Lesen hebräischer Grabsteine – wie geht das?

February 24, 2010

fragment Ichenhausen cemetery friedhofFragment: Ichenhausen

Oft werden wir bei Führungen auf Friedhöfen nach den noch (!) erhaltenen Inschriften gefragt. Dem Interesse für die hebräischen Grabsteine steht jedoch meist die Unkenntnis hebräischer Schrift und Sprachkenntnis entgegen. Die Hemmschwelle, zumindest etwas Hebräisch selbst zu lernen, ist in aller Regel erstaunlich hoch. Dabei ist es auch für Neulernende nicht zu schwer eine größere Zahl der Inschriften leicht zu lesen, da die meisten Grabsteine häufig wiederkehrende Formeln, Ausdrücke oder Abkürzungen gebrauchen. Wir wollen die Hemmung bei allen Interessierten etwas senken und mit dieser kurzen Übersicht mit einigen gängigen Wendungen und Abkürzungen mit der hebräischen Aussprache (diese ist der deutschen recht ähnlich, außer ch stark gesprochen wird wie im dt. Wort Bach und Vokale wie etwa o dumpf lauten wie in Koch und nicht wie in Bochum, etc.) und deutscher Übersetzung etwas reduzieren und einen Anreiz bieten, mehr zu fragen und zu wagen. Vielleicht bei der nächsten Führung ..?

Jüdischer Grabstein Hochfeld Friedhof Augsburg Jewish Cemetery 2007

Das übliche Grundgerüst einer Grabsteininschrift, um das herum bei Bedarf andere Aussagen über den Toten formuliert werden, wäre etwa dieses:

Hier ruht (abgekürzt als  פ”ט oder  פ”נ )

A. Sohn des B. aus D. gestorben am Wochentag (1-6 oder Schabbat), dem Tag-Monat-Jahr meist mit dem Zusatz  לפק = nach „kleiner Zählung“ (d.h. unter Weglassung des Jahrtausends, respektvoll üblich geworden, da das Zeichen für die Zahl 5, bzw. vorangestellt für 5.000 zugleich auch eine häufige Abkürzung für haschem (der-Name), also für Gott ist.

Und zum Abschluss die geläufige Formel  תנצב”ה :  „seine (ihre) Seele sei eingebunden im Bund des Lebens“, eine Segensformel gemäß dem ersten Buch Schmuel = 1. Samuel 25.29.

Fragment Jüdischer Friedhof Kriegshaber 2009 Jewish CemeteryFragment vom jüdischen Friedhof Kriegshaber/ Pfersee, 2009 noch erhalten

Daten, also Tages- und Jahreszahlen werden mit den 22 hebräischen Buchstaben ausgedrückt. Die ersten neun Buchstaben des Alefbet sind die Ziffern 1-9, die folgenden neun Buchstaben sind die Zehnerzahlen 10, 20, … bis 90. Die restlichen 4 Buchstaben stellen die Zahlen 100, 200, 300 und 400 dar. Nächsthöhere Zahlenwerte werden zusammengesetzt, d.h. 500 ergibt sich sodann aus den Zeichen 400+100. Eine weitere Besonderheit sind die Zahlen 15 und 16 die nicht als 10+5 oder 10+6 dargestellt werden, da auch dies wieder an Bestandteile des Gottesnamens erinnert, sondern als 9+6 und 9+7. Da dies nicht nur unpraktisch erscheint, sondern tatsächlich auch ist, verwendet man dieses Zahlensystem natürlich wie im Lateinischen (LXX, MMDCXII, etc.) nur für Inschriften, Seitenzahlen oder Datumsangaben und nicht für Mathematik, um den Lernenden nicht den letzten Nerv zu rauben.

Abkürzungen, häufige Begriffe
Vater aw אב
Richter am Bet Din aw bet din אב”ד
Richter am bet din der heiligen Gemeinde aw bet din kehila kedoscha אבדק”ק
Richter am bet din der Gemeinde aw bet din kehila(t) אבדק
der Herr, Lehrer und Rabbi adoni, mori e-rabi אדמו”ר
Das Heilige Land (Israel) eretz-ha-kodesch אה”ק
Bruder ach אח
Schwester achot אחות
Mann isch איש
Mutter em אם
Das Heilige Land (Israel) eretz-ha-kodesch ארצה”ק
Frau eschet אשת
 
