
In der Gegend von Kaufering und Landsberg am Lech richteten die Deutschen gegen Ende der Nazi-Herrschaft den größten Konzentrationslagerkomplexes des Reiches ein, das 14 Außenkommandos umfasste und im Juni Gefangene aus dem Konzentrationslager Auschwitz zugestellt bekam, um in Bunkeranlagen vor Ort unter dem Tarnnamen „Ringeltaube“ Messerschmitt Düsenjets des Typs ME 262 zu bauen, dem oftmals „Hai ähnlich“ bezeichneten, ersten in Serie gebauten Flugzeug mit Strahltriebwerken, das übrigens in Augsburg entwickelt wurde. Offenbar um Verwirrung zu stiften wurden alle Lager „Kaufering“ genannt, auch wenn sie sich an anderen Orten als Kaufering befanden, wie etwa Landsberg. In den Lagern wurden bis Kriegsende etwa 30.000 jüdische Gefangene registriert , nur etwa die Hälfte, jedoch starben viele der aus ganz Europa verschleppten Juden auch noch in den Monaten nach dem Krieg an den Folgen der Qualen. Nach der Definition von Yad Vashem in Jerusalem gelten nur jene Personen noch als Opfer des sog „Holocaust“, die bis zu sechs Monate nach Kriegsende in Europa an den Folge ihrer KZ-Haft starben. Wer eine Woche oder noch länger durchhielt, starb eines gewöhnliches Todes, beispielsweise als „deplatzierter“ Mensch am falschen Ort, bzw. „Displaced Person“.
In der 1884 gegründeten Abtei St. Ottilien (Gemeinde Eresing) , knappe 20 km östlich von Landsberg, lebten von Kriegsende Anfang Mai 1945 bis 1948 eine Anzahl Juden, manche nur wenige Tage, andere Monate oder Jahre. Das Kloster ist heute eine Art Wirtschaftsbetrieb mit eigener Biogas-Anlage, einem Klosterladen, usw. Neben der Kirche und den eigentlichen Klostergebäuden gibt es dort den EOS Verlag mit Druckerei, eine Klostergaststätte mit großem Biergarten, eine Auto- sowie eine weitere Elektrowerkstatt, eine Metzgerei, ein Gymnasium, eine Turnhalle, ein Nähmaschinen-Museum, selbst der kleine See hat eine eigene Insel. Schließlich verfügt das Klosterdorf sogar noch über einen eigenen Bahnhof an der Strecke Augsburg-Weilheim, die 1898 als „Ammersee-Bahn“ eröffnet wurde. Dem Vernehmen nach halten hier täglich immerhin ca. 30 Züge.
Ab 1945 befand sich hier ein jüdisches Krankenhaus oder aber gar von einer kleinen eigenen Gemeinde mit eigenem Betsaal für Tfila und Mikrat Tora. Dies basierte freilich nicht auf einem frommen Gesinnungswandel oder einem Wunder, sondern ging auf die Initiative von Dr. Salman Grinberg (זלמן גרינברג, 1912-1983) zurück, einem aus Litauen stammenden Radiologen, der selbst Gefangener in KZ Dachau war.
Bei Kriegsende wurde er in der Nähe des Klosters in einem der Kaufering-Lager festgehalten. Dr. Grinberg schaffte es, unter jüdischen Zwangsarbeitern Krankenschwestern und Ärzte aufzutreiben, um im Lazarett des Klosters St. Ottilien, wo bis dato zahlreiche deutsche Soldaten behandelt wurden, eine Station für zahllose entkräftete und kranke Überlebende der Zwangsarbeitslager des Kaufering-Komplexes einzurichten. Grinberg konstatierte in St. Ottilien, dass er und die anderen Gefangenen sowohl lachen als auch weinen verlernt hätten, nicht wirklich lebten, sondern noch tot seien. Anders als heute, wo sich „Opfer des Naziregimes“ vor Sympathisanten kaum retten können, konnten die oft totkranken Überlebenden der Lager bei ihrer Bemühung am Leben zu bleiben, persönliche Freiheit und Perspektiven zu finden, offenbar nur mit wenig, allenfalls verbaler Unterstützung rechnen. Dr. Salman Grinberg – der zum Vorsitzenden des Zentralkomitees befreiter Juden im amerikanisch besetzten Teil des besiegten Nazireiches avancierte – beschwerte sich deshalb im Februar 1946 in דאס פרייע וואָרט (No. 19. S. 3), neuen Monate nach Kriegsende, dass die Gefangenen nach wie vor im Ungewissen blieben und bloße Studienobjekte von Fachleuten seien, die in Kommissionen über ihren weiteren Weg entschieden, sie selbst aber ebenso staaten- wie heimatlos blieben. Was die Krematorien Europas nicht verdauen konnten, so Grinberg, sei der internationalen Politik als Bissen im Hals stecken geblieben.

