Wie die christliche Taufe ihre Wirkung verlor

June 4, 2013

Als vor etwa 170 Jahren die Bestrebungen zur rechtlichen Gleichstellung der Juden in den damals noch zerteilten deutschen Landen und Kleinstaaten ernsthafter erwogen wurde und die Rheinprovinz zugunsten der Gleichstellung der Juden votierte, stellte sich die „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ (A.A.Z.) , eine von 1807 bis 1882 im gesamten deutschsprachigen Raum und darüber hinaus sehr beachtete Zeitung, mit zahlreichen Artikeln und Berichten ihrer Korrespondenten entschieden gegen eine Emanzipation der Juden. Immer wieder brachte sie spöttische, rassistische Beiträge, die Klischees über Juden und jüdische Gemeinden schaffen oder bestätigen sollten, sonst aber keinen eigentlichen Nachrichtenwert hatten. Mal waren es „Verhältnisse in Polen“, dann „Zustände in Frankfurt am Main“, allgemeine Erwägungen, die scheinbar auf alle Juden gleichermaßen zutrafen oder es kamen Hassprediger zu Wort, die Wirkung Taufe in Abrede, die zuvor als Missionsauftrag dem Christentum innewohnte und so nun dem reinen Rassismus die Tür öffnete. Da Häufigkeit und Tendenz sehr augenfällig waren und mitunter an den wenige Jahre zuvor in Augsburg erschienenen „Ahasverus“ erinnerte, nahmen in jener Zeit auch jüdische Wochenschriften wiederholt zu entsprechenden Beiträgen der Augsburger Allgemeinen Stellung. So beispielsweise „Der Orient“ vom 19. Dezember 1843 (Heft 51, S. 402 f.) . Die Anrede der Zeitung als „Augsburgerin“ gebrauchte zur selben Zeit übrigens auch Karl Marx, der wie Friedrich Engels und Heinrich Heine zeitweilig für das Blatt schrieb.

Hochwasser August 2005 Wertach Augsburg Oberhausen

„Vom Rhein – 1. Dez. – Wer kennt nicht jene politische Marketenderin, die mit ihrem geist- und saftlosen Zeitungskram herumschwärmt in allen Ecken und Enden, wo es was abzusetzen gibt, da jene Dienstmagd des sogenannten gemäßigten Fortschritts, jene politische Hebamme, die von den modernen Pharaonen dazu bestellt scheint, die Zeit, so oft sie ideen- und tatenschwanger einherschreitet, genau zu bewachen, und jedem neugeborenen männlichen Kinde, jeder großen, Humanität atmenden Idee, in dem Schlamm und in dem Wasser ihrer Zeitungsartikel den Garaus zu machen. Wie die Augsburgerin sich auf diese Mission versteht, werden wir bald sehen. Da Deutschland sich in neuerer Zeit die Augen zu reiben anfängt, so ist es ganz natürlich, dass es unter den Gegenständen der Außenwelt auch das Judentum wahrnimmt. Es ließe sich sehr leicht aus der Geschichte beweisen, dass jedes Volk, so oft es zu sehen, d.h. geistig zu sehen anfing, sich zugleich aufgefordert fühlte, die Juden aus der Schmach ihrer Knechtschaft zu reißen und ihnen das Licht des Rechts und der Freiheit zu gönnen; denn wer frei ist, und um sich herum dennoch den Druck mit ansehen kann, in dem ist die Freiheit noch nicht lebendig geworden, sie ging in sein Fleisch und Blut nicht über. Ein Teil der deutschen Nation will nun die große Idee der Emanzipation zur Wahrheit machen; – siehe da veröffentlicht die Augsburgerin Zeitungsartikel folge einer höheren Weisung, die Alles sanktioniert, was gegen die Judenfrage geschrieben werde; sei es noch so plump, noch so unwahr, noch so unlogisch.

