Juden im schwäbischen Mindelheim

August 31, 2011

Der jüdische Anteil an der Geschichte der mittelschwäbischen Kreisstadt im Bezirk Unterallgäu ist sozusagen überschaubar. Augsburger Steuerbücher des Mittelalters verzeichnen jedoch eine kleine Anzahl von Juden, die unter dem Toponym als Steuerzahler in der Reichsstadt wohnten – andere Personen wurden nicht erfasst. Zum einem ist es Eberlin von Mindelheim, der zwischen 1355 und 1367 mehrfach genannt wird, zum anderen aber ist dies Pendit von Mindelheim und mit ihm sein Sohn Elias, dessen Frau, sowie die beiden Schwiegersöhne Feidel und Isaak, letzter wird auch mit dem Zusatz „Mollin dedit“ (hat gegeben) notiert, was durchaus bemerkenswert eine Verwandtschaft zum Augsburger Rabbiner dieser Zeit nahelegt. In den folgenden Jahrhunderten gibt es nur sporadische kleine Notizen, etwa aus dem Jahre 1532 über einen (christlichen) Bürger, der sich über das Verbot seines Stadtherren Frundsberg zu Mindelheim hinwegsetzte und „selbst wucherische und jüdische Käufe betreiben“ habe. 1546 klagt ein namentlich nicht genannter Jude aus Schwaighausen gegen Einwohner von Mindelheim, die ihm offenbar ihre Schulden nicht zurückzahlten und wurde dabei durch einen Anwalt vertreten. Und dergleichen mehr. 1768 ist ein „Judenzoll“ der Stadt Mindelheim erwähnt. Erst in der Neuzeit scheinen wieder Juden am Ort selbst gewohnt zu haben, aus dessen Mittelalter freilich nichts erhalten blieb. Ihre Anzahl bewegte sich freilich auch nur im Bereich von etwa 10, weshalb sich die Mindelheimer Juden der Gemeinde im ca. 30 km westlich gelegenen Memmingen anschlossen, was für Besuche der Synagoge beinahe nicht praktikabel erscheint. Vermutlich wird es im privaten Rahmen zumindest einen Betraum gegeben haben. Namentlich präsent durch eine Widmungstafel an der Außenmauer der kleinen „Gruftkapelle“ in Mindelheim ist Jakob Liebschütz und seine Familie. Dem Vernehmen nach war Herr Liebschütz ein in Mindelheim ansässiger Textilhändler. Mit ihm gedenkt die Tafel der „Stadt Mindelheim“, umschrieben von „R.I.P.“ und „Schalom“ desweiteren noch (ggf. etwas pauschal?) „aller Opfer der Gewalt“. Die auf der Tafel abgelegten Steine lassen den Schluss zu, dass manche Zeitgenossen entweder die Tafel selbst, oder aber die Kapelle an deren Wand sie befestigt wurde, für eine Grabstätte halten.

Nennenswert zur Ortsgeschichte ist der Umstand, dass nach der Schlacht von Blenheim John Churchill, Duke of Marlboro, vom Kaiser zum Fürsten über das  eigens geschaffene „Fürstentum Mindelheim“ ernannt wurde, über das der Urahn von Winston Churchill von 1705 bis 1714 herrschte, ehe der Ort hernach wieder bayerisch wurde.

In einer Mindelheim Kirche fand sich diese eigentümlich und goldumrandete Darstellung eines Kohen:

Im Mindelheimer Stadtmuseum sind eine Reihe alter Trachten zu sehen, die so leider nicht mehr im Stadtbild zu finden sind:


Die Augsburger Legende des Tipsiles

August 30, 2011

 

“Alt – Augsburg” (Titel)

 

