„Wir sitzen mit unseren Gefühlen meistens zwischen zwei Stühlen,“ besagt eine sich reimende Spruchweisheit von Kurt Tucholsky. Daran zu denken war naheliegend beim letzten Besuch am jüdischen Friedhof Kriegshaber / Pfersee, da sich tatsächlich zwei Stühle im südöstlichen Teil des Areals befanden. Aus irgend einem nicht nachvollziehbaren Grund war jemand der Ansicht, dass die Stühle am Friedhof besser aufgehoben seien als am bisherigen Aufbewahrungsort. Da der Sessel zumindest doch ein beachtliches Gewicht hat, sind Kinder (die von Erwachsenen gerne pauschal wie beschwichtigend für jeden Unfug verdächtigt werden) als Urheber zweifellos auszuschließen. Besieht man zudem die Fülle an wahllos herumliegenden leeren Bier- und Schnapsflaschen auf dem Gelände, so kann man nur vermuten, dass eher etwas ältere Personen hier in der Abenddämmerung oder auch später im frühlingshaften „Garten“ sitzen und mit Blick auf die bröckelnden Grabmonumente „Platz nehmen“ und sich vielleicht nach einem Frisbee-Spiel ein gemütliches (?) Besäufnis gönnen. Vielleicht drückt dies als zivilisatorische Leistung auch irgendetwas aus. Wer es weiß, darf es uns gerne mitteilen. Wir rätseln.
Im Hintergrund sind die Grabsteine des Steppacher Großhändlers Abraham Kahn (1791-1867), des Augsburger Bankiers Johann Jakob Obermayer (1792-1885) und des Kriegshaber Religionslehrers Isaak Bachmann (gest. 1864) zu sehen. Zu beachten ist auch der Griff einer Krücke auf dem Drehstuhl.
frisbee disc and beer bottle on an overthrown tombstone
Two chairs were found at the southeastern corner of the Jewish Cemetery of Kriegshaber / Pfersee this time, obviously disposed. Proverbially one may be caught between two stools, if it is somewhat difficult to chose between two alternatives. Since everywhere also were empty and broken bottles of beer and schnapps it also is possible that some weird people after frisbee just had been boozing all night. We do neither know nor understand.
Do you ..? Don’t hesitate to tell us.
שני כיסאות בבית הקברות היהודי הישן בין המון אשפה באוגסבורג
( על־מה אנחנו ישבים ?… (ירמיה 8
285 Jahre alter Grabstein am jüdischen Friedhof Kriegshaber demoliert
April 26, 2010Am jüdischen Friedhof Kriegshaber / Pfersee ist ein weiteres, altes Grabdenkmal zerstört wurden, dem Augenschein nach entweder durch einen Mähtraktor oder durch einen anderen entsprechend tief gelegten “Anstoß”.
Dieses mal handelt es sich um das Denkmal für verehrten Rabbi Jechiel bar Jakob, Schwiegersohn des Rabbi Juspa Kitzingen (dessen Todestag sich im August zum 250. mal jährt) aus Pfersee. Rabbi Jechiel wurde der Grabsteininschrift gemäß in Oettingen geboren, starb aber nach Pfersee verheiratet vor Ort am 3. Sivan (5)485, (entspricht Dienstag, 15. Mai 1725), nur drei Tage vor dem Schawuot-Fest, am 47. Tag des Omerzählens. Der Verstorbene, der aufstehen soll bei der Auferstehung der Toten, wird seiner klaren Taten und seines guten Namens gerühmt – nun jedoch, 285 Jahre nach seinem verfrühten Tod ist sein Grabstein aus Solnhofer Jura-Mamor demoliert worden und es ist eine Frage der Zeit, bis die Inschrift und die genaue Kenntnis des Grabplatzes verloren gehen wird.
פ”נ
איש מהמין
הרר’ יחיאל בר יעקב
חתן ר יוזפא קיצינגן
יחי אל תחיית המתים
עם אנשי יקרה ברך השנים
יוספא בשט במעשיו הברורה
באיטינגן נולד ופה נקבר בקבורה
י ג ג סיון תפה
…
Another old and precious grave marker at the Jewish Cemetery of Kriegshaber / Pfersee in Augsburg was demolished, obviously carried out and accomplished with gross negligence .
The memorial plate of Oettingen born Rabbi Jechiel bar Jakob, who was the son in law of Rabbi Juspa Kitzingen from Pfersee, apparantly was overturnd and broken a short while ago, seemingly in the course of the last lawn mowing.
The inscription of the 285 year old grave marker of steady Solnhofer marble up to now is in quite good condition, but since the plate now lies flat it needs to be fixed again, otherwise it will be have further damages in the future and will disappear as many other memorials at the willfully neglected cemetery.
Considering the changeful history from 1725 on with Napolean Wars and the Nazi rule it is a wonder that the grave marker has been good preserved and thus it is a shame to see it recklessly destroyed under the present condition.