Jüdisches Gemeindegericht bet din ב”ד
Mit Gottes Hilfe be-esrat ha‘schem ב”הבע”ה
Junggeselle bachor בחור
Sohn des frommen Rabbis ben ha-chasid rav בהח”ר
Sohn des Rabbiners ben ha rav בהר
In dieser Zeit Be‘sman ha-se בזה”ז
Sohn des verehrten Lehrers und Rabbiners, Rabbi … ben kevod mori ha-rav rabi בכמהר”ר
In der heiligen Stadt (Jerusalem) be-ir ha-kodesch בעה”ק
Ehemann baal בעל
Sohn (aramäisch) bar בר
Sohn / Tochter des Rabbiners ben rav ב”ר
Tochter bat בת
Jungfrau betula בתולה
 
Garten Eden gan eden ג”ע
 
Onkel dod דוד
Gerechter Richter und Lehrer dajan ve more tzedek דומ”צ
Gerechter Richter dajan tzedek ד”צ
 
Gott (der Name) ha-schem ה
Der Weise ha-gaon הג
 Ende des Laubhütten-Fest hoschana raba הו”ר
Der Fromme ha-chesid הח
der liebe, teuere  ha-jakar היקר
die liebe, teuere  ha-jekra היקרה
der Kohen ha-kohen הכהן
der Levi ha-levi הלוי
Die kommende Welt ha olam ha ba העוה”ב
Die gegenwärtige Welt ha olam ha-se העוה”ז
Der Rabbiner ha-rav הר’
Der Rabbiner, Rabbi ha rav rabi הר’ר
Der Schächter und Prüfer ha schochet u-vodek השו”ב
Seligen Angedenkens sichrona liwracha ז”ל
secher tzadik liwracha זצ”ל
der/die Alte saken, sekena   זקנה / זקן
 
 Halbfeiertag an dem gearbeitet werden darf (Pessach, Suckot) Chol ha-mo‘ed חוה”מ
Monat chodesch חדש
 
„guter Tag“, Feiertag erwähnt in der Thora jom tow יו”ט
Tag der Verständigung jom kipur יו”כ
Kind jeled ילד
 
 geehrter Herr Rabbiner kevod ha-raw rabi כהר”ר
 
Der gesalbte König melech ha-meshiach מה”מ
Ende des Schabbat motzi ha-schabat מוצה”ש
aus der Heiligen Gemeinde mi-kehilat kodesch מק”ק
Frau, Ehefrau marat מרת
 
nischmato began eden menuchato נבג”מ
geboren nolad, nolda נולד -ה
Begraben im Haus der Welt niftar lewet olamo נלב”ע
gestorben niftar (a) נפטר -ה
 
Gutes Zeichen siman tow ס”ט
Heilige BücherSchreiber für Bücher, Tfilin und Mesusot sefer (sifre) ha-kodeschsofer stam ספה”קסופר סת”מ
Bücher, Sfarim, tfilin, mesusot סת”מ
 
Frieden auf ihm / ihr Olav ha-schalom עה”ש
Nach der Heiligen Thora al torat ha’kodesch עטה”ק
Neben … al jad ע”י
Abend (Beginn) des Neujahrsfest erew rosch-ha-schana ערה”ש
Abend (Beginn) des Neumondfest erew rosch chodesch ער”ח
Abend (Beginn) des Schabbat erew schabat ער”ש
hier ist begraben po tamun פ”ט
hier liegt, ruht, ist begraben po nikbar, po nitman פ”נ
Frankfurt am Main frankfurt de-main פפד”מ
 
Heilige Gemeinde (Hebräisch / Aramäisch) kahal kadosch, kehila kedosha ק”ק
 
Vorsitzender des Bet Din rosch aw bet din ראב”ד
Neujahrsfest rosch ha schana רה”ש
Neumond rosch chodesch ר”ח
 
Schächter und Prüfer schochet u‘wodek שו”ב
Fragen und Antworten sche‘elot u‘tschuwot שו”ת
„dem sein sollen lange und gute Tage, amen“(Segensformel für Lebende) schlita = sche-jechije le-orech jamim tovim, amen שליט”א
Jahr schana שנה
„begraben im Haus der Welt“ sche niftar le-wet olamo שנלב”ע
 
Heilige Thora tora ha-kedoscha תוה”ק
„seine (ihre) Seele sei eingebunden im Bund des Lebens“ (Segensformel gemäß 1. Samuel 25.29) tehi nischmato (nafscho) tserura bi-tseror ha-chajim תנצב”ה
Talmud-Thora talmud-tora ת”ת
 
 
 