Über die epochale wie weitreichende Erfindung des Schießpulvers haben sich schon viele Gemüter ihren Kopf zerbrochen, Stadtschreiber, Gelehrte, Waffenkundler, Hobbyhistoriker und viele andere, zuletzt auch wieder Augsburger Stadträte mit deren weit zurückliegenden Amtsvorgängern die Legende des Tipsiles vor fast sieben Jahrhunderten ihren Anfang nahm. Im ersten Band seiner „Kunst-, Gewerb- und Handwerksgeschichte der Reichs-Stadt Augsburg“ von 1779 notiert Paul von Stetten (der Jüngere) über die Erfindung der Feuerwerkskunst: „Das merkwürdigste aber ist, was Clemens Jäger und andere Chronikschreiber (dazu) angeben, nämlich dass durch einen hiesigen Juden, mit Namen Tibsiles, im Jahre 1353, das Pulver erfunden worden seye: doch will ich diese Nachricht auf ihren Werth und Unwerth beruhen lassen, da es ganz unbekannt ist, wo sie dieselbe mögen hergenommen haben.“ Mit dieser Anmerkung und dem Verweis auf die Chronik des Clemens Jaeger beließ es Paul von Stetten. Vielleicht etwas zu Unrecht, gilt Clemens Jaeger (ca. 1500 – 1561) in zahlreichen anderen Fällen städtischer Geschichtsschreibung als äußerst verlässlicher Gewährsmann und Quelle. Berühmte Beispiele dafür sind etwa seine Weberchronik, aber auch seine Konsulats-, und jüngst auch beachtete Vogt- und Ehrenbücher. Jaeger war wie seine nach Augsburg zugewanderte Familie vom eigentlichen Beruf Schuster und wurde 1527 Meister seines Fachs und gehörte später als einer der „Zwölfer“ der Schuster dem Stadtrat an und wurde hernach als Ratsherr, gefördert von Johann Jakob Fugger (1516 – 1575), von der Stadt mit der Neuordnung des  „verwahrlosten“ (Augsburger Allgemeine vom 14. April 2011) Stadtarchivs betraut. Seine Arbeiten prägten die Augsburger Geschichtsschreibung bis ins 18. Jahrhundert, sind aber an manchen Stellen, mangels überlieferter Quellen, heute mitunter auch umstritten. Das ist nicht weiter verwunderlich, da Jaeger als Humanist wie andere Autoren seiner (wie genau genommen jeder) Zeitepoche selbstverständlich auch politische Absichten verfolgte. So hatten einige Chronisten beispielsweise die Absicht, die Gründung der Stadt in Zeit Trojas zurückzuverlegen; etwas was bei damaligen Humanisten allgemein angenommen und behauptet wurde – freilich auch im Kampf mit der katholischen Kirche, die wiederum auch ihre Probleme hatte mit Herkules- oder Merkur gewidmeten Brunnen. Da dies Jaegers Verdienste um die Augsburger Zunft- und Ehrenbücher keineswegs schmälert, bleibt wie so oft im Einzelfall nur übrig die jeweilige Plausibilität als Maßstab. In Bezug auf Tipsiles als Erfinder des Schießpulvers bedeutet dies auch nichts anderes als festzustellen, dass die Nachricht darüber seit mehr als viereinhalb Jahrhunderten in Augsburger Stadtchroniken enthalten ist, darunter auch in älteren anonymen anderen. Als Zeitpunkt des Geschehens nennt Clemens Jaeger das Jahr 1353, was wahrscheinlich auf einem Lesefehler beruht, und wohl 1323 meint, da andererseits auch gesagt wird, der Jude mit dem grünen Turban sei bei den Ausschreitungen gegen die Juden ums Leben gekommen. Damit gemeint kann offensichtlich nur der Angriff auf die jüdische Gemeinde im „Pestjahr“ 1348  gemeint sein. Freilich kann er andererseits wohl auch nicht fünf Jahre vor seiner Erfindung getötet worden sein.

Der aus Oettingen stammende Antiquar, Journalist und „Lokalhistoriker“ August Vetter (1862-1923), dem in Pfersee bekanntlich eine Straße gewidmet ist,  hatte in seinem Feuilleton „Unter dem Strich“, das jahrelang in der „Neuen Augsburger Zeitung“ erschien, eine große Anzahl bekannter und unbekannter Geschichten aus Augsburgs langer Geschichte (nach)erzählt, darunter befindet sich auch seine Fassung der Tipsiles-Geschichte, die er freilich (korrekt) in das erste Viertel des 14. Jahrhunderts datiert:     

  

Will man aus der Augsburger Kriegsgeschichte etwas niederschreiben, so darf man eigentlich gar nimmer aufhören. Denn Krieg und abermals Krieg erfüllt, wie wir wissen, die lange, ruhmreiche Vergangenheit. Dass da wohl etwas geleistet wurde, ist begreiflich, und dass die allzeit wackeren und wehrhaften Augsburger sich wohl zu rüsten verstanden, ist bekannt. Das bestätigte jede Zeile in ihrem umfangreichen Geschichtsbüchern. Waffen- und Helmschmiede gabs die besten im weiten Deutschen Reiche; vor bald einem Jahrtausend wurde eine damals mächtige Stadtumwallung durch den großen Bischof St. Ulrich befohlen und angelegt. Aus welchem Grunde dies geschah, ist hinlänglich bekannt.

Es war auch so im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts. Da ging auf einmal das Gerede, dass droben um St. Ulrich rum einer in einem Dachstüblein hause, der mehr könne, denn Brot essen. Mein Gott, allhier zu Augsburg wohnten gar viele Fremde. Da konnte man nicht jedem so in die Suppenschüssel schauen. Die Leute waren an das Geschäften gewöhnt; wenn einer nur brav seine Abgaben entrichtete, so durfte er so im allgemeinen machen, was er wollte. Man war da nicht so ängstlich. Aber wie gesagt, von dem Fremden da droben gingen allerlei Gerüchte um. Von St. Ulrich runter liefen sie in das „Jörgemer-Gäßle“, und in der jungen Vorstadt um St. Jakob wusste man sich allabendlich auf den schmierigen Bierbänken schaurige Dinge zu erzählen. Nur ein Glück wars, dass es zur damaligen Zeit noch keine Kaffeeschwestern gab, sonst wäre das Unheil gar fertig gewesen.

Es reichte sowieso schon. Also, was man so hörte, war ganz eigener Art. Der geheimnisvolle Mann droben hinter St. Ulrich, der sei weit hergekommen, aus dem Morgenland; es müss‘ aber kein Christ sein, – ein Heide oder ein Jude oder ein Mohammedaner. Wie gesagt, sonst halt nichts „Richtiges“. Einen langen Bart trag‘ er, und um den Kopf hab er ein dickes grünes Tuch gewickelt, auch bei der größten Hitze. Und so sitze er vor einem feurigen Ofen Tag und Nacht. Nicht einmal schlafen tät er. Und wenn er sich hinlegt, schlaft er auf dicken Rollen und Büchern von Pergament. Darauf stünd allerhand gar verwunderliches Zeug, was nicht einmal die hochgelehrten Herren vom Reichsstift drüben zu lesen vermöchten.

