistin (gespielt von Jane Fonda) vom Veranstalter erfährt, dass nur dem Siegerpaar von der damals beachtlichen Siegesprämie von 1500 Dollar alle Spesen berechnet werden, so dass von dieser nichts mehr übrigbleibt, erweist sich der Wettbewerb als schlussendlich Nullsummenspiel. Entkräftet und bar aller Hoffnung im weiteren Leben bittet sie ihren Partner sie zu erschießen, was dieser auch tut.

Diese Art von Medienkritik ist heute weitgehend überholt, wo sich frei nach Andy Warhol in Internetportalen wie YouTube jeder seinen eigenen Teil des öffentlichen Ruhms holen kann, abseits der jüngst geäußerten Expertenmeinung, dass dort täglich so viele Videos eingestellt werden, dass man alleine eine halbes Jahr am Stück bräuchte, um all zu sehen. Der Überblick ist unmöglich und das Angebot inflationär. Der Nächste ist dort der Vorgänger des Nachfolgers, der Nachfolger des Vorgängers, Übergänger und Bindeglied einer Kette, die (scheinbar ?) endlos ist: eine Nummer. Wie beim Finanzamt, wo man als „der Nächste bitte“ aufgerufen wird und seine Steuernummer parat haben sollte. Da die Exklusivität unter einer solchen, fast anarchisch wirkenden Gemeinsamkeit zahlreicher Internet-Hirten elitären Ansprüchen nicht genügen kann, ist es nur folgerichtig, dass auch hier Wettbewerbe inszeniert werden, die das Beste prämieren sollen. Und so werden dort allen Ernstes Teilnehmer aufgefordert, in möglichst einem Satz ausdrücken, was das besondere an ihrer Idee und mehr noch an ihrem Leben ist: „Bring deine Idee auf den Tisch und sag uns, was wir mit all unserer Erfahrung und Anstrengung nicht zu leisten im Stande sind. Etwas was nie zuvor gesehen wurde und das Denken aller beeinflussen kann.“  Man merkt, dass hochbezahlte Profis offenbar etwas verzweifelt sind, wenn sie junge idealistische Menschen für ein Trinkgeld und ein Schulterklopfen ausbeuten müssen, um an Ideen zu kommen, die sie selbst offenbar nicht haben, während ansonsten das Schlagwort des „paid content“ , des bezahlten Inhalts überall die Runde macht und sie in der Lage sind aus allem Anschein einer Information Geld zu machen.

Doch dies hindert auch die hohe Politik nicht daran, sich auf erschwingliche Weise des „Rohstoffs Hirn“ im Volk zu bedienen. Und so setzt in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftkrise auch das Wirtschaftministerium mit seiner „Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft” darauf, billig an neue Ideen zu gelangen. Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Hans-Joachim Otto erklärt , dass mit dem Wettbewerb Personen gesucht würden, die aus kreativen oder kulturellen Ideen erfolgreiche Geschäfte machen wollten, um so „Wachstumspotentiale“ zu erzielen. Wörtlich: „Gute kreative oder kulturelle Ideen dürfen nicht in den Köpfen bleiben, sondern müssen auch in echte Geschäftsideen überführt werden.“ Offenbar sucht man nach Ideen und Einfällen, die den hochbezahlten Experten im Ministerium selbst nicht in den Sinn kommen. Die 32 Gewinner dürfen sich im Gegenzug aber, und das ist der Anreiz den das Ministerium bietet, ein ganzes Jahr lang mit dem vielsagenden Titel “Kultur- und Kreativpilot Deutschland” schmücken, der gewiss überall verschlossene Türen öffnen wird. Sie erhalten zudem ein individuelles „Coaching“ von Leuten die zwar ganz genau wissen wie man e(twa)s macht aber keine Einfälle haben, was sie (sonst) eigentlich machen sollen.

 

(c) – Yehuda Shenef, Margit Hummel, 2009 ursprünglich für einen Wettbewerb geschrieben, 2010 außer Konkurrenz erschienen im “EuroJournal” 😉


Die Darstellung mittelalterlicher Juden im mittelfränkischen Hörlbach

July 23, 2012

Unweit des mittelfränkischen 140 Einwohner Dorfes Hörlach, etwa 4 km nordwestlich von Ellingen (Landkreis Weißenburg – Gunzenhausen) befindet sich die kleine Kirche St. Oswald, die erstmals um die Mitte des 13. Jahrhunderts urkundlich erwähnt ist und Fresken aus dieser Zeit besitzt.

  • Der legendäre St. Oswald (datiert auf die Jahre 604-642)wird als angelsächsischer König in Northumbrien überliefert, der im Kampf gegen die letzten nichtchristlichen Herrscher der Angelsachsen starb und deshalb als Heiliger verehrt wird. Obwohl der Leichnam des toten Königs im Laufe der Jahrhunderte weitläufig verteilt wurde, scheint Hörlach diesbezüglich wohl leer ausgegangen zu sein, oder aber die Lutheraner, die seit Jahrhunderten im Besitz der Kirche sind, legen darauf keinen Wert. Der Kopf des Königs jedenfalls landete der Überlieferung nach im Kloster auf der nordenglischen Insel Lindisfarne, dann in Durham, wo er im Sarg eines anderen Heiligen vor den Wikingern versteckt worden sein soll und dort noch 1826 vorgefunden wurde. Aber selbst auch im luxemburgischen Echternach, ebenso wie in Hildesheim und im Dom von Paderborn rühmt man sich, Teile (welche ..?) des Kopfes zu besitzen. Ein Arm von Oswald sagt man, kam nach Bamburgh, der andere nach Gloucester. Der Torso des Leichnams soll in Lindsey begraben worden sein, jedoch kamen um 900 auch wieder Teile davon gleichfalls nach Gloucester. Man muss das zugegeben auch nicht bis zum einzelnen Knochen oder was auch immer weiterverfolgen. Bei wikipedia kann man noch mehr drüber lesen. Genetische Untersuchungen, um die Zuverlässigkeit der verschiedenen Ansprüche zu überprüfen gibt es offenbar sowieso nicht. Wie dem auch sei, deutet die Methode der Verteilung des verehrten Heiligen bereits darauf hin, dass es wohl auch nicht weiter von Belang sein muss, wenn einige Figuren die auf den Fresken der Hörlacher Kirche gezeichnet wurden, nicht mehr vollständig erhalten sind.

Diese Wandmalereien, wurden vor gut hundert Jahren, im Jahre 1913 im älteren Altarraum der Kirche „entdeckt“. Die nur teilweise erhaltenen, um 1920 restaurierten Wandbilder zeigen Szenen aus den letzten Lebenstagen des Jesus von Nazareth. Mit ihm abgebildet finden sich in unterschiedlichen Szenen einige von Jesus Zeitgenossen, von denen manche anachronistisch mit mittelalterlichem Judenhut dargestellt sind. Zur mutmaßlichen Entstehungszeit der Abbildungen, die man grob auf die zweite Hälfte des 13. Jahrhundert (oder 14. ..?) schätzen kann, war der Judenhut eigentlich Führern jüdischer Gemeinden vorbehalten. Judenhüte fanden jedoch in der christlichen Bild-Propaganda zur bloßen Kennzeichnung von Juden allgemein Verwendung. Eine für alle Juden geltende Verordnung, einen Judenhut zu tragen, gab es jedoch nicht. Sie wäre auch in etwa so eigenartig gewesen, wie jedem Christen vorzuschreiben, eine Bischofsmütze zu tragen.

על הקירות הפנימיים של הכנסייה קטן בכפר פרנקוניה הערלבאך ליד עלינגן וווייסענבורג יש כמה ציורי קיר מימי הביניים אשר גם להציג מספר היהודים בסימן לבוש שנקרא כובע היהודים

 

Da nun mehrere, vier bis fünf unterschiedliche Figuren mittels Judenhut als Juden gekennzeichnet wurden, ergeben sich Anhaltspunkte über die zur fraglichen Entstehungszeit verbreitete Mode in der Region. Der Grund warum es überhaupt in der mittelfränkischen Einöde dazu kam, eine Kirche mit den stilisierenden Darstellungen zu stiften, hat wohl damit zu tun, dass fromme Christen dem Heiligen wunderwirkende Kräfte attestierten. Sogar der Boden auf dem er in England starb wurde als Heilerde verstanden, weshalb der Überlieferung nach, rasch ein „mannshohes“ Loch ausgegraben wurde, da die Gläubigen die Erde mit sich nahmen, um damit eine Medizin für allerlei Blessuren zu haben. Da die kirchliche Tradition Oswald auch zuschreibt, Schutz vor und Hilfe bei der Pest zu bewirken, liegt darin vielleicht auch das Motiv der Kirche. Eher indirekt wären die dargestellten Juden dann vielleicht ein zeitgenössischer Hinweis auf die verbreitete Ansicht, dass man Juden verdächtigt habe, die Pest zu verursachen.

