Mit dem TSV 1847 Schwaben Augsburg in Neugablonz / Kaufbeuren

March 28, 2016

Eine Kurzvisite in Kaufbeuren ermöglichte den Besuch des „Spitzenspiels“ der Bezirksliga-Süd (7. Liga) zwischen dem Gastgeber BSK Olympia Neuganblonz (Tabellenzweiter) und dem TSV 1847 Schwaben Augsburg (Erster) vor c. 200 Zuschauern im „Waldstadion“, das mit einem 1:2 Auswärtssieg von Schwaben endete. Die Spielweise der beiden sehr engagiert aufspielenden Teams war recht dynamisch und eher von Kampf als von Taktik geprägt.

Neugablonz 1419 km to ManchesterNeugablonz, 1419 km south of Manchester

Hier noch paar Eindrücke vom Ort des Geschehens:

BSK OLympia Neugablonz Waldstadion Uhr AnzeigetafelDie Stadionuhr hatte schon mehrere Zeitumstellungen verpasst. Das Bild enstand um 3, bei Spielbeginn

Waldstubn Waldstadion NeugablonzWaldstadion Tribühne Neugablonz

Waldstadion Neugablonz KaufbeurenSchwaben Augsburg BSK Olympia NeugablonzSchwaben Augsburg in Neugablonz WaldstadionFreude über den Auswärtssieg

Schwaben Augsburg Anhang

ABK Das blaue Hell Aktienbrauerei Kaufbeuren Waldstadion NeugablonzAktienbrauerei Kaufbeuren “Das blaue Hell”

Schwaben Augsburg Schuhe putzen nach dem SpielSchuhe putzen, weitermachen

TSV 1847 Schwaben Augsburg FankulturSchwaben Augsburg Fankultur

Bayerischer Fußballverband BFV Tipps für SpielerelternTipps für Spieler-Eltern vom Bayerischen Fußballverband (BFV)


Stolpersteine in Augsburg

February 12, 2014

Die sog. “Stolpersteine” sind nun auch in Augsburg wieder zum Thema geworden.  Die einen wollen sie, um an Personen zu erinnern, die aus Augsburg entführt und meist anderswo umgebracht wurden, vor den Häusern wo sie lebten und wohnten. Auch weil ihnen in den meisten Fällen über den aufgezwungenen Tod auch ein Grabstein in der Heimat verwehrt geblieben ist.

Es gibt aber auch kategorische Gegner und die sind mitunter sehr einfallsreich in den Ausreden, um die “Stolpersteine” abzulehnen. Unter anderem zählt dazu die Sorge um das Andenken der Verstorbenen, das sinnbildlich “mit Füßen getreten” werde, freilich nur wenn man draufstampft, aber auch eine angebliche Omnipräsenz des “Themas” in der Öffentlichkeit. Tatsächlich ist es so, dass allein in der Augsburger  Innenstadt (besonders aber auch in Pfersee, Steppach oder Kriegshaber), zahlreiche der Stolpersteine denkbar wären.

Seitens des JHVA begrüßen wir die neuerliche Initiative zur Schaffung sog. Stolpersteine in Augsburg:

http://www.stolpersteine-augsburg.de

Nicht weil es in jedem Fall die beste aller Möglichkeiten wäre, um “der Vergangenheit” zu gedenken (das wäre es fast nie), auch nicht, weil wir der Meinung wären, das sog. “Gedenken” an ermorderte Juden zur “Kritik an der Politik des Staates Israel” berechtigen oder gar qualifizieren würde (mag manchem zwar jucken, aber: nein, weder noch), schließlich auch nicht, weil es sinnvoll wäre, eine weit über tausendjährige Geschichte von Juden in der Region auf ein paar Jahre drastischer Verfolgung und Ermordung zu reduzieren (auch das wäre Wunschdenken der übleren Sorte), sondern weil mit dem sonst überall praktizierten Komplettverschweigen rein nichts bewirkt wird und werden kann – wie man überall sieht, wenn man sehen will.