Dass der Mann mit seinem grünen Kopftuch und seinem langen Bart nicht verschlafe auf seinen pergamentenen Büchern und Rollen, dafür sorge sein Geselle. Das sei ein noch merkwürdigerer Kauz. Den hab überhaupt noch niemand richtig gesehen. Nur drüben ein Nachbar und sein Weib, die zwei konnten den kuriosen Kerl hie und da durch die Dachluken oder sonst beobachten.

Mit dem müss es überhaupt nicht richtig sein, sprachen die zwei. Anstatt zu schlafen, spazier der nächtlicher weil auf dem Dachfirst umeinander, geradeso wie ein verliebter Kater. Sei der Kauz nun lang genug auf dem Dachfirst umeinander stolziert, dann krabble er auch noch an der eisernen Fahnenstangen hinauf, so wie ein Eichkätzle droben in des Bischofs Au. Da bleib er allemal lang hangen, stundenlang oft, und zieh eine Flöte heraus und blas ein Liedlein, eins ums andere. Die wären aber ganz eigen, dass sich der Herr Nachbar und die Frau Nachbarin oft gar die Ohren zuheben. So wild tät die Flöte, und der Wetterfahnen drehe sich dabei oft ringsherum im wilden Ringelreihen, gleich gar, dass es Funken gäb.

Dass es mit so einem Gesellen eine verwunderliche Art habe, das lag doch auf platter Hand, sprachen die Nachbarn, und die anderen sprachen es tapfer nach, dass es in der ganzen Stadt herum kam und auch drüber hinaus bis zu den Bauern im grünen Schmuttertal und noch weiter. Der seltsame Kauz auf der Wetterfahnenstange in der Nacht blase Wind und Wetter zusammen, so wie’s sein Herr drunten im Dachstüblein benötige.  Und noch so mancher andere!

Selbige Mär von so geheimnisvollen Dingen kam auch einem hochwohlweisen Rate zu Gehör. Und er vernahm es mit großer Verwunderung. Dieweilen aber zu derselben Zeit auch die reiche Stadt von einem neidischen Feind bös bedrängt wurde und zeitenweise schier keine Aussicht vorhanden war auf Hilf‘ aus schwerer Bedrängnis, so gabs etliche Köpfe unter denen vom Rat, die vermeinten man könne ja den gelehrten Fremden in seinem Dachstüblein einmal befragen, ob der nicht Hilfe in solcher Not wüsst‘. Hab man doch gehört, wie die Alten solche Mittel erfunden hätten, wie sie sich in solchen Fällen an Gelehrte wendeten und dergleichen mehr. Das sei gescheiter, als dass man sich an das Geschwätz der Leute lehne, oder dass man gar mit einer peinlichen Frage an den fremden Mann herantrete.

Nun, in Gottes Namen, in der Not tut man viel. Und es begab sich, dass eine Abordnung hinauf zu dem Manne mit dem grünen Kopftuch und dem weißen Vollbart. Da wars hoch hinauf, und die Herren mussten auf den hölzernen Stieglein manchmal absetzen und verschnaufen. Aber was tut man nicht dem Vaterland zuliebe! Sie klopften an und ein Riegel war zurückgezogen. Darauf standen sie drinnen in dem engen, verräucherten Stüblein, von wo man über die steilen Dachgiebel hinüberschaute bis hinauf zu des Herrn Bischofs Au und zum wilden Alpengebirge.

Der fremde Mann mit dem grünen Kopftuch war nicht unfreundlich, sprach zuerst einen Segensgruß ganz gut in deutscher, fast in Augsburgischer Sprach‘ und hörte das Begehren der Herren vom Rate an. „Ob er nicht was wüsst‘, womit man dem grimmigen, neidischen Feind beikommen könnt‘, besser denn mit Speer und Lanze und mit der Wurfschleuder und dem Kieselstein.“ Da erhob sich der Mann, stellte von Messing einen Mörser, womit die Frauen in der Küche Nüsse und Kirschsteine stampfen, auf einen Tisch, füllte den Mörser mit allerlei Pulver, tat darauf einen Stein und öffnete das Fenster davor. Darauf holte er einen glimmenden Span vom Herd, wo allerlei Flaschen und seltsame Gefäße standen, und entzündete damit das Pulver und den Mörser. Darauf tat es einen Blitz und einen Schlag, gleich als ob das Wildfeuer vom Wolkenhimmel herniederfahre. Und die Herren vom Rat erschraken und schlugen als fromme Christenmenschen ein Kreuz um das andere. Einer wollte sogar schon zur Stubentür hinaus, dieweil der fremde Mann dem gütigen Himmel Blitz und Donner entrissen. Wie sich aber der Rauch verzogen hatte, da wurden sie gewahr, wie drüben der Wetterfahnen aus Blech ein großes Loch bekommen hatte. Das tat die Gewalt des Steines, den das seltsame Pulver mit Blitz und Donner aus dem gelben Mörser geschleudert hatte.