Etwa 8 km südlich befindet sich das Städtchen Weißenburg, wo zumindest seit 1288 die Anwesenheit einer  jüdischen Gemeinde bezeugt ist, die jedoch schon zehn Jahre später im Zuge der sog. Rintfleisch-Pogrome überfallen wurde. Es war die damals wohl nahegelegenste jüdische Gemeinde zur kleinen Kirche.

* * *

Next to the small village of Hoerlbach (some 140 inhabitants) near Ellingen in Middle Franconian district Weissenburg / Gunzenhausen (somewhat halfway between Nuremberg and Ingolstadt), there is a very small but pretty old church dedicated to the 7th century Northumbrian king Oswald, who posthumously was title a saint. While St. Oswald by pious Christians was considered as effecting miraculous, his corpse was divided in several parts in order to allow many cloisters to participate in that activity. So the torso of his dead body is preserved in a different place as his left or right arm or his head of which several churches even in Germany claim to posses at least parts of it, as for instance the Paderborn cathedral does. If there also are parts of the corpse of the saint in the small chapel in Hoerlbach is not known and maybe also of less importance, because the church since many centuries is Lutheran.

However, in 1913, at the walls next to the altar some frescoes were (re)discovered, which may be dated to 13th or 14th century. Depicted are several scenes of Jesus at the close of his life and some of the people around him are designated as Jews by the typical Judenhut (Jews hat), which at the time when the paintings were made, actually was to distinguish Jewish leaders from other Jews. In Christian propaganda however the Judenhut just was a token to identify Jews in general.

Many thanks to Ralf Rossmeisl who kindly called our attention to the chapel and also made it possible to visit it with us.

 


Die Judensau im fränkischen Spalt

July 20, 2012

Innenhof Stiftsgasse 10 in Spalt, Franken – Judensau mit Tafel und brauner Tonne (links), Waschbecken (rechts)

Im kleinen fränkischen Städtchen Spalt, zwischen Ansbach, Nürnberg und Treuchtlingen gelegen befindet sich im Hinterhof eines Hauses in der Stiftsgasse 10 die Darstellung einer  sog. „Judensau“.

Eine daneben angebrachte Glastafel sorgt für die nötige Transparenz und erläutert die offenbar 20. Station einer Erinnerung an „1200 Jahre Spalt“ (= 810-2010):

 

“Sogenannte „Judensau“

Wohl aus dem 15. Jahrhundert stammend.

Darstellung eines Juden mit einem Schwein – einem für sie unreinen Tiers.

Ursprünglich an einem ehemaligen Stiftsgebäude angebracht.

Absicht: Die Juden als sogenannte „Gottesmörder“ zu verhöhnen.

Eindeutig ein dunkler Fleck in der Spalter Geschichte.

Stadt Spalt – Heimatverein Spalter Land e.V.“

Eine Datierung dazu gibt es nicht, aber man kann für dieses „Genre“ wohl das späte 14. und frühe 15. Jahrhundert vermuten. Um welches „Stiftsgebäude“ es sich handelte (der frühere Straßenname Herrenstr.  deutet vielleicht auf sog. Chorherren) und wer es dort warum angebracht hat und wie die Darstellung nun in den Hinterhof kam, bleibt zunächst unklar, aber ein Spalt ist begrifflich auch eine Lücke und Lücken gibt es häufiger auch in der Überlieferung.

Zumindest aber erzählt ein Video auf youtube, das in zwei Jahren immerhin schon 81 mal aufgerufen wurde, wie es beinahe hätte sein können:

Na, wenn es so gewesen wäre, gäbe es das Thema nicht …

 

Es ist nicht die erste „Judensau“-Darstellung, die uns begegnet, aber doch regt jede Variante immer auch zum Nachdenken über Sinn und Zweck an. Das Exemplar im fränkischen Ort Spalt zeigt ein Schwein unter dem ein Mensch mit angewinkelten Beinen liegt, fast in der Art wie man es von Automechanikern kennt. Am Kopf befindet sich der eher typisierende als typische Judenhut. Da ahnen wir nun, dass der Judenhutträger doch kein Automachaniker ist und keine Zündkerzen auswechselt, sondern mit den Händen an die Zitzen des Schweins greift und vielleicht auch daran saugt. Man erkennt auch noch angedeutete Überreste weiterer Figuren an den Seiten und von oben. Aber das lässt sich alles nicht mehr sicher bestimmen, da die Skulptur doch bereits etwas verwittert ist… Als Idee hingegen ist es aus zahlreichen anderen Darstellungen durchaus geläufig. Und es ist klar, was gemeint ist. Oder?

Bleibt in Spalt also der Jude, der unterm Schwein liegt und offenbar von den Zitzen der Sau saugt. Die Begleittafel sagt uns, dass die Absicht der Darstellung darin bestünde, die Juden als „Gottesmörder“ zu verhöhnen, doch das erscheint noch weniger logisch als das Bild. Zum einem lässt sich so ein „Gott“ nicht mal eben ermorden wie ein Schwein, zum anderen gibt es nach jüdischem Verständnis, welches kein Eigengewächs ist, sondern der Tradition gemäß eben auf die Tora zurückgeht, nur den EINEN und der kann nicht getötet werden, noch weniger als wie eine Ameise unsere Sonne zum Erlöschen bringt. Wie auch immer hat auch der christliche Vorwurf des „Gottesmordes“ wohl sicher nichts mit dem Abbild der Judensau zu tun, außer der Verfasser der Tafel wollte sagen, dass der Jude hier einen Gott in Schweinegestalt eventuell durch Bisse tötet. Das gäbe dem ganzen zwar einen hand- oder gar bissfesten Bedeutungshintergrund, wäre dann aber wie schon gesagt, doch eher … unklar. Jedenfalls ist sicher abwegig anzudeuten, dass die Juden einen Schweinegott getötet hätten.

Das Schwein ist gemäß den Vorgaben der Tora, wie allgemein bekannt zu sein scheint, in keiner Weise zum Verzehr geeignet. Das trifft natürlich so auch auf Katzen, Hunde, Hasen oder Pferde zu und selbst Löwen und Bären, die sich gerne auf jüdischen Wappen finden. Sie sind nicht koscher und dürfen nicht gegessen werden und … übrigens auch nicht getrunken. Ist das Pferd nicht koscher, so auch nicht die Milch von Pferden. Klare Logik, außer bei Bienen, deren Honig man essen darf.

Nun wirft aber die gerade die Darstellung der Spalter Judensau die Frage auf, was der Jude an der Zitze der Sau wohl zu saugen oder zu fingern hat. Vom bio-logischen Standpunkt müsste es sich um Milch handeln. So ein Käse, mag man meinen. Und in der Tat – Überraschung, Überraschung – nirgendwo, auch nicht in deutschen Landen, wo schon viele Schwein gehabt haben, findet man sie nicht – die Schweinemilch, den Schweinekäse.  Nichts. Da kennt man eher noch das „Mäusemelken“ im … nun ja, im deutschen Volksmund, sprichwörtlich, versteht sich. Aber zum Thema „Judensau“ sollte das doch mal zu denken geben, warum fromme Christen Juden unterstellten, sich ihre Milch vom Schwein zu holen, wo Christen selbst und bis heute Schweinemilch und Schweinekäse völlig unbekannt ist.

source:

http://fa.wikipedia.org/wiki/%D8%AE%D9%88%DA%A9_%D8%A7%D9%87%D9%84%DB%8C

Schweine sind aber ohne Zweifel Säugetiere und Sauen geben Milch. Schweine sind keineswegs kleiner als Schafe oder Ziegen und geben nicht weniger Milch, eher mehr. Warum es trotzdem aber keine Schweinemilch und Produkte daraus im Bioladen oder Supermarkt zu kaufen gibt?

Darüber gibt es verschiedene Vermutungen, die aber alle nicht so recht überzeugen, weil man alles in selber Weise auch in Bezug auf Kühe, Schafe oder Ziegen sagen könnte, etwa das doch die Ferkel die Milch bräuchten, … gerade so, als ob man darauf bei Kühen Rücksicht nehmen würde. Schweinemilch habe einen eigenartigen, fast strengen Geschmack, aber auch einen geringeren Gehalt an Fett und Kasein. Das mag stimmen, bei Menschen, … Ziegen und Kühen ist der Fettanteil etwa bei 4 % und wird von den gewöhnlichen Milchtieren nur von Schafen mit 5-6 % übertroffen. Pferdemilch, die es als, wenn auch seltenes, Produkt immerhin gibt, bringt es nur auf 1.5-2 % Fett. Diese Werte erreicht nun aber auch die Milch vom Schwein.