Tages- und Jahreszahlen  
1   א
2   ב
3   ג
4   ד
5   ה
6   ו
7   ז
8   ח
9   ט
10   י
11   יא
12   יב
13   יג
14   יד
15 (9+6)   טו
16 (9+7)   טז
17    יז
18   יח
19   יט
20   כ
21   כא
22   כב
 
30   ל
40   מ
50   נ
60   ס
70   ע
80   פ
90   צ
100   ק
 
154   קנד
 
200   ר
 
300   ש
 
400   ת
500 (400+100)   תק
 
591   תקצא
 
600   תר
 
700   תש
 
800   תת
 
900   תתק
 
924   תתקכד
 
5555   ה”תקנה
 
 
 Monate  
 
tischri תשרי
(mar)cheschvan חשון, מרחשון
Kis‘lev כסלו
tewet טבת
schwat שבט
Adar 1 אדר א
Adar 2 אדר ב
nisan ניסן
ijar אייר
sivan סיון
tamus תמוז
aw אב
elul אלול
 
 Häufige Vornamen  
 
Abraham awraham אברהם
David   דוד
Rebekka rivka רבקה
Daniel   דניאל
Moses mosche משה
Isaak jitz-chak יצחק
Josef   יוסף
Salomon schlomo שלמה
Ber, Bär ber בער
Se‘ev se‘ev זאב
Chaim   חיים
Leah le‘a לאה
Chana, Hanna, Anna chana חנה
Rachel   רחל
Simon schimon שמעון
Nathan natan נתן
Mordechai מרדכי

How to read Hebrew grave marker inscriptions ..?


Verlorene Orientierung

February 19, 2010

synagogue of kriegshaber - detail

The Thora – Ark of the former Synagogue of Kriegshaber, Ulmerstr. 228, which is (same as in Augsburg or Munich and other than the former synagogue of Pfersee) oriented strictly to the East (Vienna, Budapest or Teheran) and not towards Jerusalem. Obviously a typical “lost in translation” – mistake on the basis of  Mizrach orientation plates used by Sephardi Jews in Northern Africa to indicate the praying direction towards Jerusalem in the household. In Middle Europe of course this custom is senseless and stupid, since Jerusalem now isn’t in the exact East, but rather sourtheastern direction. From South Bavaria, for instance Augsbur or Munich towards East you will pray to Teheran or Kabul.

torah ark synagogue of Kriegshaber

Der Thoraschrein – Erker auf der Ostseite der bis 1942 von der jüdischen Gemeinde in Kriegshaber benutzten ehemaligen Synagoge in der Ulmerstr. 228 –

Ausgerichtet ist er strikt nach Osten, und damit nicht Richtung Jerusalem, wie es sein sollte, sondern Richtung Wien, Baku oder Kabul. Dieser Fehler ist in vielen moderneren Synagogenbauten zu beobachten, so auch in der Augsburger Synagoge in der Halderstr. von Landauer und Lömpel aus dem Jahr 1917.

Die Erklärung für diese verloren gegangene und in der Aktalität auch nicht wiedergefundene Orientierung ist der, in sefardischen Familien Nordafrikas gebräuchliche “misrach”, ein oft kalligraphisch und mit Ornamenten geschmückter Zettel mit dem Wort “misrach” für Osten, der an der Zimmerwand im Heim die Gebetsrichtung nach Jerusalem anzeigte. Aus der Perspektive von Nordafrika ist das verständlich und sinnvoll, da Jerusalem tatsächlich im Osten liegt. In Mittel- oder Nordeuropa führte der Misrach jedoch in die Irre, da Jerusalem nun je nach dem deutlich mehr süd-östlich als strikt im Osten liegt.

Erstaunlicherweise kannten die meisten Erbauer mittelterlicher Synagogen in Europa dieses Orientierungsproblem nicht. Die Synagogen in Worms oder Augsburg waren wie später auch noch die  Synagoge von Pfersee in der Region exakt auf Jerusalem ausgerichtet. In Kriegshaber aber klappte das schon nicht mehr – und ob der in den 1840ern geplante Neubau auf der anderen Straßenseite dies anders gehandhabt hätte, ist fragleich. Die geplante orientalische Fassade allein, wäre kein ausreichendes Indiz, wie der Blick in die Region belegt. Aber auch in Augsburg, wo man ein freies Baugelände zur Planung und Ausführung hatte, klappte es nicht, ebensowenig wie zuletzt beim Bau der neuen Synagoge “Ohel Jakow”  in München am Jakopsplatz wo es noch nicht mal die Notwendigkeit gab, die Außenfassade an eine Straßenführung anzupassen und somit jede Ausrichtung freistand. Aber die synagogale Architektur der europäischen Neuzeit hat oft anderes im Sinn, als zumindest den grundlegenden Erfordernissen zu entsprechen. Selten haben in der Neuzeit deutsch-jüdische Bauherren etwa bei ungünstigen Grundstückslage ihren Synagogenbau so konzipiert, dass er trotzdem dem Erfordernis der passenden Ausrichtung entsprach, etwa das bemerjenswerte Beispiel von Leipzig.

