Inschriften am Tahara Haus in Oettingen


Am Oettinger Friedhof in Siegenhofen befindet sich auch eine frühere Tahara, an welchem eine Reihe unterschiedlich motivierter Inschriften angebracht sind.

Widmungsinschrift der Stadt Oettingen, welche eine deutsche Übersetzung von Psalm 71 Vers 20 zitiert: “ Der du mich hast schauen lassen viel Not und Leiden Du wirst wiederum mich beleben und aus den Tiefen der Erde mich wiederum erheben (Ps. 71.20)“

Danach heißt es:

Ihren jüdischen deutschen Mitbürgern zur Sühne und Ehre – Stadt Oettingen in Bayern

Der Terminus Sühne wird bei wikipedia als ein Akt erklärt, “durch den ein Mensch der schuldig geworden ist, diese Schuld durch eine Ausgleichsleistung aufhebt oder mindert“. Was immer den Oettinger Juden nun also geschehen ist, es könnte mit der Anbringung dieser Tafel am ehemaligen Tahara-Haus abgegolten oder wenigstens ausreichend deutlich gemindert worden sein, um eine solche Tafel zurechtfertigen – man kann von ihnen ja nicht hunderte in jedem Dorf aufhängen … Zweifelhaft ist freilich die Wirkung der Tafel an einem Haus, das nicht an der Straße liegt, sondern im Grundstück. Nur wer auf dem Friedhof ist, kann die Tafel lesen. Die Oettinger Juden, denen die Tafel gewidmet ist, sind aber tot. Datiert ist die Inschrift nicht, freilich kann man sich den zeitlichen Kontext ihrer Entstehung gut vorstellen.

Eine weitere, nur hebräische (aber punktierte) Inschrift gibt eine Bracha wieder die Juden sprechen, wenn sie jüdischen Gräbern begegnen. Die Bracha basiert auf der entsprechenden Formulierung des Amida. Die hier wiedergegebene westliche Variante verzichtet anders als die sefardische העולם הבא zu erwähnen:

ברוך אתה יי אלהינו מלך העולם אשר-יצר אתכם בדין וזן וכלכל אתכם בדין והמית אתכם בדין ויודע מםפר כלכם בדין ועתיד להחזיר להחיותכם בדין – ברוך אתה מחיה המתים

(übersetzt in etwa: Gesegnet bist Du HaSchem, unser Gott, König der Welt, der euch geformt hat im Gericht, und euch ernährte und versorgte im Gericht, und euch tötete im Gericht, und die Zahl von euch allen kennt im Gericht, und euch künftig wieder ins Leben zurückholen wird im Gericht. Gesegnet bist Du HaSchem, Beleber der Toten.)  

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Eine weitere Inschrift auf der Rückseite des gerade restaurierten Gebäudes nimmt auf das Baujahr Bezug:

“Erbauet im Jahre d. H. (des Herrn) 5611”

darunter steht Hebräisch:

יראת הי תוסיף ימים

was ein Zitat aus 10.27 משלי ist und besagt: “Gottesfurcht mehrt die Tage”. Im Spruch ginge es noch weiter mit “die Jahre der Bösen werden verkürzt”, aber das betraf niemanden am Oettinger Friedhof.

Nochmals darunter steht die Jahreszahl 1850. Die hebräische Jahreszahl 5611 korrespondiert auch mit dem Zahlenwert dem deshalb entsprechend punktierten Wort יראת  welches den Wert 611 ergibt.

יראת הי תוסיף ימים

 

Eine vierte Inschrifttafel ist noch am Haus erhalten. Sie zitiert einen hebräischen und einen deutschen Text und hat in der Mitte eine Öffnung, in welche bereitwillige Spender wohl für den Unterhalt des Friedhofs Geld einwerfen konnten. Passanten auf der Straße ahnen von dieser Möglichkeit auf der Rückseite des Hauses wohl auch nicht. Angesichts der zahlreichen dahinbröckelnden, kaum noch lesbaren oder längst zerstörten hebräischen Inschriften der Grabsteine wäre das sicher auch heute noch sehr angebracht, freilich ist hat die Tafel an der Wand angehängt keine entsprechende Funktion mehr, weshalb wir es bei einem symbolischen 50 Cent – Stück als “Spende” beließen.

זרעו לכם לצדקה קצרו לפי חסד

Säet Wohltun und Ihr werdet Liebe ernten

– Hoschea 10.12

 

אטינגן בית קברות

At the former Tahara house at the Jewish Cemetery of Oettingen there are four inscriptions. One has a prayer for the death, another one asks for support for the upkeep of the cemetery and a third one mentions the date of the establishment of the Tahara and the cemetery. A fourth one obviously ist from the time after the Nazi regime and is dedicated by the City of Oettingen to the German Jewish “Mitbuerger” (fellow citizens) of Oettingen – but there are no more jews in Oettingen and the inscription is not visible from the outside.

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