Es ist ja nun auch nicht so, dass es in Augsburg Stolpersteine nicht schon längst geben würde. Es gibt sie. Überall und in großer Zahl. Sie sind niemanden gewidmet, aber sie erinnern daran, dass die Vernachlässigung der nicht unmittelbar kommerziell verwertbaren Umgebung, allgemein verbreitet ist. Anders als jene Gedenktafeln, sind sie wirkliche Stolpersteine, ganz einfach weil Menschen drüber stolpern. Feine Damen mit teueren Schuhen, Rentner, Kinder, Radfahrer. Sie alle tun sich, wie man als Anwohner der Augsburger Innenstadt täglich beobachten kann, mitunter schwer mit den überall vorhandenen Augsburger Stolpersteinen:

Napoleon, so das bekannte Bonmot soll bei seinem Einmarsch in die Stadt im Herbst 1805 beim Anblick der maroden Augsburger Straßen gesagt haben, dass die Stadt eines Fürsten bedürfe, um der weiteren Vernachlässigung zu entgehen. Und das führte sodann auch zur Verschenkung der Augsburger an die Herzöge von Bayern, die nun sogleich Könige werden wollten … und wurden – und vermutlich deshalb warten Stadt und Straßenbau in Augsburg auch zwei Jahrhunderte später noch immer auf die entsprechenden fürstlichen Maßnahmen …

绊脚石

Stolpersteine Augsburg (3)Камни преткновения

Stolpersteine Augsburgשטולפרשטיין

Stolpersteine Augsburg (2)Stolpersteine in der Augsburger City, Februar 2014

Wie dem auch sei, ein paar Namen hier und da könnten die allgemeine Gleichgültigkeit durchbrechen und einen bewussten Umgang mit der eigenen Nachbarschaft, Stadt, Region, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sorgen.

Wir sind den Gedenksteinen an vielen Orten begegnet und haben nirgendwo eine negative Auswirkung registrieren können, ganz im Gegenteil befassten sich gerade durch diesen Anreiz sehr viele Leute mit der Häuser- und Straßengeschichte ihrer Nachbarschaft, während immer wieder Touristen zu beobachten waren, die deshalb einen anderen Fußweg auf ihrer Exkursionen nahmen.

Ganz ohne Zweifel sind die folgenden Beispiele auch optisch ansprechender als die auch auch zwei Jahren reger Bautätigkeit in der Augsburger Innenstadt überreichlich vorhandenen Stolpersteine:

Stolperstein Nördlingen Max Mayer Elsa Mayer Rosa BredigStolpersteine in Nördlingen

Henriette Arnold 1861 Berlin 1944 TheresienstadtStolperstein in Berlin

Stoplersteine Bamberg KohnStolpersteine in Bamberg

Stolpersteine Regensburg Ehrlich NussbaumStolpersteine in Regensburg

stolpersteine dinkelsbuehlvor der ehemaligen Synagoge in Dinkelsbühl

Der Initiator  der “Stolpersteine” Gunter Demnig wurde für seine damals schon bemerkenswerte Engagement bereits im Januar 2005 in seiner Geburtsstadt Berlin mit dem “German Jewish History Award” der Obermayer Foundation ausgezeichnet:

http://www.obermayer.us/award/awardees.htm

Obwohl der Vorsitzende der Stiftung Arthur Obermayer viele und enge Beziehungen nach Augsburg und zu seinen Institutionen hat (seine väterlichen Vorfahren stammen aus Kriegshaber und Pfersee), hat die von ihm ausgezeichnete Initiative in Augsburg bislang keinen Anklang finden können.

http://de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine (deutsch)

http://en.wikipedia.org/wiki/Stolperstein (englisch)

http://de.wikipedia.org/wiki/Gunter_Demnig

Nachahmende Variationen finden sich übrigens ebenfalls an vielen Orten. In Kaufbeuren z.B. können die Gedenksteine weit größer ausfallen als das eher bescheidene Pflastersteinformat, und in manchen Fällen muss man noch nicht mal tot sein, um auf diese Weise in die Erinnerung gerufen zu werden:

Stolperstein Kaufbeuren

Memoire nomade Namen und Steine Erfurt Domplatz am Dom-Platz von Erfurt reicht es sogar wenn man Angelika, Rock Hudson oder Freddy Mercury heißt


Gedenken in Kaufbeuren

October 16, 2012

Umgeben von derzeitigen Bauarbeiten in der Schraderstraße befindet sich in Kaufbeuren neben dem Kriegsdenkmal für den Krieg von 1870 / 1871 ein im November 2008 (natürlich am 9. eingeweiht …) errichtetes dreiteiliges Denkmal welches „Zwangsarbeitern“, „Euthanasieopfern“ und … Juden … gedenken will, die in und um Kaufbeuren herum (“KZ Steinholz”) während der Kaufbeurer Nazizeit ermordet wurden. Schwer zu sagen, welches der bedien Denkmal eigenartiger ist.

