“Begegnung mit bemerkenswerten Menschen” in Nördlingen


Begegnung mit bemerkenswerten MenschenLebensbilder jüdischer Persönlichkeiten von einst” – unter diesem Titel eröffnete am gestrigen Dienstag abend im Stadtmuseum von Nördlingen im Reihl Haus die Ausstellung von Rolf Hofmann aus Stuttgart. Sie zeigt auf 60 Tafeln die Lebensläufe fast vollständig in Vergessenheit geratener Juden aus der Rieser Region mit zahlreichen alten Photographien und interessanten biographischen Notizen, Grabsteinen und Erinnerungen. Unter anderem findet man hier den jüdischen Steinmetz Max (Mordechai ben Josef) Koppel aus Kleinerdlingen, dessen Grabsteine man fast “überall” in der Region, aber auch in München, Augsburg und offenbar auch in Stuttgart finden kann. In Nördlingen besaß er den Angaben von Herrn Hofmann gemäß eine Werkstatt am Löpsinger Tor wo er Marmor aus Italien bearbeitete. Michael Reese ist in Chicago zu Ruhm gelangt durch das nach ihm benannte Hospital. Er war 1835 nach Amerika ausgewandert und machte während des Goldrausches in Kalifornien sein Vermögen. Als er 1878 das Grab seiner Eltern in der alten Heimat besuchen wollte, erlitt er einen Schlaganfall und verstarb, weshalb sein wuchtiges Grabmonument sich heute auf dem jüdischen Friedhof von Wallerstein befindet. Beachtlich ist auch die Biographie von Willi Rosenstein, Kampfpilot im Ersten Weltkrieg in der Flugstaffel des späteren Nazi-Fürsten Hermann Göring, der ihm später zur Ausreise nach Südafrika “verhalf”. Neben vielen anderen Personen werden von Rolf Hofmann, der sich eingehend mit der Geschichte der Rabbinate in Oettingen-Wallerstein befasst hat, auch die Rabbiner Ascher Loew Wallerstein, Moses und David Weisskopf entsprechend gewürdigt, wie auch Farbphotographien von hebräischen Grabsteinen zu sehen, die im Rahmen von Herrn Hofmanns zwei Jahrzehnte umfassenden Arbeit an seinem international beachteten “Harburg Project” entstanden sind. In der Begleitschrift zur Ausstellung heißt es dazu “Damit bleibt wenigstens bildhaft der ursprüngliche Eindruck dieser Grabinschriften für die Nachwelt erhalten, nachdem sie inzwischen vor Ort so nicht mehr lesbar sind. Der Verfall schreitet witterungsbedingt leider unaufhaltsam voran. Irgendwann sind die Grabinschriften unwiderruflich verloren.” (S. 92)

Der Ausstellung voran ging in der Gewölbehalle des Stadtmuseum eine Eröffnungsveranstaltung mit zahlreichen regionalen Ehrengästen wie etwa Prof. Herbert Immenkötter oder der Landtagsabgeordnete Christiane Kamm aus Augsburg und Festrednern, darunter Siegrid Atzmon und Gernot Römer, unterbrochen von musikalischen Darbietungen des Duos Norma and Richard Mayer aus Kalifornien. Letzterer hat familäre Wurzeln in der Region.

"Es waren gute Deutsche und wertvolle Menschen"

"Eine solche Arbeit bedarf erfahrungsgemäß Unterstützung, Engagement und Mut"

Rolf Hofmanns Ausstellung ermöglicht dem Besucher eine “Begegnung mit bemerkenswerten Menschen” und zeigt, was er von sich weisen würde, dass er selbst ein solcher Mensch ist. Die Ausstellung ist noch bis zum 30 Mai im Reihl-Haus neben dem Stadtmuseum, Vordere Gerbergasse in der wunderschönen Altstadt von Nördlingen (die alleine den Besuch bereits lohnt) im Rahmen der Rieser Kulturtage 2010 zu sehen. Dort ist auch die kompakte mit der Stadt Nördlingen und dem “Freundeskreis Synagoge Hainsfarth e.V.” herausgegebene Begleitschrift mit den wesentlichsten Teilen der Ausstellung erhältlich.

2 Responses to “Begegnung mit bemerkenswerten Menschen” in Nördlingen

  1. fitnessdrink says:

    Der Begriff des “Nazi-Fürsten” ist hier m. E. unangebracht.

    Was ist bitte ein “Nazi-Fürst”?

    Warum muss man immer mit diesen “Kraftausdrücken” versuchen Wirbel zu machen?

    • yehuda says:

      Lieber Fitnessdrink

      Der Begriff des „Nazi-Fürsten“ ist selbstverständlich kein offizieller Titel, da es ein solches Amt wohl nicht gab. Es handelt sich hier nur um das rhetorisches Stilmittel der Ironie die nicht bekannt ist für “Kraftausdrücke”, jedoch scheint Hermann Göring, der in unserem Artikel nur am Rande erwähnt einen prunkvollen, feudalen (und daher wohl auch „fürstlichen“) Lebensstil durchaus geschätzt zu haben. Im Artikel von wikipedia ( http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_G%C3%B6ring ) zu ihm finden sich immerhin 21 Titel mit denen er sich schmückte, zudem noch die Bemerkung , dass er „wegen seiner auffälligen, oft aus Uniform und vielen Orden bestehenden Garderobe „Goldfasan“ oder „Lametta-Heini“ genannt“ worden sei. Ob Sie diese Bezeichnungen angebrachter fänden?

      Der Begriff „Nazi-Fürst“ wie auch immer, lässt sich alleine etwa über Google Books leicht und in gar nicht wenigen Publikationen nachweisen. Da Ihre Anmerkung hierzu nebenbei bemerkt 14 Monaten nach Veröffentlichung des Artikels die erste/einzige ist, ist mir auch nicht klar, was genau Sie nun mit „Wirbel machen“ meinen könnten, zumal wir auch nicht einschätzen können, wer es war, der heute mittels der Suchanfrage „Nazi-Fürst“ auf unserem Weblog landete oder mehrfach nach Rudolf Hess fragte.

      Ernste Diskussionsbeiträge, Kommentare, Anregungen und Kritik sind uns aber immer gerne willkommen. 😉

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