Bei der großen Menge von Schweinen und ihrem geradezu typischen Verbreitungsgrad überrascht das dann doch. Gesagt wird auch, dass Schweine keine Euter haben (Pferde auch nicht) und sie würden nicht so viel Milch „auf einmal“ produzieren, weshalb man öfter täglich kleine Mengen melken müsste. Richtig überzeugend sind diese Erklärungen nicht, denn irgendein cleverer Mensch hätte längst schon eine effektive Schweinemelkmaschine entwickelt, um die Produktion von Schweinemilch zu beschleunigen und zu vervielfachen, gäbe es denn auch nur den Ansatz einer Nachfrage nach Saumilch oder Schweins-Gouda. Interessanterweise finden sich im Internet dann eher noch Beispiele für Versuche aus Menschenmilch Käse herzustellen, Ekel hin, Ekel her. Dann meinen manche aber auch noch , dass kleine Ferkel zu sehr den Babies von Menschen ähnelten … und dass man deshalb keinen Käse aus ihrer Milch herstellte. Trotzdem nun aber finden wir immer wieder die Darstellung von Juden, die von den Zitzen der Sau trinken wollen.

In the court of a house in small Middle Franconian town of Spalt (the German word means “gap”, but more likely derives from spelt, the corn.  The town also has a famous beer tradition) there is another stone depiction of the meadieval German motif of the “Judensau” (Jews Sow), which was attached on the wall of a church, probably. The stone to some degree has weathered, but it is easy to make out the sow and a man with typical Jewish hat lying under the animal and obviously sucking from the teats of the sow.

Next to the depiction is an information board which says that the aim of the “Judensau” was to mock the Jews as “deicider”, what of course only would make sense if the sow was a god and the Jew bites it to death or something.

However, another puzzling question is why Jews were depicted as sucking from the teats of sow – and what actually … milk as we may assume – … however not even Christians at any time have developed products of sow or pigs milk and thus there is also no pig cheese. There are a number of rather clumsy explanations (to complicated, to little fat content, and so on) why there is none, but of course we may expect that whenever there would have been the least demand for hog milk or cheese, etc., they would have invented machinery, proceedings to make it … big. Sure.

Jews sow of Middle Franconian townlet of Spalt

ואבקש מהם איש גדר־גדר ועמד בפרץ לפני בעד הארץ לבלתי שחתה ולא מצאתי

22.30 יחזקאל


Kriegshaber synagogue construction site

July 17, 2012

Not just the former synagogue at Kriegshaber after deaces of neglect is being restored in order to convert the building into a museum also at the rear side of the building where once was the mikvah (German: Tauche) there are extensive construction works. Apparanetly there now will be elevators and the like. They do not fit the historical structure but rather for the convenience of potential visitors and staff.

 

Pictures: yehuda, May 25, 2012


Aus der Geschichte der Juden in Memmingen

July 11, 2012

Die Ursprünge Memmingens sind nicht genau bekannt, jedoch, dass die Stadt im Jahre 1286 durch Kaiser Rudolf zur Reichsstadt erhoben wurde. Es wäre kein Wunder, wenn wie in anderen Reichsstädten bereits in jener Zeit auch Juden in Memmingen lebten. Vor rund siebenhundert Jahren wird 1310 in Augsburg „der Jude Michel von Memmingen“ erwähnt, über den wir jedoch weiter nichts erfahren. So dauert es bis ins Jahr 1344, ehe erstmals ein Jude in die Memminger Geschichte(n) Einzug hält.

Johann Caspar Ulrichs Sammlung jüdischer Geschichten (Basel 1768) berichtet unter Berufung auf den schweizer Theologen Johann Jacob Hottinger eine Geschichte, die sich im Jahre 1344 zugetragen haben soll. Damals seien einige Bürger der Stadt bei einem Juden hoch verschuldet gewesen, konnten aber ihre Außenstände nicht begleichen, weshalb der Jude sich an den Bischof von Augsburg wandte, um diesen darum zu bitten, sodgleich die Stadt Memmingen insgesamt mit einem Bann zu belegen. Da der Bischof selbst jenem Juden verschuldet war, der ihm eigenen Zahlungsaufschub versprochen haben soll, sei er dieser Bitte gerne gefolgt. An der Zahlungsunfähigkeit der armen Memminger Bürger habe aber auch der nun ausgesprochene Bann nichts geändert. Eine Folge desselben war, dass die Memminger nun ihre Toten nicht mehr auf den bischöflichen Friedhöfen in der Stadt begraben durften. Nun wandten sich die Räte der Stadt an den Juden, ihnen deswegen den Bann aufzuheben, doch der jüdische Geldverleiher soll unerbittlich geblieben sein und weiter darauf bestanden haben, dass man ihm erst seine Schuld begleichen solle. Im Gegenzug drohten die Memminger Räte nun dem Juden ihre Toten dann eben auf dem jüdischen Friedhof der Stadt zu begraben. Da nun sei „der Jud“ aber gar sehr erschrocken und habe den Bischof schleunigst gebeten, den Bann gegen die Memminger wieder aufzuheben.

Diese Geschichte, deren Unterton etwas an Shakespears berühmt-berüchtigte, unversöhnliche Theater-Figur „Shylock“ (um 1600) erinnert, wurde ab dem 18. Jahrhunderts in verschiedenen Werken und Versionen als eine Art Stadtsage („urban legend“) weiter getragen. Der Höhepunkt war dabei immer, dass die bedauernswerten, aber schlauen Räte mittels einer List den schnöden und gierigen Juden eins auswischen konnten. Ob sich die Geschichte so zugetragen hat ist aber zweifelhaft, da ansonsten nirgends die Existenz eines jüdischen Friedhofs im mittelalterlichen Memmingen erwähnt wird. Überhaupt sind nur wenige Juden namentlich überliefert, weshalb nicht viel dafür spricht, dass es eine größere Gemeinde in Memmingen gab. Überall sonst konnten sich jedoch nur größere, bedeutendere jüdische Gemeinden eigene Friedhöfe „leisten“. Kosten und Steuern dafür waren doch recht hoch und für kleine Gruppen nicht zu bewältigen.

Wie dem auch sei, passt zum Topos der Legende, dass in keiner der Erzählvarianten der Name des „Juden“ erwähnt wird, da es offenbar für die Erbauung des Lesers oder Hörers wohl auch reichte, zu wissen, dass “der” Jude gemeint ist. Da auch „der Bischof“ nicht namentlich erwähnt wird, erinnert es ein wenig an „den Kasper“ und „das Krokodil“ oder zumindest daran, dass das Wort „Geschichte“ im deutschen zwei und zwar längst nicht immer deckungsgleiche Bedeutungen hat.

Eine andere Legende erzählt vom sogenannten „Nürnberger Trichter“ mit welchem man praktischerweise alles nötige Wissen in einen Kopf einfüllen, „eintrichtern“ konnte. Diesen Trichter schwatzte man sodann den Memmingern auf, die ihn wohl nötig hatten, jedoch nur, damit die Nürnberger ihn von dort auch wieder stehlen konnten und womit sodann ein für alle Mal demonstriert war, wie gewitzt man in Nürnberg und wie einfältig in Memmingen war: Dort wo die Stadträte auch schon mal die Fischersleut beauftragten, den Mond aus dem Wasser zu angeln, damit man dessen Licht in dunklen Nächten zur Beleuchtung nutzen konnte.

Depiction of a Circumcision on the facade of Augsburg Cathedral / Beschneidungs-Szene am Augsburger Dom

Einfacher ist es durch die Datierung auf das Jahr 1344 natürlich den Augsburger Bischof zu ermitteln, da in den Annalen des Bistums für die Zeit von 1337 bis 1348 bekanntlich Heinrich von Schönegg als Augsburger Bischof eingetragen ist. Von Bischof Heinrich berichtete man, dass er im November 1348 versucht haben soll, die Juden in Augsburg vor dem Mordanschlag der Stadtputschisten zu schützen, die im Tumult des Überfalls auf die Judengasse zugleich auch die Stadtherrschaft an sich reißen wollten. Da andererseits Herr Portner, der später aus der Stadt gebannte Rädelsführer der Verschwörung aber im Dienst des Bischofs stand, ist auch das eher zweifelhaft. Jedenfalls ist nun aber keine entsprechende Urkunde erhalten oder bekannt, die einen Bann der Stadt Memmingen durch einen Augsburger Bischof dokumentiert oder auch nur andeutungsweise erwähnt.