Ein freundlicher (serbischer?) Bauarbeiter bot seinen Besen an, so dass es möglich war, das schon mehrschichtig angesammelte Laub über den Inschriften für ein paar Fotos zu entfernen.

Denkmal “Zur Einnerung an den glorreichen Krieg und die Errichtung des DeutschenReiches 1870 – 1871

Two memorials in Schraderstr. Kaufbeuren, one commemorates the “glorious war” and the founding of the German Reich in 1870 and 1871, the other one from 2008 only remembers three kind of victims of the Nazi regime: forced workers, people who were killed in German hospitals by Eu-thanasia (lit. “good death”) and Jews … Which one is more odd?

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Der jüdische Friedhof von Steinholz Mauerstetten bei Kaufbeuren

October 14, 2012

VIDEO unten!

Am Südende des Ortes Steinholz (Mauerstetten) bei Kaufbeuren (Neugablonz) befindet sich gegenüber des Altenheims „Haus im Lerchental“ an der Bürgermeister-Muhr-Straße, das „in ruhiger Wohnlage im Grünen mit Panoramablick auf unsere Allgäuer Berge“ verspricht am Waldrand ein kleiner sog. KZ-Friedhof.

Unweit davon wurde im Anfang 1944 ein Lager mit Holzbaracken, Stacheldraht und Wachtürmen errichtet, in welchem aus Polen und Ungarn verschleppte Juden, die aus dem Vernichtungslager Auschwitz hier her gebracht wurden, unter brutalen wie schäbigen Umständen Zwangsarbeit verrichten mussten.

Die Gedenktafel am Friedhof notiert in jüdischer (jiddischer) Sprache:

ברודער-קבר פון 472 יידישע קרבנות אומגקומען אין נאצי-ארבעטס-לאגער

דירערלאה קויפבויערן   –  כבוד זייער אנדענקען

Und fast gleichlautend in deutscher Sprache:

Bruder-Grab von 472 jüdischen Häftlingsopfern des nazischen Arbeitslagers Riederloh bei Kaufbeuren

Es ist klar, dass bei 472 Toten auf einer Fläche von knapp 290 m² nur etwa ein halber Quadratmeter Platz für eine Leiche einkalkuliert wurde und es sich um alles andere als um ein würdiges Begräbnis, sondern schlicht um ein Massengrab handelte. Trotzdem befinden sich auf dem Friedhof – in verschiedene Richtungen orientiert – vier Grabsteine und an der Mauer eingelassen zwei weitere Widmungstafeln. Sie sind konkreten Einzelpersonen gewidmet und stehen somit im Kontrast zu den namenlosen anderen Entführungs- und Mordopfern, unter denen sich Berichten gemäß auch zwei Jungen etwa im Alter von 10 Jahren befunden haben sollen.

Unter den Todesopfern befand sich auch der ausführlich gepriesene ungarische Rabbiner Menachem Josef ha-Levi Heimlich, der am ersten Tag des Pessach-Festes des Jahres 1889, dem 16. April in Kecskemét (קעמעטש, deutsch: Ketschkemet) geboren wurde, aber als Rabbiner aus Miskolc (מישקולץ, מישאלץ, deutsch: Mischkolz, heute nach Budapest und Debrecen die drittgrößte Stadt Ungarns im Nordosten des Landes) bzw. als Rabbi Mendel Karader bekannt wurde. Wie bereits seiner Gedenktafel am Friedhof in Steinholz-Kaufbeuren besagt, war er der Autor des Buches מנחת יוסף (Geschenk Josefs), sowie drei weiterer Schriften.

