Jüdisch-schwäbisches Oxymoron

June 12, 2015

Neulich im Museum Oettingen /Ries fotografiert.

Oettingen Museum Schwein Seife

Dieses Schwein essen wohl selbst “Reform”- Juden nicht 🙂

This pig not even liberal Jews will eat

גם יהודים ליברליים לא רוצים לאכול חזיר הזה


Der Priester-Segen der Kriegshaber Synagoge

June 26, 2014

Zu den erhaltenen wenigen Überresten in der ehemaligen Synagoge in der Ulmer Straße in Kriegshaber gehörte die Inschrift mit dem ברכת כהנים dem Priester- bzw. Aaronitischen Segen über dem Türstock des ehemaligen Synagogenraums. Der Birchat Kohanim ist der historisch älteste überlieferte Segen des Judentums und wird in Übersetzungen auch von Christen in aller Welt zitiert. Er stellt eines der bekanntesten Zitate des Judentums und der Weltliteratur dar und steht praktisch für den Segen Gottes an seine Gemeinde. Über der Türe der Synagoge kam dem Priestersegen auch in der alten Kriegshaber Synagoge eine besondere Bedeutung zu. Es ist bezeichnend, dass der Segen, der sowohl die Überfälle der Nazis, wie auch den Missbrauch der Synagoge in den Folgejahren und sogar auch den jahrzehntelangen Verfall überstand, nun aber ausgerechnet Opfer der “Restaurierung” des Gebäudes wurde.

Kriegshaber Synagoge Priester Segen Türe Überrest 2012Überreste des Aaronitischen Priestersegens in schönen blauen Lettern über dem Eingang der ehemaligen Synagoge von Kriegshaber Ende Januar 2012. Im Zuge der Renovierungsarbeiten wurde die linke Hälfte der Inschrift bereits übertüncht.

Kriegshaber synagogue priestly blessing inscription - birchat kohanimSelbst Analphabeten erkennen zumindest das Vorhandensein von Buchstaben, dem kundigen Leser erschließt sich mit dem zweifelsfreien ישא יי פניו אליך (Gott erhebe sein Angesicht über Dich) sofort der allgemein bekannte Priestersegen. Ihn nicht zu kennen entspräche im Christentum wohl nicht zu wissen, was Weihnachten ist. “Weihnachten? Nie gehört!” “Was isse Nikolaus? Nixe wisse! Laus nix gut. Du nehme Spray?!”

Arthur Obermayer Kriegshaber Synagogue in front of priestly blessing 2012Dr. Arthur Obermayer in front of the door, above the Birchat Kohanim inscription

Unser Begleiter im Januar 2012, Herr Arthur Obermayer aus Boston/Ma. fragte damals die Architekten, die uns die arbeiten am Gebäude erleuterten, ob es möglich sei, zu sagen, um was für eine Inschrift es sich handelte. Mit dem Hinweis darauf, dass es sich um eines der berümtesten hebräischen Zitate der Bibel überhaupt handelt, das auch im Christentum äußerst populär sei, wandte er sich an die Leiter der Restaurierungsarbeiten und schlug ihnen vor, dass sie sich an uns wenden können, wenn sie Fragen bezüglich dieser oder anderer Inschriften oder Funde habe. Darüber wurde nun schnell Einverständnis erzielt und den Verantwortlichen Visitenkarten übergeben. Genutzt wurde das Angebot freilich nicht. Nachfragen unsererseits bleiben unbeantwortet, weshalb wir davon ausgehen können, dass die Ausmerzung der Inschrift so gewollt ist.

Durch die langwierige und recht teure “Restaurierung” ist der Priestersegen nun beseitigt worden, was angesichts der involvierten Fachkompetenz von Prof. Kießling, Dr. Brandt und Dr. Schönhagen und anderer Personen, die sich schon mal mit hebräischen Buchstaben und Texten befasst haben sollten, doch überrascht.

Kriegshaber Synagoge Museum Ausstellung Umgang heuteOhne Segen – “Umgang mit den ehemaligen Synagogen heute

Das sich gleich neben der Türe eine Tafel der Wanderausstellung über (ehemalige) “Synagogen in Schwaben” befindet, welche Aufschluss geben will, über den Umgang mit diesen heute ist, wie vieles andere selbstredend.

Priestersegen Kriegshaber priestly blessing Birchat Kohanim?  … מנא מנא תקל ופרסין

Vom rein technischen Standpunkt wäre es sicherlich kein “Problem”, die getilgte Inschrift wieder anzubringen, insofern das nicht weitere Unsummen verschlingen sollte. Gewollt sein wird es absehbar nicht. Eine Gemeinde, die gesegnet werden soll, gibt es ja nun auch nicht mehr.

