Jüdische Gemeinde in Kopenhagen forderte Polizeischutz

February 15, 2015

In Reaktion auf die Anschläge von Paris

Auch wenn man es wie Barack Obama (der jüngst in Bezug auf den koscheren Supermarkt in Paris von einem bloßen Zufall sprach -“random”) leugnet und nicht wahrhaben will, radikale Islamisten sehen in jüdischen Einrichtungen primäre Anschlagziele. Das war am Tag des Anschlags von Paris auch der kleinen jüdischen Gemeinde in Kopenhagen bewusst.

Mitteilung vom 13. Januar 2015 (afp):

Jüdische Gemeinde Kopenhagen fordert Polizeischutz nach Anschlag Januar 2015 Paris

sidder krudttønde

another random case?

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Og nu er vi alle danskere? Eller jøder?

For ytringsfriheden? Mod grundløse islamofobi?


Gab es in Deutschland jüdische Wehrmachtssoldaten?

February 7, 2013

So etwa einmal pro Quartal werden wir in der einen oder anderen Weise darauf angesprochen, dass wir hier in bestimmten Zusammenhängen (meist sind uns Anlässe Grabbesuche, Pflege, etc.) von “jüdischen Wermachtssoldaten” sprechen. In der Argumentation wird dabei der Begriff der “Wehrmacht” ausschließlich auf die Herrschaft der Nazis in Deutschland verengt und unterstellt, dass dies die jüdischen Opfer der nichtjüdischen Wehrmacht schmähen könnte. Zuletzt geschah dies in der Zuschrift von Herrn Hans D. Silbermann aus Münster.

Da es sich nun aber bereits um einen mehrmals zur Diskussion gestellten Sachverhalt handelt, erfüllt es das Kriterium einer “frequent asked question” und verdient demnach eine entsprechende kurze Stellungnahme:

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SHALOM!

Gute Seite Seite!

Jedoch:

Bitte den Eintrag “Der neue jüdische Erfurter Friedhof an der Seelenbinderstraße” editieren. Das hier gezeigte Denkmal ist nicht für jüdische Wehrmachtssoldaten, sondern für jüdische Soldaten des ERSTEN Weltkrieges.

Die WEHRMACHT war die faschistische Armee des Naziregimes. In dieser dienten keine Juden -vielmehr wurden sie durch genau diese Wehrmacht nach Auschwitz getrieben.

Traurig, dass ich so etwas hier lesen muss. Haben die Deutschen aus ihrer Geschichte immer noch nichts gelernt?:(

Weiterführende Hinweise:
http://de.wikipedia.org/wiki/Wehrmacht

Viele Grüße

Hans D. Silbermann

Kopiert von unserer “support”-Seite wo der Beitrag eingestellt wurde.

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Vielen Dank für Ihren allgemeinen Zuspruch, jedoch ist Ihre Einschätzung  

Die WEHRMACHT war die faschistische Armee des Naziregimes. In dieser dienten keine Juden

(wenngleich, warum auch immer, sehr verbreitet), nicht die ganze Geschichte und deshalb irreführend.

Die Deutsche Wehrmacht bestand selbstverständlich schon LANGE VOR dem Hitler-Regime und wurde keineswegs von den Nazi erfunden, schon gar nicht begrifflich.

Den Begriff der “Wehrmacht”, an dem Sie offenbar Anstoß nehmen, können Sie bereits in der Verfassung des Deutschen Reiches (der sog. „Weimarer Verfassung“) vom August 1919 finden.

Wenn Sie sich aber schon auf die Nazi beziehen wollen, sollten Sie auch wissen, dass es für deren Herrschaft entscheidend war, dass ihr „Führer“ die staatsrechtliche Position des Reichspräsidenten einnehmen konnte. Der Grund dafür ist in Artikel 47 der Reichsverfassung zu finden. Dort heißt es nämlich:

„Der Reichspräsident hat den Oberbefehl über die gesamte Wehrmacht des Reichs.“

 

Interessant für Sie könnte auch Artikel 140 der Reichsverfassung von 1919 sein:

Den Angehörigen der Wehrmacht ist die nötige freie Zeit zur Erfüllung ihrer religiösen Pflichten zu gewähren.“

Dass auch jüdische Wehrmachtssoldaten in der Zeit vor den Nazi davon Gebrauch machten, dass es jüdische Wehrmachts-Rabbiner gab, etc., das alles darf eigentlich schon bekannt sein.

Im Übrigen kommt der Begriff der Wehrmacht sogar schon bereits in der sog. „Paulskirchen“-Verfassung vom März 1849 vor (§ 19: „Die Bemannung der Kriegsflotte bildet einen Theil der deutschen Wehrmacht. Sie ist unabhängig von der Landmacht.“)

 

Ich stimme Ihnen zu, dass „die Deutschen“ (wie alle „Nicht-Deutschen übrigens!) aus ihrer Geschichte lernen sollten. Das Studium von Primärquellen kann dabei durchaus nützlich sein, da, wie wir ja am Beispiel sehen, auch vielleicht “gut gemeinte” Interpretationen offenbar Moden unterliegen und in die Irre führen.

Jüdischen Soldaten, von denen auch in deutschen Uniformen sehr viele sehr tapfer waren, die dafür Orden erhielten, aber auch ihr Leben und ihre Gesundheit opferten, posthum ihre Zugehörigkeit zur Deutschen Wehrmacht abzusprechen und sie als bloß “jüdische Soldaten des Ersten Weltkriegs zu bezeichnen, als hätte es damals eine “jüdische Armee” gegeben, die auf eigene Rechnung am Weltkrieg teillnahm, etc., erscheint mir als ein sehr eigenartiges Unterfangen. Man könnte fast meinen, dass dies ganz nach dem Geschmack der Nazi wäre, die 1935 Juden von der Wehrmacht tatsächlich ausschlossen und alle Spuren tilgen wollten. 

Welchen Sinn ergibt es aber, fast siebzig Jahre nach der Niederlage der Nazi-Bande deren diesbezügliche Interessen weiter zuverfolgen? 

 

Denkmal_juedischer_WehrmachtssoldatenFriedhof Augsburghttp://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Denkmal_juedischer_Wehrmachtssoldaten_Augsburg_Hochfeld.JPG

Quellen:

http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/verfassung/index.html

http://verfassungen.de/de/de06-66/verfassung48-i.htm


Über den Wucher jüdischer und christlicher Geldverleiher

June 20, 2012

 

März 2017: Ausführlicher beschrieben im Buch:

Yehuda Shenef

Humor, Wucher, Weltverschwörung: Die geläufigsten Vorurteile gegenüber Juden und was es mit diesen auf sich hat 

ISBN: 978-374-3181-205

Taschenbuch: 260 Seiten

13 Euro

 

 

Eines der gängigsten Stereotype über mittelalterliche Juden ist jenes über Geldverleiher, das anders als in  früheren Zeiten von modernen Autoren durchaus mit einer gewissen Nachsicht beurteilt wird.

Vorausgesetzt wird dabei aber wie auch immer die Annahme, dass zwei gesellschaftliche Faktoren sich mehr oder minder passgenau ergänzten: Christen war es demnach verboten, gegen Zins Geld zu verleihen, während Juden außer dem Geldverleih keine anderen Berufe ausüben durften. Daraus folgt, dass grob geschätzt die meisten Juden als Geldverleiher tätig waren. Da dieses Gewerbe vor allem in der damaligen Zeit nun aber auch sehr risikoreich war, waren sie gezwungen teilweise sehr hohe Zinsen zu verlangen, was sodann auch den schlechten Ruf des Wuchers begründete. Mangels anderer Möglichkeiten waren die Juden zum einen also genötigt, mittels Geldverleih ihr Brot zu erwerben und zum anderen dabei „Wucherzinsen“ zu fordern. Da sie sich in einer solchen, eher ausweglosen Situation befanden, ist ihr Wucher, der früher den Hass auf sie begründete, heute aber doch mit Nachsicht und Verständnis zu beurteilen. So zumindest lautet das noch immer gängige Klischee, welches auch in seiner scheinbar verständnisvollen Umdeutung das Musterbeispiel eines Vorurteils und des zeitgenössischen Umgangs damit ist. Da auch die positiv gedachte Rechtfertigung – gewollt oder nicht – den Sachverhalt als solchen scheinbar „objektiv“ bestätigt, steht das „Urteil“ noch fester und wird entsprechend noch weniger auf seine reale Bewandtnis hinterfragt.

Für eine kritische Erörterung stehen folgende Sachfragen zur Diskussion:

1. Waren alle Juden Geldverleiher?

2. Tätigten die Juden andere Geschäfte als Christen?

3. Verlangten jüdische Geldverleiher verhältnismäßig hohe Zinsen?

4. War es Christen verboten mit Gewinn Geld zu verleihen?

Kurz gefasst kann man all diese Fragen mit Nein beantworten.

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1. Wie typisch waren jüdische Geldverleiher?

Ohne Zweifel gab es im Mittelalter jüdische Geldverleiher und wenigstens prozentual wohl mehr als christliche, jedoch findet man effektiv nur wenige Juden, die diesem Gewerbe tatsächlich nachgingen. Im mittelalterlichen Augsburg, neben Köln und Nürnberg das wichtigste Handelszentrum im Reich, wo Juden eine bedeutende Stellung innehatten, treten kaum fünf Prozent der jüdischen Steuerzahler als Geldverleiher in Erscheinung. Von diesen wiederum betätigt sich Mehrzahl als Pfandleiher mit eher geringen Beträgen. Andererseits gab es dann aber doch einige wenige Juden, die aus der Gemeinde herausragten und Bischöfen, Fürsten und auch Königen mitunter stattliche Summen leihen konnten. Bei dreißig bis vierzig jüdischen Steuerzahlern in der Stadt waren dies im Laufe der Zeit meist nur einer oder zwei, seltener mal drei. 1314 etwa liehen die Gemeindevorstände Jüdlin und Lämlin dem damaligen Wittelsbacher Herzog Ludwig und späteren Kaiser Ludwig IV. zu jener Zeit recht üppige 3600 Pfund Pfennige Augsburger Währung, damit er sich als Kandidat der Luxemburger für das Amt des römisch-deutschen Königs bewerben konnte, wofür sie von ihm seine Residenz München als Pfand erhielten, theoretisch. Obwohl dies zweifellos schon ein sehr bedeutendes Unternehmen war, ist es, wie auch immer kaum vergleichbar, mit den weit umfangreicheren Geldgeschäften christlicher Geldleiher wie der Medici oder Fugger, um nur zwei allgemein bekannte christliche Finanz-Dynastien zu nennen, deren Geschäfte auch die ansehnlichsten jüdischen um ein Zigfaches überstiegen. Ebenso gut könnte man die Geschäftsabschlüsse eines städtischen Pfandhauses mit denen internationaler Großbanken vergleichen wollen. Erst im 19. Jahrhundert gelang es jüdischen Bankiers wie den Rothschilds, Oppenheim oder Warburg, wenigstens zeitweilig in vergleichbare Höhen vorzustoßen. Christliche Familien wie die Medici oder Fugger betrieben Geldgeschäfte im größten Stil. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür sind auch die zweifellos christlichen Augsburger Geldhändler Welser, die zunächst im Silberbergbau reich wurden und bald mit Barchent, Gewürzen, Baumwolle und Menschen handelten und gemeinsam mit ihren Nürnberger Verwandten und den Augsburger Fuggern 1536 versuchten, das Gebiet des heutigen Peru zu erobern, wobei ihnen jedoch die Spanier zuvor kamen. Von 1519 bis 1550 kontrollierten die Augsburger Welsern bereits die spanische Überseeprovinz im südamerikanischen Venezuela. Gegen  eine „Gebühr“ von 20.000 Gulden an den Kaiser durften die Augsburger Patrizier tausende afrikanische „Negersklaven“ über den Ozean verschiffen, um Gold, Edelhölzer, Perlen und seltene Pflanzen zu sammeln. Das Unternehmen kam mit dem gewaltsamen Tod von Bartholomäus Welser (1512-1546), dessen Vater der Hofagent von Kaiser Karl V. wie auch des französischen Königs Franz I. war,  zum Erliegen. Der Sohn nun führte als Hauptmann eine Expedition auf der Suche nach dem legendären Goldland „El Dorado“ ins Landesinnere, wo er dann von einem Rivalen ermordet wurde.

Die Mehrzahl der Juden hatte mit dem Geldhandel nichts oder nur am Rande zu tun. Dazu muss man sich vergegenwärtigen, dass die damaligen Großstädte des Reiches aus heutiger Sicht keine solchen waren. Die bevölkerungsreichste Stadt im spätmittelalterlichen Europa war Paris mit 100.000 Einwohnern, was heute Gütersloh oder Salzgitter entsprechen würde, gefolgt von London und Mailand mit etwa 80.000 Einwohnern, vergleichbar mit dem heutigen Castrop-Rauxel, das noch um das Jahr 1700 noch ein Dorf von 300 Einwohnern war. Während im mittelalterlichen Florenz oder in Prag 50.000 Menschen lebten, hatte die mit Abstand bevölkerungsreichste deutsche Stadt Köln nur etwa 40.000 Einwohner, so wie heute Buxtehude oder Mettmann. Es folgten die „Metropolen“ Augsburg, Nürnberg, Straßburg, Lübeck und Ulm mit jeweils etwa 20-30.000 Einwohnern, so wie seinerzeit Brüssel, oder heute Sprockhövel im Ennepe-Ruhr-Kreis, einer Wiege des Ruhr-Bergbaus, während Städte wie Frankfurt am Main, Wien, Regensburg, Braunschweig, Bremen, Magdeburg, München, Erfurt, Hamburg oder Trier nur auf etwas mehr als 10-15.000 Einwohner kamen und heute von Orten wie Schrobenhausen, Schwetzingen oder Zülprich im Kreis Euskirchen übertroffen würden. Die weitaus meisten Städte waren jedoch recht kleine Ansiedlungen mit kaum mehr als 2 oder 3.000 Einwohnern. Der Bedarf an Investitionen dort war entsprechend bescheiden und richtete sich eher nach den Bedürfnissen regionaler Fürsten und deren Bündnisstrategien. Andererseits war auch der Finanzmarkt in den genannten „Großstädten“ recht überschaubar. Heute gängige Motive zur Aufnahme von privaten Krediten, wie die Anschaffung eines neuen Autos oder einer Wohnungseinrichtung, eine exklusive Urlaubsreise und dergleichen existierten nicht, auch wurden keine Altenheime, öffentlichen Schwimmbäder, Schulen, Sportplätze oder Jugendzentren gebaut, allenfalls Kirchen. Wer Geld brauchte, benötigte es meist um einen zeitlich begrenzten Engpass zu überbrücken. Abgesehen von einigen Fürsten oder Klerikern wäre kaum jemand in die Verlegenheit gekommen, über seinen Verhältnissen zu leben. Wer arm war, bettelte um Almosen, nicht um Darlehen.

Die Zahl der Juden bewegte sich meist in der Größenordnung von 1 – 3 % der Gesamtbevölkerung, selten darüber. Eine Stadt mit 10.000 Einwohnern hatte rechnerisch also etwa 150 Juden, die mit Frauen, Kindern, Alten und Bediensteten, wie Mägde, Stallknechte, Hauslehrer, usw. auf etwa 10 Familien, sprich Haushalte oder Steuerzahler kamen. Anders als oft vermutet, verfügten die Juden einer Gemeinde durchaus über eine ganze Reihe von Berufen, angefangen von koscheren Metzgern und Bäckern, über Gerber (für Gebetsriemen, Torarollen, etc.), Weber (Gebetschal, etc.), Richter, Rabbiner, Schul- und Hauslehrer, Wäscherinnen, Schreiber, Steinmetze, Vorbeter, Schmiede, Händler, Bader, Beschneider, Ärzte, etc. ,aber auch Helfer in der Synagoge und Gemeinde wie Garköche, Schulklopfer (die vor Schabbat oder Festtagen an die Türen klopften, um zum Gottesdienst zu rufen), Totengräber oder weitere Hilfslehrer, falls es vor Ort neben der Betstube vielleicht auch eine Jeschiwa (Schul) gab. Belegt sind an manchen Orten ferner auch jüdische Bierbrauer, Papierhersteller, Apotheker, Fischer, Flößer, Gastwirte und dergleichen mehr. Da mit dem Aufkommen der Zünfte in den Städten, Juden von diesen vom öffentlichen Markt ausgegrenzt werden sollten, ergibt sich von selbst, dass sie bis dato in vielen Handwerkberufen tätig waren. Das waren sie natürlich auch weiterhin, erhielten in der Regel aber kaum noch Aufträge aus den Städten, sondern eher aus dem Umland, das den städtischen Zunftordnungen nicht unterworfen war. Im 15. Jahrhundert führte dies auch zur verstärkten Abwanderung reichsstädtischer Juden in auswärtige, oft benachbarte Dörfer. Man kann sich also leicht ausmalen, dass bei der Fülle von unabdingbaren Aufgaben zur Aufrechterhaltung einer jüdischen Gemeinschaft die meisten ihrer Angehörigen in den verschiedenen Gewerben tätig sein mussten. Nur wenige waren deshalb dazu in der Lage, neben ihren Berufen kleine Pfandgeschäfte zu betreiben, in welchen man recht kurzfristig gegen ein abgegebenes Pfand kleine Beträge verlieh. Dazu bedurfte es auch einen gewissen administrativen Aufwand, zudem auch nicht jeder im Stande war. Verträge mussten aufgesetzt und unter der Teilnahme von Zeugen, in der Regel sowohl Juden als auch Christen, unterschrieben werden. Pfandgeschäfte unterlagen der städtischen Aufsicht, die dafür mehr oder minder feste Regelungen kannten und diese von Beamten kontrollieren ließ. Meist wurde das Pfand nach ein paar Tagen gegen eine kleine Gebühr auch wieder ausgelöst. Es ergibt sich von selbst, dass ein nennenswerter, bedeutender Geldhändler die große Ausnahme sein musste und sehr sicher im Bereich eines Bischofs oder Vogtes, etc. angesiedelt war, für deren Finanzbedarf sich der Geldleiher in der Regel erst selbst von anderen Geld leihen musste. So wie es nicht zwei Bischöfe an einem Ort gab, gab es dann auch selten mehr als einen oder zwei bedeutende Geldhändler. Obwohl es unter den vermögenden Geldverleihern kaum innerjüdische Konkurrenz gab, waren sie verständlicher Weise doch sehr auf ihren guten Ruf bedacht. Insbesondere unter den weniger vermögenden Verleihern und Pfandnehmern bestand für den Kapitalsuchenden dann doch eine gewisse Auswahlmöglichkeit. Wer mit dem Angebot des einen Pfandleihers nicht zufrieden war, konnte zum nächsten gehen.