Und so stieß zuerst von Mainz aus ein Anti-Emanzipations-Apostel in die Trompete (A. Z. Nr. 311) „Es ist Ihnen vor einiger Zeit gemeldet worden, dass die in den Rheinprovinzen von den Ständen zu Gunsten der Juden entschiedene Emanzipationsfrage auch bei uns die völlige Beseitigung der zwischen Christen und Juden durch die transitorische Legislatur des Kaiserreichs nach begründeten Rechtsungleichheiten angeregt habe.“ Die Augsburgerin erblasste, als ihr diese Nachricht zukam, und da ihre Korrespondenten den Tod und das Jüngste Gericht zu fürchten haben, weil sie dann von ihren  von ihren Unverschämtheiten und servilen Gesinnungen werden Rechenschaft ablegen müssen, so spricht der Mainzer Apostel in all seiner Liebe zu der Augsburgerin besänftigend, beruhigend weiter: „Dessen ungeachtet würde man irren, wenn man voraussetzte, dass der Unterschied zwischen Christ und Jude so ganz verlöscht sei, dass der Jude dem Christen als gleichberechtigt erschiene. Die Augsburgerin lächelte zwar ob dieser Beruhigung wieder selbstgefällig, allein was geht uns das Lächeln der Augsburgerin an? – Darum muss sich die Frankfurter Börse kümmern; wir sagen dass in den obigen Worten ein Unsinn liegt; da wir über die Zeitungsartikel der Augsburger Allgemeinen Zeitung (A. A. Z.) unbefangener als sie selbst urteilen können. Denn würde der Jude dem Christen als gleichberechtigt erscheinen, so hätten die Juden gewonnenes Spiel, und es gäbe keinen Kampf und keine Mainzer Apostelpredigten mehr! – Ferner heißt es: „Dies ist so wenig wahr, dass selbst die von dem Gouvernement einige Mal versuchte (wie vorsichtig!) Erhebung von getauften Juden zu höheren öffentlichen Ämtern, die entschiedenste Missbilligung im öffentlichen Urteile (sic !) erfahren hat.“ Also taugen die getauften Juden auch nichts! O Christentum wie tief bist du gesunken, wie sehr wirst du selbst von deinen Bekennern verraten! In den heiligen Schoß der alleinseligmachenden nimmt man den Juden auf, aber eines Amtes hält man ihn, wenn auch getauft, also Christ geworden, für unfähig. Und warum? Etwa deshalb weil er eine christliche Gesinnung angenommen hat? Hören wir, wie der Mainzer Apostel auf diese Frage antwortet: „indem man“, sagt er, „ in dem Übertritt höchstens den Gewinn der künftigen Generation für das Christentum erblickt, die Neuchristen aber sämtlich nach Gesinnung-, Denk- und Handlungsweise fortwährend für Juden hält, und hierin auch die Erfahrung für sich hat.“ Wir wissen wahrlich nicht, ob wir über dieses Geschwätz uns ärgern oder lachen sollen. Das ist ja eben der Krebsschaden unserer Zeit, dass man es wagen darf, das Kastensystem auch auf die Gesinnung auszudehnen. Es gibt nur eine Gesinnung, und die ist nicht jüdisch und nicht christlich, sie ist menschlich; eine Denkweise, die Beachtung verdient, und die ist die vernünftige; – eine Handlungsweise, und die ist weder christlich noch jüdisch – sondern edel und Gemeingut. – Da aber der Mainzer Apostel diese Dreieinigkeit nicht zu bekennen scheint – denn sonst könnte er nicht gegen die Emanzipation schreiben – so wollen wir nicht länger mit ihm rechten. Ich will die Schranke zwischen mir und ihm ziehen, und die ist nicht die „Nationalität“, wie er meint; sondern die Nationalität die mir gebietet, mit Verachtung auf Gesinnungen herabzusehen, die nur dann am wenigsten strafbar sein können, wenn sie erheuchelt wären. – Noch ist nicht aller Tage Abend. Wer weiß, ob sich nicht die Augsburgerin eines Tages gemütlich niederlegt, einen gemäßigt fortschreitenden, konservativen Schlaf schläft, von Franzossenfresserei und Judenverfolgung träumt, und wenn sie aufwacht – die Juden emanzipiert findet. Und sie wird ihre Kleider zerreißen und Asche auf ihr Haupt streuen, und wird Artikel aus Mainz drucken lassen, welche die Schranke zwischen Jud und Christ erörtern werden – Aber alles umsonst – die Zeit wird antworten:

Emanzipation ist ein Gedanke und dieser kennt keine Schranke.“

Anmerkung: Die heutige “Augsburger Allgemeine” existiert unter diesem Namen erst seit 1959 und war zuvor von 1945 als “Schwäbische Landeszeitung” erschienen)


Purim: Die Geschichte der Königin Ester

March 5, 2012

Königin Amesteris = Ester ..?

