filmed by Yehuda Shenef, August 8, 2014 Synagoge Augsburg, Innenhof
Mayor Kurt Gribl, Rabbi Dr. Henry Brandt, Israeli consul general Dan Shaham, head of Jewish community Alexander Mazo
filmed by Yehuda Shenef, August 8, 2014 Synagoge Augsburg, Innenhof
Mayor Kurt Gribl, Rabbi Dr. Henry Brandt, Israeli consul general Dan Shaham, head of Jewish community Alexander Mazo
Die Augsburger haben gewählt: Kurt Gribl aus Kriegshaber holt über 51 % der Stimmen und bleibt Augsburgs „OB“. Die CSU gewann hinzu, doch mit CSM und PRO gäbe es beim aktuellen Stand der Auszählungen nur eine knappste Mehrheit, was die bisherigen Zerwürfnisse vielleicht eher dokumentiert als bereinigt.
als OB wiedergewählt: Kurt Gribl
Im Abgleich mit unserer Prognose können wir zufrieden sein: Die größte Abweichung ergab sich in der Wahlbeteiligung. Sie lag nicht bei 68 %, sondern nur bei 41 %.
In Oberhausen-Nord wählten nur 19.8 %, in Oberhausen-Süd 20.3 %, in Lechhausen ein Viertel, in Kriegshaber gingen nur 26 % zur Wahl, im angrenzenden Pfersee-Nord auch nur 27.8 %. In der Innenstadt sieht es nur mäßig besser. In der Innenstadt, in welcher der Autor dieser Zeilen wohnt, gingen auch nur 29.8 % zur Wahl.
Das Gesamtergebnis von 41 % Wahlbeteiligung kommt sodann auch nur deshalb zustande, weil der Anteil der Briefwähler 28.8 % erreicht. Mit dieser Beobachtung lagen wir in der Prognose tendenziell dann auch richtig, ergab unsere Befragung doch einen Briefwahlanteil von 25.4 %. Der auf diese Weise virtuell entstehende Wahlbezirk „Brief“ ist so inzwischen auch der bevölkerungsreichste in Augsburg.
Problematisch für Kandidaten und Parteien ist es, dass immer mehr Wähler ihren eigentlichen Stadtteilen nicht mehr zuzuordnen sind. Vielleicht sollte man gleich allen Wahlberechtigten Briefwahl-Unterlagen zukommen lassen. Vielleicht wäre die Wahlbeteiligung dann höher, auch weil man mehr Zeit hätte, die einzelnen Kandidaten und Listen zu bedenken.
So hört man von eigentlichem jedem Wähler Anmerkungen dazu, dass die Zettel immer größer und unübersichtlicher werden, oder das man ja gleich auch das Telefonbuch durchblättern und einen Finger-Tipp abgeben könne, usw. Namentlich bekannt sind jedenfalls die allerwenigsten der Kandidaten, oft noch nicht mal die aller antretenden Parteien und Gruppierungen.
Das Gribl OB bleiben würde, war abzusehen: Unsere Befragten gingen zu 3/4 davon aus, dass Gribl keine Stichwahl bräuchte, aber nur 42 % wollten selbst für ihn stimmen. Vordergründig widersprüchlich bedeutete dies, dass viele sich durchaus eine Alternative zu Gribl wünschten, sie in Stefan Kiefer aber nicht finden konnten. Punktgenau richtig war deshalb auch die Prognose für das Ergebnis für den Herausforderer: 28 %.
Auch der Stimmanteil der Grünen von 10.6 % wurde richtig eingeschätzt. Bei den anderen, kleineren Parteien konnte es naturgemäß keine größeren Schwankungen geben.
Richtig vorhergesagt war auch das schlechtere Abschneiden der PRO, die mit Peter Grab immerhin bislang den 3. Bürgermeister der Stadt stellte. Unterschätzt hat das Votum der Befragten den mit 6.4 % recht hohen Anteil für die AfD (Alternative für Deutschland), aber der Name der Partei deutet schon an, dass es dabei nicht unbedingt um lokale Belange geht. Das werden wohl auch die Wähler der AfD so sehen und vorallem die Europa-Wahl im Blick haben.