Auch wenn die Wahrnehmung geprägt ist durch das verbreitete Klischee des „Wuchers“, welches ursprünglich nur das deutsche Wort für das vom lateinischen census (= Abschätzung) abgeleitete Zins war (vergleiche die Redensart: „Ein Pfund mit dem man wuchern kann“ – gemeint ist das „Pfund“ als Währung) und den Eindruck erweckt, als wären Beschwerden oder gar Empörung über jüdische Geldverleiher üblich gewesen oder gar Standard, war dies keineswegs der Fall. Die weitaus meisten der Geschäfte waren ganz offensichtlich zur allseitigen Zufriedenheit verlaufen, weshalb sich nur wenige gegenseitige Beanstandungen in den Urkunden finden. Im Gegensatz dazu sind vergleichsweise wenige Urkunden über Rechtstreitigkeiten erhalten geblieben, demgemäß sich ein städtisches Gericht nur alle Monate oder Jahre mal mit einem Fall beschäftigen musste, in welchem ein säumiger Schuldner nicht zahlen konnte oder wegen zu hoher Rückforderungen einen Vergleich anstrebte, usw. Ihre Bedeutung wird wohl vor allem deshalb überschätzt, weil es für die übergroße Anzahl der reibungslos verlaufenden Geschäfte kaum entsprechende Aufzeichnungen gibt.

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2. Tätigten Juden andere Geschäfte als Christen?

Das hochmittelalterliche Geld- und Bankwesen basierte auf dem antiken römischen und übernahm von diesem eine Anzahl verschiedener Institutionen. An oberster Stelle stand der Landesherr und mit ihm der Inhaber des „Münz-Regals“, also dem offiziellem Recht (= regal) Münzen zu prägen und in Umlauf zu bringen. Da dies eine ernsthafte Angelegenheit war (und auch heute noch lukrativ ist), wurde das Delikt der Münzfälschung in aller Regel mit dem Tode bestraft. Im antiken Rom entsprach der Argentarius, (abgeleitet von argentum = Geld, Silber, da die am meisten verbreitete Münze, der Denar aus Silber geprägt wurde), der in seinem Geschäftshaus das Geld seiner Klienten aufbewahrte und Auktionen von Erbgütern oder nicht ausgelöster Pfänder organisierte fast einen Bankier im modernen Sinne. Darüber hinaus wurden bei ihm Münzen auf ihre Echtheit geprüft und fremde Währungen getauscht. Für den Argentarius arbeitete in der Regel ein Coactor (wörtlich: „Antreiber“), bzw. Abkassierer, der bei Auktionen oder Außenständen, das Geld des Käufers oder Schuldners abkassierte und dabei in der Regel dessen Haus aufsuchte, etwas vergleichbar mit einem Gerichtsvollzieher oder Inkassodienst. Als Angestellter verlieh er in der Regel kein eigenes Geld, bekam für seine Tätigkeit aber eine Provision, bzw. Gewinnbeteiligung. Da diese im Misserfolg ausbleiben konnte, wurde den Abkassierern eine gewisse Nachhaltigkeit und Penetranz, mancherorts auch rüdere Methoden nachgesagt. Im Rang unter ihm stand der „Nummeralius“, dessen Name sich vom lateinischen nummulus, dem Klein- oder Wechselgeld ableitet. Im Mittelalter hießen sie „campsores“ oder nach ihrem Wechseltisch (banco) „banchieri“. Ihre Aufgabe bestand darin, meist in den Diensten eines Fürsten oder Argentarius Münzen auf ihre Echtheit, Metall, Gewicht, Prägungszeichen, usw. zu prüfen, alte Münzen gegen neue und fremde Währungen einzutauschen. Im Volksmund bürgerte sich für sie ab dem 13. Jahrhundert auch der Begriff des „Lamparter“ ein, was sich auf die Lombardei im Nordwesten Italiens bezog. Bei den Römern übernahmen oft freigelassene Sklaven diesen Job, da sie in der Regel fremde Währungen kannten, lesen und einschätzen konnten. Wurden ihnen falsche Münzen angedreht, hatten sie für den Schaden aufzukommen. Ein Fall zurzeit als Kaiser Galba noch Statthalter war, berichtet davon, dass er verfügte, einem Prüfer, der sich als Münzfälscher erwiesen haben soll, die Hände abzuhacken. Gemäß dem Evangelion nach Matthäus kommt es bei den Wechselstuben vor dem jüdischen Heiligtum in Jerusalem, an deren Stelle sich heute die muslimische Al Aqsa-Moschee (‏المسجد الأقصى‎) befindet, zur Auseinandersetzung zwischen dem Protagonisten Jesus und den dort tätigen Geldwechslern (κολλυβιστῶν), wobei er deren Tische (τραπέζας) umstieß, die in der lateinischen Übersetzung der „Vulgata“ als „mensas nummulariorum“ bezeichnet werden. Aus den Reihen der Prüfer konnte man an Orten mit Münzprägung in verantwortungsvolle Positionen und zum Aufstieg in bedeutende Ämter gelangen. Schließlich gab es noch sog. Fänatoren (faenator), die darauf spezialisiert waren, Kredite zu vermitteln und im kleineren Rahmen auch selbst zu gewähren. In der Regel waren es kurzfristige Pfandgeschäfte, bei denen Geld gegen hohe Zinsen verliehen wurde. Wurden größere Summen benötigt, traten sie als Vermittler zwischen Geldnehmer und -geber auf. Der Name leitet sich ab vom lateinischen Wort fenus für Gewinn, Zugewinn, Zuwachs, Vorteil. Wie bereits erwähnt war das ursprüngliche deutsche Wort dafür Wucher, weshalb „Wucherer“ zunächst ganz wertfrei nichts anderes war als die Übersetzung des gängigen lateinischen Begriffs ins Deutsche. Heute spricht man heute von Provision oder einer Courtage, etc.

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Albrecht_D%C3%BCrer_080.jpg&filetimestamp=20071116215136

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3. Verlangten jüdische Geldverleiher verhältnismäßig hohe Zinsen?

In der Diskussion um jüdischen „Wucher“ (= Zins) wurde immer wieder betont, dass teilweise exorbitant hohe Zinsen („Wucher“) erhoben wurden, ja rechtfertigend gesagt, erhoben werden mussten, weil das Ausfallrisiko der jüdischen Geldgeber, von denen ja auch immer wieder mal welche von ihren säumigen Kunden erschlagen oder angezündet worden seien, eben recht „hoch“ war. Obwohl Wucher an für sich nur der deutsche Begriff für das lateinische Zins ist, gibt es in der deutschen Sprache heute Zinswucher und Wucherzins, wobei keines von beiden Zinseszins bedeutet (den müsste man wohl Wucherswucher übersetzen). Berechnungen zeigen, dass jüdischen Geldleiher oft 50% an Wucher, bzw. Zins verlangen durften. Manchmal auch mehr, weshalb auch 60, 70 oder mitunter 85 % oder vereinzelt noch weit mehr nachweisbar ist.

Als ein Beispiel dafür nehmen wir städtische Bestimmungen aus Ingolstadt, wo im frühen 14. Jahrhundert den örtlichen jüdischen Geldverleihern seitens der Stadträte gestattet wurde, auf ein Pfund Pfennige pro Woche 2 Pfennige Wucher (also Zins) zu nehmen, von auswärtigen Schuldnern gar drei Pfennige pro Woche. Ein Pfund Pfennige oder kurz Pfund entsprach einem Gulden (fl.) oder in anderen Gebieten auch der Mark und unterteilte sich bei zahlreichen regionalen Abweichungen in 20 Schilling oder 240 Pfennige (anderswo in entsprechend viele Heller). Zwei von 240 Pfennigen entsprechen dem 120. Teil in einer Woche (0.8 %). Auf ein ganzes Jahr berechnet würde dies einem jährlichen Zinssatz von über 40 % für einheimische Ingolstädter Kreditnehmer  (bzw. 65 % bei Auswärtigen) entsprechen. Im Augsburger Stadtbuch, dem Stadtrecht von 1276 heißt es, dass kein Jude von einem halben Pfund Pfennige mehr Nutzen nehmen soll, als zur Woche zwei Pfennige und von Sechzig einen. Da ein halbes Pfund Pfennige 120 Pfennig entsprach, betrug der erlaubte Nutzen (= Zins, bzw. Wucher) 2, also ein Sechzigstel. Das entspricht einem wöchentlichen Zinssatz von 1,7 %, oder aufs Jahr berechnet 86 %.

Es dürfte jedem klar sein, dass heutzutage ein Bankkredit viel billiger zu haben ist, zumal man im Internet auch noch diverse Anbieter vergleichen und je nachdem schon Angebote um 5 bis 8 % an Jahreszins finden kann. Das ist immer auch abhängig von der Darlehenssumme, der Risikobewertung des Kunden und auch von der Laufzeit des Vertrags. Der effektive Jahreszins fällt in der Regel nochmal etwas höher aus, oft kommen aber noch weitere Kosten wie eine eventuell aufgeschwatzte Unfall- und/oder Kreditversicherungen und Gebühren hinzu. Doch selbst wenn man ein Darlehen über 25.000 Euro in fünf Jahren mit rund 30.000 abbezahlt hat, betragen die Mehrkosten von 5.000 Euro sodann etwa 20 % der aufgenommenen Kreditsumme. Kann man den Kredit bereits in einem Jahr zurückbezahlen, was monatliche Raten von etwa 2.100 Euro zur Folge hätte, beläuft sich die Gesamtsumme nur auf etwa 500 bis 1000 Euro, was real 2 – 4 % entsprechen würde. Hier fragt man sich aber, wozu man 25.000 Euro Kredit bräuchte, wenn man 2.000 im Monat als Rückzahlung entbehren kann. Wohl für eine Anschaffung oder Investition, die man in dieser Höhe nicht auf einmal bezahlen kann. Verlängert man die Rückzahlung unserer 25.000 Euro auf zehn Jahre (120 Monate), beträgt die monatliche Rate etwa 275-300 Euro, während sich die gesamte Summe der Rückzahlung nun aber auf etwa 36.000 Euro beläuft. Jene 11.000 Euro zusätzlich zur entliehenen Summe ergeben real 44 %. Dies liegt nun bereits oberhalb des Limits, das jüdischen Geldverleihern vor siebenhundert Jahren in Ingolstadt erlaubt worden war, obwohl es sich hierbei eher um günstige Angebote seitens entsprechender Vergleichsportale im Internet handelt.

Wie dem auch sei, ist der Bankkredit – schon mangels etablierter Banken im heutigen Sinne – trotzdem nicht der passende Vergleich zu einem mittelalterlichen Geldgeschäft. Bei diesen handelte es sich sehr selten um lang- sondern meist nur um sehr kurzfristige Ausleihen, auf der Basis schneller Termingeschäfte und fremden Risikokapitals, nicht selten zur Finanzierung von Festlichkeiten, wie einer Hochzeit, Reisekapital für ein auswärtiges Geschäft oder zur Ausstattung eines Soldaten, der zur Ehre der Familie oder des Ortes in das Heer eines Fürsten oder Königs berufen wurde, dabei aber seine Ausrüstung (Pferde, Knappen, Waffen, Rüstung, Proviant, etc.) etc. selbst bezahlen musste. Sollte die Heirat glücken, das Geschäft gelingen oder der Kriegszug Beute bringen, war es ein Leichtes, den genommenen Kredit nebst dem vertraglich geregelten Wucher wie vereinbart zurückzubezahlen.

In aller Regel wurde also nur kurzfristig geliehen und wer sich nun als Ingolstädter also 240 Pfennige für ein, zwei Wochen lieh (nicht selten mit einem Pfand als Sicherheit), gab dann fristgerecht eben 242 oder 244 zurück, usw. Der Leiher unternahm zwischenzeitlich auch Geschäfte und machte meist über den Ankauf und Verkauf von Waren einen Profit, den er ohne das Risikokapital nicht hätte tätigen können. Der passende Vergleich wäre heute also ganz sicher nicht der Bankkredit, sondern (noch immer) die Pfandleihe.

Aktuelle Internetseiten deutscher Pfandhäuser geben detailliert Aufschluss über die von ihnen erhobenen Gebühren. An Kosten für den Pfandkredit entstehen in der Regel 1 % der Auszahlsumme pro Monat, sowie 2 % Unkostenvergütung pro Monat, macht zusammen also 3 % pro Monat auf den für das abgegebene Pfand ausgeliehenen Betrag. Rechnet man dies aufs Jahr, ergeben sich auch da 36 % Jahreszins, bzw. „Jahreswucher“. Da es sich hier auch wieder um ein eher günstiges Beispiel handelt und einige Anbieter weit höhere Gebühren (das Wort Zins wird – wie bei Banken – allgemein gerne vermieden) verlangen, gibt das Stadtamt Bremen bei Pfandleihen „auf das Jahr umgerechnet“ eine Größenordnung von 25 – 100 % an. Anhand dieser ganz aktuellen Pfandleihe-Beispiele aus Deutschland, stellt man fest, dass die mittelalterlichen jüdischen Pfandleiher, wie etwa jene aus Ingolstadt, auch heute noch eher am unterem Ende der Preisskala liegen würden, obwohl die rechtliche Absicherung für die heutigen, öfter auch städtischen Geldleiher eine ungleich bessere wäre und niemand droht sie zu erschlagen oder gar mitsamt ihren Kindern, Häusern und Kirchen anzuzünden.

Zusätzlich zum ursprünglichen Pfandgeschäft kann man heute bei Zahlungsschwierigkeiten aber auch noch Teilbeträge zurückzahlen und die Restsumme als neue Pfandleihe berechnen, womit man wieder etwas Zeit gewinnt. Jedoch verschleppen sich die Kosten, die damit natürlich insgesamt noch weiter steigen. Erfolgt in sechs Monaten keine Zahlung wird das Pfand versteigert. Das war – bei abweichenden Regelungen in den Stadtbüchern einzelner Städte – auch im Mittelalter und schon in der Antike wenig anders.

Wer nun also die Idee verfechten will, dass die von jüdischen Pfand- und Geldleihern verlangten Zinsen zumindest nach heutigen Maßstäben tatsächlich “Wucher” (im Sinne von übertrieben hohen oder gar sittenwidrigen Zinsen) wären, liegt völlig falsch und sollte sich auch über die heute gängigen nichtjüdischen Gebühren zeitgenössischer, mitunter auch städtischer Pfandleihen und über Wesen, Vor- und Nachteile des Pfandgeschäfts im allgemeinen informieren und dann weiterreden, falls es dann noch Bedarf dazu gibt.

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4. War es Christen verboten mit Gewinn Geld zu verleihen?

Wie oft zu lesen ist, wurde Christen das Wuchern, also das Zinsnehmen verboten. Genannt wird dabei das ausdrückliche Verbot durch Papst Innozenz III. aus dem Jahre 1215, der für seine ausufernde Vetternwirtschaft bekannt war, seinen Verwandten gegen üppige Geldzahlungen politische Ämter verschaffte und zudem die Plünderung von Konstantinopel zu verantworten hatte, was zum endgültigen Bruch mit der griechischen Kirche führte. Abgesehen von seinem eigenen eher fragwürdigen Geschäftsgebaren, muss man sich das formelle Zinsverbrot des Papstes nicht als finale Problemlösung vorstellen, das per Dekret eine ungewünschte Wirklichkeit einfach aus der Welt schafft, sondern als bloßen Rückgriff auf die hebräische Bibel, heißt es doch dort beispielsweise im 3. Buch Moses 25.36 bereits: „Nimm keinen Zins (נשך) von deinem Bruder…“, wobei man den Begriff נשך auch als „Bissen“ übersetzen könnte. Sinngemäß gemeint ist jedoch, dass man keinen Vorteil daraus ziehen oder irgendwelche Vergünstigungen erstreben soll, wenn man seinem Bruder Geld leiht, was sich nicht nur auf die leiblichen Brüder bezog. Im Wortsinn gemeint war, sich nicht zum Essen einladen zu lassen, weil man einen Kredit vergab, da dieser „Bissen“ demgemäß ein Zugewinn wäre. So wenig aber, wie es heute gelingt, mittels bloßer Verbote Steuerhinterziehung, Prostitution, Mord, Kindesmissbrauch, Falschparken, Versicherungsbetrug oder Produktpiraterie ein für allemal aus der Welt zu schaffen, so wenig effektiv war nun ein formeller Appell des Papstes bezüglich des Erhebens von Wucher (= Zins). Seine Aussagen waren zudem lediglich für den Klerus verbindlich, nicht jedoch für die Bürgerschaft der Reichsstädte, Fürsten oder Könige. Es handelte sich demnach um kein Verbot in Form eines Reichsgesetzes, etwa im Sinne einer 1530 in Augsburg beschlossenen Constitutio Criminalis Carolina, sondern vielmehr um eine Art Gedankenanstoß, wie wir es etwa aus den Sonntagsreden deutscher Bundespräsidenten kennen („Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen“ oder „Der Islam gehört zu Deutschland“, etc.). Entsprechend unerhört blieb auch das Zinsverbot, welches es de facto auch nicht gab.