Zu seinem Aufenthalt in Auschwitz gibt es sogar eine halachische Rechtsentscheidung (Rabbi Zwi Hirsch Maislisch aus Vác (= Waitzen) Ungarn, Mekadsche Haschem, Teil 1, “Schaár Machmadim,” Abschnitt 5, S. 10)

Die Entscheidung behandelt den Umstand, dass auch die jüdischen Gefangenen sich im Lager Auschwitz “täglich” rasieren mussten. Rabbi Mendel nun weigerte sich an Tagen zu rasieren, an welchen das jüdische Religionsgesetz dies nicht gestattete, so auch an den Tagen an welchen (nach aschkenasischem Brauch) Slichot-Gebete gesprochen werden (nämlich in den zehn Tagen vor Neujahr) . Beim morgendlichen Appell am jüdischen Neujahrstag des Jahres 5705 (= 18. September 1944) waren nun aber seine Bartstoppeln wohl deutlich zu sehen. Der Nazi-Kommandeur bestimmte ihn deshalb fürs Krematorium, d.h. es wurde seine Ermordung angeordnet. Nun ergab sich für ihn also die akute Frage, ob es ihm, um dem Tod zu entgehen, erlaubt sei, sich am Neujahrfest zu rasieren, da nur so die Möglichkeit bestand, der Aufmerksamkeit der Mörder zu entgehen.

Rabbi Zvi Hirsch Maislisch (צבי הירש מייזליש), der den Nazi-Terror überlebte, und mit dem sich Rabbi Mendel beriet, fällte nun die Entscheidung, dass er sich ohne Zweifel rasieren dürfe, da es sich um einen Fall von „Pikuach Nefesch“

„כי היה זה מצב של פיקוח נפש“

handele, also um eine Frage der Lebensrettung. Zur weiteren Bekräftigung seiner Argumentation zitierte der Rabbiner, dass Josef am Neujahrstag aus dem Gefängnis befreit wurde und „sich rasierte und seine Kleidung wechselte“ (Genesis 41.14 בראשית).

Wir können davon ausgehen, dass der Rabbiner sich nun also am Morgen des Neujahrsfestes rasierte, um sein Leben zu retten. In den folgenden Wochen gelangte er aber mit über neunhundert weiteren Gefangenen des Lagers Auschwitz über Dachau ins bayerische Schwaben, bzw. nach Riederloh bei Kaufbeuren. Gemäß der Gedenktafel starb er hier bereits am 9. Tevet 5705 (26. Dezember 1944), also nur zwei Monate nach Neujahr und wenige Stunden vor Beginn des Fastentages des zehnten Tevet. Rabbi Heimlich wurde nur 56 Jahre alt.

Die immerhin19 Zeilen umfassende Inschrift zu seinem Gedenken und seine Familie lautet:

אבן מקיר תזעק ובמר תתן קולה

על אלה אני בוכיה עיני עיני יורדה מים

פה בחפירה מלאה קדושים זה על גבי זה

נטמן

הגאון הצדיק המפורסם האי חסיד האי עניו

הרב ר’ מנחם יוסף הלוי היימליך זצ”ל

מקאראד הנקרא בפי כל ר’ מענדל קאראדער

מחבר ספר מנחת יוסף ושלשה םפורים נפתחים

עמ”ס שבת ועניני שבת מורה הוראה בק”ק

מישקאלץ במדינת אונגרין. נהרג על קירוש השם

בשנת תש”ד לפ”ק

בן הרב החסיד מור”ר ר’ נחום הלוי ע”ה

שם אמו שרל ע”ה

זוגתו הצדיקת מרת בילא ע”ה נשרפה עקדה”ש

באושוויץ עם שלשה בני’: יונה,  ישעי, ישראל

יהושע ברוך וששה בנותי’: בלימא, אסתר, פעריל

זיסל,  חנה,  מידל. וג’ חתניה ושש נכדותיה

יזכרם אלקי לטובה עם שאר נשמת הקדושים הי”ד

ת נ צ ב ה

Zur Einleitung sind Zitate aus den biblischen Büchern Chawakuk und Echa zu lesen „אבן מקיר תזעק“ „“der Stein schreit aus der Mauer“ (the stone will cry out from the wall) und „על אלה אני בוכיה עיני עיני יורדה מים“, „deshalb weine ich, und mein Auge, mein Auge tropft Wasser“ (this is why I weep and my eyes drop water):

In diesem vollen Grabplatz der Heiligen ist begraben der berühmte Gaon Zadik und Chassid der ehrsame Rabbiner Menachem Josef ha-Levi Heimlich seligen Angedenkens aus Karad, der von allen Rabbi Mendel Karader genannt wurde, der Autor des Buches Minchat Josef und dreier Bücher und Lehrer in der heiligen Gemeinde von Mischkalz im Staate Ungarn. Ermordet zur Heiligung des Namen Gottes im Jahre 5704. Sohn des chassidischen Rabbiners des hochverehrten Herrn Rabbi Nachum ha-Levi, Frieden seiner Seele, der Name seiner Mutter Sarel, Frieden ihrer Seele, seine Gemahlin die gerechte Frau Bela, Friede ihrer Seele, die verbrannt wurde in Auschwitz mit ihren drei Söhnen Jona, Jischai und Israel Joschua Baruch und ihren sechs Töchtern Blime, Ester, Feril, Sisl, Chana und Medl und ihren sechs Enkelkindern. Gedenke Gott ihnen zum Guten mit dem Rest der Heiligen.