„Es ist eine arge, diabolische Kunst, Meister, die Ihr uns da gezeigt“, sprachen die hochwohlfeilen Herren vom Rat. „Aber auch diabolisch grimmig ist des Feindes Hinterlist und Rachsucht! Darum werden wir beschließen, dass Ihr, o weißer Meister, diese Eure Kunst in den Dienst unserer hartbedrängten Stadt stellen möget. Kommet, sobald ihr es vermögt, ehender heut‘ denn morgen, auf unser Rathaus. Dort könnt Ihr in einem festen Gewölb Eure Experimenta zu gemeinem Nutz und Frommen fortsetzen.“

Des war der Mann mit dem grünen wohl zufrieden und versprach sich einzufinden, wenn das Gewölb gerichtet wär, und wann sein Stüblein ausgeräumt. Zuvor müsse er aber noch seinen Gesellen rufen, der droben auf des Daches First Auslug nach Wetter und Gestirnen hält. Wie er bald darauf eintrat, ein wilder Geselle mit wirrem Haare und glutfeurigen Augen, war alsbald das Stüblein geräumt und Flaschen und Mörser und die Ingredienzien heruntergetragen, auf einen Karren geladen und geschoben nach einer hochlöblichen Stadt Rathaus. Da machte in einem festen Gewölb der fremde Mann mit dem grünen Kopftuch seine Experimenta weiter. Das brachte, als ob der Donnergott selber Einzug gehalten hätte in ein hohes Rathaus. Und wenn der liebe Mond zu nachtschlafender Zeit die Dachgiebel beschien, dann stand der wilde Geselle hoch droben auf dem höchsten Giebel und pfiff ein böses Liedel, dass der Wetterfahnen wirbelte und Funken stoben, wie wenn die Kutsche des ehrsamen Rates über die Stein bei der Domherren Haus rumpelte.

Aber die Experimenta des fremden Mannes machten wohl gute Fortschritte. Auch ließ ein hoher Rat Rohre gießen, aus denen der Blitzstrahl und der und der Stein fuhren mit einer Gewalt als der wildeste Feuerstrahl vom Wetterhimmel. So wars gut.

Denn nun kam die Zeit, dass man die Probe auf das Exempel machte, Und die fiel besser aus, als man erwartet hatte. Dafür sollte auch ein hoher Lohn für den Mann, der mit seinem Wissen die Stadt vor großer Not befreite, nicht ausbleiben. Ein hoher Rat beschloss, dem weisen Fremdling ein eigenes Plätzlein, aber abseits von den Behausungen derer vom Rat, anzuweisen, schon wegen des wilden, verwegenen Gesellen und des Blitzens und Donnerns aus den Feuerschlünden. Darauf zog der Fremdling hinunter in die Gegend, wo der Stadt Scharfrichter wohnte, und wo, wie die Leute sagten zu damaliger Zeit, „Hund und Katz‘“ einander gute Nacht sagen. Das ist das heutige „Pulvergäßchen“.

Der fremde gelehrte Mann mit dem grünen Kopftuch und dem weißen Vollbart war ein Jude und hieß Tibsiles. Aus dem fernen Morgenland war er hergekommen, wo er vor den Horden des wilden Sultans fliehen musste.

Es brachen hier zu Augsburg andere Tage an. Ein wilder Aufstand erhob sich in der guten Stadt, als ein verführtes und übelberatenes Volk den Juden arge Missetaten in die Schuhe schob. An einem solchen Tag fiel auch der weise, edle Tibsiles als ein Märtyrer, verraten von seinem wüsten, wilden Gesellen. Der hab noch lange Jahre und Jahrzehnte danach als böser Geist auf den Dächern und Dachböden gespukt.“

 August Vetter:  Alt – Augsburg – eine Sammlung von Sagen und Geschichten aus Augsburgs Vergangenheit, 1. Band, Literarisches Institut Haas & Grabherr Augsburg, 1928, S. 162 ff.

 

 

 


Das Augsburger Pulvergäßchen bleibt erhalten

August 29, 2011

Kurzbericht der “Augsburger Allgemeinen” zur Entscheidung des Augsburger Stadtrat, dass es auch künftig beim mittelalterlichen Straßennamen Pulvergäßchen bleiben soll, nebst Erklärung dazu, wie sich der entscheidende “Ferienausschuss” zusammensetzt. Unser Dank gilt dem Augsburger Stadrat und insbesondere den “Freien Wählern” für ihr Engagement.


Jerome Leiber

August 26, 2011

In loving memory to Jerry who has inspired millions. He had passed away age 78 a few days ago.

 

 

 


Toooor in Donauwörth, Tor in Donauwörth …!

August 26, 2011

Regelmäßige Seher der “sky” – Bundesliga – Konferenz kennen entsprechende Ausrufe, falls gerade in einem anderem Spiel, als das was eben gezeigt wird ein Treffer gefallen ist, wonach meist sofort dorthin umgeschalten wird. Zwar ist der FC Donauwörth O8 weit entfernt davon, in der ersten Bundesliga mitzuspielen, doch die zur Zeit in Donauwörth zu sehende Ausstellung zur Mangold – Burg rechtfertigt den Torschrei allemal, wird dort doch auch das ansehnliche Eisentor ausgestellt, welches eine stilisierte achtarmige Chanukkia zeigt.