Teil 2

Es gibt keine plausiblen Anhaltspunkte, die Geschichte des Buches Ester als ahistorisches Märchen anzusehen, zumal die wesentlichsten Protagonisten und der Schauplatz des Geschehens sich in eine konkreten historischen Namen fügen, sobald man dazu in der Lage, die kulturellen Beschränkungen der eigenen Bildungen zu überwinden. Weder Juden noch Perser dachten in erster Linie griechisch. Die jeweiligen Protagonisten konnten auch nicht ahnen, dass Generationen nach ihnen Erzählungen über sie latinisiert und von dort noch mal in ganz anderen, noch nicht entstandenen Sprachen weiter erzählt werden sollten. Achaschwerosch ist nicht schwieriger auszusprechen als „Alois Schickelgruber“ für einen Perser. Wenn man aber die Namen der Protagonisten einer Geschichte nur noch in ihren zu verschiedenen Zwecken gräzisierten Varianten zugrundelegt, ist es selbstverschuldet, wenn weitere Zusammenhänge unbesehen bleiben.

Wie dem auch sei, wird König Achaschwerosch (אחשורוש) heute dann doch meist Xerxes Ξέρξης (520-465 ante) genannte König assoziiert – der griechische schreibende jüdisch-römische Historiker Josef ben Matitjahu (bekannter unter dem römischen Alias „Flavius Josefus“) vermutete im elften Buch seiner „Jüdischen Altertümern“ hingegen dessen Sohn Artaxerxes (bzw. Kyros II.), der von 465-421 persischer König war. Josefs Bericht ist jedoch, hingegen sonstigen Ausschmückungen biblischer Berichte in diesem Fall eine bloße Nacherzählung des biblischen Buches und bietet keine weiteren Einzelheiten. Ahasverus altpersischer Name lautete eigentlich Achschajaroscha bzw. achaschjarosch und bedeutet übersetzt in etwa „Herrscher der Kämpfer“, „Gebieter der Helden“, etc. Als seine Mutter gilt Atossa, Tochter des Kurosch (Kyros).
Sein Vater war König Darios (= Darjovachosch, auch Dareios oder Darius geschrieben, 549-486), zugleich auch ägyptischer Pharao, der als Offizier von Kyros Sohn Kambisos (Kambiaso, Kambyses, etc.) nach dessen Tod die Macht ergriff und sich durch die Ehe mit der Kyros-Tochter Atossa „legitimierte“. Im Jahr 515, dem sechsten Jahr der Herrschaft des Darios ergingen gemäß dem Bericht des Buches Esra der Erlass und die Anweisungen zum Bau des zerstörten Jerusalemer Tempels. Damit einher ging auch eine finanzielle Unterstützung seitens des persischen Hofes. Dies war nicht selbstlos, sondern diente dazu, dem Großreich im Süden Ruhe zu verschaffen, um den Persern einen weiteren Vormarsch in den Norden bis nach Griechenland zu ermöglichen. Allem Anschein nach übernahmen Juden als Verbündete der Perser sodann auch entsprechende Dienste um die persischen Besatzer in Ägypten zu entlasten. Bekannt sind jüdische Soldaten im persischen Dienst in Ägypten (etwa Elephantine, wo Juden sich sogar einen eigenen „Tempel“ bauen konnten. Dieser wurde von ägyptischen Aufständischen zerstört, jedoch erst im Jahre 411, hernach aber auch wieder aufgebaut).