Wir erinnern an sie.

במהלך השיקום בבית הכנסת לשעבר בקריגסהבר אוגסבורג שעכשיו הוא מוזיאון ממלכתי המומחים להכחיד הכהנים מעל דלת בת כנסת

-לפני 2 שנים שדברנו עם המומחים באופן מפורש על כך. מאז הם לא יכולים לקרוא בעברית הצביעה ד”ר ארתור אוברמייר מבוסטון עלינו. היה להם כרטיסי הביקור שלנו, אבל לא שאל. עכשיו הכיתוב קריא בוטל

ההרס היה מכוון. הם לא יכלו לקרוא את ברכת הכהנים והם יכולים להשתמש בו

אף אחד לא אכפת ! להיפטר ממנו

הם חוששים תלמוד תורה ועד היום

 

Kriegshaber synagoge museum exhibition June 2014

IN the course of the costly restoration of the former synagogue of Kriegshaber and the conversion to a branch of the stately Jewish Kulturmuseum an old Hebrew inscription above the entrance door of the main room of the prayer house was wiped out, although two years earlier the issue was adressed empahically by us and Mr. Arthur Obermayer from Boston. The current exhibition of the new museum on former synagogue in Bavarian Swabia now also has an article on “the appraoch today”.  Obviously that is self-evident.

Photos: Margit (2014), Yehuda (2012)


„Augsburger Synagoge in trüben Zustand“

August 22, 2013

Zeitungsbericht vom 25. August:

Augsburger Synagoge in trüben Zustand

Die Synagoge, über deren unerfreuliche Situation hier berichtet werden soll, ist nicht die moderne und prächtige Synagoge der Stadt Augsburg, in der Halderstrasse, sondern die viel ältere und kleinere Synagoge einer Vorstadt namens Kriegshaber. Da in Kriegshaber – das in der Vergangenheit einmal zahlreichen Juden Zuflucht bot, wann immer sie aus dem größeren Augsburg vertrieben wurden – jetzt keine Juden mehr leben (und auch die die Augsburger Gemeinde stark zusammengeschrumpft ist), kümmert sich eigentlich niemand mehr um die Kriegshaber-Synagoge, zumal diese nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs von der IRSO (Jewish Restitution Successor Organization) an die Stadt verkauft worden war.. Die Stadt, reguläre Eigentümerin des Gebäudes, benutzt dieses als Abstellraum und Gerümpelkammer, wogegen rechtlich nichts, moralisch aber sehr viel einzuwenden ist. Die kleine jüdische Gemeinde Augsburg hat durch ihren Vorstand bereits untersuchen lassen, wie man den jetzigen unbefriedigenden Zustand ändern könnte. Auch die unter dem Vorsitz von Professor Werner Cahnmann (New York) stehende Rashi Association „zur Erhaltung jüdischer Kulturdenkmäler in Europa“ hat eingegriffen und sich an das Kulturdezernat der Stadt Augsburg mit der Bitte gewandt, die Kriegshaber Synagoge mitsamt den angebauten „Judenhäusern“ (die Verschachtelung der Bauwerke ist einer der Gründe für die schwierig zu klärenden Rechts- und Eigentumsverhältnisse) unter Denkmalschutz zu stellen – eine Bitte, der sich der „Aufbau“ gerne anschliesst. Die Synagoge hat historischen Wert, und es sollte naheliegen, sie in ein Museum oder eine Denkstätte ähnlicher Natur umzuwandeln. Viele Juden, die in Kriegshaber (der Name setzt sich zusammen aus „Gries“ = Sand und „Haber“ = Hafer) im Mittelalter Asyl fanden, nahmen später den Ortsnamen als Familiennamen an: Juden namens Grieshaber leben heute in aller Welt. Das Bayerische Landesamt für Denkmalschutz in München, das schon in vielen Fällen tätig geworden sät, sollte sich der Situation in der Vorstadt von Augsburg einmal annehmen. H. St.

Synagoge Kriegshaber FensterAlte Fenster der Kriegshaber Synagoge (Juni 2013)

Der obige Zeitungsbericht erschien bereits am 25. August 1978 im “AUFBAU” (S. 17), ist also bereits 35 Jahre alt. Obwohl es anders als damals ausreichend Juden in Augsburg geben würde, wird das Gebäude seit einiger Zeit tatsächlich zu einem Museum umgebaut. Freilich wird es sich noch zeigen müssen, ob es sich ausgeht mit der Absicht der Eröffnung im Herbst.