Der Architekt Daniel Libeskind, der demnächst in Augsburg geehrt werden soll, wird auch mit dem Neubau einer weiteren Synagoge in München in Verbindung gebracht, die der neu gegründeten “liberalen” Gemeinde gehören soll. Immerhin haben sie – vor Planungs- und Baubeginn – die noch theoretische Chance, ihr Vorhaben passender auszurichten.

 towards Kabul instead of Jerusalem Orientation of Synagogue Augsburg (on the basis of Google Earth)

misrach Hürben

Scherenschnitt – Misrach aus der rekonstuierten Sucka des Heimatmuseums in Hürben / Krumbach.

אם־אשכחך ירושלם תשכח ימיני׃

“The more you know who you are, and what you want, the less you let things upset you.” (Bob Harris/ Bill Murray: Lost in Translation”)

praying towards Kabul

Ausrichtung der neuen Synagoge am Sankt Jakobs – Platz in München nach –> Baku und Kabul


Rememberring Terror in Munich

February 14, 2010

Two years before the Palestinian terrorists murdered 11 Israeli athletes and coaches at the Olympic Summer Games in Munich a series of anti-Jewish assaults took place. Seven elderly people at the Jewish retirement home in Munich were killed by (still unknown) arsonists in February 1970, only 3 days after an attack of Arab terrorists at Munich Airport who wanted to take Israeli passengers as hostages. One Israeli was killed, many other people were injured. Only some days later two planes destined for Tel Aviv exploded by delayed action bombs. One Swissair plane exploded and all 47 people died at the following crash. In the evening Palestinian terrorists proudly admitted responsibility in Jordan TV.  Today, 40 years later, those events are almost forgotten. We want however to commemorate the hateful crimes and keep up the memory of the murdered

Regina Becher  (רבקה בכר)

Max Blum (מאיר בלום)

Siegfried Offenbacher (ישראל אופנבכר)

Leopold Gimpl (אריה ליב גימפל)

David Jakobowitz (דוד יעקובוביץ)

Rosa Drucker (רוזא דרוקר)

Georg Pfau (א. ג. פפאו)

Bereits zu Beginn des Jahres 1970, zwei Jahre vor der Gefangennahme und Ermordung israelischer Sportler bei den olympischen Sommerspielen in München, gerieten jüdische Einrichtungen und „Ziele“ in München  und Deutschland ins Visier arabischer Terroristen. Am 10. Februar 1970 attackierten drei bewaffnete Palästinenser am Münchner Flughafen Riem einen Flughafen-Bus und den Wartebereich der israelischen Fluglinie EL AL. Beim Versuch die Boeing 707 in ihre Gewalt zu bringen und die israelischen Passagiere als Geiseln zu nehmen wird ein Israeli getötet, neun weitere Personen werden verletzt.  

Nur drei Tage später am Abend des 13. Februar 1970 sterben bei einem Brand im Altenheim des jüdischen Gemeindezentrums in der Münchner Reichenbachstraße sieben ältere Heimbewohner, während in der im selben Gebäudekomplex befindlichen Synagoge das Abendgebet gesprochen wird. Die Polizei ging von Brandstiftung aus. Obwohl die Behörden eine Belohnung von 50.000 D-Mark aussetzten, wurden die Täter bis heute nicht ermittelt, jedoch stehen jüdische Einrichtungen (nicht nur) in München seitdem unter Polizeischutz. 