Im Jahre 490 verlor Darius mit seinen Truppen die berühmte Schlacht von Marathon. Die darauffolgenden Kampagnen hielten ihn drei Jahre an verschiedenen Fronten und ruinierten seine Gesundheit. Schließlich starb er, der auch Pharao war, krankheitsbedingt während der folgenden Revolte der Ägypter im Jahr 486 und wurde in Ägypten einbalsamiert. Sein Leichnam wurde aber auf langer Reise trotzdem nach Südpersien gebracht und in einer Felsengrabhöhle, ca. 10 km abseits der Stadt Persepolis bestattet. 1923 wurde das Grab durch den berühmten Archäologen und Sprachwissenschaftler Ernst Herzfeld (1879-1948) entdeckt und anhand der Inschriften sicher identifiziert.
Auch die Herrschaft seines Sohnes Achaschwerosch (Xerxes) war geprägt von Auseinandersetzungen in den eroberten und besetzten Gebieten. Als sein Vater nach langwierigen Kampagnen 65jährig und entkräftet stirbt und er auf Betreiben seiner Mutter Atossa zum Nachfolger gekrönt wird, ist Achaschwerosch bereits 34 Jahre alt. Wie sein Amtstitel „Herrscher der Kämpfer“ schon sagt, war er – anders als seine Vorfahren, selbst kein Soldat und nimmt auch nicht als solcher oder als Heerführer an Schlachten teil. Stattdessen lässt er sich auf aussichtsreichen Positionen nieder und beobachtet die von seinen Strategen oder Halbbrüdern geführten Schlachten umgeben von fürstlich bewirteten Zelten, beim Festschmaus. Er selbst ist kein „Held“ oder „Kämpfer“, sondern ein Zivilist, der sich eher gesellschaftlichen Dingen widmet. Ende September 480, als bei der Insel Salamis nahe Athen die größte Seeschlacht der Antike stattfand und die Perser über 200 Schiffe verloren haben sollen, befahl Achasch den Rückzug, obwohl die persische Überlegenheit nachwievor bestand. Doch durch weitere ungünstige Manöver geriet seine Flotte im Jahr darauf bei der Schlacht bei Plataia in Bedrängnis und wurde von den Griechen unter Pausanias fast vollständig zerstört. Die Niederlage markierte das Ende persischer Versuche Griechenland zu unterwerfen. Achasch weilte jedoch bereits wieder in Schuschan, als die Schlacht verloren ging und schenkte dem Faktum, die Eroberungen seiner Vorgänger verspielt zu haben, keine zu große Aufmerksamkeit. Als im Jahr darauf die Babylonier erneut einen Aufstand wagten, ordnete Achasch an, den Turm von Babel und die gleichfalls prominente Marduk-Statue in Babel zu zerstören. Diese war dem Stadtgott Babels gewidmet. Der von Achasch vertretene Glaube war relativ intolerant gegenüber anderen, bereits vorhandenen Kulten, was zur Häufung von Aufständen beitrug. Unter dem Einfluss seiner Eltern, insbesondere der Mutter Atossa war Achasch Anhänger des neuen Kultes des Zarathustra (Zoroaster), dessen Datierung und Werk bis heute in der Forschung reichlich umstritten geblieben ist. Manche Autoren datieren ihn in die Zeit des biblischen Abrahams, andere in die König David, letztere schließlich in die Zeit zwischen Kyros und Darius.