Für Christen war es demnach selbstverständlich möglich und üblich, Geld zu verleihen und dafür Zinsen zu nehmen. Christlicher Wucher (Zins) war dann legal, wenn es vertraglich so vereinbart wurde. Üblicher Weise wurde dabei, ähnlich heutiger Bonitätsprüfungen, vom Geldgeber zunächst das Ausfallsrisiko bewertet und so die Gefahr einer unpünktlichen Rückzahlung oder eines Kapitelverlustes bestand, was de facto über jeden Kredit gesagt werden kann, eine Risikogebühr erhoben. Um dieses Risiko zu mildern war christlicher Wucher durchaus erlaubt. Eine Variante bestand im sog. census, wovon sich, wie bereits erwähnt das heute in der deutschen Sprache übliche Zins ableitet. Gemeint war damit ursprünglich ein „Rentenkauf“ oder ein sog. „Leibgeding“, wobei dem Geldgeber das Nießbrauchrecht etwa für ein Haus eingeräumt oder aber ein Hausbesitzer von der jährlichen Steuer befreit wurde. Diese Befreiung war in der Regel zeitlich begrenzt und wurde in einem amtlichen Brief vertraglich festgelegt. In den mittelalterlichen Augsburger Steuerbüchern ist beispielsweise für das Jahr 1384 in mittelhochdeutscher Sprache vermerkt, dass Ber, der Sohn von Wolf aus Rothenburg „sizzend mit einem gedinge und haund prieff“, was besagt, dass er, wohl für eine entliehene Summe an Geld anstelle von Zins mit einem Geding (altdeutsch für Vertrag, was sich ableitet von Ding = Gericht) sitzt, d.h. wohnt und darüber Unterlagen (einen „Brief“) besitzt (haund = habend), weshalb er der Besteuerung entgeht. Das Beispiel, nur eines von vielen, zeigt, dass es unter Christen und Juden gleichermaßen flexible Geschäftsabschlüsse gab und auch ein jüdischer Geldleiher imstande war, zinslose Darlehen zu vergeben, wenn er ebenso wie ein Christ einen anderen geldwerten Vorteil, in diesem Fall eine Steuerbefreiung, in Anspruch nehmen konnte.

Im Übrigen wäre noch anzumerken, dass ein päpstliches Zinsverbot nicht nur den Geldgeber betraf, sondern selbstverständlich auch den Schuldner. Auch wer gegen Zins Geld nahm, hätte gegen das Gebot verstoßen. Wer sich dem Verbot formell unterwerfen wollte, setzte folglich die Freiwilligkeit des Kreditnehmers voraus. Ähnlich wie heute noch beim „zinsfreien“ Kredit im Islam üblich, bekam der Kreditnehmer dabei nicht den vollen Betrag ausbezahlt, da eine „freiwillige Gebühr“ einbehalten wurde. Nach dem alten römischen Grundsatz „ex nudo pacto non oritur actio“ wurde die Freiwilligkeit des Geldnehmers stillschweigend vorausgesetzt und auf ein Klagerecht verzichtet. Einmal unterschrieben und zwar vor der Auszahlung wie sich versteht, ergab sich für den  Schuldner nun mitunter ein ganz anderes Problem. Er konnte wesentlich weniger Geld ausbezahlt bekommen als mündlich vereinbart wurde. Bereits Plutarch (46-120 n.a.Z.) beklagte diese üble Praxis, da oft weit weniger ausbezahlt wurde, als zuvor verabredet. Im schlimmsten Fall bekam der Schuldner dann zwar ein zinsfreies Darlehen, aber überhaupt nichts ausbezahlt. Da er den Vertrag unterschrieben und sich zur Rückzahlung verpflichtet hatte, bestand für ihn nun ein sehr ernsthaftes und langwieriges Problem. Da solche Fälle keineswegs selten waren, erschließt sich im Umkehrschluss dann doch, warum sehr viele klamme Christen sich Geld bei ihren jüdischen Nachbarn leihen wollten. Nicht deshalb weil sie dort das Geld gegen übertrieben hohe Zinsen ausleihen durften, während ihre christlichen Genossen es ihnen zinsfrei angeboten hätten, sondern weil sie bei den jüdischen Geldverleihern, die sich unehrliche Geschäfte nicht leisten konnten, in aller Regel vor ausreichend vielen Zeugen und brieflich beglaubigt, auch bekamen was sie vereinbart hatten, während sie von Ihresgleichen oft genug massiv oder komplett betrogen wurden. Daran änderten auch schwere Strafen gegen Betrüger nichts, denen Hände abgehackt, die geblendet oder aus der Stadt gebannt werden konnten. Da nun aber auch selbst Kleriker immer wieder das Zinsverbot des Papstes umgingen und sogar Messkelche und dergleichen jüdischen Pfandhändlern anboten, wurde Juden auf Druck des Bischofs vom Rat der Reichsstadt Augsburg ausdrücklich verboten, Pfänder aus Kirchen anzunehmen.

Dafür, dass Juden eine dominante Rolle im Geldgeschäft eingenommen haben sollen, ist es abschließend gesagt, doch eher ungewöhnlich, dass sie anders als beispielsweise im Viehhandel, wo grundlegende Begriffe wie Pferd, Farren, Färse, etc. aus dem Hebräischen ins Deutsche gelangten, sie im Finanzwesen keine Spuren hinterlassen haben sollen. Stattdessen stammen fast alle wesentlichen modernen Bankbegriffe aus dem Lateinischen und Italienischen, angefangen von der Bank selbst, über die Bilanz (von bilancia = Waage), Konto, Brutto, Netto, Diskont, Skonto, Giro, den Lombardsatz, usw. bis zum Zins. Das hebräische Gegenstück zum Zins, der biblische „Bissen“ (neschech) hat sich eigenartigerweise nicht durchsetzen können.

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* * *

Als Fazit bleibt festzustellen, dass es im Mittelalter anders als gemeinhin behauptet, zwar auf der jüdischen Bibel beruhende kirchliche Verhaltensregeln, jedoch kein effektives gesetzliches Zinsverbot gab und entsprechend von Christen wie von Juden munter um ihre Pfunde gewuchert wurde. Da es heute weitgehend vergessen ist, muss immer wieder betont werden, dass „“Wucher“ in der damaligen Zeit der gewöhnliche deutsche Begriff für den vom lateinischen census abgeleiteten Zins war. Es ist sicher einige Überlegungen wert, warum das lateinische Wort heute eher neutral, das einheimische deutsche aber eindeutig negativ konnotiert wird. Dies zu verstehen erklärt bereits eine Reihe von Faktoren.

Es gab in mittelalterlichen Geld- und Pfandgeschäften keine starren Regeln, jedoch vertragliche Vereinbarungen. Diese wurden meistens eingehalten und selten gebrochen. Wie heute auch gab es Betrüger, Geldfälscher, Diebe und Lügner. Sie hatten jedoch auch damals keine bestimmte Haut- oder Haarfarbe, Vornamen, Religion oder Herkunft. Es gibt andererseits auch keinen plausiblen Grund anzunehmen, warum es unter den wenigen jüdischen Geldhändlern nicht auch den einen oder anderen tückischen gegeben haben soll. Betrüger hatten in damals recht kleinen Städten jedoch sicher nur recht kurzfristigen Vorteil, da es weder Anonymität noch dauerhafte Verstecke gab. Auch war ein Umzug in eine andere Stadt war nicht ohne weiteres möglich, während Landleben in abseits gelegenen, meist von einer Kirche beherrschten Dörfern für Juden eher riskant war. Hier konnte allenfalls ein einzelner, kaum aber eine Familie Unterschlupf finden.

Wie nun aber konnte eine allgemeine Praxis, Geld gegen Zugewinn zu verleihen, zu einem antijüdischen Klischee werden?

Jüdische Geldhändler waren ausreichend darauf bedacht ihre besten Kunden, und das waren Patrizier, Kaufleute aber auch Stadtherren, Vogte, Fürsten und Könige zuvorkommend und besser zu behandeln, als übrige Klienten, was sich in niedrigeren Zinsen und längeren Leihfristen ausdrückte. Auch konnte auf Pfänder verzichtet werden und bei Bedarf weitere Geldgeber in fremden Städten vermittelt werden. Handelte es sich um einen mächtigen Herrscher, tat man gut daran, auf kurzfristigen Profit zu verzichten und die Option Fürsprecher zu haben. Diese sicherlich kluge und wohl auch (selbst)verständliche Haltung brachte den jüdischen Kreditgebern den Neid von Predigern und Kirchenführern ein, die ohnehin schon damit zu kämpfen hatten, dass die Macht in den Städten immer mehr aus ihren Händen glitt. Während anderswo sog. Hexen und Ketzer verfolgt wurden, verhalte zur selben Zeit in Reichsstädten wie Augsburg jeder kirchliche Einwand gegen die Errichtung teurer Prachtbrunnen, die heidnische Götzen wie Neptun (1537), Merkur oder Herkules und mit ihnen zahlreiche weitere „dämonische“ Wesen darstellten und zu zentralen Anziehungspunkten des öffentlichen Lebens der Stadt erhoben. Auch die Zeiten als Bischöfe zugleich auch Stadtherren waren, lagen in den meisten Gegenden weiter zurück. Die Bürger hatten sich nicht nur emanzipiert, sondern in vielen Fällen das Regiment übernommen. Fanatische Prediger und Frömmler taten sich ihrerseits schwer, sich im gesellschaftlichen Leben zurechtzufinden, zumal immer wieder verkündete Heilserwartungen und Endzeitvisionen effektlos und sowohl Kriege, Missernten und auch Seuchen, zeitlich oder lokal begrenzt blieben. Das Leben ging weiter und die Patrizier in den Städten lebten ein zunehmend luxuriöseres Leben, dass sie vom frömmelnden, ängstlichen Wunderglauben der einfachen Bevölkerung immer weiter distanzierte. Wer nun aber als „Underdog“ etwas bewegen wollte, konnte nicht Geld und Besitz als Merkmal seines Erfolges und seiner Glaubwürdigkeit anführen, sondern musste möglichst spartanisch auftreten und die Errungenschaften anderer anprangern. Das ist heute kaum anders, jedoch eehr als Sozialneid definiert. Da es sich bei den Stadtherren in der Regel nichts desto trotz aber auch um Christen und Kirchgänger, wenn nicht gar um Kirchenstifter handelte, musste der schädliche Einfluss auf sie aus einer anderen Quelle stammen. Auf der Basis christlicher Texte wie den Evangelien, wo Jesus bereits zu den Juden sagt: υμεις εκ του πατρος του διαβολου εστε – ihr seid von eurem Vater dem Teufel, bot es sich an Juden als Feindbilder zu stilisieren. Letztlich handelt der Neid auf Juden sich um eine Art Schneewittchen-Komplex. Zwar herrschten die Christen in ganz Europa und sollten damit eigentlich zufrieden sein, doch wie die finstere Königen im Märchen, konnten viele es nicht ertragen, dass eine Reihe von Juden, darunter auch Geldhändler und Pfandleiher offenbar einen besseren Ruf in der Allgemeinheit hatten und folglich beliebter waren. Vor krankhaften Neid geplagt stellten die christlichen Hassprediger deshalb den Juden mit jeder denkbaren Lüge nach und trachteten danach sie zu vertreiben und gar zu ermorden, ohne dass der “sprechende Spiegel” seine Meinung je änderte.

 

März 2017: Ausführlicher beschrieben im Buch:

Yehuda Shenef

Humor, Wucher, Weltverschwörung: Die geläufigsten Vorurteile gegenüber Juden und was es mit diesen auf sich hat 

ISBN: 978-374-3181-205

Taschenbuch: 260 Seiten

13 Euro

 


Was genau ist Antisemitismus?

June 12, 2012

Einige an uns häufiger gestellte Fragen lauten, wie wir Antisemitismus beurteilen oder ob wir jede “Kritik an Israel”  antisemitisch einstufen und dergleichen. Der JHVA ist weder eine politische noch eine religiöse Organisation, hat aber in Bezug auf Israel einen erwartbar klaren Standpunkt.

Eher “philosophisch” oder pragmatisch ist demnach aber der Umgang mit den genannten oder verwandten Fragestellungen.

Arabische Karrikatur mit Premierminister Benjamin Netanjahu als Schwein und Israel als Verantwortlichen für die Schweinegrippe (انفلونزا الخنازير)

Was genau ist Antisemitismus?

Kurzerklärung:

Ein anderes Wort für Judenhass, Hass gegen und auf Juden und alles was „besonders“ jüdisch erscheint oder sein soll.

Begriff:

Antisemitismus ist eine Worthülse, die bewusst in die Irre führen wollte und diesen Zweck noch immer erfüllt. Doch dazu müsste man erst klären, was „Semitismus“ sein mag, gegen das manche nun unbedingt „anti“ sein wollen.

Herkunft:

Europäische Sprachwissenschaftler des 19. Jahrhunderts, die zeittypisch auch nicht judenfreundlich waren, ersannen zur Bezeichnung einiger verwandter nahöstlicher Sprachen den Begriff der „semitischen“ Sprachen. Dies leiteten sie grundlos ab von „Sem“ (hebräisch eigentlich: Schem), dem Sohn des Noah aus der Bibel, der berühmt wurde für seine „Arche“. Dieser „Sem“ hat natürlich keine eigene Sprache erfunden. Zweck der Einteilung war, „semitische“ Sprachen abzugrenzen, etwa von „germanischen“, „romanischen“ oder „slawischen“, wobei die Einteilung ebenso willkürlich ist wie die Benennung. Obwohl es zwischen Altgriechisch und Hebräisch viele Gemeinsamkeiten gibt, wurden beide Sprachen von den Gelehrten in unterschiedliche „Familien“ klassifiziert und somit voneinander getrennt. Andererseits findet kaum ein Deutscher nennenswerte Ähnlichkeiten zum „urgermanischen“ Isländisch, in dem die Edda geschrieben wurde. „Einræðisherrann lét þjóðina dýrka sig etwa würde heißen „der Diktator ließ sich vom Volk bejubeln“.

Zu den „semitischen“ Sprachen gehören auch Maltesisch, Arabisch oder das äthiopische Amharisch, nicht aber das dem Deutschen mitunter sehr ähnliche „germanische“ Jiddisch, dem deshalb von einigen Gelehrten der Status einer eigenständigen Sprache zwingend abgesprochen werden musste. Wer die überwiegend jiddisch oder deutsch sprechenden Juden Mittel- und Osteuropas ablehnte, hätte sich demnach dann auch eher als „Anti-Germane“ bezeichnen müssen. 😉

Absicht:

Dieser scheinbar „wissenschaftliche“ Ansatz, der sich um 1780 zuerst bei August Schlözer (1735-1808) findet, erlaubte es, Juden abseits der Religion zu „etikettieren“. Bald fand die Vokabel so  auch Einzug bei Biologen und Philosophen, die über spezifische körperliche Merkmale „der Semiten“ fabulierten. Schon bei Georg Hegel (1770-1831), einem glühenden Judenhasser wurde daraus um 1800 ein „jüdischer Geist“, der zwar, noch religiös angehaucht „Dämonisches“ und „Hass“ repräsentierte, aber auch bereits eine Art „tierisches Dasein“ bewirkte, das sich nicht „mit der schöneren Form der Menschheit“ vertrug, nämlich mit den „Nichtjuden“. Der Rest ist Geschichte.

Auf Hegel berief sich auch der christlich getaufte Karl Marx (1818-1883), der seinerseits mittelalterliche Geld-Klischees beisteuerte: „Der Wechsel ist der wirkliche Gott des Juden“. Der zuvor religiös legitime Hass auf „die Juden“ wich damit jedoch zusehends einer davon unabhängigen Form. Von religiösen Judenhassern trennt sie nur die von diesen eingeräumte Möglichkeit des Übertritts zum Christentum.

Anwendung:

Bereits 1865 definierte das Preußische Staatslexikon das Stichwort „antisemitisch“ als „gegen das typisch Jüdische gerichtet“, jedoch ohne anzugeben, was das nun andererseits sein sollte. Knapp zwanzig Jahre später fanden sich Vereine der „Antisemitismus-Liga“ (Marr), deren Mitglieder sich damals in der Regel mit beträchtlichem Stolz „Antisemiten“ nannten, antisemitische Parteien gründeten und als ein-Themen-Parteien sogar noch eine Reihe von Abgeordneten im Deutschen Reichstag hatten. Alle bekannten Slogans die später von den Nazis verwendet wurden wie “Die Juden sind unser Unglück” waren in diesen Kreisen gängig wurden Jahrzehnte vor Hitler & Co. lautstark propagiert.

Entwertung des Begriffs:

Nach Auschwitz ist dieser Stolz verflogen. Komplett. Kein Judenhasser möchte sich noch als „Antisemit“ bekennen oder als solcher identifiziert werden, auch nicht wenn es Beifall aus arabischen Ländern geben mag, da dies vom öffentlichen Renommee her etwa dem eines Kinderschänders ähnelt. Zumindest ist dies in christlichen Ländern so. In islamischen Ländern gehören antisemitische Stereotypen auf dem Niveau der Nazi-Postille „Stürmer“ durchaus zum alltäglichen Beiwerk. Da dies weltweit aber nicht wirklich gut ankommt, beschränkt sich dies mitunter auf Darstellungen in der Landessprache, etwa auf Arabisch oder Persisch.

Umdeutung:

Da der Antisemitismus offenkundig in einer Sinnkrise steckt, haben heutige Judenhasser es zugegeben schwerer als ihre Vorgänger. Da weder religiöse noch rassistische Stereotype gegenüber Juden in säkularen, offenen und pluralistischen Gesellschaften besonderen Anklang finden können, müssen Judenhasser anders argumentieren. Eine Variante ist es, die „Macht“ der  „Heuschrecken“, der „Spekulanten“, der „Banken“ und „Großkonzerne“ zu verschreien und darauf zu spekulieren, dass die landläufigen stereotypen Finanzklischees der „reichen, gierigen“ Juden von selbst ausreichen, um die entsprechende Assoziation zu wecken. Das klappt aber auch in Zeiten der Banken-Proteste nicht immer und muss deshalb meist bei bloßen Andeutung bleiben: ein paar Familien die die Welt unter sich aufteilen, etc. worüber man ja nicht offen reden dürfe usw.

Erfolgsrezept:  

Viel einfacher und müheloser ist es jedoch „Kritik an Israel zu üben“. Da kein anderes Land und seine Konflikte in der Weltöffentlichkeit über Jahre und Jahrzehnte hinweg weit überproportional thematisiert werden, ist diese Kritik zwar überall Gang und gäbe, wird aber trotzdem von vielen als „Tabubruch“ empfunden. Das muss ja „erlaubt“ sein, ohne dass man als Antisemit „verunglimpft“ wird. Erlaubt ist es, aber auch Kritiker unterliegen der Kritik.