Eine Woche später, am 21. Februar 1970 verüben arabische Terroristen erneut Terroranschläge auf jüdische „Ziele“. Mittels Zeitzündern kommt es an Bord zweier Maschinen zu Explosionen. Ein österreichisches Flugzeug unterwegs von Frankfurt am Main, das Post nach Tel Aviv bringen soll, kann glücklicherweise sicher nach Frankfurt zurückkehren, obwohl eine Bombe 20 Minuten nach dem Abheben ein großes Loch in den Rumpf sprengte.  Anders ergeht es dem Swissair Flug 330, als zehn Minuten nach dem Start am internationalen Flughafen Kloten bei Zürich im Gepäckraum eine Zeitzünder-Bombe explodiert. Die Maschine stützt nach vergeblichen Landemanövern bei Würenlingen im schweizerischen Aargau ab. Alle 47 Insassen der Maschine kommen ums Leben, darunter auch der isr Noch am selben Abend bekennen sich die marxistische PLO-Untergruppe PFLP von George Habash (1926-2008) zu beiden Anschlägen. In der Folge verschärfen europäische Flughäfen ihre zuvor kaum vorhandenen Sicherheitskontrollen.

Im Juni 1970 wurde die Synagoge im Gemeindezentrum der Münchner Reichenbachstraße, wo ein viertel Jahr zuvor sieben Menschen bei einem unaufgeklärten Brandanschlag starben, überfallen. Dabei werden mehrere Einrichtungsgegenstände beschädigt und eine Thorarolle geschändet. Der Vorsitzende Hans Lamm bezeichnet den Überfall als erneuten Akt des Antisemitismus.

Die Terrorserie stand anscheinend im Zusammenhang mit dem Besuch von Abba Eban (1915-2002), der am 22. Februar 1970 als erster israelischer Außenmister (1966-1974) Deutschland besuchte.

Aus heutiger (?) Sicht mutet es seltsam an, dass zwei Jahre vor dem Olympia-Massaker in München es in München und Deutschland in München bereits Anschläge gegen jüdische Einrichtungen gab, dies aber offensichtlich keine Berücksichtigung für die Planung der Olympischen Spiele fand. 

 

Meriden Journal – June 15, 1970:

Unidentified persons early today vandalized a synagogue here in the same building where a fire set by an arsonist killed seven persons last February. Munich police said several objects inside the synagogue were yanked from their proper places and thrown to the floor. One roll of the Torah, the Hebrew scripture, was torn from a case and unrolled on the floor and a cloth was ripped from the altar, police added. They said it appeared nothing had been stolen and most of the objects were not seriously damaged. Hans Lamm, president of the Israeli Culture Center in which the synagogue is located, called the incident “a new anti-Jewish act of vandalism”.

Rabbi Isaak Gruenwald called on Munich’s Jewish citizens to fast on Thursday to express “common sorrow and indignation” at the vandalism. Seven elderly persons died in February when a fire swept through an older persons home located in the center. The arsonist still is being sought.”

היה טרור נגד יהודים במינכן לפני שנתיים את המשחקים האולימפיים של 1972. ב פבואר 1970 שבעה קשישים נהרגו באש הצתה בבית האבות של המרכז היהודי במינכן. ימים קודם לכן הטרור הפלסטיני תקפו הדלפק של ישראלים באל. בנסיון לקחת נוסעים ישראלים כבני ערובה, אחד נהרג ורבים נפצעו. אחרי זה היו שני פיצוצים על מטוסים לתל אביב … עוד תקיפה בבית הכנסת … שכחתי כמובן על ידי הרשויות וכוחות הביטחון כאשר בקיץ של 1972 המשחקים האולימפיים התחיל


ביום קרה

February 12, 2010

נזריך כארבה וטפסריך כגוב גבי החונים בגדרות

ביום קרה

שמש זרחה ונודד ולא נודע מקומו אים

 

Your guardsmen are like the swarming locust. Your marshals are like hordes of grasshoppers Settling in the stone walls on a cold day. The sun rises and they flee, And the place where they are is not known.

Deine Gekrönten sind wie Grashüpfer und deine Führer wie Heuschreckenschwärme, die sich an den Mauern drängen am Tage des Frostes: geht die Sonne auf, so entfliehen sie ins Nichts – wo sind sie?“

(Nachum 3:17)


The Ehrlich Ariston at Huerben Krumbach

February 9, 2010

As a commentor Löwy pointed out a while ago on January 15, the remarkable device we have seen at the Heimatmuseum of Huerben Krumbach is an  Ariston reed organ, probably manufactured by Ehrlich in Leipzig, Germany.  Many thanks for the hint ..!

http://www.museum.krumbach.de/ (Mittelschwäbisches Heimatmuseum Huerben Krumbach)

Dem Hinweis von “löwy” vom 15. Januar 2010 verdanken wir die Information, dass es sich bei dem eindrucksvollen Gerät, welchs wir beim Besuch im Heimatmuseum in Hürben / Krumbach sahen um ein Ehrlich ARISTON (benannt nach dem Vater des griechischen Philosophen Platon …?)aus Leipzig handelt. Die deutsche Bezeichnung  des Geräts nennt sich u.a. Lochplatten-Spieldose, Organette, Drehorgel, Klangmaschinen, usw. Vom ARISTON wurden zwischen 1880 und 1910 rund eine halbe Million Exemplare hergestellt. Der Entwickler Paul Ehrlich ist nicht identisch mit dem gleichnamigen Chemiker, Serologen und Nobelpreisträger der Medizin von 1908, dessen Abbild es auf die kurzlebige 200-DM-Banknote schaffte.   