ancient-mail by King Ahashverosh (www.hoomanb.com)

Überlieferungen gemäß (Ibn Ibri = Bar Hebraeus, 13th c Syrian bishop, etc.) war Zarathustra ein Schüler des in der jüdischen Bibel vertretenen Propheten Daniel (pers. Daniyal), dessen Grabmal sich in Schuschan befindet, zumindest jenes der sechs behaupteten, welches allgemein am meisten Akzeptanz (in der islamischen) Welt findet. Dort ist es Bestandteil einer monumentalen Anlange mit einem markanten Spitzturm, bereits um 1160 erstmals erwähnt im hebräischen Reisebericht des jüdischen Entdeckungsreisenden Binjamin von Tudela, woher auch Jehuda Ha-Levi und Abraham ben Esra stammten. Unumstritten ist jedoch, dass Zarathustras Lehre, die später freilich erheblich erweitert wurde, bekannt aus den „Gatha“, obschon eher dualistisch ausgeprägt, doch monotheistische Züge aufweist.
Der Name Zarathustra ist awestisch, wird hebräisch זרתוסטרה notiert und lautet Neupersisch زرتشت sartuscht, während er im altgriechischen als Ζωροάστηρ zoroáster umschrieben wurde, wovon sich die gleichfalls geläufige Form Sarastro (siehe Mozart u.a.) ableitet. Die Namensdeutung wird allgemein als „Besitzer des goldenen Kamels“ umschrieben, was aber nur eine Möglichkeit darstellt. Im Wortsinn lässt sich der Name sarad’uschtro mit dem Adjektiv زرد (sarad) für „golden“ oder „gelb“ und شتر (schtar) wiedergeben, also als „gelbes Kamel“. Ebenso gut möglich und zumindest im Kontakt der Ester-Geschichte relevanter wäre jedoch statt „Kamel“ das ähnliche ستاره (stara) , welches „Stern“ bedeutet und Zarathustra demgemäß als „Goldstern“ erscheinen lässt. Als Gemahlin des Achasch trägt Hadassa den Namen „Ester“, also Stern. Noch deutlicher als griechisch αστέρ oder lateinisch astrum leiten sich englisch „star“ aber auch deutsch „Stern“ davon ab. Man kann ahnen, dass Hadassa den Namen Ester nicht grundlos trug und dass die Namenswahl mit der Vorliebe ihres Mannes und ihrer Schwiegermutter in Zusammenhang stand. Sie wählte sich diesen Namen, um Anklang zu finden, da im Buch davon die Rede ist, dass sie ihre Zugehörigkeit zum jüdischen Volk verschwieg. Andernfalls hätte man gewiss gefragt: „Ha-das-sa? Das klingt jetzt aber nicht Persisch, wo kommst denn her?“ und das wäre es dann gewesen mit dem „Verschweigen“.
Im Talmud (Joma 29a) wird der Name Ester klar von Stern abgeleitet und mit dem „Morgenstern“ verglichen. Der Stern bezieht sich natürlich auch auf die Bilam-Weissagung vom „Stern aus Jakob“, der bekannten messianischen Ankündigung, auf die sich viele messianische Figuren War Ester der erste „Star“? Ein Meschiach (wörtlich „gesalbt; gräzi- aber nicht präzisiert: Messias) war sie ja zweifellos. So ausgiebig wie sie im „Harem“ des Königs gesalbt wurde, könnte jede Ölsardine neidisch werden.
Ihre Namenswahl ist ohne Zweifel im Kontext mit Zarathustra zu sehen, dessen Lehren, zeitgenössisch am Hofe in Schuschan hoch im Kurs standen. Nach Ansicht einiger Gelehrter war Zarathustra sogar ein Sohn oder Stiefsohn des Kyros. Atossa jedenfalls war wohl seine Halbschwester und Achaschwerosch demnach der Enkel des Zarathustras. Wenn Hadassa in diesem Kontext am Hof dieser Familie den Namen Ester annimmt, dürfen wir eine gewisse damit in Verbindung stehenden Absicht voraussetzen. Dies wirft die Frage auf, ob Hadassa sich tatsächlich einem aus jüdischer Sicht, fremden Kult (awuda sara) anschloss oder dies zumindest vorgab.

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Faravahar.png&filetimestamp=20100527032958
Als Besonderheit des Buches Ester wurde immer schon herausgestellt, dass es als einziges Buch der jüdischen Bibel den Namen Gottes nicht erwähnt. Es ist genau genommen auch kein anderer Gott (das deutsche „Gott“ und englisch Wort „God“ stammen vom persischen خدا chod = Gott) erwähnt. Lediglich die Äußerung Mardechais, dass eine Hilfe anders woher, wörtlich: „von anderer Stelle“, kommen könnte, wurde traditionell so aufgefasst, dass מקום (makom, bzw. مكان = ma‘kon) für einen oder den jüdischen Gott stünde. Vielleicht wollte Mardechai aber auch sagen, dass wenn der Gott Esters nicht helfe, dann vielleicht der Mardechais. Diese müssen aber in der Auffassung aller nicht unterschiedlich gewesen sein, denn sollte der wahrscheinlich in Schuschan bestattete Daniel tatsächlich der Lehrer von Zarathustra gewesen sein, können wir dessen Lehre sehr wohl als jüdische Sekte oder ersten Ableger des Judentums noch vor dem Christentum auffassen. Als wesentlicher Unterschied und besonderes Merkmal der „zarathustrischen Reform“ gilt, dass der religiöse Kult der ohne Tieropfer auskommt, was aber im Exil zur Zeit des zerstörten Heiligtums in Jerusalem einer bloßen Notwendigkeit gehorcht.
In der Überlieferung des Xerxes etwa in den Herodot zugeschriebenen Texten war der persische König und ägyptische Pharao mit Amestris verheiratet, der Tochter des Otana, der dabei half, Achaschwerosch alias Xerxes an die Macht zu bringen.