Dr. Zalman Grinberg, im Oktober 1946 in Landsberg am Lech (stehend, neben ihm sitzt rechts David Ben Gurion) bei einer Konferenz sog. אנשי שארית הפלטה בגרמניה.
Source: http://www.infocenters.co.il/gfh/notebook_ext.asp?book=123867&lang=heb
Grinberg wanderte nach Israel aus wo er Leiter einer Klinik in Petach Tikva wurde und lebte später in den USA, Dort erwarb er 1965 an der New York School of Psychiatry den Grad eines Doktors der Psychiatrie, praktizierte und lebte auf Long Island, New York. Er starb am 8. August 1983 an einer Staphylokokkeninfektion, die er sich offenbar von einem Patienten zuzog. Wie die New York Times in einem Nachruf berichtete, wurde er von seiner Frau Eva (nee Klein) und den drei Söhnen Yair, Moshe und Raffi überlebt.
Auf der Webseite des Klosters ist zu lesen: „Bis 1948, als das Hospital aufgelöst wurde, verzeichnet das Gräberbuch 76 Beerdigungen für den Judenfriedhof … Der jüdische Friedhof steht unter der Verwaltung der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung.“
Der jüdische Friedhof umfasst grob geschätzt etwa 30 mal 15 m und damit ca. eine Fläche von etwa 450 m². Auf dem Friedhof befinden sich insgesamt 14 Grabsteine, die an der etwa hüfthohen Mauerentlang in drei Richtungen aufgestellt oder eingemauert sind. Neun davon sind einer einzelnen Person gewidmet, einer zwei, drei weitere nennen die Namen von acht, neun und sechzehn Toten, die offenbar nicht verwandt waren aber gemeinsam bestattet wurden. Die Anzahl der namentlich genannten Juden beläuft sich demnach auf 44. Da die obige Quelle 76 Juden zählt, erhielten die anderen 32 offenbar keine Erinnerung. Jedoch gibt es am selben Friedhof aber noch eine weitere Gedenktafel für ein Massengrab mit den Namen von elf Personen deren Todesdaten zwischen dem 2. und 16. Mai 1945 angegeben wurden. Anstelle des Sterns der anderen Gräber befindet sich hier über den Namen ein Kreuz, weshalb es sich wohl um Christen handelte. Ob, wo und in welcher Anordnung die genannten Personen auf diesem kleinem Gärtchen bestattet wurde und ob die Gedenktafeln in irgendeiner Weise darauf Bezug haben, ist fraglich. Der Gedenkstein mit neun genannten Toten beispielsweise nennt sieben unterschiedliche Sterbetage, fünf Personen starben Anfang Mai. Man kann kaum davon ausgehen, dass hier ein Toter begraben wurde, um tags darauf das Grab für den nächsten Toten wieder zu öffnen, usw.
Den Angaben des Klosters gemäß untersteht der jüdische Friedhof der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung, wobei man nur raten kann, welches Ressort dabei eher zuständig sein könnte. Der christliche Hauptfriedhof des Klosters wird noch immer zur Bestattung eigener Mönche und Afrika-Missionare genutzt. Wie die Webseite ebenfalls verrät : „In neuerer Zeit wurden in der Klosterschmiede Grabkreuze angefertigt, die häufig einen verschlüsselten Hinweis auf die Tätigkeiten und Lebensschicksale der Toten enthalten, etwa Zunftzeichen, oder Palmzweige als Hinweis auf einen Einsatz in Afrika.“
Eine bemerkenswerte Variante davon ist uns aufgefallen und zeigt über ein Jesus-Kreuz ausgestreckte Tora-rollen stilisierte Rolle mit dem wahrscheinlich absichtlich nur fast korrekt geschriebenem hebräischen Schma-Gebet

Attached to the cemetery of the monastry of St. Ottilien (part of Eresing and some 20 km east of Landsberg at the river Lech, where Hitler was impriosioned and Johnny Cash wrote his Folsom Prison Blues) there is a small Jewish section with some reported 76 Jews buried here right after World War Two until 1948, when in the cloister there was a Jewish hospital initialized by radiologist Dr. Zalman Grinberg from Lithuania, who himself was a prisoner of one of the many concentration camps of the Dachau – Kaufering complex which was the largest in Germany proper.