Weniger legendär dürfte sein, dass im „Pestjahr“ 1348 auch die Juden in Memmingen überfallen wurden, da im Juni 1349 der neue Kaiser Karl die Reichsstadt Memmingen begnadigt, trotzdem sie dort Juden „getötet und verbrennet“ haben. Unklar bleibt jedoch die Anzahl der Ermordeten und die Höhe der Sachschäden.

Die Ansiedlung der Memminger Juden wird im Bereich der heutigen Gerbergassen nebst Platz vermutet. 1373 geht aus einer weiteren Urkunde Kaiser Karl IV hervor, dass Juden auf einige Jahre Schutz in der Stadt fanden, aber das besagt nicht zwangsläufig, dass erst dann wieder Juden in Memmingen lebten. Das mittelhochdeutsche Rechts-Buch der Stadt Memmingen aus dem Jahr 1396 hält sich in Bezug auf Juden jedoch bedeckt und widmet ihnen anders als das 1276 entstandene Augsburger Stadtbuch, das sich umfangreich mit den Juden und ihren herausgehobenen Rechten in der Stadt befasst, keinen einzigen Absatz. Während in Augsburg das Stadtrecht den Juden eine eigene Gerichtsbarkeit bestätigte, weshalb es eine Reihe von Regeln dafür bedurfte, wenn ein Jude gegen einen Christ, ein Christ gegen einen Juden oder Juden sich untereinander verklagten, fehlt im Memminger Stadtrecht dazu jeder Hinweis. Das Fehlen eines jüdischen Gerichts können wir aber als Beleg dafür werten, dass es in Memmingen keine große Gemeinde gab.

Das Memminger Rechtsbuch (siehe: http://stadtarchiv.memmingen.de/1688.html) beinhaltet dennoch ein paar Regelungen die Juden zumindest erwähnen, wenngleich auch nicht ausschließlich. Im Abschnitt XII etwa heißt es da:

Wa man nichtz verbieten mag: Es ist ouch von alter hie gewonlich und Recht, daz man jn kainer fryung hie nicht verbieten sol, noch ze kainem judem kain pfand daruff gesuoch gat, und daz nit durch flucht sämmin in jr gewalt kumpt ungeuärlich. Aber sunderlich ze yede antwerksman, wie der genant ist, mag man allerleay, da von man lon git, welerlay guot daz ist, wol verheften und ouch verbietten. Ey sye joch durch Schierms willen zu jn gesichnet oder nit, doch das der handwerksman sins lons daby bezalt werde vor menglich.

Umb priester nöten: so soll man ouch kain priester noch verbieten, es erloub denn ain beggan, oder ez wird erklegt jn dem Capitel oder mit gaistlichem gericht

Aus dem Vergleich mit Bestimmungen anderer, damals nicht wesentlich größeren Städten, ergibt es sich, dass die Juden im mittelalterlichen Memmingen offenbar keine sehr wichtige Stellung einnahmen. Artikel XVI stellt in Bezug auf Schuldbriefe die rechtliche Gleichstellung zwischen Christen und Juden, Frauen und Männern fest. Da im folgenden insbesondere Bestimmungen zu offenbar weit verbreiteten Formen der Unzucht und der Gewalt viel Platz im Memminger Stadtrecht einnehmen, werden Juden erst wieder im Abschnitt XL beiläufig erwähnt, als es dort darum geht, festzustellen, dass kein Gast zu Memmingen ein Wirt sein soll und so er doch ausschenkt, so soll er, gleich ob „pfaff oder lay, juden oder christan“ dafür „das ungelt davon geben“, wie man damals auf etwas ehrlichere Weise bezeichnete, was man heute eher unzutreffend „Mehrwertsteuer“ nennt: „von aim viertel honigs niun pfenning und von Bier von ainem Malter gerstun zwey schilling Costentzer, und wie ainer win uff tuot, also sol er jn verungeltun, und was die Summ wirt, das sol er gen, …“ Usw.

Auch hier ergibt sich kein Unterschied für Juden und Christen, Pfaffen oder Laien. Kommen sie als Fremde in die Stadt, um Honig (gemeint ist damit Met, das fälschlich Honig-„Wein“ genannte Getränk), Bier oder (echten) Wein auszuschenken, so muss er dies entsprechend der genannten Tarife „ver-un-gelten“, sprich Umsatzsteuer dafür abgeben. Abgesehen davon, dass man für die berauschenden Getränke dann doch bis zu einem Viertel an Ungeld zu bezahlen hatte (wo wir heute in Deutschland 19 % drauflegen müssen), ist daran allenfalls noch die dann offenbar doch übliche Praxis interessant, die es auch Juden (und „Pfaffen“!)  in Memmingen gestattete, Bier oder Wein auszuschenken, während andererseits kein Bürgermeister der Stadt (gewählt von den Zunftmeistern) zwei Jahre in Folge im Amt sein sollte, sondern ein solcher jährlich zu wählen war.

Der 48. Abschnitt des Memminger Rechtsbuchs befasst sich sodann mit der offenbar erwähnenswerten Petersilie und anderen Gartengewächsen:

Umb peterlin ze kouffen: Und wer juden ald Essenmacher oder iemand anders ze kouffent git peterlin, ald was jn den garten wachst, man an offem margt, der veruallet fünf schilling, als dik er daz tuot.“

Ohne Zweifel musste das Leben in Memmingen schon damals eher beschaulich gewesen sein, da wohl kein anderes mittelalterliches Stadtrecht Juden als „Essensmacher“ mit Petersilie in Verbindung bringt. Aber so ist das wohl, wenn spannendere Themen fehlen.

Die letzte Erwähnung von Juden findet sich im 50. Abschnitt des städtischen Gesetzbuches Memmingens:

Es ist ouch gesetzt, daz kain Mertzler oder iemant anders, er sie burger, gast oder jud, die kouffen sol schmalz, Oel, schmalsat, höner, fisch, aiger oder was södlichs dings ist, wan das er bedarff ungeuärlich, wer das bricht, der wirt den burgern schuldig zehen schilling haller, als dik er das tuot, aber ain burger mag wol kouffen sölich ding jn sin hus, des er ain jar bedarff.“

Einen größeren Bedarf wird es wohl auch nicht gegeben haben, zumal die Gassen eng und die Stuben klein waren. Wir sehen also, dass sich das Memminger Stadtrecht tatsächlich nur ganz am Rande mit Juden befasst, die sodann mit Pfändern, aber auch mit Bierauschank, Petersilie und Fetten in Verbindung gebracht werden. Nirgends ist ein Rabbiner oder Schulmeister erwähnt, keine „Schul“, kein Tauche und auch kein Friedhof.

(wikipedia)

Etwa zur selben Zeit, im Jahr 1393 findet sich in den Augsburger Steuerbüchern Abraham von Memmingen (MJAR 227) als Steuerzahler und leistet in den Folgejahren eine Abgabe von stattlichen zehn Gulden (die übliche Jahressteuer lag bei einem Gulden). 1397 wird auch sein Sohn Lämlin, wohl durch Volljährigkeit als Bürger der Stadt eingetragen und versteuert immerhin noch weitere sieben Gulden, die jährlich am christlichen Martinstag an die Stadtkasse zu entrichten waren. Lämlin heiratete in die Familie des Gemeindevorstands der Augsburger Juden ein, deren Nachkommen wir später in vielen anderen Städten Schwabens wiederfinden.

Fast eineinhalb Jahrhunderte hört und liest man nun nichts mehr über Juden in Memmingen, noch nicht mal über einen Ausweisungsbeschluss, der anderswo wenigstens noch notiert worden wäre.

1529 teilt das Rottweiler Gericht der Stadt Memmingen mit, dass „Hirsch Jude zu Grenenbach“ geächtet worden sei. Da Grönenbach nur etwa 15 km südlich von Memmingen gelegen ist, was geschätzte zweieinhalb Stunden Fußmarsch bedeutete, kann man in Bezug auf die Mitteilung über die Ächtung jenes Hirsch (Zvi?) an die Stadt wohl vermuten, dass dieser dort häufiger als Händler auftrat, da touristische Aspekte damals eher nicht in Betracht kamen. Eine ähnliche Mitteilung erreichte Memmingen zu selben in Bezug auf den Juden Loew aus Thannhausen, das jedoch ungleich weiter, nämlich 45 km nördlich gelegen ist. Im Sommer drehte sich der Wind dann aber offenbar, denn der besagte Jude aus Grönenbach erreichte nun, dass ganz umgekehrt sein Kontrahent und Schuldner, ein christlicher Einwohner Memmingens geächtet und er selbst wieder rehabilitiert wurde. Im November wurde er wohl auch zeitweiliger, wenngleich sicher auch nur theoretischer Besitzer eines Guts in Memmingen, wegen der außenstehenden Summe von 142 Gulden, deren Wert natürlich weit geringer war als 150 Jahre zuvor. Im Februar 1530 erreicht „Samuel Jud zu Günzburg“, den wir wenig später in Pfersee wiederfinden, beim Hofgericht in Rottweil gegen einen anderen Memminger Christen die Acht.