IN summa aquarium kann sich das Ergebnis unser ersten demoskopischen Befragung also durchaus sehen lassen, bildeten sich doch die wesentlichsten Trends und Ergebnisse darin ab. Professionell arbeitende Institute würden es anders als in unserer Stichprob auch nicht bei den „Rohdaten“ belassen, sondern diese auf der Basis früherer Ergebnisse nachbearbeiten.
Nachbearbeitet werden muss auch noch die Auszählung, da zunächst nur die eindeutigen Zuordnungen ausgewertet wurden. Wähler, die wie ich ihre Stimmen nicht von Parteien abhängig machten, sondern an für fähig befundene Kandidaten aus verschiedenen Richtungen aufteilten, können das eine oder andere Ergebnis in Punkto Sitzverteilung noch leicht korrigieren.
Für den JHVA jedenfalls ist das Ergebnis ein solides und nicht nur Anfängerglück. Hoffen wir, dass augsburg besser abschneidet.
Umfrage zur Stadtrat und OB-Wahl in Augsburg am 16. März 2014 am Purim
“Wer soll OB in Augsburg sein, Haman oder Mordechai?”OB-Wahl 2014: Unscharfe Prognosen: alles ist möglich
Da der JHVA derzeit damit befasst ist, statistische Erhebungen und Umfragen zu erproben, bot es sich zum Test an, in der Innenstadt und in den Stadteilen (daruner Oberhausen, Kriegshaber, Pfersee, Lechhausen, Göggingen, Hochfeld) Augschburger danach zu fragen, ob sie am Sonntag bei der OB- und Stadtrat-Wahl wählen wollen und wen.
Mit den Methoden der kommerziellen Wissenschaften können wir vom Aufwand schon nicht mithalten, fragten also auch nicht groß herum nach Herkunft, Alter, Religion, Lieblingsfarbe, auch nicht nach Hoeneß und Putin oder nach dem Grund für die ungewöhnliche Beliebtheit von Bibi Netanjahu unter jungen Deutschen.
Fazit: ein Geheimrezept gibt es nicht, aber zumindest haben wir ein Ergebnis, das vorab veröffentlicht, auf die Genauigkeit hin überprüft werden kann. Und nur so macht es zumindest Spaß. Wir sind keine Experten, die alles behauptet haben und deshalb recht haben.
In der Zeit vom 9. – 13. März 2014 wurden (vormittags und abends) 271 Leute befragt, davon 130 Leuter und 141 Leutinnen. Das entspricht etwa 0.1 % der Augsburger Wohnbevölkerung.
Alle bewerteten Personen gaben an über 18 zu sein und in Augsburg wahlberechtigt. Das wurde in keinem Fall nachgeprüft, aber einige der befragten Leute sind uns aber (auch als Augsburger) bekannt.
überall: Stolpersteine in Augsburg
Zur Stimmung: Nur wenige rechnen mit etwas Spannenden, viele sind genervt von den Bauarbeiten überall, die sich über Jahre hinziehen und gesundheits- und geschäftsschädigend sind. Beklagt wird besonders auch das Aussterben der Innenstadt, der Läden und Lokale, dass beworbene Marken gewachsene Identitäten verdrängen, aber auch Alte und Familien „verschwinden“. Aber das war vor allem Nebenbeigeschimpfe, für das Schwaben ja bekannt sind. Danach gefragt haben wir nicht. Auch nicht nach den angeblich vielen “Ausländern”, die auf den Plakaten wären. Da genügte in der Regel die Gegenfrage: “Was haben Sie gegen Ausländer auf Plakaten?” Auf Jüdisches wurden wir übrigens von exakt niemanden angesprochen.
Die Ergebnisse:
1. Wahlbeteiligung: 185 der Befragten 271 gaben an, dass sie wählen werden oder haben das schon getan, das ergibt 68 Prozent. Recht hoch ist der Anteil derjenigen, die bereits per Briefwahl abgestimmt haben, nämlich 47 (= ¼ der 185)
2. OB-Wahl: Es gibt eine Stichwahl
Den amtierenden OB Kurt Gribl (CSU) wollen „nur“ 42 % (77), Stefan Kiefer (SPD) hingegen 52 (= 28 %), der damit sein Kontrahent in der Stichwahl wird. Auf den folgenden Plätzen finden sich Peter Grab (Pro) und Rainer Erben (Grüne) mit je 7 %, gefolgt von Volker Schafitel (Freie Wähler) mit 5 % der Stimmen. Auf 4 % kommt Süßmaier von der Linkspartei, 2 Wähler nannten auch noch Pettinger von der ÖDP, was 1 % entspricht. Die anderen Kandidaten nannte bei uns niemand.