Schwäbisches Museum: von Ruhm und Ehre und “Ordnung in der Judenfrage”

July 21, 2013

Im idyllischen schwäbischen Bauernhof-Museum Illerbeuren gibt es auch ein kleines Museum, welches anhand einiger weniger Ausstellungsstücke die Vergangenheit der Region vom Ersten Weltkrieg bis zur Zeit des sog. “Wirtschaftswunders” der 1950er Jahre passieren lässt. Dazu gehört beispielsweise ein Plakat welches über die “Kriegsgebote des Kartoffelbauers” informiert, u.a. “Halte die Kartoffel unkrautfrei…”

Eine gerahmte Urkunde mit Passbild informiert, dass Xaver Gruber aus Kronburg, geboren am 17.4.1898 von 1916 bis 1918 “Mitkämpfer im Ringen um des Reiches Bestand und des deutschen Volkes Ehre und Ruhm” war. Eine alte schwarz-gelbe Werbetafel plädiert: “Das Geld des Dorfes dem Dorfe! – Spart bei Eurem Darlehenskassenverein“. Es gibt auch ein paar Gegenstäde zu sehen: Auf einem Schrank ein Grammophon z. B., daneben auf einem weißen Deckchen ein Krug und eine Art Mandoline … ein paar ältere Trachten der Kronburger Tanzgruppe (1948 ..?), eine Eisdielen-Einrichtung mit Musikbox, mit Motorroller und dergleichen. Etwas hiervon, etwas davon, im Sinne von “nett”.

Hitler mit Kind in Illerbeuren MuseumKinderfreundlicher Hitler im schwäbischen Illerbeuren

Die Nazizeit wird auch nicht verschwiegen, aber in eher einfältig unschuldiger Weise präsentiert. In einer Vitrine sind mit einen herzlichen, fürsorglichen mit Kind dargestellten Hitler  (wohl) originale Propaganda-Plakate angeordnet die  heroisch für “Harte Zeiten, Harte Pflichten, Harte Herzen” werben, aber aber auch Karrieretipps  geben: “Vom Hitlerjungen zum Offizier des Heeres, Dein Weg!”

Hitlerjugend Wehrmacht Plakat Bauernhofmuseum Illerbeuren

Darunter liegt am Boden der Vitrine nun ein rotes Büchlein mit dem Titel “Ordnung in der Judenfrage“, als dessen austrofaschistische Verfasser  “Emmerich Cermak”  (gest. 1965) und “Oskar Karbach” ausgewiesen sind.

Was nun hat das Bauernhofmuseum im Juli 2013 mit einer “Judenfrage”  zu tun?

Waren die Initiatoren oder ihre Eltern in der Hitlerjugend und haben Karriere in der Wehrmacht gemacht? Haben Sie im Allgäu die “Judenfrage” geordnet? Erklärungen über Kontext und Motive fehlen.

Ordnung in der Judenfrage Czermak Karbach Illerbeuren Museum

Direkt gegenüber befindet sich jedoch eine weitere Vitrine … mit einer (vermutlich) originalen Bronzebüste von … genau: Adolf Hitler. Dahinter (!) haben die Macher ein Schwarzweiß-Photo vergrößert und für die Büste als Rückwand platziert, auf welchem nun allen Ernstes KZ-Häftlinge zu sehen sind, offenbar in einer Baracke. Auch hierfür fehlt eine Erklärung.

Ein Plädoyer dafür, dass unter den Häusern, Hütten und Schuppen die auf dem Gelände des Bauernhof-Museums zu sehen sind auch eine KZ-Baracke nicht fehlen sollte, da durch die vielen KZ-Außenlager überall es zur Geschichte der Region gehört?

So ist im Rahmen der Gesamtkonzeption der Kontext unverständlich. Wird es demnächst, analog zu Rindern und Schafen ein Gehege mit Hitler-Jungen geben ..?

Für Aufmärsche mit Musik jeden Morgen um 5 Uhr 45 ..?

Hitler-Büse Kz-Häftlinge Illerbeueren MuseumArrangement im Museum: KZ-Gefangene mit Hitler-Büste

???????????????????????????????“Nazi-Schrein” in Illerbeuren


Naked short selling in “Old Synagogue” of Erfurt

May 27, 2013

Kleinkunst

It is known that Erfurt tries to use the Jewish past of the city and to apply arranged medieval findings as World Cultural heritage sites in order to stimulate tourism, although that may deal with historical facts sometimes in a rather lax way.