Realität:

„Der“ Nahostkonflikt ist nicht der einzige, was in den letzten Jahren auch der Blindeste verstanden haben dürfte. Kriege zwischen Iran und Irak, um Kuwait, in Afghanistan, nochmal im Irak, blutiger Terror dort zwischen Schiiten und Sunniten, Umstürze in Tunesien und Ägypten, Krieg mit NATO-Beteiligung in Libyen, Massaker in Syrien, und was noch alles lassen selbst die militärischen Auseinandersetzungen zwischen Hamas und Israel harmlos erscheinen. Die Zahl der Getöteten in Syrien in den seit einem Jahr anhaltenden „Unruhen“ wird von der UN (Stand Mai 2012) auf „etwa zehntausend“ geschätzt, während in diesen Tagen immer neue Massaker mit täglich 50, 80 oder 100 Toten gemeldet werden. Internationale Menschenrechtsorganisationen gehen von wenigstens der doppelten Menge (20.000 + x) aus. Im libyschen Bürgerkrieg sind 2011 nach Angaben der neuen Regierung mehr als 30.000 Menschen getötet und weitere 20.000 schwer verletzt worden. Etwa dieselbe Anzahl von Opfern hatte der türkisch-kurdische Konflikt allein in der Zeit von 1984-1994. Im Krieg zwischen Irak und Iran (1980-1988) gab es über eine Million Tote. Der russische Afghanistan-Krieg kostete fast zwei Millionen Menschen das Leben. Fast ebenso viele Menschen starben in den Kriegen im Sudan, incl. des Genozids arabischer an schwarzen Muslimen in Darfur. In Ruanda wurden 1994 in wenigen Wochen fast 900.000 Menschen getötet.

Die Zahl aller Getöteten in Auseinandersetzungen zwischen Israel und allen seinen arabischen Kriegsgegnern, auf allen Seiten, inklusive Terror- und Vergeltungsschlägen, Kämpfen zwischen Hamas und Fatah, Hinrichtungen, etc. beläuft sich in 60 Jahren seit 1950 auf rund 50.000. Im selben Zeitraum starben bei bewaffneten, politisch motivierten Konflikten weltweit etwa 85 Millionen Menschen. Der Anteil der Getöteten in den israelisch-arabischen Kriegen beträgt demnach 0, 05 % der weltweiten Kriegs- und Terroropfer, während der Anteil der israelischen und palästinensischen Bevölkerung mit zusammen etwa 13 Millionen von 7 Milliarden Menschen derzeit annähernd 0,2 % entspricht. Rein statistisch müsste demnach also die Anzahl der Todesopfer dieses vielbeachteten Konflikts eigentlich viermal so hoch sein.

Wen interessiert’s?  

Es ist angesichts der tatsächlichen Opferzahlen also keineswegs zwingend angebracht, „den“  Nahostkonflikt in den Mittelpunkt des eigenen Interesses zu stellen, außer man ist zufällig tatsächlich Palästinenser oder Israeli. Andernfalls ist es eben nicht naheliegend, sondern erklärt sich aus der psychischen Situation und Sozialisation des Einzelnen.

Methode:

Warum ist es ihnen so wichtig, zum einem „Kritik an Israel“ zu üben, zum anderen aber, Wert darauf zu legen, nicht als Antisemit zu gelten? Nur Antisemiten haben das Bedürfnis sich gegenseitig vom oft noch nicht mal erhobenen Vorwurf des Antisemitismus frei zu sprechen.

Allgemein gilt: Jeder „Kritiker“ macht sich selbst zum Gegenstand der Kritik. Wer an einer offenen Auseinandersetzung interessiert ist, setzt das voraus und weiß, dass er ebenso hinterfragt werden wird und muss wie der Gegenstand seiner Kritik. Wer aber kritisieren will, ohne selbst kritisiert werden zu dürfen, ist nur ein verbaler Heckenschütze, der feige eben mal aus dem Versteck auf die Menge schießen will, um sich hernach zu räuspern oder die Brille zurechtzurücken, wenn dafür nicht spontaner Applaus aufbrandet. War ja nicht so gemeint. Nein, nein …

Wer selbst nicht hinterfragt werden will, soll schweigen. Man kann sich auch über was anderes aufregen und dafür breite Zustimmung erhalten, etwa übers Wetter, über Fußball-Ergebnisse, über den Lärm, das Fernsehprogramm, oder die eigene Regierung.  

Kritik an Israel

Schon die oft gebrauchte Formulierung „Kritik an Israel“ ist kolossal pauschal. Denn so formuliert klingt es danach, als ob schon die Existenz Israels als Problem aufgefasst wird. Wer so argumentiert ist wohl ein Antisemit. Weil es oft so auch gar nicht gemeint ist, zumindest nicht bewusst, spricht man wohl auch vom “Kritik üben“. Und “Übung macht den Meister“. Irgendwann mal, oder auch nicht.

Nun denn: Selbstverständlich kann man Kritik an der Politik der israelischen Regierung üben. Offen gesagt werden Antisemiten faktisch aber wohl jede israelische Regierung gleichfalls kritisieren. Daran ändert auch nichts, dass manche posthum Jitzchak Rabin glorifizieren. Als Rabin im Dezember 1992 die Zahl von 415 Hamas-Aktivisten in den Südlibanon („Niemandsland“) abschieben ließ, wurde dies in Europa von einigen „Kritikern“ mit den Deportationszügen des Dritten Reichs verglichen und Rabin mit Hitler. Da jede israelische Regierung die Sicherheit des eigenen Staates zu schützen hat, wird jede Regierung seitens der „Kritiker“ gescholten werden. Damit erledigt sich auch die inzwischen manchmal nachgereichte Formel, man lehne nicht Israel als Staat ab und habe auch nichts gegen die Bevölkerung sondern kritisiere “nur” die Regierung, also die “nur” die (überwiegende) Mehrheit der Bevölkerung.

Von “Anti-Zionismus” zu reden bringt Antisemiten auch nichts. Da es die Eigenstaatlichkeit des jüdischen Volkes ablehnt, ist es auch nicht harmloser als ein antisemitisches Ressentiment gegenüber einer einzelnen Person oder kleinen Gruppe. Es ist demnach eher eine Steigerung des gewöhnlichen Hasses auf Juden.

Cui bono?

In der Regel werden sich „Kritiker“  nicht für israelische Wirtschafts-, Gesundheits-, Arbeitsmarkt- oder Sportpolitik und dergleichen interessieren, außer etwas verbindet die Thematik mit „den Palästinensern“. Welchen seiner zahlreichen Kritiker interessiert es, dass Israel mit einer Quote von 16 % einen der niedrigsten Mehrwertsteuersätze im internationalen Vergleich (Deutschland 19 %) hat oder eine aktuelle Arbeitslosenquote von 6.4 % und dergleichen? Der “kritische” Blick auf Israel ist in der Regel ein palästinensischer. Bei Palästinensern macht das Sinn. Bei Deutschen ist das gelinde gesagt eiganartig. Wer aber in einem Konflikt Israels mit dessen Feinden offen die Partei von Israels Gegnern ergreift, ist kein Freund Israels, sondern eben das Gegenteil davon. Und da gibt es eben eine alte und lange Tradition, ob man das wahrhaben will oder nicht. Ist eben so.

Antisemiten sind Judenhasser und sie erkennt man so nun auch daran, dass sie sich meist tatsächlich anhören wie die erklärten Feinde Israels. Sie vertreten deren Standpunkte und Interessen. Häufig benutzen sie deren Propaganda und Vokabular und dämonisieren das demokratische Israel und unterstellen ihm beispielsweise Methoden und Ziele des deutschen Nazi-Regimes. Israel-Kritiker neigen also sehr deutlich dazu Israel aus der Sicht seiner Tod-Feinde zu sehen und argumentieren entsprechend.

Und trotzdem, sie gaukeln – mehr sich als anderen – vor, neutrale Mittler zu sein oder gar im Interesse Israel, seiner Bevölkerung und zukünftigen Existenz – deren „Berechtigung“ im Gegensatz zur eigenen stets betont wird – zu sprechen, was natürlich nur in seltenen Ausnahmefällen der Fall ist.

Wer einseitig die Standpunkte des eigenen Gegners übernimmt, was niemand von einem “Freund” annimmt, weil dafür ja Feinde da sind, kann nicht erwarten ernst genommen zu werden.

Gibt es eine berechtigte Kritik?

Kritik ist immer legitim, aber längst nicht immer nützlich, vor allem aber niemals zweckfrei. Jede Kritiker hat – ob bewusst oder nicht – seine eigenen Motive und Interessen, seine Ideale und Kriterien. Das trifft auch auf die eigenen heimischen Medien zu. Wer ohne Sprach- und Ortskenntnis Ferndiagnosen erstellt, muss zwar kein Antisemit sein, aber auch nicht ernst genommen werden.

Im internationalen Vergleich gibt es jedoch wenig objektive Gründe, die israelische Politik gegenüber „den Palästinensern“ zu kritisieren. Israel ist ein souveräner Mitgliedstaat der Vereinten Nationen und hat fast alle 1967 besetzten Gebiete wieder geräumt. Fast alle Palästinenser leben unter der Herrschaft ihrer – freilich rivalisierenden – Autonomieregierungen in Ramalla und Gaza. Davon können Tibeter und andere nur träumen, den Support von „China-Kritikern“ bekommen sie sicher nicht. Notleidende in Katastrophen- oder Hungergebieten wie auf Haiti bekommen seitens internationaler Organisationen (UN, UNRA, EU, etc.) nur einen Bruchteil der Unterstützung die palästinensische „Flüchtlinge“ (die eigentlich seit Jahrzehnten in soliden Häusern wohnen) . Einen Zaun gibt es auch an der Grenze zwischen den USA und Mexiko, wie jeder weiß, der schon mal in San Diego war. Und wer Nachrichten hört, weiß, dass es dort – wegen Drogenbanden – anders als zwischen Israelis und Palästinensern Todesfälle gibt, oft mehrmals täglich. Der israelische Sicherheitszaun hingegen senkte die Zahl von Terroranschlägen in Israel faktisch auf null und erfüllt seinen Zweck. Über den genauen Verlauf kann man diskutieren, ebenso über die eine oder andere Siedlung – freilich sachlich und Ortskenntnis vorausgesetzt.

Zweifellos ist nicht jeder Einsatzbefehl israelischer Politiker und Militärs der Weisheit letzter Schluss und im Nachhinein ist man oft ein wenig klüger, aber Israels Politik hat israelischen Interessen zu dienen, nicht anderen. Israel ist mit seiner Politik gut gefahren trotz aller Anfeindungen tatsächlicher Feinde und selbsternannter Kritiker.

Ist nun jede Kritik an Israel antisemitisch?

Man tut niemanden großes Unrecht an, wenn man im Zweifelsfall die Frage bis zur weiteren Klärung mit einem

möglichen Ja

beantwortet. Wer aber das zuletzt vergleichsweise bescheidene Abschneiden des 50-fachen israelischen Basketballmeisters und 5-fachen Europapokalsiegers Makkabi Tel Aviv bemäkeln will, kann dies gerne tun und sagen, warum er vom Adriatic Cup nichts hält.

you can’t average out Anti-Semitism

Is all Criticism of Israel Anti-Semitic?

Yes, in most cases. Anti-Semitism addresses Jews only. Criticism of Israel addresses Jews only. So called Anti-Zionism is not more harmless than usual anti-semitism which addresses a person or a small group, but the Jewish people in general. Anti-Zionism is no belittlement, it is a maximization of Anti-Semitism.

So the critic himself has the obligation to provide and to explain his motifs and background first.


Die Dreiachteljüdin

May 29, 2012

Ab und an kann man heute noch lesen, was in früheren Zeiten mitunter ganz wissenschaftlich daher kam, in Deutschland wenigstens, nämlich eine quotierte Dosis an Jüdischem in einem Menschen. So wie ein Glas halbvoll oder halbleer sein kann, so kann demnach ein Mann oder eine Frau Halbjude sein oder Halbnichtjude. Das gibt nicht unbedingt Aufschluss darüber, ob der- oder diejenige oben oder unten, vorne oder hinten, rechts oder links, kreuz oder quer jüdisch … oder nichtjüdisch ist. Jedenfalls richtete sich das “irgendwie” nach den Eltern, die man hatte. Nachdem früher nun auch die Großeltern in die Analyse miteinbezogen wurde, konnte man neben drei “jüdischen” Großeltern einen “nichtjüdischen” Großelter oder Großelterin haben. Wenn man dies dann entsprechend zusammenrechnet, konnte jemand, wie mir mal zu lesen kam, entsprechend als Dreiachteljüdin bezeichnet werden. Neulich nun, ich meine es war in Nördlingen, fand ich erstmals einen entsprechenden Beleg für die Existenz. Es war in einem Keller, da wo manche zu Lachen hingehen.

What is a three-eight Jewess? Something Nazi used to figure in order to take all Jewish and non-Jewish ancestors on had into account. Most popular until today are so called half-Jews, altough in many cases it is unclear whether the left or right half is Jewish, bottom or top, back or front. To figure out a three-eights Jewess however is even harder. But fortunately there now are guide markers or indicating labels in Germany, as seen recently in Nördlingen (probably), which may indicate the right door.


Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm – die mittelalterliche Ausweisung der Juden aus Augsburg

May 2, 2011

Eine der interessanten, eigenartigen, aber auch weitgehend unbeantworteten Fragen der jüdischen Geschichte Augsburgs ist die wohin die Juden der Reichstadt nach der Ausweisung im Jahre 1440 gezogen waren.

 Der frühere Rabbiner der neuzeitlichen Augsburger Gemeinde Richard Grünfeld schreibt in seinem oft zitierten „Gang durch die Geschichte der Juden in Augsburg“: „Die meisten der im Jahre 1438 aus ihrer Heimat vertriebenen Juden siedelten sich in der Umgebung Augsburgs an und bildeten in Steppach, Kriegshaber, Pfersee (seit 1569), Oberhausen (seit 1555), später auch in Göggingen und Lechhausen, selbständige Gemeinden.“

Hans K. Hirsch hingegen schreibt in seinem Artikel „Juden in Augsburg“ im Augsburger Stadtlexikon http://www.stadtlexikon-augsburg.de/index.php?id=154 : „Die Ausgewiesenen wanderten in andere Städte in Schwaben, Franken und am Mittelrhein ab und zogen nach Polen und Oberitalien, den Zielgebieten jüdischer Emigration im Laufe des späten 15. und des beginnenden 16. Jahrhunderts. Gegen eine Niederlassung in den nahe Augsburg gelegenen Orten Pfersee, Kriegshaber, Steppach und Fischach sprechen die eindeutigen Formulierungen des Vertreibungsbeschlusses.“Etwas später räumt er jedoch ein: „Zu dem vor allem vom Klerus geforderten vollkommenen Ausschluß kam es in der Folgezeit allerdings nicht. Vereinzelt hielten sich Händler und Hausierer in der Stadt auf, doch eine jüdische Gemeinde durfte und konnte sich bis zum 19. Jahrhundert nicht entwickeln.“

Dem Vernehmen nach scheint es klar, dass es in der Zeit zwischen 1440 und 1800 durchaus Juden in Augsburg gab. Dabei handelte es sich aber her um „zufällig“ oder zumindest kurzfristige Aufenthalte. Beispiele dafür sind etwa der jüdische Drucker Chaim Schwarz, der über Jahre hinweg hebräische Bücher in Augsburg druckte oder aber Händler, die nur tagsüber in die Stadt durften und einen städtischen Begleiter haben mussten. Ausnahmen davon bedurften dann schon eines Krieges in welchem Juden in Augsburg geduldet wurden. Das klingt alles in allem vernachlässigbar, weil nur unzusammenhängend und zu kurzfristig, um eine zumindest ansonsten durchgängige Abstinenz von Juden in Augsburg zu bestreiten.

Ganz so sporadisch waren die Aufenthalte von Juden in Augsburg freilich nicht, wie sich aus den Schilderungen des Paul von Stetten (1731 – 1808) ergibt. Stetten war von 1792 bis 1806, als die Reichstadt dem neuen Königreich Bayern einverleibt wurde, der letzte Stadtpfleger Augsburgs und angesehener Verfasser zahlreicher Werke zur Augsburger Familien- und Stadtgeschichte. Im Jahre 1803 nahm er mit seiner eigens zu diesem Zweck verfassten Schrift „Geschichte der Juden in der Reichstadt Augsburg“ zur damaligen Streitfrage Stellung, ob Juden in der Stadt ein festen Wohnsitz einnehmen durften.

Stetten befürwortet die (erneute) Aufnahme und führt seine Leser, deren „Vorurteile“ er aufheben will, zunächst die lange jüdische Geschichte in der Stadt vor Augen, ehe er im zweiten und dritten Teil seiner 77 Seiten umfassenden Abhandlung den eigentlichen Streitgegenstand und das Für und Wider behandelt. Seine „Vorrede“ schließt er französisch:

 « Les vérités se propagent lentement, mais il vient un tems, ou les préjugés sont forces de céder. «  (Wahrheiten verbreiten sich langsam, aber es kommt eine Zeit, in welcher Vorurteile gezwungen sind, zu kapitulieren)

Im Jahre 1438 erfolgte nach langen mühevollen Bestrebungen christlicher Prediger der Beschluss des Rates der Reichstadt Augsburg, die seit Jahrhunderten ansässigen Juden der Stadt zu verweisen. Verhältnismäßig gesittet wurden ihnen eine Frist von zwei Jahren eingeräumt, ihren Hausbesitz zu veräußern und sich nach neuen Wohnorten umzusehen. Da es wohl nicht möglich war, einen Ort zu finden, der die zuletzt etwa 250 Personen umfassende jüdische Gemeinde insgesamt aufzunehmen, wurden gewiss Familien und Freunde auseinandergerissen. Wer entsprechende verwandtschaftliche Beziehungen besaß siedelte in Ulm, Lauingen, Nördlingen, Donauwörth, während andere versuchten in benachbarten Orten unterzukommen. Viele Spuren verlieren sich, da eine Reihe von Dörfern nur einzelne Familien aufnahmen und darüber offenbar keine Urkunden angelegt wurden oder solche nicht erhalten blieben. Andererseits lassen etwa Überführungen von jüdischen Leichnamen aus einer Reihe von Orten aus dem Umkreis erkennen, dass zumindest sie und ihre Angehörigen dort gelebt haben musste. In den meisten Orten sind Juden erst dann „nachweisbar“, wenn sie die Erlaubnis zum Neubau einer Synagoge erhielten, ohne zu berücksichtigen, dass dem in der Regel jedoch die Nutzung des einen oder anderen Gebetsraumes in privaten Häusern vorausging. So erklärt sich, dass zwischen dem Zeitpunkt der festgesetzten Ausweisung im Jahre 1440 bis zu den ersten nachweisbaren Synagogen in Pfersee oder Kriegshaber mehr als hundert Jahre vergingen.

