Nach dreijähriger Planung wurde 2010 am städtischen Friedhof von Weilheim in Oberbayern ein zweiteiliges Denkmal aus rotem Sandstein errichtet, das an die Weilheimer Juden erinnern soll und das lokalpolitische Befürworter des Denkmals sich explizit einen Platz im Zentrum Weilheims wünschten. Geschaffen wurde es von dem aus Kaufbeuren stammenden und für seine einfachen geometrischen Formen bekannten Bildhauer Egon Stöckle (geb. 1936), der mit den beiden Teilen auch an den damaligen „Zivilisationsbruch“ erinnern wollte.

Die Inschrift des größeren Teils lautet „Die Stadt Weilheim gedenkt aller jüdischer Mitbürger die unter der NS-Herrschaft 1933-1945 gequält und verfolgt, vertrieben und beraubt wurden.“ (“The City of Weilheim remembers all Jewish fellow citizens who under the rule of Nazi 1933-1945 were pained, persecuted, expelled an bereaved.”)

Auf dem schrägen, kleineren Monument sind acht Namen von Weilheimer Juden erwähnt:
„Emil Buxbaum, Hedwig Buxbaum, Johanna Buxbaum, Ernst Buxbaum, Richard Grünwald, Johanna Schmidt, Bernhard Schmidt und Sabina Schmidt – sie wurden verschleppt und ermordet.“ (… they were kidnapped and murdered)

Da weitere Angeben zu den namentlich genannten fehlen, ist es auf Anhieb nicht möglich, sich einen Reim darauf zu machen. Sucht man mit der Ortsangabe Weilheim im Register von Yad & Schem in Jerusalem, so stößt man lediglich auf Bernhard Schmidt, Johanna Schmidt und Sabina Schmidt. Über sie Zeugnis abgelegt hat Drora Jakobi (geb. Schmidt), ihre in Israel (Cholon, חולון) lebende Schwester, die 1955 auf Hebräisch und 1985 nochmals auf Deutsch Angaben machte. Demnach hießen die Eltern, zu denen es in der Datenbank keine Einträge gibt und die sich auch nicht auf dem Weilheimer Denkmal finden, Abraham und Franziska (Fanny) Schmidt. 1955 in hebräischer Sprache trug Drora Jakobi nur zwei Geschwister ein. Bruder Bernhard war demnach am 17. Dezember 1930 in Weilheim geboren worden, von Beruf „Schüler“ (תלמיד) und endete dem Zeugnis gemäß 1943 im Krematorium von Auschwitz, bestenfalls 13 Jahre alt. Seine jüngere Schwester Chana, mit dem Spitznamen „Heni“ (am Gedenkstein als Johanna erwähnt) war am 12. August 1933 geboren worden und war von Beruf „Schulkind“ (ילדה בבית ספר). Im März 1943 starb auch sie in Auschwitz, im Alter von 9 Jahren. Nur im zweiten, deutsch-sprachigen Zeugnis erwähnt ist die älteste Tochter von Abraham und Fani Schmidt, die am 11. Oktober 1920 geborene Sabina, als deren Geburtsort jedoch nicht Weilheim, sondern „Polen“ genannt ist. Das deutet daraufhin, dass die Schmidts trotz des deutschen Namens ursprünglich aus Polen stammten. Die Identität zu ermitteln wird damit freilich auch nicht einfacher, da sich in der Datenbank von Yad & Shem in den denkbaren (deutsch, polnisch, englisch und jüdischen) Schreibvarianten immerhin 76 Einträge zu (wegen abweichender Geburtsdaten und Herkunftsorten überwiegend unterschiedlichen) „Abraham Schmidt“ finden, von denen die meisten aus Polen stammen. Man könnte allenfalls raten. Die Angabe, dass die Familie von Weilheim nach München gezogen war, hilft ebenfalls nicht weiter, da in den Münchner Adressbüchern jener Jahre wiederum kein Eintrage zu Abraham Schmidt sind. Aufschluss (ggf. auch über den Verbleib der Eltern) können wohl nur Melderegister in Weilheim geben. Im Adressbuch von 1936 ist Abraham Schmidt als “Arbeiter” unter der Adresse Herrenfeldstr. 9 eingetragen.