Now a picture of two nudes aroused loud and harsh criticism (Thüringer Allgemeine – “Scharfe Kritik nach Nacktfotos in Erfurter Synagoge”):

http://www.thueringer-allgemeine.de/startseite/detail/-/specific/Scharfe-Kritik-nach-Nacktfotos-in-Erfurter-Synagoge-1785810288

Erfurt naked couple in synagogue museum nacktes paar SynagogeErfurter Nischen-Kultur

The picture was published in a municipal catalog which promotes the 6thLange Nacht der Museen und Galerien” in Erfurt , which takes place Friday night – respectively Shabbes evening – from 6 pm until midnight, when 29 museums and galleries will be opened for the “public”, some of them are places of the city’s announced Jewish history.

The naked couple – photographed in front of a reconstructed niche of the “Old Synagogue” – and discussed as “Adam and Eve” is seen as provocation by critics who are afraid that it might hurt “religious feelings” (“religiöse Gefühle … verletzen”) of members of the Jewish community in Erfurt. The even bigger fear however obviously is that the photo might target or negatively affect the World Heritage application, since it may be regarded as prove for an inappropriate handling of the sites.

Does it? Well, the “Alte Synagoge” (medieval synagogue) of course is no synagogue today (and probably never was one), but since it is exploited under this very name and thus under the semblance of Judaism, it of course does bother us. At least because most visitors of such museums maybe this way get their only “contact” to and “information” on something they will regard as “Jewish”.  

It is not really important to learn whether one or both nudes have a porno-graphical background as actors or if someone of the municipality of Erfurt has. Actually it also is not the question whether someone might be too puritan or prudish and will have problems looking at a photo of a naked couple in an at best soft-core-film pose. 

But the “Long Night“ program has 28 other sites, among them there for instance is the “Barfüßer Kirche” (Discalced, = “shoe-less” Church). Why for instance the couple does appear there stark naked in front of the altar. Any ideas ..?

Or how about another context at the Naturkunde-Museum, or maybe in the Museum for Thüringische Volkskunde (Museum for Thuringian ethnology studies …) if not in an art gallery? Or would they dare a Muslim context?

However, since nudity obviously may appear to embarrassing against a Christian or humanist background, at least they could have selected the “Mittelalter Mikwe” at Kreuzgasse, where nakedness of course will be regarded as rather harmless. But since the organizer are promising many “Mit-Mach-Angebote” (join-in-activities) it could possibly backfire in some way … or it turns out to get a very very long night, … quite different from others.

Anyway: The rather awkward or clumsy naked option strategies the City of Erfurt pursues in order to earn “Golden Spiegels” actually are highly doubtful and hopefully will come to a soon end – what will preserve Judaism as well as the beautiful city from further awkwardness and embarrassment.

Erfurt Fassadenkunst

Erfurter Nischenkultur: Ein Foto im Katalog zur bereits 6. „Langen Nacht der Museen und Galerien“ in Erfurt sorgt aktuell für einiges Aufsehen, aber auch für beschämte Blicke zum Boden und entnervte zur Decke. Das Bild zeigt ein nacktes Pärchen in trotzdem nur leicht anzüglicher Pose, aufgenommen vor einer Nische in der „Alten Synagoge“ in Erfurt, die als mittelalterlicher jüdischer Bau beworben wird und Teil der Bewerbung als UNESCO-Weltkulturerbe ist.

Das Gebäude ist nur einer von 29 Plätzen in der Stadt, die am 7. Juni 2013 (Schabbes-Abend) für eine „lange Nacht“ bis 24 Uhr für Besucher offen stehen. Neben der „Kleinen“ Synagoge ist das auch die sog. mittelalterliche Mikwe, in der Nackte zweifelsfrei weniger anstößig gewesen wären … was aber sollten sie dort tun, wo die Mikwe doch nur eine ehemalige ist? Zu welchen „Mit-Mach-Angeboten“ könnten sie die Besucher sonst einladen oder auffordern? Und warum eigentlich wurde das nackte Paar (darunter angeblich auch ein früherer Porno-Darsteller …) nicht in der Barfüßer-Kirche abgelichtet, die ja namentlich bereits einen Anhaltspunkt liefern könnte und ebenfalls einer der Ausstellungsorte ist? Wir werden es nicht erfahren, hoffen aber, dass dies quasi der Schlussstein hinter die peinlichen Bemühungen sind, das Ansehen des Judentums für eigensinnige Werbezwecke zu missbrauchen. Und man muss hoffentlich nicht auf Adam und Eva zurückgehen, um zu erklären warum.  