Technische und weiteführende Informationen dazu:

http://de.wikipedia.org/wiki/Ariston_(mechanischer_Musikautomat)

http://klangmaschinen.ima.or.at/db/db.php?id=28&table=Object&lang=de (Musikprobe)

Eine weitere musikalische Kostprobe des Instruments mit Video gibt es bei youtube:

http://www.youtube.com/watch?v=VHCjLhwgYUk 

Das war bestimmt lustig zu Hause bei den Landauers im beschaulichen Huerben und man kann sich gut vorstellen, wie der jüdische Hausvater wütend an die Tür seines Sohnes klopfte, weil das selbe Musikstück bereits zum achten mal lief und man sich im Wohnzimmer nicht mit den Gästen unterhalten könnte. 🙂


Ordentliche Mitgliederversammlung des JHVA

February 6, 2010

Der Jüdisch Historische Verein Augsburg (JHVA) e.V. läd alle Mitglieder zur ordnungsgemäßen Mitgliederversammlung am

Sonntag, 21. Februar 2010

um 15 Uhr

am intern bekanntgegebenen Ort.


Gabriel Wolf, butcher from Ichenhausen

February 4, 2010

Here is a digitally mended version of the 160 years old painting by Florian Kurringer.

The style of clothing and appearance reminds partially to other Ichenhausen Jews we know from some photographs, for instance Ichenhauser Jewish teacher Koppel Ullmann (Displayed at the exhibition of Ichenhausen Museum at the former synagogue). Note also the somewhat identical beard.

the teacher Koppel Ullmann from Ichenhausen / Bavarian Swabia


Das Portrait des Gabriel Wolf (1766-1855), Metzger aus Ichenhausen

February 2, 2010

Vor kurzem notierte Marvin J. Rosenthal zu unserem Beitrag zur “ehemaligen Synagoge Ichenhausen” vom 21. Dezember, dass er ein Portrait des Ichenhausener Kunstmalers Florian Kurringer (1804-1877), der einen Ichenhausener Juden namens „Gabrial Goldf“  und fragte, ob wir vom JHVA Informationen zum einem und anderen haben.

Florian Kurringer, so ließ sich in verschiedenen Internet-Seiten ermitteln war ein Kunst- und Kirchenmaler in Ichenhausen. Gemäß den Angaben von Frau Gabriele Walter war Kurringer jedoch selbst in seinem Heimatort weitgehend in Vergessenheit geraten. Sie fand dennoch ca. 20 Ölgemälde und Skizzen von ihm. Geboren wurde er am 3, Mai 1809 als fünftes Kind von Josef Kurringer und seiner Frau Marie Cecilia, geborene Schroeck. 1829 begann er ein Kunststudium in München, kehrte danach aber wieder nach Ichenhausen zurück wo er 1835 Josefa Bader aus Illertissen heiratete. Josefa starb nach der Geburt des dritten Kindes. 1839 heiratete er Viktoria Schweimayer, die ihm weitere acht Kinder gebar von denen vier im Kindesalter starben.

Florian Kurringer verbrachte die meiste Zeit seines Lebens in Ichenhausen, wo er am 18. August 1877 im Alter von 68 Jahren verstarb und am Folgetag am Willibaldsfriedhof bestattet wurde. Das Grab existiert nicht mehr, da der Friedhof im Jahre 1960 beseitigt wurde.   

  • Soweit zum Maler Kurringer. Doch wen nun portraitierte er? Zunächst war klar, dass “Gabrial” sicher “Gabriel” heißen musste, doch “Goldf” konnte nur ein Schreib- oder Lesefehler oder allenfalls eine Abkürzung sein, eventuell für den Familiennamen Goldfarb.

 

Marvin Rosenthal war heute so freundlich, uns eine Bilddatei des von ihm geerbten Portraits zu senden und eine weitere, welche die Notizen auf der Rückseite des Bildes zeigen.

