Juden im antiken Augsburg


Die Präsenz von Juden im Gebiet des heutigen Deutschland wird allgemein zumindest auf das frühe 4. Jahrhundert datiert, jedoch deutet nichts auf einen Kölner Einzelfall im Jahr 321 n.a.Z hin und tatsächlich existieren zahlreiche frühe archäologische Funde, die freilich selten als das gedeutet werden was sie wohl waren: Spuren von Menschen vor Ort.

Obwohl die Christianisierung sich noch weit bis ins 9./10. oder gar 11. Jahrhundert hinzog, wird fast jedes Fundstück mit biblischen Bezug ausschließlich christlich interpretiert. Nur wenige, scheinbar exklusive Symbole, die das Christentum späterer zeit dem Judentum sozusagen überlassen hatte, werden nicht vollkommen vereinnahmt – was natürlich vom späteren Resultat der vollendenten Christianisierung heraus gedacht ist, um im 14. Jahrhundert sicher mehr Sinn macht, als wenn man es ins 4. Jahrhundert überträgt …

Trotzdem wurden selbst solche von Christen nicht beanspruchten jüdischen Symbole auf antiken Gegenständen in Augsburg gefunden, wie etwa die Abbildung einer Menora auf einer Öllampe aus Ton oder das Symbol der beiden Weinträger auf einem anderem Stück. Das Römische Museum in Augsburg zeigt eine Scherbe eines solchen Fundes  nebst einer plausiblen Rekonstruktion, der auf das 5. Jahrhundert datiert wird.

Die Herkunft hingegen wird als “tunesisch” angeben, was angesichts der verbreiteten Machart der Lampe im gesamten Mittelmeeraum, im antiken Israel aber auch in Europa ein wenig überraschend ist, aber wie auch immer sicherlich nicht sagen, soll, dass es sich um den Besitz eines tunesischen Gastarbeiters handelte, der sich nur einen Nachmittag in Augsburg aufhielt … Gefunden wurde das Bruchstück im Jahre 1960 “bei St. Gallus”, also im ältesten Bereich Augsburgs, d.h. in der ehemaligen Römersiedlung, bzw. späteren Bischofsstadt. Eine Reihe weiterer Funde und Spuren in diesem Gebiet wie auch die spätere Zuschreibung eines “Judenbrunnen” (anderswo eigentlich immer eine Unschreibung für eine Mikwe) in der Nähe sind plausible Anzeichen für  die Lokalisierung einer ersten, spätantiken jüdischenGemeinde in Augsburg in der Zeit um das 3., 4. und 5. Jahrhundert.

ein jüdisches oder ein "nur" biblisches Motiv?

ein jüdisches oder ein "nur" biblisches Motiv?

 

The earliest  findings of Jews in Augsburg trace back to the late antiquitiy of 4rd and 5th century. If you allow Jews also a broader use of biblical depictions of Jewish history and religion such as a dove with an olive branch you will realize quite a lot more … The findings however are located in the oldest parts of the Roman City north of the later episcopal city. A “Judenbrunnen” (Jewish Well), noticed in medieval maps maybe goes back to a ancient mikwe in the same quarter – since the word frequently in other towns is naming nothing else. 

Jewish Oil lamp replica and original fragment Roman Museum Augsburg

Jewish Oil lamp replica and original fragment Roman Museum Augsburg

The answers you get always depend on the questions you allow.

4 Responses to Juden im antiken Augsburg

  1. Yael Berger Haifa says:

    Es ist nicht moeglich zu belegen ein juedische Kontinuitat in Deutschland fuer diese Zeit, da es auch keine Belege fuer ein Kontinuitaet allgemein auch nur von (weit spaeteren) Grossstaedten gibt vor 1100 oder 1200. Es gab nur wenige Staedten mit vielleicht 5000 Einwohner und darum ein paar Doerfern. Es gab fast keine Schreiber. Wenn von 5000 5 schreiben konnte, war dies wohl ein Ort von Bildung. Es kann ga kein schriftliche Ueberlieferung geben, wenn nicht ist sie spaeter gefaelscht.

  2. Zeitspringer says:

    Spätantike Links…

    …Nach dem Bericht ist dieser Punkt noch strittig, es seien aber „Historiker und Archäologen weitgehend einig“, daß in Köln schon um 800 eine Synagoge stand. Diese frühe Datierung ist vielleicht selbst schon ein Argument für eine kontinuierliche jüdis…

  3. yehuda says:

    Vielen Dank für Ihren Beitrag.

    Das mittelalterliche Augsburg war nicht allzu groß. Noch kleiner war die vermutete Römerstadt, deren Verlauf sich etwa mit der frühmittelalterlichen Bischofsstadt überschneiden soll. Die entsprechenden spätantiken Funde stammen aus diesem Gebiet – nordöstlich vom Augsburger Dom, im Nordosten der Altstadt. Die (hoch)mittelalterliche(n) Siedlung(en) der Juden in Augsburg befand(en) sich südlich vom Dom, nahe beim Königshof, bzw. am Fuße des Rathauses in der Unterstadt.

    Ein kontinuierliche jüdische Besiedlung von der Antike bis ins Mittelalter ist anzunehmen, aber wie sie schon treffend feststellen, ohne weitere (Be)Funde nicht zu beweisen. In mancherlei Hinsicht definieren aber die Fragestellungen bereits die Wahrnehmung und Antworten.

  4. Zeitspringer says:

    Habe hier den Begleitband zur Karlsruher Ausstellung “Imperium Romanum – Römer, Christen, Alamannen – Die Spätantike am Oberrhein” zur Jahreswende 2005/2006 vorliegen. Darin gibt es fünf Seiten von Ludwig Berger zum Thema “Frühe jüdische Zeugnisse in den nordwestlichen Provinzen des Imperium Romanum” und da ist die Scherbe aus Augsburg als “Fragment einer spätantiken Öllampe mit Darstellung einer Menora” aufgeführt. Als Herstellort nennt das Buch “Nordtunesien, vermutlich in den Werkstätten von El Mahrine”.

    Ausführlicher ist der Beitrag beim Fund “Oberteil einer Lampe mit Darstellung einer Menora” in Trier. Sowohl zum Herstellort “wahrscheinlich Importstücke aus Nordafrika, wo in der Spätantike, namentlich im Hinterland von Karthago, eine intensive Produktion von Öllampen, darunter auch jüdischer, stattfand”, als auch zum Trierer Fundort: “Sie fand sich in der Nähe des mittelalterlichen Judenviertels von Trier … Es erhebt sich die Frage, ob die Nachbarschaft der Fundstelle zum jüdischen Quartier des Mittelalters zufällig ist … Daran würde sich die weitere Frage anschließen, ob mit einer örtlichen Kontinuität der jüdischen Siedlung von der Spätantike ins Mittelalter zu rechnen ist. Ohne neue archäologische Befunde ist die letztere Frage nicht zu beantworten.”

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