Ob andererseits nun die Weisung zur Ausweisung so unbeirrt umgesetzt wurde, wie landläufig vorausgesetzt, ist durchaus zu bezweifeln. Als Beleg dafür reicht, dass 1438 Juden in den Steuerlisten verzeichnet waren und in den Folgejahren nicht mehr. Trotzdem sprechen dagegen aber bereits sehr früh zwei Kindergrabsteine die im Innenhof des Peutinger Hauses am Augsburger Dom eingemauert sind. Ihrer hebräischen Inschriften gemäß stammen sie aus den Jahren 1445 und 1446, als es schon keine Juden mehr in Augsburg gegeben haben soll. Wer nun aber sollte in einer Stadt, in der er sich nicht aufhalten durfte nun aber seine Angehörigen bestatten, obwohl er offenkundig damit rechnen musste, die Gräber möglicherweise nicht mehr sehen zu dürfen und ohne eine Garantie zu haben, ob sie Bestand haben mochten. Etwa zehn Jahre später, um 1455 wurden (weit) späteren Angaben gemäß die Grabsteine des Friedhofs jedoch entwendet und für bauliche Zwecke innerhalb der Stadt missbraucht. Dazu passen Berichte von etwaigen Funden bei Bauarbeiten in späteren Jahrhunderten, zuletzt im Jahre 2000 beim sog. „Heilig Geist Spital“ (seit 1948 Sitz der berühmten „Augsburger Puppenkiste“) . Andererseits wurden aber auch noch im 19. Jahrhundert Grabsteine auf dem offenbar doch nicht vollständig abgeräumten Gelände des ehemaligen Friedhofs gefunden, auf dem sich heute das Augsburger „Bürgerbüro“ befindet.

Paul von Stetten gemäß sahen die Augsburger Stadtherren schon recht bald nach 1438/40, dass sie die Juden nicht dauerhaft aus der Stadt halten konnten (oder aus finanziellen Gründen wollten) und fanden eine Regelung , auf die sie in der Folgezeit immer wieder zurückgriffen. Diese Regel sah vor, handelnde Juden tagsüber in Begleitung eines (gebührenpflichtigen) Stadtdieners den Zutritt zu gewähren. Bereits aus dem Jahr 1452 stammt eine Anweisung des Augsburger Bischofs (Peter von Schaumberg, im Amt von 1424 bis 1469), dass Juden „einen runden Lappen von gelben Tuch auf der Brust tragen“ sollten. Eine entsprechende Weisung hatte der Rat der Stadt jedoch bereits 1434 für die damals noch ortsansässigen Juden verfügt.  

Warum die folgende Notiz erst aus dem Jahre 1544 stammt ist unklar, freilich ist unstrittig, dass der jüdische Drucker Chaim Schwarz im Jahrzehnt zuvor mit seiner Familie und Schwiegersöhnen in der Stadt lebte und eine Reihe von Buchwerken druckte. Berichten nach wohnte er in einem Haus beim Gögginger Tor, beim heutigen Königsplatz. Das westliche Haupttor galt in der Folgezeit ohnehin als das einzige, durch welche Juden Eintritt in die Stadt gewehrt wurde. Ob dies, wie heute noch angenommen wirklich eine zusätzlich Schikane war, ist freilich zu bezweifeln, wenn man berücksichtigt, dass die heute vom Königsplatz nach Westen, Richtung Hauptbahnhof, führende Straße bis ins 19. Jahrhundert den Beinamen „Pferseer Weg“ hatte, aus dem Grund weil es der kürzeste Weg nach Pfersee war. Dort befand sich zumindest ab dem 17. Jahrhundert das Zentrum der jüdischen Ansiedlung im Westen der Reichstadt.

Am 14. Juni 1544, so berichtet Stetten, wurde Juden der Eingang in die Stadt verwehrt , außer wenn sie einen Gerichtstermin wahrnehmen mussten. Aus der selben Zeit wissen wir, dass Rabbi Josef von Rosheim, selbst Nachkomme Augsburger Juden, in der Stadt weilte. Im Jahr darauf soll auch der Drucker Chaim Schwarz die Stadt verlassen haben. Bereits im Folgejahr 1546 freilich wurde die vorherige Beschränkung wieder modifiziert und der Zutritt erlaubt, wenn die „Handlung“ des Juden „von Nutzen für die Stadt und die Bürgerschaft“ sein sollte. Für diese Vermutung müssen wohl Gründe vorgelegen haben, da andernfalls die Aufweichung des Verbots keine Sinn ergeben würde.

Stetten führt aus, welche Gründe für dieses Wechselspiel vorlagen. Die Juden nämlich waren in die „nächsten Dörfer“ gezogen und wurden dort von ihren neuen Herren unterstützt. Diese nächsten Dörfer waren österreichisch und gehörten zur Marktgrafschaft Burgau. 1574 wurden die in Oberhausen an der Wertach ansässigen Juden vom Augsburger Bischof Johann Eglof von Knörigen des Ortes verwiesen. Der Bischof, der in Ingolstadt studiert hatte und vor allem als Gegner der christlichen Reformation und wegen seiner zunächst milden Position im innerkirchlichen Zinsstreit aber auch wegen eines leiblichen Sohnes in Erinnerung blieb, verstarb jedoch bereits im Folgejahr im jungen Alter von 38 Jahren einer „schleichenden Krankheit“. Die Oberhausener Juden zogen offenbar weiter ins nur ein Kilometer benachbarte Kriegshaber, wo 1565 erstmals ein Haus in jüdischem Besitz nachgewiesen wird. Zumindest ab dem Jahr 1626 ist auf der „Unebene“, einem Gebiet zwischen Pfersee und Kriegshaber der heute noch bestehende jüdische Friedhof (sozusagen im doppelten Wortsinn) belegt.

In den Jahren des Dreißigjährigen Krieges durften Juden wieder in Augsburg leben, doch wurde dies nicht kritiklos hingenommen. Im März 1636 bereits wurde ein erneuter Ausweisungsbeschluss erlassen, offenbar aber nicht umgesetzt, denn im Dezember 1642 wurde der Aufenthalt bestätigt. Drei Jahre später wurden die Juden in Augsburg am 24. Oktober 1645 mit der erneuten Ausweisung bedroht, wenn sie sich nicht bereit erklären sollten, der Kriegskasse der Stadt 5000 Gulden einen zinsfreien Kredit zu gewähren. Der Bitte kamen sie offenbar nach und so wurden sie erst nach dem Westfälischen Frieden im Jahre 1649 erneut der Stadt verwiesen. Ob diese Ausweisung tatsächlich stattfand ist unklar, im Jahre 1680 jedenfalls steht erneut die Ausweisung der Juden aus ihren „Gewölben“ (womit zumindest Ladengeschäfte gemeint sind) zur Debatte mit der Auflage, ihnen wie in früheren Zeiten den Zutritt zur Stadt wieder tagsüber nur gegen Gebühren und in Begleitung eines Stadtdieners zu gewähren.

Zwanzig Jahre später, im Jahr 1700 ging man jedoch wieder zu einem rigorosen Verbot über  und verwehrte den Juden jeglichen Aufenthalt in der Stadt. Genauer gesagt fasten die Augsburger Räte einen entsprechenden Beschluss. Dieser wurde freilich ebenfalls nicht umgesetzt, da die Augsburger Juden sich erfolgreich beim österreichischen Marktgrafen in Burgau beschwerten und dieser zu ihren Gunsten intervenierte. Als es 1704 nun tatsächlich zur erneuten Ausweisung der Juden aus Augsburg kam, „wohnten 62 Judenfamilien hier“, wie Stetten schreibt (S. 23). Bei einer vorsichtigen Schätzung von wenigstens sechs Personen pro Familie können wir davon ausgehen, dass in jener Zeit wohl etwa 300 bis 400 Juden in der Reichstadt lebten. Eine Anzahl die mit den mittelalterlichen Schätzungen der jüdischen Bevölkerung mithält. Bei einer Gesamtbevölkerung von rund 25.000 entsprach dies einem jüdischen Anteil von etwa 1.5 %. Bei einer über Jahre hinweg vorhandenen jüdischen Bevölkerung in dieser Größenordnung kann man sicher ausschließen, dass sie zufällig oder mal eben zustande kam. Denkbar wäre, dass eine früher bis ins 20. Jahrhundert bei St. Stephan verbürgte Straßenbezeichnung „Beim Judenbrunnen“  (siehe: http://www.kulturhauptstadt.augsburg.de/index.php?id=17259) damit in Beziehung stehen könnte.

Von 1704 bis 1718 galt sodann offenbar wieder die Regel, dass die Juden der schwäbisch-österreichischen Nachbarschaft nur tagsüber die Stadt betreten durften. Erneut sammelten sich christliche Prediger des Augsburger Doms und warfen den Juden vor  zu betrügen. Jesus zu lästern, Wucher zu treiben und Kinder zu verführen, während sich Schmiede beschwerten, jüdische Händler würden versuchen ihnen minderwertiges Silber zu verkaufen. Die Folge war am 22. November 1718 ein neuerliches Verbot die Stadt zu betreten. Doch aus dieses hatte keinen Bestand und wurde schon im Januar 1719 auf österreichischen Druck wieder aufgehoben.  Den nächsten Versuch den Juden den Zugang zur Stadt zu verbieten erfolgte im Jahr 1722 als Augsburger Stadtsoldaten auch versuchten den Bau eines Friedhofshauses am jüdischen Friedhof in der Unebene bei Pfersee / Kriegshaber zu verhindern. Zwar konnten sie den Rohbau und auch eine Reihe Grabsteine zerstören, doch rückte bald österreichisches  Militär aus Burgau an und drohte der Reichstadt mit militärischen Maßnahmen und empfindlichen Geldbußen. Die Augsburger zogen sich zurück und das heute noch bestehende Friedhofshaus wurde am Friedhof gebaut. Die Intention Juden den Aufenthalt in Augsburg zu verbieten wurde freilich erst 1732 wieder realisiert, jedoch abermals bald wieder rückgängig gemacht.

1738 fand sich sodann das Arrangement den ohnehin nicht verhinderbaren Zugang zur Stadt mittels Einlassgebühren, Zoll- und Brückengelder zu versilbern. In den Kriegsjahren von 1741 bis 1745 durften Juden freilich wieder fest in der Stadt wohnen, unter der Auflage, dass dies nicht in der Nachbarschaft von Kirchen wäre und die Augsburger Juden an Sonn- und christlichen Feiertagen die öffentliche Ordnung nicht störten. Stetten hält für das Jahr 1742 wieder die stattliche Anzahl von 36 jüdischen Familien fest. Dies entspricht wahrscheinlich einer Zahl von ungefähr 200 Menschen. Der Beschwerde der Priorin des christlichen Katharina-Klosters nach zu urteilen mieteten die jüdischen Familien offenbar Häuser in der Stadt. Die Kirchenfrau nämlich beschwerte sich darüber, dass der benachbarte jüdische Mieter in der Lage sei, von seinem Haus in die Kirche zu sehen, woraufhin der Mietvertrag annulliert wurde. Am 26. Oktober 1745 erfolgte ein neuerlicher Ausweisungsbeschluss, aber auch dieser scheint nicht oder nur unzureichend umgesetzt worden zu sein. Im Jahre 1751 verständigte sich der Rat der Stadt mit den Juden der schwäbischen Gemeinden Pfersee, Kriegshaber und Steppach zu einem „Accord“, der vorsah, dass die Juden dieser Orte gegen eine jährliche Pauschale von 1.100 Gulden freien Zutritt zur Stadt erhielten. Eine Übereinkunft von der Paul von Stetten im September 1803 sagt, dass es „bis heute“ gelte.

In den Jahren bis dahin folgt noch einiges weitere Hin-und-her, worüber Paul von Stetten sich dann auch bereits lustig macht. Im Oktober 1787 und im Juli 1791 erwirkten Augsburger Krämer weitere, freilich wieder nur kurzfristige Restriktionen gegen die Juden vor Ort, ehe in den Jahren der „französischen Kriege“ 1796 und 1800 Juden wieder in der Stadt wohnten. Zuletzt war der Streitgegenstand vor allem die Frage, ob die offenbar immer schon auch in den restriktiven Zeiten eingerichtete jüdische „Garküche“ zur dem religiösen Gesetz der Juden entsprechenden Verpflegung der tagsüber zugelassenen Juden bestehen bleiben dürfe. Für das Jahr 1657 beispielsweise ist in den Amtmannbüchern der Verstorbene Henle Ulman verzeichnet, für dessen Überführung zum Friedhof bei Pfersee und Kriegshaber Wegegeld zu zahlen war. Henles Beiname lautete der bei Louis Lamm zitierten Liste gemäß „Khueherzen Sohn“. Der Begriff verweist freilich nicht auf das Herz einer Kuh, sondern meint einen Kücher oder Küchert, ein aus der Mode gekommenes Wort für Garkoch. Der status quo bei der Abfassung von Stetten‘s Schrift war, dass lediglich der Frau und der Magd des Garkochs zugestanden wurde über Nacht in der Stadt zu bleiben, er selbst jedoch abends in der Dunkelheit nach Hause gehen musste, anscheinend ins 3 Kilometer entfernte Kriegshaber. Stetten bemerkt dazu: „Da man den Juden den Aufenthalt während des Tags gestattet, oder gestatten muß, so ist gewiss Hauptsache mit Nebensache verwechselt, wenn man es von Bedeutung hält, daß sie des nachts nicht hier seyn dürfen.“ (S. 37)

Wie dem nun auch immer sei, ergibt es sich aus wechselvollen Abfolge von mal tolerierten, dann wieder beanstandeten, zeitweilig beschränkten, kurzfristig gänzlich untersagten, dann aber doch wieder zustande kommenden Aufenthalten von zeitweilig jahrelangen mitunter bis zu 30 oder gar über sechzig (und vielleicht ja auch mehr) jüdischen Familien in Augsburg eines ganz zweifelsfrei. Mit der Ausnahme weniger Jahre kann in der Zeit von 1440 bis 1800 von einem „judenfreien“ Augsburg keine Rede sein. Auch in dieser Zeit war die Anwesenheit von Juden in der Reichstadt keineswegs eine seltene Besonderheit, sondern der Regelfall am Rande der Alltäglichkeit. Das war es auch, was Paul von Stetten im September 1803 seinen Lesern mit seiner Schrift eindringlich verdeutlichen wollte, als es darum ging, das Ersuchen der Bankiers Westheimer, Ulman und Obermayer wie auch den entschiedenen Widerstand der Augsburger Kaufleute dazu zu beurteilen.

Stetten führt später eher pragmatisch dazu aus: „Hat man die gänzliche Abhaltung der Juden nicht schon seit mehr als 3 Jahrhunderten gewollt? Die Geschichte zeigt, wie vergebens alle Bemühungen waren. Man hat zehnmal ihre gänzliche Ausweisung statuiert, mit dem besten Willen aber sich niemals manutenieren können . Was in den vorigen Jahrhunderten gegen die Juden mit Effekt nicht hat zu Stand gebracht werden können, wird dies jetzt besser gelingen? Jetzt, wo die meisten Städte Deutschlands Juden in ihren Mauern beherbergen? Bey der jetzigen allgemein gewordenen Toleranz und herrschenden Aufklärung, die keinen Menschen der Religion wegen hintansetzen oder gar zu verfolgen erlaubt? Jetzt, wo selbst das Thema, wie das Schicksal der Juden zu verbessern sey, ganz neuerlich an den deutschen Reichstag gebracht worden ist? Wo in mehreren Ländern die Juden als förmliche Bürger aufgenommen werden?“ (S. 48) 

Widmungstafel an Stelle des früheren Wohnhauses von Paul von Stetten am Obstmarkt in Augsburg, Heute befindet sich dort das “Hotel Augusta” http://www.hotelaugusta.de/ – Von seinem Haus aus musste Stetten bald nur noch über die Straße zum zum Wohnhaus von Jakob Obermayer am Obstmarkt zu gelangen, an dessen Stelle sich heute eine Filiale der Sparda-Bank befindet. 

There is a widespread view that after the expulsion of the Jews from Augsburg in the years 1438/40 there has followed a long period of more than 360 years of sequestration before Jews again were allowed to live in Augsburg. At best, it is said, there possibly had been rather a few exceptions.

In 1803, when three Jewish banking families applied for permanent residence in Augsburg, Paul von Stetten, then City Keeper demonstrated in his “History of the Jews in the Imperial City of Augsburg” that nothing of the sort was true. There was not one expulsion, there were ten and none of them was of any success. Furthermore at times there lived over thirty or even more than sixty Jewish families in the city. It therefore would be somewhat unreasonable to want keep Jews in modern times out of Augsburg.


The Secret of the Jewish World Conspiracy

April 10, 2011

If Jews control the media, why we do not bring to pass a better press?”  

This regular objection from Jews in the U.S., Europe, Israel and elsewhere is often cited and used as a kind of revealing counter-argument against the well-known conspiracy myth. In fact it is so that just in the world press Israel does not come off well. Whenever Israel’s military kills two Palestinians, hurts one, kills six, hurts five, … it very likely will be one of the headline messages in the news broadcasts in Paris, Berlin, Cairo, Washington, as well as in Moscow or Beijing – but if there are hundreds or thousands of deaths in Africa, it will be mentioned just before the sports section as a short footnote message (probably with some production photographs). The first incident you will read on the front page of the newspaper, the other will be on page 17 bottom left, next to the coupon for a pound of beef. If you read papers with less pages you will have to wait until someone believes that there might be a connection to Jews. However, as Seinfeld once put it: “It’s amazing that the amount of news that happens in the world every day, always just exactly fits the newspaper.”

So, for God’s sake, how can it be that Jews rule the world press and they get so bad appraisals and opinions? Why in the U.S., where the supposed influence of “Jewish East Coast” is supposed to have the  strongest and most effective impact, many month long efforts were “necessary” to induce retail giant “Walmart” to withdraw the so-called “Protocols of the Elders of Zion” – commonly known as anti-Jewish diatribe from czarist Russia – from its online catalog? Believe it or not, but “Walmart” only in September 2004 was receptive to the increasing and more louder protests, to do so (or they simply waited until the edition was sold, as some critics suppose). If there was something like a Jewish sovereignty, an email to my uncle ought to do.