Bei Herodot ist dazu eine Geschichte beschrieben: Demnach war Achasch auch in Liebesdingen vielseitig interessiert. Nachdem er zunächst seiner Schwägerin, der Frau seines Bruders „Masistes“ nachstellte, ging er über auf deren Tochter, seine Nichte Artaynte. Diese lässt sich nicht einfach so auf ein Verhältnis ein, sondern fordert von Xerxes den von Amestris gewebten Königsmantel, zumindest als Pfand oder als Anspruch auf die Herrschaft, d.h. sie möchte Königin werden anstelle von Amestris. Amestris jedoch durchschaut das Komplott und fordert bei einem Festessen mit dem König ihrem Gemahl die Auslieferung der Rivalin. Achaschwerosch entspricht der Bitte und Amestris lässt die Nebenbuhlerin zerstückeln. Ihr Vater Masistes – Bruder des Königs – begehrte dagegen auf, scheiterte aber mit seinem Aufstand und wurde zusammen mit seinen Söhnen hingerichtet. Der beschriebene Vorfall enthält offensichtlich eine Reihe von Anspielungen oder Übereinstimmungen zur bekannten Ester-Geschichte – aber auch Gegensätze. Bei Herodot wäre die Frau des Königs selbst mit einer Nebenbuhlerin konfrontiert, die mit dem Königsmantel nach der Herrschaft strebt, während im biblischen Buch der König Ester einen freien Wunsch bietet und sei es die Hälfte seines Reiches. Der Umsturzversuch geht bei Herodot nach der Zerstückelung der Rivalin durch Amestris vom Vater des Mädchens aus, der zugleich Bruder des Königs und demnach Schwager der Königin ist. Wie Haman wird er mit seinen Söhnen gehängt. Herodot spielt darauf noch in einem weiteren Zusammenhang an (Historien 7.114), im Kontext mit dem von ihm behaupteten „persischen Brauch“ der Lebendbeerdigung (ζώοντας κατορύσσειν), dass er Kenntnis davon habe, dass jene Amestris, als sie alt geworden war, dem unterirdischen Gott zum Ausgleich zweimal sieben Kinder von berühmten Persern geopfert habe. Eine ziemlich finstere Schilderung – zumal seit dem mittelalterlichen Europa die Formulierung eines unterirdischen Gottes eindeutig satanischen Charakter hat. Trotzdem findet sich dies – freilich deutlich anders konnotiert – auch in der biblischen Parallele der Ester-Geschichte. Dort kommen ebenfalls zweimal „persische Kinder“ ums Leben. Beim ersten Mal sind dies die zehn mit ihrem Vater Haman aufgehängten Söhne, beim zweiten Mal wohl beim eigentlichen Purim-Geschehen, als der Schilderung des Buches gemäß, neben dreihundert in Schuschan selbst, weitere entweder fünfundsiebzigtausend oder fünfundsiebzig Anführer der jüdischen Feinde getötet wurden – abhängig davon wie man in diesem Fall geneigt ist zu übersetzen.
Wie dem auch immer sei, ist es nicht zu schwer vom bei Herodot genannten Namen Ἄμηστρ (am-ester) auf den biblisch genannten Namen Ester zu schließen – wenngleich der christliche Gelehrte Robert Dick Wilson (1856-1930) sie mit Vaschti gleichsetzt. Schwieriger ist es schon von Amestris Vater Otana auf den biblischen Mardechai oder ihren genannten leiblichen Vater Awichail zu schließen.
Bardija, griechisch Σμέρδις (smerdis) genannt, war ein Sohn des persischen Königs Kurusch und zugleich der jüngere Bruder von Cambises, der Kurusch (Kiros) auf den Thron folgte. Bardija jedoch wurde möglicherweise ermordet und zu den Mitverschwörern gehörte auch Otana, der bei Herodot als Vater der Amestris genannt wird. Bardija und Smerdis klingen als „bardichai“ oder „merdi“ jedoch beide an den biblischen Namen Mordechai an. Wie in den Erzählstrukturen ähnelt sich manches auch im Klang der Namen, ohne identisch zu sein. Weder die hebräische noch die griechische Überlieferung ist die authentische. Die jüdische stand der persischen „Kultur“ jedoch nicht nur sprachlich, räumlich und kulturell näher. Die griechische Perspektive war notgedrungen eine feindliche.