Die beiden Notizen sind beide in englischer Sprache und ermöglichten es mir, den Dargestellten als Gabriel Wolf zu identifizieren.

 

Der obere Zettel liest  sich als

 “1847 – Painted  

Kurringer

Painter of Sam’s grandfather

(deutsch: “1847 gemalt, Kurringer, Maler von Sam’s Großvater”)

Der kleinere untere Zettel lautet:

 “Gabriel Wolf

died 1856

over 100 years old

died in Ichenhausen

Bavaria Germany

(„Gabriel Wolf, gestorben 1856, über 100 Jahre alt. Gestorben in Ichenhausen, Bayern, Deutschland“)

In den Standesregistern (online zu finden unter: http://www.jgbs.org/db.php) zu Ichenhausen entdeckte ich tatsächlich einen Gabriel Wolf, der am 10. Juni 1855 (entspricht dem 18. Tamus 5615 im jüdischen Kalender) starb. Dem Eintrag gemäß war er Metzger und wurde 88 Jahre alt. Das ist zwar nicht „über 100“ Jahre, aber doch ein (gerade auch in der damaligen Zeit) erstaunlich hohes Alter, das vielleicht in späterer Unkenntnis der genauen Daten von den Nachkommen entsprechend kolportiert wurde. Geboren wurde er demnach 1766 oder 1767. Auch im Matrikelregister findet sich Gabriel Wolf als Metzger wieder. Mit ihm genannt ist jedoch auch sein Vater Isak Wolf, der ebenfalls Metzger war und wohl vor ihm die Lizenz besaß.

Die Notiz auf dem oberem Zettel erwähnt den “Maler von Sam‘s Großvater”, woraus hervorgeht, dass Gabriel Wolf einen Nachkommen namens Samuel (Sam dürfte den späteren US-amerikanischen Hintergrund aufzeigen). Im Sterberegister findet sich ein Samuel Wolf, der am 4. November 1858 im Alter von 46 starb, also 1812 geboren wurde. Auch Samuel Wolf war Metzger in Ichenhausen und offenbar der Sohn von Gabriel und Enkel des Isaak Wolf. Das Hochzeitsverzeichnis notiert für den 21. Juni 1842 seine Heirat mit Nanette Goetz aus Fischach (eine Familie die am jüdischen Friedhof von Fischach, den wir erst letzte Woche besuchten, noch mehrfach auffindbar ist). Die Trauung nahm dem Eintrag gemäß Rabbiner Joseph Landauer aus Fischach vor. Im Geburtenregister findet sich noch ein zweiter Gabriel Wolf, der am 14. August 1856 im Alter von nur 26 Tagen starb. Möglicherweise ist ihm einer der abseits stehenden, inzwischen unleserlichen Kindergräber an der Friedhofsmauer beim Eingang gewidmet? Das Geburtsregister jedenfalls besagt, dass der Metzger Samuel Wolf sein Vater war, woraus wir schließen können, dass er seinen Sohn nach seinem eigenen im Vorjahr verstorbenen Vater benannte. Weitere Einträge, die sich erkennbar auf diese Familie beziehen ließen sich kurzfristig nicht finden. Vermutlich haben andere Nachkommen Ichenhausen verlassen und einer davon wird einen Sohn namens Samuel gehabt haben, der die Notiz auf der Rückseite des Bildes erklärt.

Jedenfalls ergibt sich nun eine bereits vier Generationen umfassende Abfolge

Isak Wolf, Metzger in Ichenhausen (x – x)

Gabriel Wolf (1766/67-1855), der protraitierte Metzger

Samuel Wolf (1812-1858), verheiratet mit Nanette Goetz aus Fischach

Gabriel Wolf Jun. (19. Juli – 14. August 1856)

Den Ichenhausener Friedhof hatten wir erst Anfang Dezember 2009 besucht. Trotz Dauerregen konnten wir in kurzer Zeit einige hundert Photographien machen, jedoch befinden sich darunter keine die sich auf diese Familie Wolf beziehen. Der Friedhof ist zwar bereits dokumentiert, d.h. nach Auskunft der Stadtverwaltung wurden die teilweise wahllos herumliegenden Steine und Fragmente genau vermessen und die überwiegend hebräischen Inschriften abgeschrieben, aber die Angaben bleiben offenbar auf (un?)absehbare Zeit unter Verschluss und sind bislang auch nicht übersetzt worden. Wie das Beispiel des Gabriel Wolf jedoch zeigt, wäre es natürlich wünschenswert, wenigstens die grundlegenden Information der Allgemeinheit im Internet frei zugänglich zu machen. Wie sonst sollen Nachkommen und Erben auch die richtige Spuren finden?