Wir sehen, dass sich zum einem nach 15 Jahrzehnten „Schweigen“ plötzlich wieder eine Art Alltag abspielt, den es zwischenzeitlich scheinbar nicht gab, der nun aber Klagen von und gegen Juden zum Gegenstand hat, weshalb sich das zuständige Hofgericht etwa einmal im Monat mit einem entsprechenden Fall befassen muss, kann, darf. Andererseits ergibt sich daraus, dass es in Memmingen lediglich Geschäftskontakte gab, von denen die nicht bezifferbare Mehrheit (?), weil nicht gerichtlich verzeichnet, wohl auch problemlos waren. Die Juden, welche mit Memmingen zu tun hatten, stammten dabei nicht immer aus der näheren Umgebung, sondern nahmen vereinzelt dann wohl doch einen weiteren Weg in Kauf, falls ihre Klienten das nicht von sich aus taten. Schließlich waren sie offenbar diejenigen, die als Christen längst auch offen Wucher verlangten, aber von den Juden Geld leihen wollten. Sicher nicht, weil sie jemanden suchten, dem sie endlich mehr Zinsen zahlen durften.

Auch in den Folgejahren sind jährlich mal zwei oder drei, fünf oder kein einziger Fall verzeichnet, in welchem ein jüdischer Gläubiger aus Isenburg oder Schwaighausen vor Gericht eine Ächtung gegenüber einem zahlungsunfähigen oder –unwilligen Schuldner erwirkt. Es kann aber auch vorkommen, dass zwischen zwei erhaltenen Urkunden auch mal drei oder vier Jahre Pause liegen, weshalb man mit einiger Gewissheit schlussfolgern kann, dass die zuständigen Bezirksgerichte sich nur eher marginal mit entsprechenden Fällen beschäftigen mussten. Eine eigens dafür geschaffene Anstellung ließe sich bei mitunter drei Rechtshändeln pro Jahrzehnt kaum rechtfertigen, zumal es sich objektiv gesehen um doch eher kleine Summen handelte. Auch waren die Klagen wohl mitunter wenig ergiebig, denn noch Ende 1556 finden sich vom Rottweiler Hofgericht wieder Beschlüsse zum Juden Hirsch aus Grönenbach, auf dessen Klage ein Memminger Bürger wegen eines Außenstandes geächtet wird. Ob es sich dabei, 27 Jahre später, um denselben Rechtsstreit handelt wie bereits 1529, kann nur vermutet werden, ist aber auch nicht auszuschließen. Es werden nicht viele Juden in Grönenbach gelebt und auch nicht alle Hirsch geheißen haben. Die damit verbundene Langatmigkeit auf der einen und die offensichtlich belanglose Geringfügigkeit auf der anderen Seite widerspräche dabei zweifellos der sonst unterstellten „Dringlichkeit“ aller „jüdischen“ Angelegenheiten, denen manche Kommentatoren und Forscher heute oft eine oft völlig überzogene und unrealistische Wichtigkeit beimessen wollen. Es war eben auch damals schon Hinterland und nur Streit unter Landmännern. Womöglich etwas zu provinziell für Staatsaffären.

1559 bestätigt Kaiser Ferdinand in Augsburg das Judenprivileg der Stadt Memmingen, womit gemeint ist, dass die Stadt keine Juden als feste Bewohner aufnehmen muss. Praktisch bedeutet dies, dass die Stadt bei Bedarf die finanziellen Ansprüche des Kaisers befriedigen muss, da abgesehen von Zollgeldern keine jüdischen Zahlungen im Stadtseckel landeten.

1581 ändert sich dies jedoch nachdem die Stadt Memmingen das Schloss Isenburg (Eisenburg) mitsamt den Siedlungen darum herum erwarb. Dazu gehörten nun auch die jüdischen Einwohner des Dorfes Amendingen, deren Anzahl man auf zwei Dutzend schätzen darf. Für den Schutz des nur etwa 2 km entfernten Dorfes war nun Memmingen zuständig und versprach dies auf zehn Jahre auch einzuhalten. Was daraus wurde, ist nicht überliefert.

Es lässt sich also festhalten, dass etwa zur Zeit des Umzugs von Abraham von Memmingen nach Augsburg auch die Nachrichten über Juden in Memmingen für etwa 150 Jahre abbrechen, ehe dann in Zeiten der christlichen „Reformation“ aus der näheren und weiteren Umgebung zwei oder drei Juden pro Jahrzehnt vereinzelte Rechtsstreitigkeiten mit Memminger Christen haben, in der Regel weil diese ihre Schulden nicht zurückbezahlen wollten oder konnten. Das geht kaum dreißig Jahre so und schon entsteht eine neuerliche, fast zweihundertjährige Überlieferungslücke, von der wir nur wissen, dass inzwischen viele der Juden sich längst an anderen, offenbar attraktiveren Orten der Region angesiedelt haben. Dörfer wie Fellheim, zehn Kilometer nördlich von Memmingen, schlossen deshalb rasch auf, während die Reichsstadt Memmingen in der Folge stagnierte und erst um 1840 über 5.000 Einwohner hinaus kam.

Auch die frühen Heimatkundler des 19. Jahrhunderts wissen nicht eben viel über die Juden in Memmingen zu berichten. Da sie weder Namen, Daten oder gar Zusammenhänge kennen, lässt sich auch umso bestimmter behaupten, dass die mittelalterlichen Juden in Memmingen „fast ganz allein vom wucherischen Geldhandel lebten“, was sie sodann auch zum Gegenstand eines „allgemeinen Hasses des Volkes“ gemacht haben soll. Mehr benötigte etwa der Heimatforscher Jakob Friedrich Unold 1826 in seinem 550 Seiten umfassenden Darstellung der „Geschichte der Stadt Memmingen“ auch über „die Juden“ in seiner Stadt nicht mitzuteilen. Das Kasperle und das Krokodil. Erst 1812 tauchen sie in seiner Chronik und Wahrnehmung wieder auf, als ihnen, „den Juden“ nämlich an christlichen Feiertagen „das Schachern“ verboten wird.

Jakob Friedrich Unold war hauptberuflich königlich bayerischer Studienlehrer für die dritten Klassen an der Memminger Knabenschule, worunter man damals die etwa 16 Jahre alten Abschlussjahrgänge verstand. Zu seinen Schülern gehörten im Jahrgang 1808/1809 auch zwei Juden, die jedoch nur Teile des Gesamtunterrichts genossen, wie es heißt, offensichtlich weil sie den christlichen Konfessionsunterricht nicht besuchten. Der eine Schüler war Jakob Hirsch (Löb), geboren am 10. Juli 1793 in Fellheim als Sohn von Daniel Löb, dem Schulsänger der jüdischen Gemeinde von Fellheim. Der andere ist der am 1. Juli 1791 geborene Joel Moses Seligmann, Sohn von Joel Nathan Seligmann dem damaligen Rabbiner von Fellheim. Über beide Schüler ist eingetragen, dass sie „zur Handelsschaft“ abgingen, also ihren Schulbesuch in Memmingen beenden, um eine berufliche Ausbildung zu beginnen. Somit waren zwei der 29 Schüler der dritten Altersstufe der Memminger Knabenschule Juden, während die beiden anderen „Klassen“ (in der ersten waren Schüler im Alter von 8-9 Jahren, in der zweiten ab 13 Jahren) keine jüdischen Schüler aufwiesen. Zum Unterrichtsstoff zählte Deutsch, Latein, Arithmetik, Geometrie, Natur- sowie Deutsche Vaterlandsgeschichte, aber auch Knigges „Umgang mit den Menschen“ und das Fach Experimentalphysik, das vor zweihundert Jahren in der Kleinstadt sicher recht interessant gewesen sein durfte.  Von Jakob Hirsch Löb ist noch „löblich“ erwähnt, dass er zusammen mit ein paar anderen „ privatim“ durch den Stadtmusikus Johann Melchior Dobler in 2-3 Wochenstunden Violine spielen lernte. Da sein Vater Kantor der Gemeinde in Fellheim war, überrascht dies nicht zu sehr. Eher schon die Notiz, dass beide jüdischen Knaben zusammen mit einem dritten, christlichen Schüler den Unterricht „unentgeltlich“ bekamen, wofür jedoch keine Umstände erklärt sind.

