Bis zur formellen Gründung einer jüdischen Gemeinde in München 1815 begruben Münchner Juden ihre Toten am Friedhof Kriegshaber-Pfersee, darunter die ersten Führer und Rabbiner der zunächst noch inoffiziellen Gemeinde in der Residenzstadt, wie Schimon Wolf Wertheimer, ältester Sohn des berühmten Rabbiners und kaiserlichen Hoffaktors in Wien, Schimschon Wertheimer oder Abraham Uhlfelder, dessen Nachkommen in München das Kaufhaus Uhlfelder am Oberanger gründeten und zuletzt der Gelehrte Rabbi Loeb Gumperts im September 1815.
1816 eröffnete der Friedhof an der Thalkirchner Straße 240 im Münchner Stadtteil Sendling (U3 Brudermühlstr.), da jedoch mit München auch die jüdische Gemeinde der Stadt rasch anwuchs, wurde der Grabplatz 1854, 1871 und zuletzt schließlich 1881 erweitert. Im Jahr darauf wurde das alte Tahara-Haus abgerissen und durch ein großes neues am Südende ersetzt. Ein Vierteljahrhundert danach, als es keine Erweiterungsmöglichkeiten mehr gab, bekam die Münchner Gemeinde im Stadtteil Freimann einen neuen Friedhof. Der nunmehr alte Friedhof wurde seitdem eher nur noch sporadisch genutzt. Das letzte Begräbnis fand jedoch fand erst im Jahr 2003 statt.
Die Gräber sollten sicher nach Jerusalem ausgerichtet werden, was den Planern aber offenkundig misslang, weshalb sie stattdessen eher nach Rom, genauer gesagt Richtung Venedig, Sizilien und Malta zeigen – aber dieses Orientierungsproblem ist leider typisch für zahlreiche jüdische Gemeinden in dieser, aber auch folgender Epochen. Der Grundriss des Friedhofs entspricht etwa einem unregelmäßigem Pentagon. Entlang der namensgebenden Thalkirchner Straße, an der sich auch das große Haupteingangstor befindet, misst der Friedhof 180 m. Nördlich schließt sich im rechten Winkel an der Blyerstraße eine etwa 70 m lange Mauer an. Die folgenden Mauerstücke sind jeweils 130 m, 100 und 80 m lang, woraus sich eine Gesamtlänge der gut erhaltenen Mauer von ca. 560 m ergibt. Die Fläche beträgt damit etwa 2.5 ha. Der Friedhof selbst nun ist in insgesamt 35 wiederum unregelmäßige, nicht ganz logisch gegliederte Sektoren eingeteilt, die vor Ort durch kleine nummerierte Ecksteine gekennzeichnet sind. Der Sektor 11 in der Mitte des Friedhofs ist der älteste Teil um den herum im Laufe der Zeit erweitert wurde. Der daran nördlich angrenzende Bereich der früheren Tahara ist freigeblieben.
Der Friedhof verfügt über ca. 5300 Gräber, von denen viele ältere aus dem früheren 19. Jahrhundert nicht gut erhalten sind. Der stellenweise dichte Baumbewuchs jedoch geht nur in seltenen Fällen auf Kosten der vorhandenen Grabsteine, was mancherorts leider ganz anders ist. Dies spricht für eine kontinuierlich gute Pflege des Areals, für die die seit 1917 ansässige Familie der selbst schon seit 1965 vor Ort tätigen Friedhofswärterin Johanna Angermeier verantwortlich zeigt. Sie hütet auch ein 1882 in grober alphabetischer Ordnung erstelltes Grabbuch, das auf einem älteren, inzwischen verschollenen Friedhofsbuch basiert. Freilich stimmen die Angaben des Buches stichprobenweise nicht immer mit den Angaben auf den erhaltenen Grabsteinen überein, während ausschließlich in hebräischer Sprache notierte Steine dem Anschein mitunter nach ganz fehlen. Trotzdem bietet das Buch mittels Angabe einzelner Sektoren, Reihen und Grabnummern eine gute Orientierungshilfe für das Auffinden einzelner Grabplätze. Da eine Dokumentation des Friedhofs offenbar fehlt, wäre es freilich wünschenswert, dass die Angaben des Buches allgemein zugänglich wären, etwa im Internet, um Angehörigen und Genealogen die Forschung zu erleichtern. Freilich stehen nicht alle Grabsteine heute auf ihrem ursprünglichen Platz und eine Reihe von Steinen fehlen ganz, da sie in der Nazi-Zeit geraubt wurden, so man sich nicht damit begnügte die in den 1940ern als „kriegswichtig“ erachteten metallenen Buchstaben zu entfernen und einzuschmelzen. Aber auch dies ist keine Münchner Besonderheit. Dann schon eher ein auf dem Kopf stehend wiedererrichtete Stein des Israel Neustetter.
Die ältesten erhalten Grabsteine weisen noch eine bis dato als schicklich erachtete Schlichtheit auf, die bald ab der Mitte des 19. Jahrhunderts in den Stil der Neugotik und des Second Empire übergehen, ehe diese sich zur Jahrhundertwende in teilweise protzig wirkenden, gelegentlich aber durchaus kunstvoll (etwa im maurischen oder Jugendstil) wirkenden Monumenten verliert, die bekanntlich charakteristisch für im Großbürgertum aufgegangene liberale jüdische Gemeinden waren.
Neben zahlreichen Angehörigen der Familien Strauß, Hirsch auf Gereuth, Aufhäuser, Einstein, Schülein, Obermayer, Feuchtwanger, Westheimer und Wertheimer finden sich auch Grabmale von Rabbinern wie Hirsch Aub (1795 – 1875) oder Dr. Josef Perles (Peretz ben Baruch Ascher) 1835 – 1894), der von 1871 bis zu seinem Tod Rabbiner der Israelitischen Cultusgemeinde in München und Autor zahlreicher profunder Artikel zur Geschichte und Religion des Judentums war – beispielsweise über „Das Memorbuch von Pfersee“ (1873). Der prominenteste Name am Friedhof an der Thalkirchner Straße dürfte wohl der des Karl Marx sein, jedoch handelt es sich hier nur um eine zufällige Namensgleichheit.
Da die Münchner wie auch die noch viel später gegründete Augsburger jüdische Gemeinde in nicht unwesentlichen Teilen aus Mitgliedern der schwäbisch-burgauischen Gemeinden von Pfersee, Steppach und Kriegshaber rekrutiert wurden, finden sich selbstverständlich zahlreiche Belege familiärer Bezüge. Neben den bekannten Namen wäre dies z.B. Mathilde Skutsch (1866 – 1929), die mit ihrem Gatten Julius Ulrich (1854 – 1927), seineszeichens Senatspräsident bestattet wurde. Die Hinterbliebenen des im Juni 1846 im Alter von 85 Jahren verstorbenen und im Sektor 15 begrabenen Isaak („Eisik“) Welsch etwa betonten noch stolz die Herkunft des Verstorbenen aus Steppach.