Favorit für eine Stichwahl wäre wohl Kurt Gribl, zumindest erwarteten 3 von 4 Befragten dass er OB bleiben wird und es nicht zur Stichwahl kommt. Selber wählen wollen sie ihn aber eher nicht. Jedoch gilt sein weitgehend unbekannter Herausforderer von der SPD als „Langweiler“, bzw. wie ein Befragter scherzhaft (?) meinte: „des is bestenfalls a Unterkiefer“. Be it as it may …
3. Stadt-Rat: Da es möglich ist, Personen mehrerer Parteien verteilt zu wählen, ließ sich nur nach Partei-Präferenzen fragen. Einzelne Personen sind deutlich bekannter und beliebter als ihre Parteien.
CSU: 35 %, CSM 5 %, PRO 5 % (= 45 %)
SPD: 30 %, Grüne 10 %, Linke 5 % (= 45 %)
FW: 5 %, AfD 2 %, ÖDP 1 %, FDP 1, WG 1 (= 10 %)
Welche Stadtregierung das ergeben könnte, sollen Experten beurteilen.
Ohnehin: erst am Sonntag-Abend wird sich herausstellen, wie genau unsere erste Wählerbefragung war. Falls es glatt danebenliegt, wäre es kein Malheur, da die Kosten sich auf 8.17 Euro für Verpflegung beliefen.
Denkmal für Augsburg, mal dort, mal dort aufgestellt.
There are mayoral elections in Augsburg (and other towns and commnunities in Bavaria). Incumbent mayor Kurt Gribl (the Middle High German term gribl actually means “undertaker”) is favorit against his contender Stefan Kiefer (the term may be understood as “jaw (bone)” or as “pine”(tree) – but it is not known which explanation he leans towards). Well known also is Peter Grab (yes, the name means “grave”), 3rd mayor of the “Pro Augsburg” group (however there is no “contra Augsburg” party in the race of course). So you may gues whether the undertaker finds a jaw in the grave or so …
Since the local media was reluctant to provide public poll data, the JHVA board decided to do an own study during the week.Our poll of course is no academic study but it surveys 0.1 % of the population of Augsburg and we will see if the findings make sense or not.
Since on election day also is Purim the puzzling question likely was: “WHO you want to be mayor of Augsburg the next SIX years? MORDECHAI or HAMAN ..?” But noone cares for Jewish festivals here, so we did not ask.
Am Sonntag wurde im Goldenen Saal des Augsburger Rathaus mit einer Reihe von Reden, unterbrochen von traurigen Musikstücken, die diesjährige “Woche der Brüderlichkeit” eröffnet. Die Veranstaltung litt etwas unter den Absagen von Dr. Henry Brandt und dem erkrankten Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde Alexander Mazo.
golden mask at golden room in Augsburgs city hall
Gastgeber Oberbürgermeister Gribl
Maria Khanyna appearing in place of Alexander Mazo
Bischof Grabow touting for social responsibility
vacant seats reserved for the press
set buffet for the honored guests (not kosher)
en passant: negotiating with Fugger at Augsburg townhall
“Vorsicht auf Gleis 2 Süd, es fährt ein der Zug der Erinnerung …”
Der Zug der Erinnerung ist eine mobile Ausstellung in alten Bahnwagons die in zahlreichen Bahnhöfen jewils für einen oder mehrere Tage inmitten des gewöhnlichen Bahnverkehrs an geschätzte 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche erinnern will, die vor fast sieben Jahrzehnten mit den Zügen der Reichsbahn ins sog. “Vernichtungslager” deportiert wurden. Initiiert wurde das Projekt unterstützt von Parteien, Kirchen und Gewerkschaften, vom gleichnamigen Verein “Zug der Erinnerung”, etc. dessen Anliegen es ist, insbesondere “jüngere Menschen” das historische Geschehen auf diese Weise zu verdeutlichen.