We remember Mel Gibson, whose “Passion” film triggered off a number from fierce to ridiculous debates over anti-Semitic motifs, overtones, either subtle or blatant. Among Gibson’s pleaders also were a number of Jews, who objected the reproaches formulated and surveyed by many others. Of course some of these Jews have made the mistake of celebrating this “success” with Gibson and to spend him too many drinks – as we know today… His movie, with Italy’s  famous actor Adriano Celentano’s daughter Rosalinda starring as “Satan”, was of some success also in Muslim countries, and in 2008 inspired a film in the Islamic Republic of Iran. “The Messiah”, the largest movie production in the history of the country however differs in the punch line of the (whole) story. According to the writings of the Quran it was not Jesus who was hit at the cross, but “someone else”. The movie closes the knowledge gap and it is Judas Iscariot who was crucified, probably as a kind of scapegoat for the accursed Zionists. However, the distinction between the two storylines maybe will give some information on the effective hugeness of Jewish influence in Hollywood.   

The answers to the previous questions also allow to understand how the Jewish world conspiracy actually works: it is based on humor and one requirement of humor is the ability also laugh at yourself.

And now, let’s face it, even bad jokes are jokes – right? Do fools in this world not have the license they are envied for by others? The court jesters of the Middle Ages today are known as journalists. As the jester used to dance before the king, made faces and told funny verses, a journalist today in an interview with the politician will quote opinion polls: “Two thirds of the population oppose your policy“. The effect obviously is the very same and the ruler at the helm will laugh the way the king once did, knowing that his policies may not be refused, because the next election will be in three years and by then everything will be long forgotten. Who keeps bad jokes in mind?  

So it now has become obvious why the press has to write bad things about Israel and to sympathize with Israel’s enemies: it simply is humor, often brilliant and witty. Come on, let’s face it: everyone would be aware of the Jewish domination of the media if it was distinguishably in favor of Israel and its policy. In contrary the more Israel is doomed in the world media, the more humorous and satirical are the segments – and the more powerful is the Jewish dominance or ownage. This may appear paradoxical, but if you become attuned to the concept and method, you will take notice of other aspects as well. Jewish humor impresses with by understatements and satire and often plays with stylistic devices like self-criticism. Already in Bible and Talmud you may discover much more than just basic approaches for it, they already met all requirements, except for the protagonists of course neither were called court jester nor journalist but under their previous title as prophet or rabbi. Their role and function however was the very same and everyone knows, that prophets and fools, who are not quick-witted enough, soon can end up in prisons or worse. It is not so easy to deal with journalist the same way of course, because within the Jewish-dominated press the mother of a journalist may be buddy-buddy with the mother of the chief editor. But seriously folks, who wants to mess with a Jewish mother anyway? Better to conduct some field research in Afghanistan than to get oneself into an unwinnable conflict. 

But how does it happen that particularly American Christians apparently seem to support the Jewish world conspiracy, although Jewish mockery sometimes also is aimed at them? Think of Lenny Bruce, who calmed the question of collective Jewish guilt for the crucifixion death of Christ. He explained: “I dunno, it was one of those parties, got out of hand, you know.” He also clarified satire as “tragedy plus time”. On another occasion he admitted that now Jewish guilt has been proven beyond question, since in his basement he found a note signed “Morty”.

Well, the answer again is quite easy: Christians, especially newborn ones, love to laugh. They also love to laugh at Jews, whether they are called Woody Allen, Seinfeld, Groucho Marx, Jerry Lewis or Ehud Olmert. And of course Christians believe in biblical prophets, even if time and again they have another understanding of some of their punch lines and sometimes miss the deeper meaning. But never mind: Have you ever told jokes and all listeners get it? See??

Although the header speaks of a “secret”, to reveal the Jewish confederacy on the basis of humor, is not exactly new, even bitter enemies of the Hebrews understood early this relation. Unsurprisingly they repeatedly had tried to copy the Jews and to beat them with their own weapons. The Nazis, for instance had a weekly tabloid named “Stuermer” (“striker”), best-known for its often obscene, flat or pornographic anti-Semitic caricatures, which illustrated or propagated old and new “Jewish” stereotypes. Since the Middle Ages Jews were depicted with pigs by their haters, but who would be surprised to find out a Jewish origin of the “lucky pig” term?  

Iranian president Ahmadinejad some years ago offered a prize for a cartoon competition on the Holocaust, as a kind of retaliation for the Mohamed caricature by a Danish Christian. The intention was to provoke and insult Jews, but a parallel Israeli competition had much wittier results with a firework of wit and lots of biting sarcasm and according to international observers they were head and shoulders better than the simple Persian provocations.

How can that be? Now it is reminiscent of the scene from the Bible, when Moses and his brother Aharon, facing Pharaoh and throwing a rod to the ground, and the rod turns into a snake – if you want, you may consider that a miracle, but if you prefer to regard it as a mere joke, that of course is okay as well … The Egyptian king of course had his own executive consultants, … I mean … magicans … and as it is reported they repeated what the two leaders of the Israelites did. They also threw their rods to the floor and their rods also turned into serpents. However the snake of Moses and Aharon eats up the ones of the Egyptian advisers. It was just a pointless imitation and the very same it is here, since the ironian … I mean … the Iranian president takes no account of the fact that Jewish humor bases on the ability to laugh at oneself. This exactly is the key to it, the vicious, wicked, dirty trick. Americans figure their presidents as monkeys and had received media prizes, Israeli satirists get spokespersons. In Iran, however, as elsewhere (and not only in the Islamic) world, they cannot understand that they have to drag themselves through the mire first if they want to rule the world.

The vast majority of US American Jews voted for Barack Hussein Obama, the son of a Muslim. However most American Jews will foreswear and nullify his Muslim background, as most other Democrats will do, … the same people however emphasize the Jewish background of let’s say William Sebastian Cohen, US Secretary of Defense under President Bill Clinton, who had an Irish Protestant mother and became Unitarian when he was told that in order to get a Bar Mitzvah he formally needs a conversion. However, when you have a Muslim father it of course has no further meaning and it is a kind of racism if you ask questions, although in Islam ancestry is paternal.  On the other hand if someone only has a paternal Jewish grandparent, he or she will regarded as Jewish, although in Judaism descent is maternal.  Obama was raised fo(u)r  years in Indonesia, the world most populous Muslim country, which different to many other Muslim countries until today has no direct ties with Israel, but if “needed” pulls out its national tennis team of a Federation Cup match in order not to play on Zionist tennis courts. Obama revisited Indonesia last fall as US President, but the policy of the country towards Israel will not change and American Jews of course will not mind.  Liberals can understand everything but people who don’t understand them.

Was that it? Yes, basically.

If you are not Jewish but you want to be influential, get off with mocking yourself and publicly emphasizing everything about you that might be embarrassing. If however it does not work out, deny vehemently all personal responsibility and blame the Jews instead. We will appreciate.

If however you consider yourself Jewish but you have not any influence either, reconsider the option that maybe you only are half-Jewish or less with the possible after-effect, that you brain in the Gentile half or quadrant is not. Never mind, just remember how Seinsfeld puts it: “Why do they call it a “building”? It looks like they’re finished. Why isn’t it a “built“?“ Think about it and improve your situation as described above. But if however it does not work out, deny vehemently all personal responsibility and blame traditional, orthodox or zionist Jews instead. We will appreciate.

From all our other attentive readers we can expect they will comprehend that the original title of the infamous “Protocols” actually is a meaningless and content-free playing down of the original (insider) book which had the telltale, revealing title “The recorded gags of Zion”. 

So maybe it only has been an instance of a rather harmless mishearing. An anecdote may shed a little light on this:

A Jewish businessman has to wait three hours in a Swabian village for his connecting train. Since his pocket watch needs a repair he decides to use the time to look for a watchmaker who possibly even will fix his watch. In fact in the middle of the main street he finds a shop with a number of different watches in the window. As he enters, the store is empty. There are neither good nor shelves, just a decent old Jew sitting, with long beard, side curls and a yarmulke on his head, is slightly whipping on a chair while he reads mumbling from a huge folio sized Talmud at a small table.

The business man says to him: “Is it possible to get my watch repaired within one or two hours ..?” The old man is not responding.

The visitor now assumes that the old man probably is somewhat hard of hearing and repeats his question a little louder, again no response, a little more louder, and once again no response. Finally he almost shouts his head of: “Is it possible to get an answer?”   

The old man now lifts his head and looks to the guest and answers forcefully:  “Well, is it possible for you, not to roar around like a donkey? I am not a watchmaker, I am the local circumciser, the mohel..!”

But why you have put the watches in the window? ”

Well, actually you can tell me what else should I put in the window? ”

  • * * *

(Rewritten English translation of a German version “Das Geheimnis der jüdischen Weltverschwörung” from Summer 2006, see: http://yehuda.wordpress.com/2006/09/07/das-gehemnis-der-judischen-weltverschworung/)


What was it you wanted ..?

March 10, 2011

הדקולטה של פאולה

What was it you wanted?
Tell me again so I’ll know.
What’s happening in there,
What’s going on in your show.
What was it you wanted,
Could you say it again?
I’ll be back in a minute
You can get it together by then.

What was it you wanted?
You can tell me, I’m back,
We can start it all over
Get it back on the track,
You got my attention,
Go ahead, speak.
What was it you wanted
When you were kissing my cheek?

Was there somebody looking
When you give me that kiss
Someone there in the shadows
Someone that I might have missed?
Is there something you needed,
Something I don’t understand.
What was it you wanted,
Do I have it here in my hand?

Whatever you wanted
Slipped out of my mind,
Would you remind me again
If you’d be so kind.
Has the record been breaking,
Did the needle just skip,
Is there somebody waitin’,
Was there a slip of the lip?

What was it you wanted
I ain’t keepin’ score
Are you the same person
That was here before?
Is it something important?
Maybe not.
What was it you wanted?
Tell me again I forgot.

Whatever you wanted
What could it be
Did somebody tell you
That you could get it from me,
Is it something that comes natural
Is it easy to say,
Why do you want it,
Who are you anyway?

Is the scenery changing,
Am I getting it wrong,
Is the whole thing going backwards,
Are they playing our song?
Where were you when it started
Do you want it for free
What was it you wanted
Are you talking to me?

(c) Bob Dylan


Magrepha – the liberal Jewish”big bang theory”

January 19, 2011

Some 200 years ago in July 1810 the first musical organ was introduced in the ”Jacobstempel” of Israel Jacobson (1768-1828) in Seesen (near Hannover), Germany. The prototype of Jewish “reform synagogues” in Germany was destroyed in 1938 by the Germans. The  first regular congregations adopted the organ in the following 1810s in Hamburg and Berlin. In Bavaria the first organ was introduced in Augsburg in 1865. Ever since the debate over “instrumental music” highlights a division in the Jewish community.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/c/c8/Vox_Humana_rank_taken_in_2004.jpg

In English the German word Orgel is organ, but has many more and quite different meanings. An organ not just is a musical instrument, it also may be a newspaper, as the organ of a company or association. It might be a part of the (human or animal) body , but you can’t be so sure about that, since there also are hand -, mouth – or chest organs, which obviously are not. So whenever you are in doubt, it applies or not, ask at your local organ bank, or dealer if there is none. At least also in regions where there are no banks, there maybe is organ trade or possibly even organ donors, builders or players. So there obviously is a variety of organs and if you do not know the context in which the word is used it may be that you mix up the meaning .

Obviously that also was the case regarding the Hebrew word מגרפה (magrefa or magrepha) which often is translated as “organ” in the sense of a musical instrument, allegedly used in the Jewish temple of Jerusalem. That is what has been maintained by reformers of the synagogue service in the 19th and 20th century who wanted to introduce church organs. They referred to passages in the Talmud which note a gadget named “magrefa” allegedly considered by one interpreter to be a “musical instrument”. So the argument was that if even in the holy temple it was practice to play an organ, so of course there may be no reason to reject the organ as strange, alien, untypical instrument. The reform just would be to tie in with a much brighter past. So remarkably even the “Jewish Encyclopedia” in 1911 stated: “The Temple organ very likely was the “magrefa” mentioned in the Talmud as one of the instruments of the sanctuary. It is described by Samuel as consisting of ten pipes, each pipe having ten holes; a total of 100 notes was thus obtainable.”

However there is some confusion. The mentioned magrefa had been a tool described as a kind of shovel, while the Hebrew word today is widely used for a rake, but there are of many transitional forms, depending on the intended purpose. Actually the Mishna refers to Kohanim in the Bet Mikdash in Jerusalem who were offering of the incence. At the area between the mizbe’ach (“altar”) and the ulam (“lobby”) – what according to another Mishna is some 11 m distance – they picked up the magrefa and throw it down to earth. The noise so it is said had been so loud that no one in Jerusalem was able to hear what someone has told him. That is the basic information. Later that statement was commented in the Gemara by Shmuel, a first generation Amora in Babylon, who lived some 150 years after Mered Bar Kokbba. His statement refers to the loudness and so he says that the magrefa had 100 sounds, later comments suggested it could emit a thousand sounds. Obviously there is the rub. If you understand the portrayel of a person who of course had been no eye-witness in the way that there were hundred or thousand different tones, possibly even selectable, the idea of an organ as music instrument is more or less obligatory. You only may ask yourself why it always was thrown at a stone floor in order to play it …

Ancient Jewish shovels from the Bar Kochba cave of letters, discovered by Yigal Yadin in 1960

Another way to understand Shmuels account on hundred tones of course is to refer his statement to the alleged loudness of the magrepha when it was thrown to the floor in the temple as it is stated in the Mishna (another version even refers to Jericho). In question was to explain the extraordinary loudness of an obviously rather small gadget in the size of one cubit (some 20 inches or 50 cm). His approach explained the volume of the bang with seemingly 100 simultaneously noises. The text  however only has קולה what of course is no plural. He would say the sound was a hundred times louder than one would expect. Later comments extended it to a thousand times. It is therefore a mere exaggeration, or let’s say a metaphor or comparison. Also today we would put it that way to express “there was such a deafening noise, so that you were unable to hear yourself speak”. Nothing more to explain than that was the intention of the Mishna and Shmuel.

The magrefa we are talking about was a tool, a shovel or dustpan which was made of wood, plate or sheet iron. Some versions had a number of tines on one end, as we know it from a fork. That’s why the current understanding of the word in Hebrew is a garden rake. The magrefa in question is specified as a tool of one cubit size. The magrefa usually was used for brushing away the ashes from the altar, but as the Mishna states the priests also threw it to the stone floor and the result was a loud noice. Neither the dropping nor the bang however were mishaps as one might assume but a deliberate acoustic signal, which addressed three different purposes and people:

כוהן שהוא שומע את קולה, יודע שאחיו הכוהנים נכנסים להשתחוות; והוא רץ ובא.

  ובן לוי שהוא שומע את קולה, יודע שאחיו הלויים נכנסין לדבר בשיר; והוא רץ ובא.

  וראש המעמד היה מעמיד את הטמאים בשערי המזרח.

 

(Tamid 5.6: A Kohen who heard the noise knew that his fellow Kohen were going in to prostrate themselves and would come running; when a Levi heard the noise he knew that his fellow Levi were going to start chanting and would come running; and the head of the warden would assemble the ritually impure in the eastern gate.)

Well, without getting bogged down too much to further details of the service in the sanctuary of the temple in Jerusalem, it is clear that the dropping of the magrefa was an intended acoustic signal in the temple, calling the intention to the beginning of the ceremony and advising all to be at the proper place, the priests, the Levites and the warden master who walked out the impure from the inner zone. The puzzling question is why the dropping of a tin or iron shovel was used for that purpose instead of a bell, drum, shofar, trumpet or a vuvuzela, etc. The answer would be that all of these were  music instruments and therefore not qualified for giving a signal. It would be questionable whether a modern temple could use sirens for it, as we know it from ambulances.

However that be, the idea that the magrefa would be a organ like musically instrument and was used that way in the temple service in Jerusalem for a couple of reasons is kind of absurd:

1. The magrefa usually is described as a tool. Sometimes it appears to be a kind of shovel, sometimes it seems to be a kind of rake, with spiky jags for instance to harvest olives.

2. If the magrefa would had been a real musical instrument, why it was “played” by throwing it at a stone floor? Would it have been possible to produce different sounds or even playing a kind of melody or tune when dropping it? Or would the priest would have to pick it up and throw it to the floor again and again.

3. Apart from the practical point of view, which seems to be too vigorous and too silly for a respectful person in a holy place, to play instruments in the temple however was the task of the Levites, but the magrepha was dropped by a Kohen.

4. The noise of the dropped magrefa within the context of the text of the Mishna leaves no doubt that it involves an acoustic signal. A signal intelligibly to all needs to be unambiguous and decisive. A sequence of hundred or more different noises of course would be just the opposite.

5. The accounts for the noise by the dropped magrefa simply express the loudness of an iron tool which fell on a stone floor. Just take an iron shovel without wooden or plastic parts on it and give it a shot. The sound pressure at the collision on a stone floor is similar to a jack hammer in a yard distance (ca. 100 dB).

6. The lively description that no one in whole Jerusalem could hear anything else when he magrefa was dropped to the floor of course only is a comparison to convey an idea of the din.

7. As the magrefa in the temple was no musical instrument and of course no organ, the narration that people could hear the sound even in Jericho likewise is no indication of the magrefa as forerunner of the telephone.

So the conclusion is that the study of the meaning as well as proper use of a magrefa (מגרפה) must be learned what also is the lession to be learned from the video:

Vor rund 200 Jahren wurde in Seesen, zwischen Hannover und Goettingen von Israel Jacobson die erste Synagogenorgel eingeführt. In den Folgejahren fanden sich nur wenige einzelne Nachahmer, doch bereits einige Jahrzehnte später war es eins der zumindest vordergründigen Konfliktfelder, die die jüdische Gemeinschaft in Deutschland spaltete und nachhaltig schwächte. Die Befürworter einer “Synagogenreform” argumentierten, die Orgel in der Reformsynagoge sei keine bloße Anbiederung an das Christentum, sondern seinen Ursprung gar im jüdischen Tempel von Jerusalem habe, wäre demnach originär jüdisch und älter als jedes denkbare christliche Vorbild. Das klang sicher selbstbewusst wie verlockend, basierte aber auf  der wohl absichtlichen Missdeutung einer Passage aus der Mischna in welcher davon berichtet wird, dass im Tempeldienst ein als “magrepha” bezeichnetes Werkzeug auf dem Boden geworfen, um einen Signalton zu geben.