Die hebräischen Inschriften zu lesen, wäre kein Problem, jedoch konnten wir vor zwei Monaten nicht ahnen, dass wir auf Grabsteine einer speziellen Familie Wolf ein besonderes Augenmerk legen sollten. Dies müssen wir bei einer künftigen Gelegenheit nachholen, insofern entsprechende Grabsteine oder Fragmente überhaupt erhalten sind.

Einstweilen gilt aber unser besonderer herzlicher Dank Herrn Marvin J. Rosenthal, der uns auf dieses bemerkenswerte und unschätzbare Portrait und damit auch auf die Ichenhauser Metzger-Familie aufmerksam machte. Wir entsprechen sehr gerne seiner Bitte, das Bild und Informationen dazu öffentlich zugänglich zu machen, um sowohl dem Maler Florian Kurringer als auch dem dargestellten Metzger Gabriel Wolf die verdiente Aufmerksamkeit zu ermöglichen.

* * *

Many thanks to Mr. Marvin J. Rosenthal who called our attention to the remarkable as well as invaluable painting of Florian Kurringer from 1847. It is an honor to conform his wish to make the painting and the related background  information publicly accessible in order to attract attention to the painter as well as the portrayed butcher Gabriel Wolf from Ichenhausen.


Otto Weiss – the mysterious last Jew from Fischach

February 1, 2010

Leaving the Jewish cemetery, we were looking for other Jewish traces in the Bavarian Swabian village Fischach and we met an old Turkish man. His warm clothing revealed that for a quite long time he had accepted snow, ice and winter . I however was a last time tramping with the blackish Chinese low shoes (completely worn out and with huge leaks on both inner sides) I’d acquired for Yom Kippur because they were made from rubber … and of course I had my “famous blue raincoat”… He obviously was much better equipped for the weather, but on the other hand his old age exacted its toll and so he walked and talked very slowly, what did not stop him from addressing us on the street. When he had figured out that we were in the village because of the Jewish history, he seemed to be as happy as a lark and wanted to help us. At the end of the street, he told us “there in a house is the Jewish neighbor Otto Weiss” who “knows everything” und could help us – at least that was what we had grasped. Underway at very slow speed (both walking and talking) he reported from a (former?) workmate he once invited for Turkish food, which was either “hot” (scharf) or sheep (Schaf) or both. He also maintained that there are “about one million Jews in Turkey” (Wikipedia says there only are some 23.000) and “almost all of them are friendly” (Wikipedia has no answer regarding this). We finally reached a house “at the end of the road” and our Turkish friend and helper managed safely to climb some stairs as the door opened and a prying woman ask him: “May I help you ..?” The old man now explained that we are looking for the Jewish cemetery. Now we realized that there was at least one misunderstanding. The huge name plate at the door left no doubt that this was not the house of a person “Otto Weiss” but of a quite other family with a typical German name. I told Mrs. D. that our Turkish “guide” obviously misunderstood that we already visited the Jewish cemetery and thus we have not been looking for it. She sighed with relief and smiled. She also has not known any Otto Weiss but now we realized that in front of Mrs. D.s house actually there was a white car … so we did not understand what the man actually was trying to tell us: He wanted to ask a neighbor in a house at the end of the street about where is “the Jewish” (cemetery) and in front of the house there is a white car or as he pronounced it: “oto wi-se” (car, white). So we understood there will be an Otto Weiss at the end of the street, the last Jew of Fischach who could answer all our questions. But probably there never was an Otto Weiss in Fischach – he was just a phantasm and non-durable as for instance Unumpentium (Uup) but nonetheless it is a quite funny road episode midway between the Jewish cemetery of Fischach and the former synagogue at the old heart of the village, which explains best the difference between now and then.

Ein akustisches Misverständnis erweckte in Fischach den imaginären Juden Otto Weiss in ein kurzfristiges gedachtes Leben, in welchem er uns hätte erzählen können über die alten Juden von Fischach, … ehe es bald klar wurde, dass ein alter türkischer Fischacher uns unaufgefordert zu Nachbarn führen wollte, vor deren Haus ein weißes Auto (“oto wais”) stand. Die Bewohnerin hieß natürlich nicht Weiss und waren auch keine Juden. Sie hätte uns natürlich den Weg zum jüdischen Friedhof in Fischach erklären können, aber von dort kamen wir gerade …

One moment in time ...