Als etwa 90 Station der ungewissen Reise hielt der Zug nun auch in Augsburg, wo er seit gestern für drei Tage Station macht.
Zur Begrüßung des Zuges hielten der Vertreter des Vereins, sowie Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl und Dr. Henry Brand von der Israelitischen Kultusgemeinde Ansprachen, die von französischen Liedern eines Augsburger Schülerinnen-Chores unterbrochen wurden. Auszüge der Reden werden wir in Kürze als Video veröffentlichen.
"zug der erinnerung in augsburg"
blick ins zugfenster
the Mayor of Augsburg
http://www.zug-der-erinnerung.eu/fahrplan/ZdE_Flyer_Rahmenprogramm_Augsburg.pdf
"ich kann nicht für die Opfer sprechen"
http://www.zug-der-erinnerung.eu/verein.html
zur erinnerung
How was it possible that Nazis in Germany were able to seize power 75 years ago – seemingly without enormous efforts and what were the circumstances in Augsburg? Taboo breaching questions for decades an exhibition is trying to answer now, without digging to deep into the past.
Die am 14.09.2008 eröffnete Ausstellung „Machtergreifung“ in Augsburg. Anfänge der NS-Diktatur 1933 – 1937 und der dazu erschienene Katalogband versuchen Erklärungen dafür zu finden, wie und warum sich der Nationalsozialismus in der Stadtgesellschaft Augsburgs vor 75 Jahren so rasch etablieren konnte. Im Katalog vermerkt Prof. Dr. Andreas Wirsching, dass sich die NS-Diktatur in Augsburg „ohne großen Widerstand durchsetzte … ohne dass zuvor eine besonders breite nationalsozialistische Parteibasis bestanden“ habe.
Die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte des Nationalsozialismus stand „lange Zeit nicht so im Fokus, wie man es bei einer Stadt in der Größe Augsburgs voraussetzen müsste“, konstatierte so auch Dr. Michael Cramer-Fürtig vom Augsburger Stadtarchiv. Zuvor bemängelte bereits Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl in seinem Grußwort im Goldenen Saal des Rathauses, dass es in den sechs Jahrzehnten seit dem Ende der Naziherrschaft, in Augsburg „fast ein Tabu“ gab, sich mit deren lokaler Verstrickung und Ausprägung näher zu befassen und „es offenbar auch eines Generationswechsels bedurfte“, um die kritische Aufarbeitung zu ermöglichen. Beigetragen dazu habe sicherlich „eine personelle Kontinuität“ in vielen Institutionen und Behörden, die eine frühere Auseinandersetzung verhindert habe. Das klingt ungewohnt kritisch, ja mitunter selbstkritisch, andererseits aber auch eher wie eine (vielleicht ungewollte) Begründung für einen Machterhalt alter Seilschaften nach der Kapitulation des Nazi-Regimes, als nach einer Erklärung für den Aufstieg der Nationalsozialisten, dem eigentlichen Thema der Ausstellung. In diesem Kontext stellte Beate Merk, Bayerns Justizministerin fest, dass es gerade auch Richter waren die den Nazis gegenüber erstaunliche Nachsicht übten und sie mit Freisprüchen und milden Urteilen belegte, während Gegner der Nazis oft verunglimpft und verspottet worden seien. Diese Auffassung lässt sich zwar ohne weiteres anhand zahlreicher Beispiele belegen, jedoch erklärt sich daraus nicht, wie und warum die damaligen Richter so eingestellt waren und welche Voraussetzungen dafür vorlagen. Merk zufolge zeige dies aber, dass „die Institution einer Demokratie alleine nicht ausreicht, um vor politischen Extremisten zu schützen, wenn die Gewaltenteilung nicht funktioniert und die Justiz versagt“. Sachlich ist auch dies richtig, aber welche Lehre sollen wir heute daraus ziehen, wenn in Deutschland anders als etwa in den USA Richter nach wie vor nicht demokratisch gewählt, sondern ernannt werden ..?