1855 befasst sich das Gericht in Illertissen damit, dass die christliche Memminger Metzgertochter Judith Hecker gegen den jüdischen Pferdehändler Samson Ullmann aus Altenstadt Klage erhebt, um von diesen Unterhalt für die gemeinsame Tochter zu erhalten.

Erst ab 1862 wohnten wieder Juden dauerhaft in Memmingen. Bereits 1872, als ihre Zahl schon etwa hundert Personen umfasste, wurde formell eine Gemeinde gegründet. Drei Jahre später wurde nun auch tatsächlich ein jüdischer Friedhof in Memmingen eingeweiht, auf dem bis 1937 rund 150 Begräbnisse stattfanden.

Mayer Löb Meir Arje Heilbronner 1815-1898 (source: wikipedia)

Der erste jüdische bayerische Soldat, der 1870 das Eiserne Kreuz erhielt“, titelte im Oktober 1915 das jüdische Magazin „Im deutschen Reich“:

Herr Ludwig Heilbronner, der Mitinhaber der Tuchfirma M.L. Heilbronner in Memmingen, ist am 29. August d. J. daselbst gestorben. Der Kultusverwaltung Memmingen hat der Veteran 16 Jahre hindurch angehört und eifrig für unseren Centralverein gewirkt. Der Memminger Krieger- und Veteranenverein gab nahezu vollzählig dem tapferen Kameraden das letzte Geleit mit umflorter Fahne. Von dem im Ort garnisonierten Bataillon war bei dem Begräbnis eine Abordnung aus einem Hauptmann, einem Leutnant und einem Fähnrich bestehend bei dem Begräbnis anwesend.“

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts lebten etwa 250 Juden in der Stadt, deren Bevölkerung nun auf etwa 9.000 angestiegen war. 1908, nachdem die Memminger Juden gut 30 Jahre lang einen Teil des Fuggerbaus (mancherorts als „Fugger-Synagoge“ veralbert) als Versammlungsstätte nutzten, wurde am Schweizerberg die große und weit über die Stadtgrenzen hinaus beachtete Synagoge eingeweiht, die aber bereits 1938 wieder von den Nazi-infizierten Memmingern zerstört wurde, gründlich binnen weniger Tage.

Zum 1. Juni 1913 berichtete „Im deutschen Reich“ (Heft 7, S. 322 f) , dass „vor einigen Wochen“ ein „anerkannt tüchtiger Jurist … der aus einer tadellosen jüdischen Familie stammend“ an das Landgericht Memmingen versetzt wurde und „infolge seiner richterlichen Stellung und seiner Persönlichkeit  veranlasst wurde, sich zur Aufnahme in den Verein „Harmonie“ vorschlagen zu lassen, der für die Beamtenwelt und für die anderen gebildeten Bürgerkreise den ausschließlichen Mittelpunkt in Memmingen bildete. Trotzdem sich einflussreiche Herren für seine Aufnahme verwendeten, wurde diese in geheimer Abstimmung abgelehnt, und zwar, worüber bei den tadellosen persönlichen Verhältnissen des Vorgeschlagenen bei niemanden ein Zweifel besteht, ausschließlich wegen seiner Zugehörigkeit zum Judentum.

Es wird allgemein angenommen, dass dieser Misserfolg, der bei dem großen Teil der älteren, vorurteilslosen Mitglieder Entrüstung auslöste, auf Betreiben der jüngeren Elemente der Gesellschaft zurückzuführen sei. Es wurde aber auch versucht, das bedauerliche Vorkommnis mit dem freien Selbstbestimmungsrecht über die Aufnahme von Mitgliedern abtun zu wollen. Es muss zugegeben werden, dass ein geselliger Verein gewiss das Recht hat, sich seine Mitglieder nach Belieben zu wählen . Jedenfalls aber wirft es auf die Unbefangenheit der Beamten, die einem solchen Verein angehören und Juden nur ihres Glaubens wegen ausschließen, und den Sinn dieser Beamten für die Pflicht der Religiosität, ein trauriges Licht!. Das Lokal, in dem sich die erwähnte Wahl abgespielt hat, ist übrigens an den betreffenden Verein von der Stadtverwaltung vermietet, die sich in rühmenswerter Beharrlichkeit stets für die Erhaltung des konfessionellen Friedens eingesetzt hat und deren Sinn es nicht ist, dass in ihren Räumen tadellose Bürger ihres Glaubens wegen zurückgesetzt werden.

Es ist durchaus aufschlussreich, dass die zunehmenden anti-semitischen Tendenzen dem Nachwuchs zugeschrieben wurde. Recht bald sollte schon klar werden, wohin „die Reise“ ging. Abermals berichtet das Berliner Magazin „Im deutschen Reich“ aus dem Allgäu:

Wieder einmal hat sich der Überfluss an Kraft einiger besonders rühriger Judenfeinde in einem körperlichen Exzess gegen die Juden entladen, indem man es für zweckmäßig hielt, in dem bayerischen Städtchen Memmingen nach Herzenslust Juden zu verprügeln und bei ihnen zu plündern. Es liegt für uns kein Anlass vor, ein Wort der Verteidigung für Juden zu sprechen, die sich in der Tat gegen gesetzliche Anordnungen der Lebensmittelwirtschaft vergangen haben, selbst wenn es auf dem Lande geschieht, in dem sonst die Bauern nichtjüdischen Bekenntnisses am wenigsten den behördlichen Anordnungen zur Ablieferung von Getreide und dergleichen Folge leisten; aber das ist ja bekanntlich weit weniger schlimm, selbst wenn es zur Massenerscheinung wird, weit weniger schlimm, als wenn ein Jude 56 Pfund Mehl einige Pfund Butter nicht herausgegeben hat! (So meldete es der Gerichtsbericht!)

Und es ist ebenso nach den gemachten Erfahrungen „begreiflich“, dass die armen Menschen, die ob ihrer Selbsthilfe, alias schwerer Körperverletzung, Diebstahl und Raub, öffentlich vom Magistrat gemissbilligt werden, als Märtyrer hingestellt, während die anderen nur der verdienten Züchtigung verfallen sind! So meinen es wenigstens die Antisemiten! Es ist eben eine eigenartige Welt, in der wir heutzutage leben! Und man kann es sich leicht vorstellen, dass so mancher, der fremd in diese deutsche Welt hineingerät, aus dem Kopfschütteln über diese sonderbaren Vorgänge nicht herauskommt.

Und was muss der Fremde erst sagen, wenn er erfährt, dass beinahe die stolzen Gipfel der Alpen auch nur noch von „Reinariern“ hätten erklommen werden dürfen. Wundervoll weit hätten wir es doch gebracht, wenn nur noch blondgelockte „Arier“ das wundervolle Bild der Alpenlandschaft in sich hätten aufnehmen, wenn nur noch sie unter Todesgefahr Schnee und Eis hätten finden dürfen! Ist doch tatsächlich auf der letzten Verbandstagung des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins die Frage des Ausschlusses der Juden nicht nur ventiliert, sondern sogar von einer starken Minorität bejaht worden.“

An den Verhältnissen des Kommentars aus dem Jahr 1921 sollte sich bekanntermaßen bald entscheidendes ändern, woraus sich ergibt, dass sich selbst in provinziellen Landregion die Entwicklung keineswegs “überraschend” vollzog. Die Ausschreitungen in Memmingen auf die der Bericht anspielt, wurden als sog. „Memminger Käsepogrom“ bekannt.

Ausführlicher berichtete dazu „Der Israelit“ unter eben jener Überschrift in seiner Ausgabe vom 18. August 1921:

Als man vor kurzem in der politischen Tagespresse von einem Überfall auf einen jüdischen Milch- und Käsehändler in der bayerischen Stadt Memmingen las, da sagte sich wohl manch einer, der Mann werde schon irgendwie durch unlautere Geschäfte oder aufreizendes Benehmen sein Schicksal verschuldet haben. Wir sind heute noch nicht in der Lage, ein Zeugnis zu Gunsten oder Ungunsten des Beschuldigten abzulegen, obgleich das vom Amtsgericht gegen ihn inzwischen gefällt milde Urteil die ihm vom Memminger Volke zur Last gelegten Delikte eher widerlegt als bestätigt. Indes ersieht man aus den ausführlichen Berichten in der bayerischen Presse, um was es sich bei dem Überfall in Memmingen letzten Endes handelte. Es spielten sich vor dem Hause des jüdischen Großhändlers stürmische Szenen ab, die rein antisemitischen Charakter hatten, und sie fanden ihre Fortsetzung, nachdem der Bedrohte in Schutzhaft genommen war, auch an und in anderen jüdischen Häusern, deren Bewohner nicht das Mindeste mit Lebensmitteln zu tun haben. Es steht fest, dass R. seine Milch entsprechend den Weisungen der Landesfettstelle nach Nürnberg zu schicken hatte. Es nützte ihm nichts, dass er dies nachwies, dass er versprach, seinen Einfluss bei den Käufern zu Gunsten der Stadt geltend zu machen, es nützte auch nichts, dass der Bürgermeister begütigend eingriff und der erste Staatsanwalt, um den Bedrohten zu schützen, einen Haftbefehl gegen ihn erließ, die ‚Volksbelustigung’ kam doch zustande, die darin bestand, dass das unglückliche Opfer auf dem Wege zum Gefängnis durch die Straßen gezerrt und schwer misshandelt wurde.