Die Beschriftungstafel sagt dazu dieses: “Die 110 kg schwere Eisentüre verschloss vermutlich die Schatzkammer des Rathaus. Der Tradition nach stammt sie von der 1308 abgetragenen Mangoldsburg.”

Ein im österreichischen Moedling ausgestelltes siebenarmiges, ansonsten völlig identisches Vergleichsstück wird freilich als Synagogentüre erkannt, was zugegeben auch nicht schwer festzustellen ist, entspricht die Darstellung der Menora der in Hochmittelalter üblichen, wie wir von zahllosen Illustrationen wissen. Es ist durchaus denkbar, dass nach dem Ende der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde, das Tor im Donauwoerther Rathaus verwendet wurde. Dies erklärte wenigstens, warum die Tür überhaupt noch erhalten ist. Von der Mangold – Burg freilich wird sie kaum stammen, es seie denn diese war eine jüdische Burg. Das wäre in der tat noch bemerkenswerter, aber ziemlich unwahrscheinlich.

Seltsamerweise ist das markenteste Ausstellungsstück im Begleitkatalog weder abgebildet noch überhaupt erwähnt. Eine Abteilung der Ausstellung thematisiert aber die Ausgrabungen am Gelände bei der Burg selbst. Hinter einem üblichen Bauzaun befinden sich sodann Geröll, Schaufeln, Handschuhe und dergleichen … aber auch Knochen, die wir hoffen, nicht echt sind. Aber man weiß ja nie …

Die Ausstellung ist  noch bis zum 25. September 2011 geöffnet, täglich von 11 bis 18 Uhr.
Ein Bericht mit zahlreichen Photos zur weiteren Ausstellung:

http://www.myheimat.de/donauwoerth/kultur/sonderausstellung-zur-mangoldburg-in-donauwoerth-ein-unbedingtes-muss-d2065629.html

An exhibition in Donauwoerth on the history of the old Mangold castle (destroyed in 1308) shows the iron door, which probably is from the old synagogue.

 


Die Synagogen von Wallerstein

August 25, 2011

(בית הכנסת הישן של ולרשטיין
Old Synagogue of Wallerstein, colored illustration according to a 1880 depiction, by courtesy of Mrs. Schludi, Wallerstein)

Die letzte Synagoge von Wallerstein wurde nach allgemeiner Ansicht in den Jahren 1806 bis 1808 an der Ecke der heutigen „Hauptstraße“ und der damaligen „Judengasse“ (heute „Felsengasse“) vermutlich an Stelle eines nicht näher datierten Vorgängerbaus, der in den 1790ern freilich schon als baufällig galt. Eine frühere Synagoge mit Rabbinatssitz und Lehrhaus bestand vorher (bis ca. Ende des 17. Jahrhunderts, als über 40 jüdische Familien am Ort lebten) wohl im heute nicht mehr existierenden „Judenhof“, dessen benachbartes Areal an der „Hauptstraße“ heute teilweise mit einem „Sechserbau“ genannten Ensemble von Häusern überbaut ist. Hier dürfte Mosche Ha-Levi Heller (ca. 1517-1600), Yom Tov Lipmans Großvater gewirkt haben, der zeitweilig auch die Funktion des Sprechers der Juden im Reich wahrnahm.  Da die jüdische Geschichte in Wallerstein aber bereits in das 14. oder gar 13. Jahrhundert („1298“) zurückreichen soll, muss die erste Gemeinde einen anderen, wahrscheinlich eher am Fuße des Burgfelsens bewohnt haben, der den Ort überragt. Das Gebiet zwischen der Burg  und der späteren Judengasse war in früherer Zeit freilich nicht besiedelt und die Ansiedlung der Juden im früher Steinheim genannten Ort gewiss im Kontext zur ab ca. 1250 Oettingischen Burg stand. Da freilich auch in Wallerstein die Geschichte der jüdischen Siedlung nicht durchgehend ist und diese wohl erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bedeutungsvoller wurde (im 15. Jahrhundert etwa sind nur sporadische Zeugnisse einzelner Juden erhalten, 1506 erfolgte eine zeitweilige Ausweisung), kann hier auch keine räumliche Kontinuität im allmählich anwachsenden Ort vorausgesetzt werden. Über den genauen Standort einer ersten Ansiedlung der Juden in Wallerstein kann man deshalb nur spekulieren. Andererseits kommen wegen dem geringem Umfang der allgemeinen Besiedlung freilich nur wenige Varianten in unmittelbarer Nähe zum Burgfelsen in Betracht, etwa im Gebiet des heutigen Kapellenbergs, der Spatzengasse (heute Sperlingstraße), der Bereich der oberen Mittel- und Judengasse oder aber um die Weinstrasse.   

dome of Lady Chapel in Wallerstein, ceiling light border

Wie anderswo in Deutschland wurde 1938 auch die 1808 in Wallerstein fertiggestellte Synagoge überfallen und hernach als Lagerraum zweckentfremdet. Nach der Nazi-Herrschaft wurde das Gebäude in ein Kino umgebaut, wobei Teile der alten Struktur erhalten geblieben sind. Eine Nachkriegspostkarte aus den späteren 1950er Jahren zeigt die moderne Fassade des Gebäudes, die sich stilistisch von den alten Nebengebäuden abhebt. 1979 wurde der Bau freilich schon wieder abgerissen und durch einen Neubau der örtlichen Stadtsparkasse ersetzt, dessen Fassade sich nun wiederum am vorherigen Synagogen-Gebäude orientierte. Dort erinnert nun auch eine kleine Tafel an die Existenz der seit nunmehr über sieben Jahrzehnten letzten Synagoge in Wallerstein. Ob es jemals eine neue geben wird, ist wie an vielen anderen ländlichen Orten eher zu bezweifeln.