Demgemäß wurden Rabbi Mendels Frau Bela zusammen mit ihren neun Kindern und sechs Enkeln in Auschwitz ermordet, während er abseits von ihnen bei Kaufbeuren getötet und im Massengrab von Steinholz begraben wurde.

Eine modernere Plastiktafel in englischer Sprache befindet sich unterhalb der Gedenkinschrift. Auf ihr steht zu lesen:

„RABBI MENACHEM HEIMLICH, zt“l of Mishkolc, Memorial Day, 9 Days in Teves (26. Dec. 1944)“

was eigentlich heißen soll „Day 9 in Teves“. Erinnert werden soll damit an seinen Todestag den 9. Tewet nach jüdischem Kalender (Jahrzejt). Zudem befand sich hinter der allgemeinen Gedenktafel eine Blechbox zum Gedenken an den Rabbi, die einen Teil der Inschrift der Gedenktafel wiederholt:

הגה”ק רבי מנחם יוסף

בן הרה”צ רבי נחום הלוי

זצוק”ל הי”ד

הנקרא בפי כל ונודע בשמו הטוב

רבי מנדעל קאראדער

ממישקאלץ

Die Blechbox und die Plastiktafel belegen, dass das Andenken an den frommen und beliebten Rabbi auch in jüngerer Zeit nicht vergessen wurde und dass zumindest ab und an wohl einzelne Pilger nach Kaufbeuren und Steinholz kommen um am Grabplatz des chassidischen Gelehrten zu beten.

Gleich neben der Widmungstafeln für den Rabbi befindet sich eine weitere für Rafael Zelwer, im Juni 1995 von seiner Schwester Sara Zelwer Orbach aus Tel Aviv gestiftete Messingtafel:

לזכור אחי

רפאל בן ישעייהו ומלכה זלוור הי”ד

נולד ב 1921 בקאליש פולין

היה בגטו לודזץ חובא לאושוויץ ומשם לדכאו

Kaufbeuren הועבר למחנה העבודה

ונםפה ב 24.11.1944 – ח’ כסלו תש”ה

נשא מספר אסיר 110242

ונקבר בקבר אחים בבית עלמין זה

ת נ צ ב ה

Rafael Zelwer

geb. 1921

umgekommen am 24.11.1944

Häftlingsnummer 110242

Zusammen mit noch 471 jüdischen KZ-Opfern

In diesem Friedhof bestattet

 

Rafael Zelwer (Selwer) stammt demnach aus der polnischen Stadt Kalisz (קאליש, Kalisch), mit heute etwa 100.000 Einwohnern (Städtepartnerschaft mit Erfurt, bzw. Preston in England). Beim Einmarsch der Deutschen lebten 90.000 Menschen in der Stadt, darunter 30.000 Juden. Obwohl die Deutschen die Stadt kampflos einnehmen konnten, lebten nach dem Krieg nur noch 40.000 Menschen in der Stadt, darunter keine Juden mehr. Der Rest wurde durch Zwangsarbeit in Konzentrationslagern ermordet. In der israelischen Stadt Holon erinnert ein Denkmal an die Ermordeten der jüdischen Gemeinde Kalisch.

(wikipedia)

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Auf dem Gelände des Friedhof stehen nun noch vier einzelne Grabsteine, die in verschiedene Richtungen ausgerichtet sind und wohl kaum tatsächliche Grabplätze anzeigen dürften.

Eine abgebrochene Säule, die seit dem Tod von Wolfgang Amadeus Mozart (gest. 1791) auch unter Juden, vor allem in Süddeutschland und Österreich gelegentlich als Grabmal anzutreffen ist und einen Tod in jungen Jahren ausdrücken soll, … findet  sich hier und ist der Inschrift gemäß

Sender Hodys

1901-1944

gewidmet. Unterhalb der Daten ist auf punktierten (!) Hebräisch zitiert:

אל מלא רחמים שוכן במרומים

Das „El male rachamim“ (Gott voll Barmherzigkeit der in den Höhen wohnt, God full of mercy who dwells in the heights) wird traditionell zu Begräbnissen oder Trauern gebetet oder gesungen (seit einiger Zeit leider auch etwas zu theatralisch von Opernsängern).