זיכרון ליהודים שנרצחו בעיר העליונה-בוואריה של ויילהיים
למשפחות שמידט בוקסבאום גרוענוואלד
Gleichfalls unergiebig sind die Informationen zu den am Denkmal erwähnten Buxbaum, die sich im Koblenzer Gedenkbuch*) als Münchner finden lassen. Man kann vermuten, ob sie im familiären Zusammenhang mit der Augsburger Buxbaum stehen, die eine weithin bekannte Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen besaßen. Immerhin findet sich im “Weilheimer Tagblatt” bereits 1874, eine entsprechende Werbeanzeige von “E. Buxbaum“(daneben eine Anzeige des Bankiers E. Landauer). Auch könnten die jeweils mit E beginnenden Namen der Weilheimer Brüder darauf verweisen.

Emil Buxbaum, der seit 1920 am Weilheimer Marienplatz (im Weilheimer Adressbuch von 1936 lautet seine Anschrift “Adolf Hitler Platz 6″) ein Bekleidungsgeschäft besaß
(Abbildung: http://www.primolo.de/archiv/Weilheim/hp_innen4.htm),
war demnach am 17. September 1887 geboren und starb 1943 im lettischen Riga, wohin er wie seine Familie verschleppt worden war, so auch seine Frau Hedwig (geb. am 7. Juni 1899). Ebenso ihr am 30. April 1925 geborenes Kind Johanna Buxbaum – sie kam 1943 in Riga ums Leben. Der 1897 geborene Ernst Buxbaum (wohl der Bruder von Emil) beging bereits 19. April 1940 Suizid. Nähere Angaben zu welchen Umständen auch immer gibt es nicht in den Gedenkbüchern, die offenbar auch Grundlage für die am Denkmal überhaupt genannten Namen sind, findet sich dort auch Richard Grunwald. Von ihm ist lediglich dort nur erwähnt, dass er am 25. November 1884 geboren wurde, in Auschwitz landete und 1955 als vermisst galt.
Im Adressbuch von 1936 findet sich aber auch Richard Grunwald und zwar als Sägewerkbesitzer (“Deinhaus-Werk” arisiert als “WeHoBa”) am Trithofweg 19, unter derselben Anschrift genannt sind noch Arnold und Bernd Grunwald, jeweils mit dem Zusatz Kaufmann. Es ist anzunehmen, dass sie verwandt waren, Frauen und Kinder hatten. Was aus ihnen wurde lässt sich schwer sagen, da Yad & Shem auch zu Arnold Grunwald 45 Treffer hätte, die meisten von ihnen aus Böhmen.
Wenn man bedenkt, dass wohl kaum jemand beim bloßen Lesen im Adressbuch einen Richard Grunwald oder Bernd Schmidt als Jude in Betracht ziehen würde und viele einen solche Vermutung oder Zusammenhang gewiss in Abrede stellen würden, stünden diese Namen nicht eben auf dem offiziellen Denkmal … und berücksichtigt man zudem, dass mit ihnen verwandte Personen, deren Existenz sich schon aus einem bloßen Blick ins damalige Adressbuch von Weilheim ergibt, … von amtlichen Melderegistern ganz zu schweigen … ist es klar, dass die bloß acht Namen am Denkmal derer man sich recht ungenau “erinnern” will, offensichtlich damit einhergehen, viele andere für immer zu vergessen. There is a Gschmackle as the Swabian saying goes.

?עיר שמיימית – ירושלים או ויילהיים
Four members of the Buxbaum family are mentioned on the memorial at the municipal cemetery of Weilheim, three of the Schmidt siblings whose sister Drora (married Jacoby in Cholon, Israel) managed to survive and gave testimony in 1955 and 1985 on behalf of her murdered sisters and brother and Richard Gruenwald.
The memorial, which is hidden in the rear part of the cemetery next to large soldier memorial however hall has no dates or other information on the names. So it is left to your own effort to find out what was their relation, age or whatever.
Since the names of the parents of the Schmidt siblings are not mentioned as well as a number of relatives of the Buxbaums and other Weilheim Jews, it is rather unlikely that there were just eight of them who were murdered and adressed as “all Jewish fellow citizens” …
Richard Grunwald for instance, as a cursory look into the Weilheim adressbook from 1936 reveals was the owner of a saw or lumber mill and in his house lived also Arnold and Bernd Grunwald, who maybe were his sons or brothers, but or not mentioned as well.
What one can figure out with a closer look on Weilheim?
We may come back on that later.
If you have further knowledge on the Jews of Weilheim, please let us know.