The last synagogue of Wallerstein according to common belief was inaugurated in 1808. In 1938 the building at the corner of the Judengasse (today Felsenstr.) was raided and marauded. After the war it was converted into a movie theater with a new storefront, but with some remaining old structure inside. In 1979 the building was completely demolished in order to erect a new one for the local “Stadtsparkasse” (municipal savings bank), now orientated towards the façade of the old synagogue again. Prior to the early 19th century synagogue another one existed probably at the same place. In older times however there was a complex of buildings at today’s Hauptstrasse called “Judenhof” (Jews court) were obviously had been the previous synagogue as well as a Yeshiva, with teachers like Moshe Ha-Levi Heller, known as “Rabbi of the Reich” and grandfather of Wallerstein-born Yom Tov Lipman Heller. Since the Jewish presence in Wallerstein is dated back to 14th or even 13th century, the earliest Jewish settlement necessarily must have been more close to the surmounting castle rock.    

Further information with a collection of old newspaper articles on the history of the place and on other scholars, pictures and documents (in German):

http://www.alemannia-judaica.de/wallerstein_synagoge.htm

 


Judengasse in Wallerstein

August 24, 2011

Wallerstein (ehem. Steinheim) im Ries als Geburtsort von Lipman Yom Tov Heller hatte auch eine Judengasse, die vor einiger Zeit freilich in “Felsengasse” umbenannt wurde, wahescheinlich weil es heute mehr Felsen als Juden am Ort gibt..?

Interessant ist es aber, alte historische Postkarten der Judengasse mit der heutigen Ansicht der Straße zu vergleichen. Nach rund 90 – 100 Jahren Abstand hat sich vieles verändert, manches aber auch gar nicht so sehr:

Judengasse (today Felsengasse) in Wallerstein (Ries) downhill and uphill views, now and then …

רחוב היהודים של ולרשטיין, בעבר והיום
 

(post card by courtesy of Mrs. Schludi and Mr. Steger of Wallerstein)

… some things had changed, some have not in the hometown of R. Yom Tov Lipman Heller …


שלום עליכם

August 19, 2011

שבת שלום


Am Ende doch nur eine Nummer ..?

August 16, 2011

Menschliches Leben, poetisch formuliert von der Wiege bis zur Bahre, ist einzigartig, zumindest erlebt es jeder so, während jeder (moderne) Mensch das Empfinden kennt, oftmals nur (noch) eine Nummer zu sein, sei es beim Passport, beim Finanzamt, bei den Krankenkassen, als Kraftfahrzeugführer, im Telefonbuch oder als Personal einer Firma und dergleichen mehr.  Was am Ende des Lebens von einem übrig bleibt, wenn auch der eigene Nachwuchs bereits verschieden ist, kann man auf Friedhöfen studieren. Je nach dem Einfallsreichtum oder dem Ausmaß der Trauer sind es Gedichte, Lobpreisungen der edlen Taten, manchmal auch Berufsangaben und Ämter, fast immer aber Namen, Geburts- oder Sterbedaten. Solange die Inschriften nicht überwuchert oder zerbröckelt oder gar der Stein selbst – etwa durch Vandalismus – zerstört ist, bleibt nach Jahren oder Jahrzehnten oft nichts, woran spätere Nachkommen sich orientieren könnten.

Ein Problem, das keineswegs neu ist, wie ein Artikel des Magazins „Israelit“ aus dem Jahr 1902 am Beispiel von Harburg belegt. Der damalige Vorstand der jüdischen Gemeinde von Harburg Gerson Stein hatte vorgeschlagen „auf dem hiesigen israelitischen Friedhof die Nummerierung und Registratur sämtlicher Grabdenkmäler vorzunehmen, um den Besuchern das Auffinden der Grabstädten zu erleichtern und namentlich etwaige defekte Grabdenkmäler zu erneuern.“

Der jüdische Friedhof von Harburg, der damals etwa 500 Grabstätten hatte, hatte inzwischen auch Plätze für Tote aus Mönchsdeggingen und Ederheim, deren Gemeinden dem Artikel gemäß aufgelöst waren. Mit der Aufgabe die Nummerierungen durchzuführen und zu katalogisieren wurde der Lehrer Hermann Rieck beauftragt.