Am Sockel des Grabstein steht zu lesen: „Zum Andenken gewidmet von Sohn Paul und Brüder Heniek und Hesiek.“

Eine Todesanzeige der New York Times vom 10. November 2002 meldet den Tod des Sohnes Paul Hodys (1930-2002):

“HODYS, Paul N. Loving husband of Helen; devoted father of daughter Renee and husband John and son Allen and wife Debbie; adoring grandfather of Ella and Cole; and deeply caring cousin and friend.

Born in Lodz, Poland. Survived the Holocaust. Brought compassion, generosity and humor to all who knew him. Died on Friday, November 8, 2002. Services to be held on Sunday November 10, 2002 at 11:30 AM at Parkside Chapel, 98-60 Queens Blvd, Rego Park, NY. Contributions in his honor may be made to the Cole Hodys Research Fund, 100 Haven Ave, Ste 29D, NY, NY 10032 or Friends of AKIM USA, 114 E 32nd St, Ste 800, NY, NY 10016.

HODYS-Paul. The Board of Directors of the Friends of AKIM USA mourn the passing of our Secretary and our right-hand Paul Hodys. Philip R. Baird, President Joe Schorr, Treasurer”.

Mit derselben hebräischen (gleichfalls punktierten) Widmung אל מלא רחמים שוכן במרומים einher geht ein Grabstein des Ehepaars Schochet:

Ruhestätte für

Familie Schochet

Zelig Schochet

1889 – 1944

Ruchomo Schochet

geb. Tabris

1899 – 1944

In der Datenbank von Yad Vashem ist ein Zelig Schochet namentlich verzeichnet, der 1886 im ukranischen Slavuta als Sohn von Josef und Sara geboren wurde und zu Beginn des Krieges in Gorodok gelebt hatte. Dort wurde er jedoch nach Angaben seiner Tochter Chana aus dem Jahr 1968 bereits 1942 getötet, weshalb er wohl nicht der 1944 bei Kaufbeuren gestorbene gleichnamige Mann gewesen sein kann.

Desweiteren befinden sich noch zwei weitere hebräische Grabsteine auf dem kleinen Friedhof, deren Inschriften ein anderes Mal vorgestellt werden, da der Artikel zu unserem Kurzausflug vor die Tore Kaufbeurens schon wieder viel zu lang geworden ist.

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Next to Kaufbeuren in the Allgäu district of south western Bavaria is Mauerstetten – its part Steinholz where during the war the Germans hat an Arbeitslager for Jewish prisoners who came via Auschwitz and Dachau concentration camp from Hungary and Poland to the camp Riederloh 1 and 2. They were forced to work for the Dynamit Nobel works under inhuman and brutal conditions so that out of approx. 1300 of the kidnapped 472 died. At the south end of Steinholz next to a modern retirement home is a small Jewish cemetery were these 472 are buried in a mass grave.  Among the buried also is Chassidic rabbi Mendel Karader of Mishkolc who also is known as Rabbi Menachem Josef ben Nachum ha-Levi Heimlich (1889-1944) and Alexander Hodys (1930-2002).

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Die Geschichte der Juden in Kaufbeuren (Allgäu)

October 12, 2012

David-Stern in Kaufbeuren Kirche über der Orgel

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Die jüdische Geschichte Kaufbeurens, einer Kleinstadt mit 40.000 Einwohnern im Ostallgäu, ist schnell erzählt, da heutige Zeitgenossen davon in der Regel kaum bis gar nichts wissen. Mit eher ins Finstere tendierenden Mienen winkt so mancher Befragte dann auch ab, da ihnen nur die NS-Zeit mit den KZ-Außenlagern in der Umgebung eine unangenehme Erinnerung zu sein scheint an die man nicht erinnert werden möchte. In nächster Nähe gab es Lager in denen hunderte deportierte Juden ermordet wurden. Ihnen werden in den letzten Jahren erst hier und da formelle Denkmale gewidmet, wo ein Davidstern stellvertretend wohl für alle Juden steht, die ermordet wurden, fast so, wie es auch die Nazis handhabten, die Juden mit dem Stern pauschal markierten.  Aber auch um das Denkmal scheint man sich nicht so recht zu kümmern, zumindest scheint es niemanden zu stören, dass sich mehrere Schichten Laub über den mageren Texten ansammeln.