Spätere Kommentatoren erklärten den lauten Krach mit hundert, ja sogar mit tausend Tönen, was nun eben … als Orgel umgedeutet wurde, ohne freilich erklären zu können, warum man das Instrument dadurch spielte indem man es auf einen Steinboden warf. Tatsächlich umschrieb der talmudische Text damit nur die hundertfache oder tausendfache Stärke des Lärms, den man in ganz Jerusalem, ja sogar “bis nach Jericho” noch habe hören können – aus letzterem schließt trotzdem niemand, dass das Gerät, bei dem es sich um eine wohl gusseiserne Schaufel für die Kohlen des Brandopfers handelte, etwa ein Voläufer des modernen Telefons gewesen sei.


Die Ausnahme bestätigt die Regel

December 29, 2010

One of the most surprising questions among commentators of international political affairs is the one whether it is “possible“ to criticize Israel. The answer is much simpler as the question: of course it is and in fact there is hardly any country in the world what got more of criticism from international institutions as well as from the media worldwide  in the course  of the last decades. The negative attention Israel gets around the globe is disproportional by far, while other conflicts and crisis’s in the world with far more victims are underrepresented in the news as well as in UN bodies. Since many of the statements are biased against Israel the next question is: are all critics of Israel anti-Semites? Well, actually, what if ..? Would your coffee taste different?

To understand Anti-Semitism is easy if you realize that it only needs to follow few basic rules: the first is, not to like Jews, the second is to come up with special criteria which may be ridiculous or awkward if applied in other contexts. The third rule is too similar to the first one, to mention it, but implies that regarding Anti-Semitism only Jews are biased. As all governments in the world also the one Israel deserves and needs criticism as national and international feedback, but in order to be productive complaints and objections need to be rational, fair and coherent, applying the same universally valid principles, without recourse to traditional anti-Semitism with a new livery as so called anti-Zionism more than often does.

 

Um den Hass auf Juden zu verstehen genügen im Prinzip wenige Grundregeln. Er richtet sich gegen Juden, er schafft immer neue, oft lächerliche Sonderregeln, die so nur zur negativen Beurteilung von Juden gelten und ansonsten nicht zum Einsatz kommen. Dieser rote Faden schlängelt sich durch die Jahrhunderte und verdichtet in immer neuen Varianten tradierter Klischees zu scheinbar neuen Einsichten. Alte Argumentationsmuster, die sich zur Bekämpfung des „Ewig Jüdischen“ als untauglich erwiesen haben, werden dabei bereitwillig als Fehler eingestanden und durch „zeitgemäße“, „moderne“, sprich „wissenschaftliche“ ersetzt. Die Distanzierung von den alten Beweismitteln schafft dabei eine vorgeblich erfrischende, von Ballast befreite Pseudo-Objektivität und neuen Elan, ist methodisch aber nur eine Wiederholung oder christliche gesprochen: alter Wein in neuen Schläuchen

Das bekannteste Beispiel dafür ist der Begriff des Antisemitismus – den Antisemiten heute in aller Regel bereits als Last empfinden und als „Totschlagargument“ oder „Keule“ in Abrede stellen, wissend, dass er viel zu populär und einschlägig negativ besetzt ist, um sich gegen ihn noch behaupten zu können. Er basiert jedoch selbst schon auf der willkürlichen linguistischen Einteilung der Sprachen in sog. Familien, etwa slawische, germanische, semitische, usw. Unter letzterem versteht man beispielsweise  Arabisch, Hebräisch, Phönizisch, Aramäisch, aber auch das äthiopische Amharisch. Diese allgemein anerkannte Definition ist jedoch recht spekulativ und leugnet die immense Verwandtschaft und gegenseitige Beeinflussung etwa der hebräischen (=semitisch) und griechischen (= indogermanisch) Sprachen. Nicht nur sind die frühen Buchstabenschriften beider Sprachen nahezu identisch (wo dies nicht geleugnet werden kann, spricht die objektive Wissenschaft dann freilich vorsichtshalber nicht von Hebräisch, sondern von „Phönizisch“) , auch die Namen der Buchstaben stimmen weitgehend überein (Alef = Alpha; Bet = Beta, Gimmel = Gamma, Dalet = Delta, …). Natürlich gibt es eine recht hohe Menge an  gemeinsamen Vokabular, doch es ist vom Standpunkt der Sprachwissenschaft im 19. Jhd. plausibler eine enge Verwandtschaft zwischen Griechisch und Indisch zu (er)finden, während die Sprachen der beiden Mittelmeeranrainer gänzlich unterschiedlich zu bleiben.

Folgerichtig ist auch schon der vorgeblich „neutrale“ Begriff des „Semitischen“ bereits willkürlich, und ein Beleg die bereitwillige Anwendung der „antijüdischen Sonderregel“, basiert er doch auf der legendären biblischen Randfigur des „Sem“ (Schem), einem Sohn Noachs. Im Gegenzug leitet sich die Definition der germanischen Sprachen nach dem eher fiktiven Sammelnamen der Germanen benannt werden (was die Römer erfanden; wobei Plutarch sie etwa noch mit den keltischen Kimbern verwechselte …) und nicht etwa nach der gleichfalls biblischen Randfigur des Aschkenas, im Mittelalter immerhin noch einigermaßen gängigen Bezeichnung für “Deutsche”, insbesondere bei Juden, die selbst aber übrigens „Taitsch“ redeten, etwas heute objektiv als „Jiddisch“ bezeichnet wird…

Bereits im preußischen Staatslexikon von 1865 ist das Adjektiv „antisemitisch“ eingeengt auf „gegen das typisch Jüdische gerichtet“.  In den 1870er Jahren machte der deutsche Journalist Wilhelm Marr den „linguistischen“ Begriff populär und wandte ihn in verschiedenen Schriften immer wieder und gegen „die Juden“ und keineswegs gegen die Sprecher (anderer) „semitischer“ Sprachen. Das muss man anmerken, da manch vermeindlich “kluger Kopf” sich an seinen Fingern abzählt, Araber können gar keine Antisemiten sein, da sie selbst Semiten wären … Richtig, Al Capone konnte keine Mafioso sein, da er ja selbst Italiener war. Jetzt ist auch das geklärt.

Nachdem Juden nach der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts längst keine einheitlichen Positionen mehr vertraten (falls sie das vorher jemals taten), suchten Gegner der ohnehin nur sehr zögerlich von statten gehenden  „Emanzipation“ nach neuen Kriterien, um die tradierte Abneigung aufrechtzuerhalten. Wie viele andere lehnte Marr deshalb auch die religiös motivierte Ablehnung der Juden als nicht zeitgenössisch ab. Was auch wollte man den Juden im Zeitalter der Industrialisierung und rasanten Verstädterung auch vorwerfen, etwa dass sie sich beschneiden ließen anstatt an eine jungfräuliche Geburt zu glauben? Juden lebten in keinem wie auch immer definierten Ghetto mehr, sondern waren Fabrikarbeiter, Lehrer, Bauern, Soldaten, Journalisten, Kaufleute, Arbeitslose, Geschäftsinhaber, Kriegsinvaliden, Opernbesucher oder Sportler wie Christen auch. Insbesondere in Deutschland hatten sich zahlreiche Juden, insofern sie nicht gleich zum Christentum konvertierten als „Liberale“ weitgehend angepasst. Hatte Heinrich Heine die Konversion zum Christentum, scherzhaft oder nicht, noch als „entre billet zur europäischen Kultur“ bezeichnet, so waren nach ihm der Grad der Anpassung an christliche Gebräuche geradezu der Maßstab für ein reformiertes oder liberales Judentum, meist protestantischer Ausprägung. Zum Ausdruck kam dies insbesondere durch Kirchenorgeln und Chöre in der Synagoge, aber auch durch Rabbiner, die nicht nur die Gewänder christlicher Geistlicher nachahmten, sondern wie diese auch entsprechende deutsche Predigten in den Blickpunkt der Gottesdienste stellten. Wo also zahlreiche Juden sich bereitwillig den christlichen Gepflogenheiten anpassten, manchmal auch anbiederten, mussten auch ihre Gegner Schritt halten und sich neue Strategien ausdenken, um Assimilationen und Konversionen als nichtig und unwirksam zu definieren.

Folglich mussten bestimmte, unveränderliche Eigenschaften der Juden, die auf den tradierten Klischees des christlichen Mittelalters und des in Bezug auf Juden wenig bis gar nicht aufgeklärten Humanismus basierten, neu arrangiert werden. Der religiös-kulturell motivierte Hass auf Juden wich so zunehmend einem „modernen“, mit der „Abstammung“ der Juden begründeten „Antisemitismus“. Ob der Jude nun ein Kaufhaus besaß oder Tagelöhner bei einem Bauern oder in einer Fabrik war, als Opernsängerin oder Reserveoffizier, als Kommunist, Fußballer, Bierbrauer oder Talmudschüler „in Erscheinung trat“, traditioneller, „liberaler“ oder getaufter Jude war, spielte von nun an keine Rolle mehr, da er allein durch seine Abstammung über Eigenheiten verfügte, die er weder durch Orts- noch Berufs- oder Religionswechsel einbüßen konnte, stammten sie aus der biologistischen Sicht der politischen Naturalisten doch ggf. von anderen Affen ab als sie selbst.

Ein Karl Marx, dessen ursprünglich jüdische Eltern noch vor seiner Geburt zum Christentum übertraten, “konnte” so natürlich „Jude“ bleiben, während sein Kollege Engels, ähnlich wie Lenin oder Stalin natürlich nicht in selber Weise als „Christ“ betrachtet wurde, sondern nur als Kommunist. Ebenso sieht man auch in Hitler heute keinen Christen, obwohl er von christlichen Eltern abstammend, getauft und christlich erzogen wurde und niemals aus der katholischen Kirche austrat und sich das Programm der NSDAP ausdrücklich auf das “positive” Christentum beruft. Stattdessen versuchen Verschwörungstheoretiker Hitler einen etwaigen jüdischen Vorfahren anzudichten, vielleicht, weil damit „alles“ erklärt werden könnte?  Auch ein Pol Pot wird nicht als buddhistischer Mönch gesehen, der er war und wie viele Apologeten versuchten uns in den letzten Jahren zu erklären, dass Osama Bin Laden, kein richtiger Muslim ist ..?  Dies verdeutlicht einmal mehr die Besonderheit des Hasses auf Juden, die Regel nämlich, dass für die (negative) Beurteilung der Juden immer Sonderregeln ersonnen werden, die ansonsten – wohl ganz zu Recht – nicht zur Anwendung kommen.

Dieser Mechanismus prägte bereits das mittelalterliche Feindbild und betrifft die „judentypische“ Eigenschaft der Gier und des Wuchers. Das Klischee, das auch angeblich wohlmeinende Autoren immer wieder bemühen, argumentiert mit dem kirchlichen Zinsverbot einerseits und dem Ausschluss von Juden aus ehrbaren Berufen des Handwerks andererseits. In der Summe ließ dies Juden sodann gar keine andere Wahl, als unter hohen Risiken Kredite gegen hohe Zinsen zu verleihen. Mit dieser „verständnisvollen“ Rechtfertigung wird jedoch nur das Klischee zementiert und neuerlich auf ein scheinbar stabiles Fundament gestellt. Einer unvoreingenommenen Prüfung hält dies freilich nicht stand. Zum einem ist aus mittelalterlichen Dokumenten nicht zu entnehmen, dass Juden keine Handwerker waren und sein konnten. Sie gerbten Leder, buken Brot, brauten Bier, waren Lehrer, Schreiber, Köche, Schmiede, Soldaten, Mathematiker, Metzger, usw. In Augsburg beispielsweise bauten die Juden um das Jahr 1300 sogar einen 400 m langen Abschnitt der sieben Meter hohen Stadtmauer. Wie alle anderen Verbote seit Menschheitsgedenken, wurde wenig überraschend auch das Zinsverbot der Kirchen immer wieder gebrochen und wo es seitens der Kirche und weltlichen Herrscher ausdrücklich so gewollt war, sogar institutionell umgangen.  Man vereinbarte sodann eben keine Zinsen sondern Wechsel mit entsprechenden Gebühren. Ähnlich praktiziert es heute noch der Islam. Man nimmt einen Kredit über 1.000 Euro auf, bekommt aber nur 900 Euro ausbezahlt und zahlt den Rest in Raten zurück – … und welch Wunder: man zahlt keine Zinsen.  In mittelalterlichen Steuerlisten sind kaum mehr als 5 % der genannten jüdischen Steuerzahler im sog.  „Geldhandel“ tätig, wobei die meisten wiederum nur kleine kurzfristige Pfandgeschäfte mit Nachbarn aushandelten. Zur Stigmatisierung der Juden reichte das freilich aus – bis heute, gelten „Geschäftstüchtigkeit“ und eine bestimmte Form von „Gerissenheit“ doch immer noch als „typisch jüdisch“. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Bettler oder Fabrikanten handelt, da der scheinbare Erkenntnisgewinn durch das vorangestellte Attribut „jüdisch“ erzielt wird und ein „jüdischer Fabrikant“ ebenso wie ein „jüdischer Bettler“ im Rahmen der Sonderbeurteilung, ganz eigene Assoziationen weckt, die andernfalls nicht zwangsläufig vorhanden sind.

Der Hass auf Juden geht sogar so weit zu erdichten, dass es ihn immer und überall gab. Auch das ist natürlich Unsinn.  Es gibt keinen weltweiten Hass auf Juden und keinen der bei allen Völkern existiert, selbst die abermals entschuldigend gedachte Nachkriegsmetapher eines „Antisemitismus ohne Juden“, den Wohlmeinende anführen, um zu erklären, dass Juden nicht am Antisemitismus Schuld seien, untermauert das Vorurteil, dass es zu beseitigen sucht. Tatsächlich wirkt auch hier wieder der Mechanismus der bedingten Sonderregel. Wollte man wirklich einen Antisemitismus ohne Juden lokalisieren, so müsste man diesen am besten in Gegenden finden, in denen es keine Juden gab, etwa unter den Massai, in Japan, in China, Indien oder bei den Eskimos – aber dort wird man ihn vergeblich suchen. Zugleich wird mit der postulierten Verfolgung der Juden zu allen Zeiten natürlich auch die wirkliche Geschichte des jüdischen Volkes geleugnet, aus Unkenntnis oder aus Berechnung sei dahingestellt. Dies hängt natürlich auch mit dem christlichen Wunschbild zusammen, dass auf die Ablehnung des Jesus durch die Juden eine „ewige Strafe“ erfolgte, die Juden in aller Welt zu armseligen Untertanen degradieren sollte. Im mittelalterlichen Spanien, aber auch im Deutschen Reich besaßen Juden jedoch weitgehende Autonomie, wie sie sonst nur den Kirchen zugebilligt wurde.  Als sog. „Kammerknechte“ unterstanden Juden nur bei Kapitalverbrechen der direkten Gerichtsbarkeit des Kaisers und seiner Vögte, was zur Folge hatte, dass sie die meisten anderen Rechtsstreitigkeiten autonom regeln konnten, während Auseinandersetzungen mit Christen im Beisein des kaiserlichen Vogtes im Gericht der Synagoge verhandelt wurden. Das soll nicht heißen, dass Juden in Mittelalter nicht Verfolgungen und Ausschreitungen ausgesetzt waren, doch verglichen mit der Stellung der meisten Christen, die das Pech hatten weder den Patriziern noch dem Klerus anzugehören, besaßen sie doch eine herausgehobene und relativ sichere Rechtsposition.  Dass es vor Mohamed aber jüdische Könige wie Dhu Nawaz in Saudi Arabien gab, oder das zum Judentum konvertierte Königreich der Chasaren im Kaukasus gab, ganz zu schweigen von zahlreichen autonomen jüdischen Fürstentümern in Babylonien, die fast acht hundert Jahre existierten, muss man für wie vieles andere für die These des „ewig verfolgten Opfers“ … opfern. Und auch dann, wenn eine historische Person, wie der persische König zur Zeit von Ester sich gegenüber den Juden ausgesprochen positiv verhielt, verfremdete eine judenfeindliche Überlieferung auch diesen zum Zerrbild und so mutierte um 1600 mit dem „Volksbuch vom Ewigen Juden“ König Ahasver selbstredend zum zeitlos umherirrenden jüdischen Ungeist, zum „Wandering Jew“, der mal als verräterischer Judas oder auch noch im von Wes Craven präsentierten Gruselfilm als „Dracula 2000“ in Erscheinung tritt.

Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass das Stilmittel der negativen Umdeutung auch vor dem millionenfachen Massenmord der Nazis nicht Halt machte. Der rassische Antisemitismus hatte nach Auschwitz natürlich ausgedient, zum einem wegen der Scham über den Gigantismus des Verbrechens an den europäischen Juden, zum anderen weil auf wissenschaftlicher Basis nicht belegt werden konnte, dass sich das Blut eines Christen der zum Judentum konvertierte, tatsächlich verwandelte. Die Scham (oder war es bloßes Schweigen?) hielt einige Jahre an, bis diverse Prozesse gegen Nazi-Verbrecher und „Entschädigungszahlungen“ auf jeweils eigene Weisen die „jüdische Frage“ erneut ins Bewusstsein brachten. Schnell waren nun wieder Stimmen zu hören, die den Juden unterstellten, die „üblichen Geschäfte“ zu machen, ja sogar noch vom Tod enteigneter und ermordeter Verwandter profitieren zu wollen. Revisionisten versuchen seitdem die Zahl der Holocaust-Opfer systematisch herunter zurechnen, andere die Verbrechen der Nazis mit angeblichen des israelischen Militärs zu relativieren. Und so erfährt die altbekannte Methode auch in den jüngsten Jahren neue Facetten. Die neue Gewandung nennt sich deshalb auch „Anti-Zionismus“ und so wie Marr einst bestritt, dass sein rassischer Antisemitismus religiöse Muster beinhalte, so wehren sich heutige „Israel-Kritiker“ gegen den Vorwurf „antisemitische Klischees“ zu bedienen.