Von Seite vieler Auswärtiger, deren Ahnen im hiesigen Friedhof schlummern, wurde der Kultusverwaltung Harburg, dieses lobenswerten und pietätvollen Unternehmen halber Anerkennung gezollt.“

Gerson Stein von der jüdischen Gemeinde Harburg war nicht der erste, der die Idee der zusätzlichen Grabnummer auf der sonst meist  nicht beschrifteten Rückseite der Grabsteine hatte, aber es war für dokumentarische Zwecke zweifellos eine gute und praktische. Voraussetzung für diesen Nutzen war und ist freilich, der Erhalt der entsprechend erstellten Register und Übersichten. Dies ist heute leider eher selten noch der Fall, da in den späten dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts Nazi-Behörden wie das sog. „Reichssippenamt“ (RSA) in Deutschland und von Deutschen besetzten Gebieten relativ systematisch Archive jüdischer Gemeinden plünderten, um die Unterlagen ihrer rassischen Forschung unterwarfen – u.a. um jüdische Vorfahren nichtjüdischer Deutscher aufzuspüren, relevant für die Vergabe des kleinen oder großen Ariernachweises. Viele der geraubten Geburts-, Heirats-, Sterbe- oder Friedhofsregister, die im thüringischen Schloss Rathsfeld bis in die letzten Kriegswochen hinein, als längst klar war, dass Nazi-Deutschland keinen Bestand haben würde, minutiös abfotografiert wurden, sind verschwunden oder existieren nur noch als Papierkopien der erhaltenen Fotoplatten. Beispielsweise am jüdischen Friedhof von Binswangen ist es, nach aktuellem Kenntnisstand sodann auch so, dass manche der sehr wenigen erhaltenen Grabsteine auf der Rückseite lediglich eben eine solche Grabnummerierung aufweisen. Die auf der Vorderseite befindlichen Metallplatten wurden offensichtlich geraubt, für schändlich Zwecke von lokalen Zeitgenossen, die sich ganz unbefangen an den Grabmalen ihrer bisherigen Nachbarn bereicherten.  In dieser Weise blieb von einigen Juden aus Binswangen nichts anderes übrig als eine verbliebene Nummerierung wie etwa „N 225“, die ohne das Register, für das es angelegt wurde weiter nichts mehr besagt.   

 

„X 225“

without stolen metal plate

Since the metal plate of the grave marker was stolen by Nazi neighbors also the memory has vanished

Probably in mid-nineteen century Jews began to number grave markers on their back with mostly consecutive figures in order to simplify the location of particular tombs for out of town visitors or descendants. The Jewish community of Swabian Harburg in 1902 decided to introduce such numbers also for the purpose in future to be able to restore or replace damaged grave markers. Since during the Nazi time not only many Jewish grave markers but registers as well were destroyed in some cases the backside numbers are the only reference left for us to commemorate. To be nothing more as a meaningless number in an unknown system however is what many contemporaries today fear.

Many thanks toRolf Hofmann for the 1902 “Israelit” article which draws attention to a problem almost everywhere.


Verschießt Augsburg sein Pulver ..?

August 15, 2011

Überraschend für uns beriefen sich vor kurzem die “Freien Wähler” aus Augsburg (denen durchaus unsere Anerkennung für ihre Wachsamkeit gilt) auf einen zwei Jahre alten, ansonsten nur in der englischen Fassung gelegentlich beachteten Bericht über die Zuordnung der städtischen Legende des Tipsiles als Erfinder des ersten waffenfähigen Schießpulvers in Augsburg. Freilich interessiert sich in Augsburg auch weiterhin niemand für David ben Josef Ha-Tiplisi (1279-1359), noch nicht mal so recht für die kleine Figur mit grünem Turban in der St. Anna – Kirche, die seltsam genug zur Legende passt …  

Anlass war/ist, die geplante Umbenennung des Pulvergäßchen zu Ehren einer anderen, offenbar wesentlich glaubhafteren Legende, nämlich der des seitens der katholischen Kirche 1737 heiliggesprochenen Franzosen Vincent de Paul (1581-1660), der heute als “Begründer” des freilich dann doch erst 1897 entstandenen Caritas angesehen wird. Die Heiligsprechung (oder: Kanonisation) basierte nach katholischem Recht , da es sich bei Paul nicht um einen Märtyrer handelte, auf einem nachgewiesenen “Wunder”, ein “Heilungswunder”, sprich auf mindestens einem angezeigten  “Wunderheilung” das von klerikalen Prüfern in einem umständlichen Verfahren beglaubigt worden sein musste. Eine solche Wunderheilung muss eine medizinische durch Ärzte, Pflege, Ruhe, usw. ausschließen, sondern muss auf dem Gebet eines Kranken beruhen, der sich gedanklich an den Toten wendet und dessen Bitte um Heilung durch den angebeteten Toten vermittelt wird.  Untersucht wurde dazu auch sein zu diesem Zweck eigens zweimal exhumierter Leichnam, der danach (lange vor Lenin) und bis heute in Wachs gegossen in einem gläsernen Sarg in einer Kirche ausgestellt ist, während sein Herz abseits von seinem wachsenem Leichnam in der Zentrale des Vinzentinerinnen-Ordens in Paris getrennt aufbewahrt wird. Augsburg hat der französische Priester und Missionar nie betreten.

Nach dem Stadtrat in Augsburg befasste sich auch die Augsburger Allgemeine mit einem kurzen Artikel mit der Auseinandersetzung, stellt dabei freilich nicht etwa Legende gegen Legende, sondern den “Heiligen” gegen den “Juden”. Da dies in Augsburg keine synonymen Begriffe sind, darf man eine gewisse Voreingenommenheit unterstellen.