Dass es in Kaufbeuren aber auch eine mittelalterliche, heimische jüdische Geschichte gab, ist dann noch wesentlich tiefer vergraben oder zumeist gänzlich unbekannt. Dabei wäre es ja verwunderlich, da Kaufbeuren als welfische und staufische Ansiedlung bekannt war – und eigentlich in allen solchen gab es auch Juden. 1286 wurde Kaufbeuren zur Reichsstadt erhoben und 1327 erhielt sie ihr Stadtrecht. Es hat auch ein „Judenbad“ gegeben, was logischerweise auch eine Gemeinde und Synagoge voraussetzt. 1333 wurde die Stadt ummauert, wovon einige Substanz noch heute erhalten ist, wenigstens vom Verlauf nach. Kaufbeuren war freilich nicht sehr groß und hatte damals wohl kaum mehr als 3000 Einwohner. Wenn man den gewöhnlich zu erwartenden jüdischen Anteil auf 1.5 bis 3 % schätzt ergäbe das eine eher kleine Gemeinde von etwa 50 – 100 Menschen. Aus dem Januar 1348 ist ein Schreiben von  Kaiser Karl IV erhalten, mit welchem er die Juden Kaufbeurens wegen ihren (nicht genannten) Hilfeleistungen von der Steuer befreite. Am Ende des selben Jahres, im November sollen die Juden der Stadt jedoch verbrannt worden sein. Zumindest behaupten die Ratsurkunden, die freilich erst aus dem Jahre 1559 datieren und demnach eher keine Augenzeugenberichte waren. Auch scheinen keine Täter des angeblichen Massenmordes bekannt zu sein. Ob es wirklich dazu kam, ist schwer zu beurteilen. Dazu bei trägt bekanntlich auch der Umstand, dass für Juden wie für Antisemiten die Berufung auf mittelalterliche Verfolgungen und Vertreibungen, die ja wie etwa in den „Pestjahren“ scheinbar „überall“ belegt waren, ein taugliches Instrument war, da in der Regel meist wenige Schlagworte genügen, um eine örtliche Variante des allgemeinen Geschehen zu imaginieren.  Während Juden eine lange zurückreichende Ansiedlung am Ort als Argument für die heutige Präsenz sahen, war für Antisemiten die Motivlage genau umgekehrt und die frühere Vertreibung eine Beleg dafür, dass man damals schon nicht mit den Juden klarkam.

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Sywollen-Turm (der Name leitet sich ab von mhd. sanwell = rund, erinnert aber auch an Sanwil = Samuel)

Es scheint aber einhellige Ansicht, dass die Juden Kaufbeurer Juden die überlebten und fliehen konnten nun nach Ebersbach bei Obergünzburg gezogen seien. Da es keine vollständigen Akten gibt, wäre es schon wieder verwunderlich, dass ausgerechnet in Bezug auf die Juden die Bestände vollständig sein sollen. Wie dem auch sei, finden sich zu Beginn  des 15. Jahrhundert wieder eine Reihe von Juden in der Stadt, die „haushäblich“ waren, also Hausbesitzer. Genannt ist beispielsweise Lazarus (Elasar) der ein Haus in der Schmiedgasse bewohnte. Aus dem Jahre 1411 ist sodann das „das Badhaus das man nennet der Juden Bad“, d.h. die Mikwe urkundlich belegt, welches man „Unter dem Berg“, wo Ledermann vor rund hundert Jahren auch das Judenviertel vermutete. Aber zumindest in Bezug auf die Mikwe ist  das weit weniger wahrscheinlich als der südlich angrenzende Bereich, der „Am breiten Bach“ heißt, obwohl eine solcher Bach nirgendwo mehr zu sehen ist. Wer aber weiß, das Tauchbäder Wasser benötigen und dass solches nicht aufwärts fließt, wird das schlüssig finden können. Aus der Folgezeit notiert die allgemeine Geschichtsschreibung nur Beschwerden über jüdischen „Wucher“ (=Zins), der so schlimm auch nicht gewesen sein kann, da er nur alle dreißig oder fünfzig Jahre thematisiert wird. Da sind Beschwerden über Tankstellen und Apothekerpreise schon häufiger.