Der nächste Redner, Prof. Pyta aus Stuttgart, Autor einer Hindenburg-Biographie, verwies darauf, dass Hitler nicht an die Macht gekommen wäre, wäre es nach den Bayern und Süddeutschen gegangen – eine Aussage, die vor bayerisch-schwäbischen Publikum gut ankommen musste und zahlreiches bestätigendes Nicken in den Reihen der Zuhörer auslöste. Erstaunlich eigentlich, 75 Jahre danach und ohne Anwesenheit eines damals bereits erwachsenen Zeitzeugen. Zugleich ist es natürlich auch zutreffend, dass „die Würfel in Berlin gefallen sind“, wie Pyta es formulierte. Und hier führte er die Spur auf den Reichspräsidenten Hindenburg, der keineswegs ein seniler alter Mann gewesen sei, sondern genau gewusst habe, was er tat. Hindenburg habe realisiert, dass die Mehrheit der Bevölkerung antidemokratischen Kräften folgte und sei selbst alles andere als ein Freund einer liberal-demokratischen Demokratie gewesen. Hitler schien ihm deshalb als Instrument zur Beseitigung dieses Konstrukts durchaus willkommen, insofern sich dieser selbst beherrschen ließe. In der Tat gehörten Hitlers Kabinett zunächst ja auch nur zwei weitere Minister der NSDAP an.
Obwohl allseits betont wurde, dass das „große Geschehen“ gerade durch die lokalen Bezüge „dem Publikum“ greifbarer und verständlicher gemacht werde, wollten die Beiträge der Redner nicht so ganz zum Ausstellungstitel passen. Und so tat man sich sichtlich schwer damit, Augsburger Besonderheiten herauszuarbeiten und zu verdeutlichen, welche Gefüge vor Ort bestanden.
Wer waren jene, die rasche und Jahre anhaltende Karrieren machten, wer half dabei und wer passte sich an? Wer profitierte im Einzelnen von den sog. „Arisierungen“ und von der Verdrängung jüdischer Bürger in der Stadt? Welche Personen waren es in Augsburg, die Regimegegner denunzierten oder verhafteten, mit „Boykott“-Tafeln vor den Geschäften standen oder für das Reichssippenamt genealogische Studien betrieben oder jüdische Friedhöfe in der Stadt schändeten oder in der sog. „Reichskristallnacht“ früh morgens um halb vier die Synagoge anzündeten und Thorarollen zerfetzten?
Es ist richtig, dass der „30. Januar 1933“ nicht einfach vom Himmel fiel, aber auch die Geschehnisse danach können nicht als „Selbstläufer“ aufgefasst werden und so bleibt die Frage nach „Hitlers willigen Helfern“ (Goldhagen) weitgehend unbeantwortet und unter der anders verstandenen Formel „Wehret den Anfängen“ bleibt „das Tabu“ im Grunde bestehen.
Die Ausstellung (im Unteren Fletz des Augsburger Rathauses) selbst bietet, wie Dr. Cramer-Fürtig betonte, nur rund hundert von mehreren hundert verfügbaren Exponaten, der Katalog immerhin die doppelte Menge. Sie boten – gruppiert um teilweise mit Stacheldraht gekrönten Bauzäunen – einen eigentümlichen Kontrast zu den zahlreichen geladenen Gästen, die mit Sektgläsern bewaffnet neben Bildern von Hitler, Naziaufmärschen , Photographien der zerbombten Augsburger Innenstadt oder politischen Propagandaplakaten einander zuprosteten und mit sich selbst und der Kontaktpflege beschäftigt waren. Zur nüchternen Betrachtung bleibt freilich noch bis zum 16. November Zeit und im Rahmen begleitender Ausstellungen und Vorträge Gelegenheit.
Katalog zur Ausstellung:
Michael Cramer-Fürtig, Bernhard Gotto (Hg.), Machtergreifung in Augsburg. Anfänge der NS-Diktatur 1933–1937 (Beiträge zur Geschichte der Stadt Augsburg, Bd. 4), Augsburg 2008.
ca. 420 Seiten mit mehr als 300 Abbildungen, Klappenbroschur, 19,80 Euro, Wißner-Verlag Augsburg, ISBN: 978-3-89639-654-9.