Zionismus als solcher bedeutet im Grunde genommen nichts anderes als das Recht der Juden auf einen eigenen Staat. Die Eigenstaatlichkeit und das Selbstbestimmungsrecht der Völker sind an sich nichts, was sonst einer weiteren Diskussion bedürfte. Anders verhält es sich natürlich,  wenn es sich dabei um Juden handelt. Dann nämlich wird folgerichtig natürlich wieder eine „Sonderregel“ ersonnen, die im Zionismus bloßen „Rassismus“ sieht (so urteilte die UN 1975), den es zu bekämpfen und zu beseitigen gilt und so wird dem Judenstaat als „Jude unter den Staaten“ als einzigem Land der Welt mühelos das Existenzrecht abgesprochen.

Klassischer Antisemitismus ist das natürlich nicht, denn man billigt den (überlebenden?) Juden durchaus zu, in einem gemeinsamen arabisch-jüdischen Staat als tolerierte Minderheit zu existieren. Möglicherweise als sog Dhimmis unter dem Schutz der Scharia, was ja auch im spanischen Mittelalter gut geklappt haben soll, zumindest behaupten das auffällig viele Bücher seit der „Ölkrise“ in den frühen 1970er Jahren. Während linke und rechte Extremisten Israel einen „Holocaust an den Palästinensern“ vorwerfen, sehen auch die Wohlmeinenden die Anhänger der Hamas als „Opfer der Opfer“ und versuchen stattdessen die „Hardliner“ unter den Israelis auf „Friedenskurs“ zu bringen. Diese Friedensdefinition verlangt freilich, dass Israel einseitige Nachteile in Kauf nehmen soll, um zu erreichen, was Israels Gegner weder mit militärischen noch terroristischen Mitteln durchsetzen konnten. Leute denen es völlig egal ist, ob im Sudan arabische Muslime pro Tag tausend schwarze Muslime aus rassistischen Gründen töten, schreien empört auf, wenn Israel einen Terroristen der Hamas tötet und ziehen Vergleiche zu den Verbrechen der Nationalsozialisten. Das tun auch manche Araber gerne, die sich freilich nicht ganz einig sind, ob sie Hitler für die Ermordung von Millionen jüdischer Zivilisten danken oder den Davidstern mit dem Hakenkreuz gleichsetzen sollen. Nach dem Leitfaden der antijüdischen Sonderregel setzt man vielleicht auch besser vorsichtshalber auf beide Varianten. Das ist nicht weiter schlimm, schließlich hatten die Nazis ja auch den Juden zeitgleich vorgeworfen, Drahtzieher des Kommunismus wie des Kapitalismus zu sein.

Wegen der Nazis gilt Antisemitismus aber noch immer vor allem als eine Besonderheit der extremen politischen Rechten, gerade auch weil liberale oder linke Parteien und Gruppen dies gerne zum Instrument im Kampf gegen Rechte benutzen. Auf Antisemitismus beruhender Populismus kann sich aber bei Bedarf überall finden, wo es zweckdienlich erscheint, man denke an die FDP mit Möllemann. Linke und christliche Pazifisten finden nichts dabei, gegen „Israels Verbrechen“ zu demonstrieren und dabei Seite an Seite mit Vertretern der Hamas und Fatah in Deutschland zu marschieren.  Sie finden auch leicht den einen oder anderen Israeli oder Juden als Kronzeugen für ihre Position. Aber verglichen mit der paramilitärischen und logistischen Kooperation der linksextremen RAF mit arabischen Terrorgruppen etwa beim Olympia – Massaker an israelischen Sportlern 1972 in München, ist dies harmlose, weil folgenlose Folklore, die eher der Wahrung eigener Traditionen dient und erkennbar ohne Einfluss auf die äußere Realität bleibt.

Aber auch dies ist kein Makel einer einzelnen politischen Richtung. Als deutsche katholische Bischöfe vor einem Jahr in den „Nahen Osten“ reisten, kamen sie mit dem merkwürdigen Vergleich zurück, der Gaza-Streifen gleiche dem Warschauer Ghetto. In diesem kämpften im Frühjahr 1943 „totgeweihte“ Juden noch nicht mal mehr um ihre Freiheit, sondern um die Art ihres Todes. 30 % der städtischen Bevölkerung wurden auf 2 % der Fläche zusammengedrängt und systematisch ausgehungert und dezimiert. Im Gaza-Streifen jedoch feuerte die Hamas einen scheinbar unbegrenzten Vorrat an Raketen und Mörsern auf jüdische Wohngebiete in Israel ab. Es ist klar, dass die Gleichsetzung des einem mit dem anderen einer gewissen Übung bedarf – allgemein „Kritik üben“ genannt. Und in der Tat, gibt es auch hier offenbar ein Argumentationsmuster: Vergleiche zur Nazizeit sind nur dann gängig und gebilligt, wenn sie zu Ungunsten der Juden ausfallen. Der Augsburger Bischof Mixa etwa bemerkte vor einem Jahr bei einer Rede zum „politischen Aschermittwoch“ die Zahl der „sechs Millionen Opfer des Holocausts“ sei „durch die Zahl der Abtreibungen inzwischen längst übertroffen“ worden.

Leugnung und Relativierung des Holocausts findet bei Revisionisten über die „unfassbare“ Zahl der auf- oder abgerundeten „sechs Millionen“ ermordeter Juden im Nazi-Reich statt. Ein umstrittener englischer Bischof tat dies auf eben diese Weise und wollte allenfalls zwei- oder dreihunderttausend ermordeter Juden „einräumen“. Sein Augsburger Kollege tut dies ausdrücklich nicht. Er anerkennt das Verbrechen, aber er merkt, dass die Zahl der Abtreibungen die der Holocaust-Opfer „bereits“ übertrifft. Das kann stimmen oder nicht, aber was sollte diese Verknüpfung nun eigentlich besagen?

 Die Zahl von sechs Millionen Toten ist vielfach übertroffen worden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass jährlich ca. eine Million Menschen Suizid begehen. Wenn das stimmt, wären das über sechzig Millionen Selbstmörder seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Können wir daraus einen relevanten Vergleich zur Zahl der Holocaust-Opfer konstruieren oder zur Zahl der Abtreibungen? Oder wie wäre es mit der Zahl der Verkehrstoten, die alleine in den Mitgliedsstaaten der EU jährlich bei rund 50.000 liegen soll? Welchen sachlichen Zusammenhang gibt es also zwischen Holocaust und Abtreibung? Vermutlich keinen, außer man wollte sagen, dass jene die vor der Barbarei des Hitler-Regimes abgetrieben wurden, dem Holocaust entgingen. Vielleicht wollte der Bischof ausdrücken, dass er die Anzahl der Abtreibungen für skandalös hält und mit der Feststellung, dass sie bereits höher als die Zahl der Holocaust-Opfer sei, vergleichsweise zu wenig Beachtung findet. Auch das mag sein.  

Die Frage wäre dann freilich, warum er die Abtreibungen nun ausgerechnet den jüdischen Nazi-Opfern entgegen hält? Die Zahl der sechs Millionen bezieht sich ausschließlich auf sie. Aber kamen nicht auch zahlreiche weitere Menschen in den KZs oder bei Erschießungen, usw. um und nicht nur Juden? Warum sind nur die jüdischen Nazi-Opfer der Maßstab? Das leuchtet nicht ein. Ist ihm, dem deutschen Bischof die Zahl nichtjüdischer Nazi-Opfer etwa unbekannt?

Als die Bischöfe im Gaza-Streifen waren, kam ihnen nicht in den Sinn festzustellen, warum denn wegen ein paarhundert getöteter Palästinenser international so viel Aufhebens gemacht werde. Im Vergleich zu den Millionen Opfern des Holocausts sei dies schließlich fast gar nichts. Zugegeben ein solcher Vergleich wäre nicht geschmackvoller und auch nicht angemessener und fast jeder würde sich zu recht fragen, was die Palästinenser mit Auschwitz zu tun hätten? So aber fragen wir uns, was Abtreibungen damit zu tun haben und warum Vergleiche dieser Art scheinbar immer zu Ungunsten der Juden ausgehen „müssen“? Würde sonst niemand die etwaige „Pointe“ verstehen? Nicht minder unverständlich ist freilich der Umstand, dass dem englischen Bischof, der den Holocaust relativierte, ein deutscher Haftbefehl drohte, während der iranische Parlamentspräsident, der ihn komplett bestreitet, auf der Münchner „Sicherheitskonferenz“ seine Ansichten dazu frei äußern konnte, ohne belangt zu werden, womit wir schon wieder eine weitere Sonderregel aufgespürt hätten. 

Ein Detail der Regel ist so auch, dass die bloße (Schatten-)Existenz eines gewiss noch immer vorhandenen rechtsextremen Antisemitismus in der Gesellschaft eine Art Deckmantel für einen ansonsten nicht minder virulenten allgemeinen ist. Da gibt es Einzelne und Gruppen, die heute einen jüdischen Friedhof, morgen eine Synagoge oder ein Museum besuchen, dann zum Klezmer-Konzert gehen, um in der Woche darauf gegen den „Israelischen Völkermord an den Palästinensern“ zu demonstrieren. Der Besuch im jüdischen Museum oder der Kauf einer Klezmer-CD ist Beweis genug, dass man kein Antisemit ist und schon ist man in der glücklichen Position „unter Freunden“ Kritik üben zu dürfen. Dass man mit dem Kauf eines Döners in selber Weise zugleich aber auch die Hamas ebenso emotional „kritisieren“ könnte, kommt nicht in den Sinn, zu Recht, weil der türkische Döner-Schneider mit dieser sehr wahrscheinlich auch gar nichts zu tun hat. 

Die übergroße Mehrheit der Juden in Deutschland stammt aus der ehemaligen Sowjetunion und kennt „das Judentum“ fast nur aus einer merkwürdig anmutenden säkularen, christlich-kommunistischen Perspektive. Sie stellen zum Jahresende einen Weihnachtsbaum ins Wohnzimmer und bestreiten vehement, dass dies etwas mit dem Christentum zu tun haben könnte und behaupten stattdessen, es sei schlicht ein „alter russischer Brauch“, den früher „alle“ befolgt hätten. Abseits davon ist „jüdisches Leben“ in Deutschland im wesentlichen auf museale Aspekte reduziert. Es gibt klassische Konzerte in ehemaligen Synagogen, ansonsten unbenutzte „Ritualgegenstände“ in Vitrinen und natürlich traurige Gedenkfeiern mit Kranzniederlegungen und dergleichen. Thora, Talmud und die eineinhalb Jahrtausende lange Geschichte des Judentums hingegen sind im Bereich von fast „mystisch“ anmutenden Geheimwissenschaften und werden wenn überhaupt auf dem Niveau von einführenden Taschenbüchern oberflächlich abgehandelt. Dementsprechend verfallen auch die Grabsteine „ewiger Ruhestätten“ auf jüdischen Friedhöfe, insofern sie in der Nazi-Zeit nicht schon zerschlagen und entwendet wurden. Analog zum christlichen Brauch reserviert man das inzwischen offenbar als ermüdend empfundene Gedenken an die Verstorbenen, das auf dem Gebot Vater und Mutter zu ehren basiert, für einige wenige „herausragende“ Personen, etwa, Bankiers oder  Rabbiner. Warum sollte man auch einem Bettler oder einem Kind gedenken? Genealogische Beziehungen, die insbesondere für Nachkommen deutscher Juden in aller Welt durchaus von Interesse sind, werden hingegen mit erstaunlicher Eifersucht unter meist akademischen Verschluss gehalten und bruchstückhaft in teureren oder der Allgemeinheit schwer zugänglichen Publikationen vermarktet. Dabei basieren sehr viele dieser Informationen auf Registern, die Nazi-Ideologen in den 1930er Jahren den jüdischen Gemeinden geraubt hatten. In den Reichssippenämtern, die alle Standesämter ersetzen sollten, wollte man so Aufschluss darüber erhalten, wer eventuell doch jüdische Großeltern haben mochte oder wer im Umkehrschluss mit dem „Ariernachweis“ studieren oder Beamter werde durfte. Wer dies für ein Randthema des Nationalsozialismus hält, hat diesen nicht wirklich verstanden. Noch im Frühjahr 1945 nämlich, als das Nazi-Reich schon zu großen Teil verwüstet und besetzt war, fotografierten die damit beauftragten Experten im thüringischen Schloss Rathsfeld noch eifrig tagein, tagaus ein Standesregister nach dem anderen. Später wurden diese Filme teilweise an Bundesländer und Institutionen gewinnbringend verkauft und da die meisten Originale vernichtet wurden sind sie heute oft Grundlage einer staatlich gesponserten akademischen Forschung. Da viele Mitarbeiter der Reichssippenämter in der Nachkriegszeit auch schnell wieder zu gewöhnlichen Standesbeamten oder Professoren wurden, gibt es in vielen Fällen auch eine in der Regel wenig reflektierte Kontinuität. Gäbe es nicht das Problem, dass die meisten der heutigen Experten kein Hebräisch können, müsste man annehmen, dass die Nachkommen derer, die einst das Judentum ausrotten wollten, in die Rolle der Bewahrer geschlüpft sind.

Hannah Arendt hatte völlig zurecht darauf hingewiesen, dass Antisemitismus per se internationalistisch und im Prinzip antinational sei. Dies haben zuletzt auch die Auseinandersetzungen um die sog. „Hilfsflotte“ für Gaza untermauert. Bekannte schwedische Krimiautoren wie Henning Mankell reiten sich da zusammen mit Hamas-Führern, Pax Christi Aktivisten, Abgeordneten der deutschen Linkspartei und bewaffneten Aktivisten der islamistischen türkischen IHH, während die Nachrichtenagentur Reuters zugestehen musste, Bilder manipuliert zu haben, um die Kämpfer des vermeintlichen türkischen Hilfsschiffs „Mavi Marmara“ unbewaffnet erscheinen zu lassen. Der Druck der Medien und der Politik in Europa war ebenso rasch wie einhellig und einseitig. Selbst der deutsche Entwicklungshilfeminister schien in das Fahrwasser seines früheren Parteikollegen Möllemann zu geraten und drohte Israel finster und zweideutig, dass es nun gar „fünf vor zwölf“ sei, weil er anders als von ihm verstanden, nicht zu Propagandazwecke in den von der Hamas beherrschten Gaza-Streifen reisen durfte.

Doch bereits im Mai unterzeichnete die neue US-Regierung in New York eine Resolution zum Atomwaffensperrvertrag, die namentlich die (inoffizielle) Atombewaffnung Israels in Frage stellt, jedoch den Iran unerwähnt lässt, obwohl es diesbezüglich eine Reihe von Deklarationen des UN Sicherheitsrates und anderer internationaler Gremien gibt.  Andernfalls hätten der Iran und zahlreiche arabische Staaten die Konferenz boykottieren wollen. Der Preis den Obama für die Teilnahme bereit war zu zahlen, war die gemeinschaftliche Verurteilung Israels. Ähnlich verhält es sich mit dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, der sich fast ausschließlich nur mit Israel und seiner Verurteilung befasst und vielleicht sogar zu diesem Zweck gegründet wurde. Tatsächlich kann dies aber auch daran liegen, dass auf dem restlichen Globus die Menschenrechte tatsächlich geachtet werden und es keine Probleme gibt, die es lohnen würde international zu thematisieren. Die von Obama verkündete „Annäherung an die islamische Welt“ zeigt Wirkung. Dies geht soweit, dass die US Regierung künftig Begriffe wie „Islamismus“ vermeiden will, um die Muslime der Welt nicht „pauschal“ zu beleidigen, während im Gegenzug suggeriert wird, dass Anti-Zionismus nicht antisemitisch sei, sondern … ähm, nun ja, sich ja vielleicht nur ganz zufällig gegen Juden richte. Kann ja mal passieren, oder? Während der Judenstaat also zunehmend als “Sicherheitsrisiko” empfunden wird – zwei Drittel in Deutschland nannten in einer Umfrage  Israel “die größte Bedrohung des Weltfriedens” – zünden muslimische Einwanderer in Deutschland Synagogen an oder bewerfen jüdische Tänzer, wie letztens bei einem Stadtteilfest in Hannover mit Steinen und rufen „Juden raus!“, ohne dass sich die deutsche Öffentlichkeit ob solcher “Bagatellen” groß dafür interessiert.  Die ist damit beschäftigt auf der Straße zu tanzen und Fußballer national zu instrumentalisieren, während Umfragen in Israel während der Fußball-WM ergaben, dass das deutsche Team bei den Israelis am meisten Sympathien hatte, dicht gefolgt von den Holländern.

Zugegeben, das Judentum in Deutschland, das in der Nachkriegszeit personell und institutionell sozusagen ausgeblutet war, kann man als „faktisch tot“ betrachten, daran ändern auch erst spät in den letzten Jahren und Jahrzehnten aufgezogene Museen und restaurierte ehemalige Synagogen wenig. Diese dienen auch nicht den zugewanderten Juden, sondern dem guten Gewissen der akademischen “Elite”, die dort bei entsprechender Neigung in der ehemaligen Synagoge ein vorweihnachtliches Adventssingen genießen kann. Die Reste an Akten und Relikten werden gehütet, als wären es heilige Grale. Die akademische Inbesitznahme der jüdischen Überreste, gerne „Spuren“ genannt, scheint unter dem Gebot des von Christen beanspruchten Gebots „liebe deine Feinde“ damit sozusagen fast um „Endsieg“ ausgebaut worden zu sein, während die akut wachsende Bedrohung jüdischer Gemeinden wegen der Angst „ausländerfeindlich“ zu erscheinen, ignoriert wird.

Wo es nun aber kein Judentum mehr gibt, ist es auch nicht verwunderlich, dass Antisemitismus sich heute fast ausschließlich nur noch über den „Umweg Israel“ definieren kann. Und so bleibt es nicht aus, dass wann immer es im „Nahen Osten“ zu militärischen Konflikten kommt – und das kann im Prinzip von heute auf morgen so sein  – mit Anschlägen auf Synagogen, Friedhöfe und andere jüdische Einrichtungen zu rechnen ist – nur dass die ermittelten Täter in aller Regel keine deutschen Neonazis, sondern meist Muslime sind. Andererseits gibt es auch einige wenige Linke, die ganz entschieden für Israel sind und auch so auftreten, doch sie nennt man innerhalb der „Szene“ warum auch immer „Antideutsche“. Auch das sind Besonderheiten, die für ein halb museales, halb „russisches“ Judentum in Deutschland wenig Gutes versprechen.

(Mai und Juni 2010, erschienen im „Euro Journal  pro management“  4 / 2010 (Dezember)

Method of Antisemitism, how it works: The Exception proves the Rule