Schmiedgasse 1904 (Postkarte)

Aus dem Jahr 1548 datiert ein Verbot mit jüdischem, also koscherem Fleisch zu handeln. In anderen Orten bedeutete dies, dass Juden Schlachtabfälle, die für den Verzehr nach der Halacha nicht geeignet waren, öfter an Christen, denen es egal war, was Juden verboten war, verkauften, da sie das Fleisch billiger bekamen. Für christliche Schlachter war dies aber eine äußerst unerwünschte Konkurrenz. Es ist also anzunehmen, dass mit dem Verbot in Kaufbeuren auf eine entsprechende Situation reagiert werden sollte. Im Jahr 1555 ersannen Judenfeinde den Vorwurf, dass Kaufbeurer  Juden vom (christlichen) Kartenmacher Abraham Fögele dessen Sohn für 200 Gulden (eine immense Summe!) gekauft haben sollten, um aus dem Knaben Matzen herzustellen, die man gewöhnlich aber aus Mehl backt und dies ohne den Teig gären zu lassen. Eine Kommission fand, dass die Anschuldigung Schwindel war. Unter protestantischen Einfluss verschlechterte sich die Situation der Juden in Kaufbeuren jedoch zusehends, da deren Führer Martin Luther bekanntlich zur weitgehenden Entrechtung der Juden aufgerufen hatte. Am 26. August 1626 wurden die Juden Kaufbeurens vom Rat der Stadt schließlich dazu aufgefordert binnen kurzer Zeit ihre bisherige Heimat zu verlassen. Danach kamen zwar Juden als Händler wieder (von Ebersbach aus) in die Reichsstadt. 1678 muss es aber bereits wieder jüdischer Besitzer in Kaufbeuren geben haben, da es diesbezüglich auch wieder Auseinandersetzungen gab. Der Regelfall sollte sein, dass Juden nur gegen hohe Gebühren und nur tagsüber und in Begleitung in die Stadt durften. Bestimmungen, die man auch aus anderen Städten, wie Augsburg  bestens kannte, die aber fern der Praxis waren und wohl so realistisch waren wie heute Parkverbote. Etwa 60 Jahre später, im Jahre 1734 wurde den Juden in Kaufbeuren nun der Geldhandel verboten, woraus wir aber schließen dürfen, dass er zumindest am Tag davor und vielleicht ja auch die dazwischenliegenden Jahrzehnte stattfand.

Für das Datum des 10 Juli 1743 überliefert die Kaufbeurer Stadtgeschichte ein Verbrechen an einen Juden namens Bernhard Gunz, der aus Kriegshaber stammte von christlichen Straßenräubern frühmorgens um 5 Uhr bei Sonnenaufgang mit zwei Bleikugeln erschossen worden. Die Täter, die nie ermittelt wurden (oder nicht ermittelt werden sollten?) zehrten den Getroffenen in eine Lichtung und der Leiche sodann auch noch den Kopf ab. Perlen und Geld im Wert von geschätzten 4000 Gulden wurden ihm zudem gestohlen. Den Leichnam begrub man in einem Acker außerhalb des christlichen Friedhofs. Die Ehefrau des Ber Gunz, Hendle Jochewed Gunz ist am Friedhof Kriegshaber / Pfersee begraben. Sie starb im Jahr davor, offenbar bei einer Geburt. Der ursprüngliche Fundort der Leiche am Germaringer Steig erhielt den inzwischen freilich auch schon wieder vergessenen Flurnamen „Judenhalde“.

Das Massengrab für aus Polen und Ungarn entführte Juden an der Bürgermeist-Muhr-Straße am Waldrand von Steinholz Mauerstetten des früheren Lagers „Riederloh 2“ (Außenlager des KZ Dachau), unter anderem ist hier der gelehrte ungarische Rabbiner Menachem Josef ha-Levi Heimlich(1889-1944) verscharrt worden – nennt man heute freilich etwas schicklicher „Gedenkstätte“. Manches ändert sich mit der Zeit. Im Jahre 1904 notierte der Lehrer Ledermann, dass “derzeit” elf Juden in Kaufbeuren lebten. Heute im nahenden Ausgang des Jahres 2012 dürfte die Zahl allen Anschein nach mindestens ein Dutzend weniger sein.

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