Die im Artikel auch wieder zitierte Einschätzung, das Pulvergäßchen habe eine “geringe historische Bedeutung” und die Pulvermühle dort nur von 1398 bis 1434 bestanden, basiert auf einer einzigen zudem ungenauen Quelle und wurde von zahlreichen anderen, auch städtischen Autoritäten widerlegt.

Der Augsburger Stadtarchivar Theodor Herberger, schreibt vor rund 150 Jahren in seinem Buch „Augsburg und seine frühere Industrie“,“…, daß kaum eine andere Stadt gerechtere Ansprüche auf die Fabrikation des Schießpulvers und das Gießen der ersten Kanonen machen konnte, als Augsburg“.

Seine heutigen Amtsnachfolger im Augsburger Stadtarchiv sind nun wahrscheinlich aufgefordert, Herberger und allen anderen früheren Autoren ihren “Irrtum” nachzuweisen, zugunsten eines auswärtigen Heiligen, dem ein bereits zugestandener Straßenname angeblich nicht genügen soll. Freilich wurden gemäß der Stadtbücher in den 1370er Jahren mehrfach Kosten für Büchsen, Schießpulver, Mörser und gegossene Kugeln mit Salpeter und Schwefel verrechnet, was alles keinen rechten Sinn ergibt, wenn erst 1398 eine Mühle entstanden sein soll. Zahlreiche andere Autoren gehen davon aus, dass in Augsburg schon um 1340 eine Pulvermühle bestanden haben soll, jene eben, die die Legende dem Tipsiles zuschreibt, der zu dieser Zeit in Augsburg gelebt haben soll.  

Im Volksmund zeugt die Redensart, „das Schießpulver nicht erfunden haben“ von mangelndem Scharfsinn, weitere Sprichwörter besagen, dass jemand sein „Pulver bereits verschossen“ hat oder „keinen Schuss Pulver wert“ sei. Alles deutet auf praktische Intelligenz, die man hat oder nicht. Diskussionen die sich kaum lohnen, wenn manche heute die Realität etwa danach beurteilen, was bereits bei wikipedia eingetragen ist oder nicht begreifen können, dass es abseits von Zusammenfassungen geläufiger Taschenbücher, Geschichte im Detail doch anders gestaltet geben kann.

Das zeigt sich praktisch auch an anderer Stelle, etwa beim Judenberg, der von intelligenten Leuten in dieser Stadt als „zu hässlich“ angesehen wird und nun zum „Kunstberg“ werden soll, wohl weil auch heute noch das Wort „Kunst“ in den Ohren mancher einen viel besseren Klang hat als das Unwort der Jahre 1933-45 … „Juden“.  Dass Mietek Pemper seligen Angedenkens dort über ein halbes Jahrhundert lebte und sich trotz der finsteren Vergangenheit auch wegen mancher einzigartiger Highlights in der mittelalterlichen Augsburger jüdischen Geschichte , die er gut kannte und schätzte, wohl fühlte, kommt Leuten, die hoffen nur etwas vom eingebildeten Hollywood-Glamour abzukriegen oder christliche Kränze auf sein Grab werfen nicht in den Sinn kommen will.

Artikel der “Augsburger Allgemeinen” Mittwoch, 10. August 2011, S. 38 zum Pulvergäßchen

The city council of Augsburg – in a non-public session – recently had to decide to rename the small Pulvergassel in Augsburg after Vincent de Paul, a legendary French saint whose corpse is exhibited in a glas case in a Paris church while his (physical) heart is in another. Since the current name refers to a medieval powder mill and thus probably also to the legend of “Tipsiles” as first time inventor of weapon grade gun powder (as mentioned also in the Jewish Encyclopedia) there now is a controversy in the council as well as in local papers and polemical commentaries in blogs and discussion groups, whether old reports who held Augsburg in 1340 for the oldest gunpowder fabrication locality in Germany or even Europe are true or if these just are fairy tales invented by Jewish “pseudo-historians” as already anti-Semite Adolf  Stoecker pointed out a hundred years ago. However, obviously of course a faith healing Catholic saint fits much better in Augsburg’s “advertising strategy” to promote as “City of Peace” , but does it mean that all reminiscences or remnants which may conjure up wartime memories miraculously will vanish as the bunny in the top hat ..? In our opinion it does not matter what name the small back alley has. In case of war Augsburg will not be bombed because there was a gunpowder mill in early 14th century and in cases of any epidemic Vincent de Paul also will not work any wonder. History is history and dealing with (own local) history is history as well.

Augsburg in fact was regarded as first or among the first major places of fabrication of weapon grade gun powder as umpteen older books maintain. The fact that local legends refer the invention to a Jew is somewhat unusual and a sophisticated population would be proud of it to have other than Holocaust related stories in their history, but obviously there still is a far bigger lust and hunger for miracles and wonders, … so if one street name for Vincent de Paul is not enough, so give him five.

The local newspaper already opposes “the saint” and “the Jew”, so you all may guess what the decision (wanted) will be, knowing that both terms also in current German – for what reasons ever – still are anything but equivalent.  😉 

בסמטה קטנה בהתייחסו אגדה מימי הביניים של ממציא יהודי של אבק שריפה אוגסבורג, עכשיו יהיה שמם לאחר כומר קתולי מצרפת