Aus all dem ergibt sich: die Milch- und Käsesorge war es nicht, die die Menge in Memmingen auf die Straße vor das Haus des Juden trieb. Die Vorgänge waren gut organisiert und von langer Hand durch antisemitische Drahtzieher, die heute bis auf das letzte bayerische Dorf ihre unheilvolle Wirkung ausüben, gut vorbereitet.

Der Regierung Kahr in München, die in unerschöpflicher Toleranz in den letzten Jahren in Presse und Vortragssaal, sogar auf Katheder und Kanzel ein Kesseltreiben gegen die Juden duldet, wie man es früher in deutschen Landen kaum gekannt hat, sollte doch dieser Fall Memmingen sehr zu denken geben.

Gegen die Anstifter und Teilnehmer an den Krawallen in Memmingen ist Strafverfahren eingeleitet worden. Nach der amtlichen Darstellung ist als treibende Kraft der Kundgebungen der Arzt Dr. Sizius anzusprechen. Nach Aussage des Stadtrats Mayrock, des Führers der christlichen Gewerkschaften, hat Dr. Sizius ihn bereits am Freitag zu bestimmen versucht, ‚endlich gegen die Juden vorzugehen’, da doch diese die meiste Schuld an der jetzigen Teuerung trügen. Mayrock hat das Ansinnen ganz entschieden zurückgewiesen und Dr. Sizius vor einem derartigen Unternehmen gewarnt, da dadurch nur die Masse auf die Straße gehetzt werde. Als Sizius sah, dass Mayrock nicht dafür zu haben war, wandte er sich an einen als linksradikal bekannten Arbeiter, offenbar mit besserem Erfolg.”

Am 10. August 1930 verstarb im Alter von 61 Jahren Aharon Rosenblatt, der immerhin 40 Jahre lang als Lehrer und Kantor der jüdischen Gemeinde in Memmingen amtierte und vom Vorsitzenden der Gemeinde Karl Gerstle (1971-1938) entsprechend gewürdigt wurde. Der Vater von Karl war der aus Steppach stammende Albrecht Gerstle (1842-1921), seine Mutter Therese Ullmann stammte ebenfalls aus Steppach und war die Enkelin des Seligman Ulmann, dessen später katholisch getaufter Bruder Löb im Jahre 1803 unter den Juden in bayerisch Schwaben mit falschen Anschuldigungen für erheblichen Wirbel sorgte. Albrecht Gerstle hingegen war von 1877 bis 1884 und nochmals von 1889 bis 1918 Vorsitzender der jüdischen Gemeinde von Memmingen und Eigentümer eines Bankhauses.

Im November 1938 wurde die Memminger Synagoge überfallen und die Juden der Stadt bestohlen und misshandelt. 1942, nach nur 80 Jahren „Moderne“ war Memmingen nun wieder „judenfrei“ und abgesehen davon, dass um 1947 etwa hundert sog. „displaced persons“ vor Ort lebten ist es bis heute eigentlich dabei geblieben. Damals war es einem Bericht zu Folge sogar noch im Dezember 1948 zu einer geradezu tiefstmittelalterlichen Anschuldigung gekommen, wonach ein polnischer Jude dem kleinen Kind seiner Vermieterin für seine angeblichen Pessach-Bräuche Blut abgezapft haben sollte. Offenbar gab es darüber allen Ernstes auch noch ein Gerichtsverfahren, was jedoch mit einer Verurteilung der Klägerin und ihrem Anwalt endete:

Siehe: http://www.hagalil.com/archiv/2010/09/12/memmingen

Es dauerte nochmals ein gutes halbes Jahrhundert, ehe man in Memmingen darauf kam, im Heimatmuseum wenigstens über ein paar Grundzüge der über sechshundertjährigen jüdischen Ortsgeschichte zu informieren.

Während nun nach langen Kontroversen der Platz der ehemaligen Synagoge einer zweifellos notwendigen gastronomischen Nutzung zugeführt wird, wurde vor kurzem erst unter Anteilnahme immer wieder gerne willkommener Besucher aus den Reihen ausländischer Nachkommen früherer Memminger Juden eine Gedenktafel enthüllt, die eben an jene früheren Besitzer erinnern soll.

There are 700 years of almost forgotten Jewish history in the Bavarian Swabian townlet of Memmingen with many interruptions and if it is one, the last one lasts since 1942/1948. As the beginning also the endpoint has been rather fairytale.


Erinnerung an die Synagoge in Memmingen

July 9, 2012

 בית כנםת מעמינגן

(wikipedia)

In den letzten Jahren war in Abständen immer wieder davon zu hören, dass auf dem Platz der früheren, zur Zeit der Nazis zerstörten Memminger Synagoge, Auseinandersetzungen darüber geführt wurden, ob man dort ein Wirtshaus mit Biergarten bauen sollte – oder eben nicht. Das empfanden einige als geschmacklos, weil man ja nicht Bier trinken könne, wo früher die Synagoge stand. Ganz so, als hätten nun ausgerechnet Memminger Juden etwa kein Bier getrunken, was sie ganz sicher getan haben. Gut, das beste Bier haben sie wohl nicht in Memmingen, das stimmt schon, aber nun auch nicht das schlechteste. Da gibt es weit übleres Gesöff.

(wikipedia)

Auf dem Grundstück am Schweizerberg, schön eingewachsen mit Gestrüpp, damit man davon von außen nicht zu viel sehen konnte, stand hier, bis vor kurzem wenigstens, ein „Denkmal“ zur Erinnerung an die frühere Synagoge. Es galt dem Vernehmen nach vielen Memmingern  als „hässlich“. Einen Schönheitspreis konnte es damit zugegeben nicht gewinnen, aber davon hat Memmingen ja auch sonst nicht zu viele.  Unter den Denkmal-kritischen Stimmen, so ist zu hören, sind jedoch auch welche, die bereits die Synagoge nicht mochten, obwohl diese nun eben alles andere als ein hässlicher Bau war. Und so teilt sich dann die Meinung derer, die daran erinnern wollen, oder eben nicht.

Ein Vorschlag bestand tatsächlich darin, die zerstörte Synagoge nachzubauen und so einen Beitrag zu leisten. Zu was fragt sich? Gegen das Vergessen, hieß es. Offenbar kam man in Memmingen aber dazu überein, dass es dann ohne Juden in Memmingen nun ja noch viel weniger eine Synagoge braucht. Immerhin gibt es ja im Stadtmuseum auch schon ein schematisches, halboffenes Modell der Synagoge im Maßstab 1:50, da brauchts dann auch keine Hecken, um es zu verstecken. Ja und halbwegs abstrakt gemalt wurde die Synagoge ja auch schon. Das passt schon. Übertreiben muss man es ja auch nicht, oder?

Nun also sind Bauarbeiten im Gange, ein roter Bau mit großen Glasscheiben steht schon, sicher auch für Transparenz, damit sich dort auch die lokalen “Piraten” wohlfühlen, und der Platz wird auch gerade mit Steinen ausgelegt. Schön und sauber. Jedoch wurde das Denkmal zur Erinnerung an die frühere Synagoge  komplett demontiert.  Leider wurde keine Inschrift hinterlassen, die an das Denkmal erinnern könnte. Ein ortskundiger Anwohner versicherte jedoch: „des war schon die Stadt die des weggeschafft hat“ und auch „das des scho wieder aufbaut wird und sogar noch gräßer als wie vorher“. Nun, da sind wir beruhigt, dass die Stadt „das“ weggeschafft hatte. Gar nicht auszudenken, wenn das Souvenirjäger gewesen wären, die das Denkmal des nachts gestohlen hätten ..! Wer, weiß, als nächstes verschwände dann vielleicht das Kemptner Tor, das alte Zunfthaus am Weinmarkt, für dessen Restaurierung es in der Tat einen Denkmalschutzpreis gab, oder das alte Frauenhaus mitsamt den Erinnerungen an die berühmten Memminger Hübschlerinnen, die zumindest bei Durchreisenden in alten Reichsstadt-Tagen ein gewisses Ansehen hatten, oder nennen wir es „Etwas“. Aber das gibt es ja auch nicht mehr, inhaltlich gesehen.

Das verschwundene Denkmal soll wieder aufgestellt werden. Größer soll es werden, wie schon gesagt, aber bestimmt auch wieder mit schönsten Hecken eingepfercht, damit man sich hernach nicht gegenseitig stört, beim „Kranzablegen“  einerseits und beim Biertrinken oder Döner-Essen andererseits. Die Pläne dazu wird sicher schon jemand ausgeheckt haben.

In recent years there was a controversy in Memmingen about how to use the place where once was the former synagogue of the former Reichsstadt. The huge and beautiful synagogue within a couple of days in November 1938 was completely levelled. The idea was to establish here a restaurant with a nice “Bier-Garten“, what according to others was considered as affront or rated as inappropriate.

You cannot drink beer where once Jews drank beer? Well, just include Maccabi Beer from Israel to be on the safe side or open the first kosher restaurant in Memmingen which will attract tourists from Augsburg, Ulm, Munich and Stuttgart. Okay, just kidding. I know you won’t.

However, they know get a very nice red brick like building with many huge glas windows. Probably there will be some Turkish or Asian fast food in order to avoid any xenophobic discussion others than anti-Jewish ones.

To remember the building there was a grayish memorial, considered as “ugly” by many, who maybe also did not like the synagogue which was there before. Recently it was dismantled but will be replaced after the construction works will be finished. Sure there will be some hedges, so that beer drinkers and kebab eaters and people who lay wreaths will not be disgusted mutually.

Forgot to Remember to Forget

I forgot to remember to forget her
I can’t seem to get her off my mind
I thought I’d never miss her
but I found out somehow
I think about her almost all the time


The day she went away
I made myself a promise
That I’d soon forget we’d ever met
But something sure is wrong
Cause I’m so blue and lonely
I forgot to remember to forget


דז’יגאן ושומכר

July 6, 2012


Darstellungen von Juden im mittelalterlichen Augsburg

July 4, 2012

Teil 1: Augsburger Monatsbild Winter

(wikipedia)

Das erste der sog. “Augsburger Monatsbilder”, welches die Monate Januar, Februar und März vereint (also in etwa den Winter), zeigt eine Szene auf der linken Januar-Seite einen mit unterschiedlichen Personen gefüllten Hofplatz als Hintergrund zu den vorne postierten Turnier-Rittern.

Eine kleine Gruppe vier Personen, eine Frau mit einer schwarzen Haube und drei Männer mit Turbanen stehen zusammen in Paaren und unterhalten sich. Einer der Männer trägt an seinem Mantel klar zu erkennen einen sog. „Judenring“, einen gelben Ring, der in Augsburg ab 1434 für Juden zur Pflicht wurde.

Die Ringmitte ist rot-weiß halbiert, was die Zugehörigkeit zu Österreich ausdrücken könnte. Wegen dieses eindeutigen Abzeichens werden allgemein zumindest der Mann auf dessen Mantel es sich befinden und sein Gesprächspartner als Juden identifiziert. Wann genau die im Deutschen Historischen Museum (dhm) in Berlin ausgestellten Bilder, die jeweils in Monatsabschnitten das Augsburger Stadtleben in vier Jahreszeiten darstellen, entstanden sind, ist so unbekannt wie der oder die Maler. Jedoch weiß man, dass die Werke auf Zeichnungen des Augsburger Malers Jörg Bräu dem Älteren (1475-1537) basieren, die um 1525 entstanden. Eines der Werke trägt zudem die Jahreszahl 1531. Wie dem auch sei, wurden bekanntlich hundert Jahre vorher, nämlich im Juli 1438 die Augsburger Juden aufgefordert, die Stadt binnen zwei Jahren zu verlassen. Die meisten folgten diesem Appel wohl recht schnell zu zogen zu vorher schon abgewanderten Verwandten in andere Städte, wie Nördlingen, Ulm, Lauingen, Donauwörth, usw., während andere sich in benachbarten Orten wie Oberhausen, Gersthofen, Biburg, Diedorf, usw. niederließen. Drei noch erhaltene Grabsteine und Fragmente aus den Jahren 1441 bis 1445 belegen jedoch, dass auch Jahre nach Ablauf der Frist Juden in Augsburg gelebt haben mussten und freien Zugang hatten zu ihren angestammten Grabplatz den sog. Judenkirchhof. Über die folgenden Jahrzehnte schweigt die Geschichte und erst nach 1560 finden sich amtliche Belege für Juden in den österreichischen Dörfern Pfersee, Steppach und Kriegshaber. Andrerseits ist bekannt, dass sich auch der aus Prag stammende Drucker Chaim Schwarz (Schachor) in den 1530er und 1540er Jahren in Augsburg aufhielt und dort eine ganze Reihe hebräischer Drucke zustande brachte, in jener Zeit also in welcher die Augsburger Monatsbilder entstanden sein dürften. Der Verdacht läge also nahe, in einer zeitgenössischen Darstellung den bekannten Drucker zu vermuten. Andererseits hielt sich 1530 am Augsburger Reichstag auch Josel von Rosheim (1476-1554)  in der Stadt auf, um als Anwalt der Juden im Reich aufzutreten.  In der Jewish Encyclopedia erwähnt ist aber auch dessen Freund Rabbi Liebman, der damals bereits Rabbiner in Pfersee gewesen sei. Da ein genaues Datum nicht bekannt ist, ist es nicht möglich zu sagen, um welche Juden es sich auf dem Bild handelte, jedoch musste Josel von Rosheim schon Mitte Fünfzig gewesen sein.

Zwar kennt die Augsburger Geschichte einen Juden mit Turban, den legendären Tipsiles, dem zweihundert Jahre vorher die Entdeckung des waffenfähigen Schießpulvers zugeschrieben wurde, doch handelte es sich bei ihm um einen aus dem Orient stammenden zugereisten Juden. Über Turbane als gewöhnliche Kopfbedeckung einheimischer, schwäbischer Juden wäre indessen aber nichts bekannt, da ansonsten der zahlreich belegte spitze Judenhut kennzeichnend für Juden war. Angeregt vom islamischen Vorbild, das Juden und Christen unter islamischer Herrschaft zwang, Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen, damit man sie als solche „erkennen“ konnte, verfügten Christen, dass unter ihrer Herrschaft nun auch Juden und Muslime solche Abzeichen tragen mussten. Wegen der sicher ungewöhnlichen Turbane wäre es also durchaus vorstellbar, dass der Maler keine Juden, sondern „Muselmanen“ bzw. „Mohamedaner“ darstellen wollte. Neben den Fresken in der Hirnschen Kapelle von St. Anna wären dies zweifellos die ältesten Darstellungen Muslime. Ebenso gut könnte es sich jedoch auch um orientalische Juden handeln. Von ihnen jedenfalls ist das Abzeichen des gelben Rings zweifelsfrei belegt, während es unklar ist, welches Abzeichen Muslime in Augsburg hätten tragen müssen. Unklar ist heute in beiden denkbaren Fällen woher nun die jüdischen oder muslimischen Gäste(?) , Botschafter (?) oder Händler (?) stammen mochten oder ob es Zufall ist, dass der Maler sie neben einem mit christlichem Kreuz gekennzeichneten Sarg darstellte.  War das Begräbnis der Anlass des Aufenthalts oder das Ritterturnier?

Für sachdienliche Hinweise sind wir wie immer dankbar.  🙂

Weitere Infos zu den Monatsbildern:

http://www.dhm.de/ausstellungen/kurzweil/season.htm

Among the highlights of the “Deutsche Historische Museum”  are four huge paintings which show Augsburg about 1530 in so called “Labours of the Months” pictures. Each depicts three months in one setting and has a lot of maybe idealized, however very accurate details from the life of within the city. The first picture which has the months from January to march on the left has a small group of three men and a woman standing near a casket. The men wear remarkable turbans which of course were not common in Augsburg. One of the men on his coat has a yellow ring which is known as compulsory sign Jews have to wear in Augsburg since summer 1434. This led to the assumption that the portrait man (men) was (were) Jews. At this time only a few Jews are known to have entered or lived in Augsburg, among them Josel of Rosheim who in 1530 appeared at the Reichstag as ambassador of the Jews in the Reich or Chaim Shachor, a printer from Prague who had lived several years in Augsburg, where he printed a number of Hebrew books. Following the Muslim example which forced Jews as well as Christians to wear sign on their cloths, Christians required Jews and Muslims to do so, wherefore there also is a chance that the depicted people at the picture were not Jewish but Muslim – although the woman does not wear any veil but a rather traditional bonnet (Judenhaube).