http://www.erfurt.de/ef/de/erleben/veranstaltungen/hoehepunkte/museumsnacht/

 


אל תלכי ללקט בשדה אחר

January 14, 2013

Synagoge Kriegshaber

ווו אַמאָל איז געווען די מקווה פון ייִדיש קהל פון קריעגסהבער אין עתיד וועט זייַן געזאמלט די אשפה פון דער נייַ מוזיי

Kriegshaber Mikwe Tauchbad Mikvah

Kriegshaber mikvah Mikwe

באייר תשע

Where once was the mikvah of Kriegshaber in the future the garbage of the new museum will be collected.

Kriegshaber synagoge Januar 2013

Kriegshaber Synagoge Müllraum

Ziemlich genau da, wo sich nach Angaben alter Katasterpläne früher das Tauchbad (Mikwe) der jüdischen Gemeinde von Kriegshaber befand, wird später in einer eigens dafür geschaffenen Konstruktion der Abfall des künftigen jüdischen Museums gesammelt.

Kriegshaber Museum Synagoge Müllraum

https://jhva.wordpress.com/2011/12/21/die-tauche-von-kriegshaber/


Die alte Mikwe in Erfurt

May 24, 2012

Die Existenz einer Mikwe gilt in Erfurt etwa ab der Mitte des 13. Jahrhundert als gesichert. Da es nicht schwer zu erraten ist, dass man sie in der Nähe des jüdischen Viertels und notwendigerweise auch nahe an einem Fluss oder Bach bauen musste, fand man 2007 bauliche Überreste direkt hinter der berühmten Krämerbrücke. Bemerkenswert daran ist allerdings, dass es sich dabei weniger um einen Zufallsfund handelte, sondern um einen langjährigen Wunsch, der in Erfüllung ging. Irgendwie. Diese Reste der Ausgrabung sind heute überbaut mit einem Schutzbunker und werden präsentiert als Teil des Netzwerkes „Jüdisches Leben Erfurt“. Besonders hingewiesen wird auf die Möglichkeit, die Besichtigung der „Mikwe“ zusammen mit der „Alten Synagoge“ zu buchen.

Die Informationstafel vor dem Neubau erläutert, dass das „jüdische Ritualbad“ aus dem 13. Jahrhundert stammt und erstmals  1248 erwähnt wurde. Weiter heißt es: „Im Mittelalter war die Umgebung der Mikwe dicht bebaut, hier wohnten Juden und Christen Tür an Tür. Eine heute überbaute Gasse war der kürzeste Weg von der Mikwe zur Alten Synagoge, dem ersten Gotteshaus der jüdischen Gemeinde. Diese Gemeinde wurde 1349 in einem Pogrom ausgelöscht. Juden, die sich ab 1354 in Erfurt ansiedelten, nutzten die Mikwe weiter, während die Alte Synagoge bereits in ein Lagerhaus umgebaut worden war. Der Stadtrat verwies 1453  alle Juden aus Erfurt. Spätestens dann endete die jüdische Nutzung der Mikwe. Das Wasserbecken wurde verfüllt, die Mikwe als Keller genutzt.“

Dass frühere Quellen den Standort der mittelalterlichen Mikwe an anderer Stelle angeben, ficht die heutigen Spezialisten nicht an. Grabungen dort ergaben keinen brauchbaren Fund, sondern nur einen großen Keller aus dem 19. Jahrhundert, der alle möglichen Spuren von Vorgängerbauten getilgt haben soll. Die Möglichkeit aber, dass auch jüdische Tauchbäder wie die Mehrzahl an baulicher Infrastruktur mittelalterlicher Städte nach sechs oder sieben Jahrhunderten (aus allen denkbaren Gründen) womöglich einfach nicht mehr vorhanden sind, hat man offenbar ausgeschlossen. Durchaus kreativ, ging man nun davon aus, dass es in den alten Erfurter Freizinsregistern zu „irrtümlichen Grundstückzuordnung“ gekommen sei. Die Register gaben zwar Straßen an, „die einzelnen Häuser jedoch nicht immer eindeutig“, so die Rechtfertigung. Wie diese Behauptung nun aber für den jetzt bezeichneten Standort sprechen soll, bleibt ein Geheimnis (siehe: „Der unerwartete Mikwe-Fund am Breitstrom“, in: Stadt und Geschichte, Erfurt 2008, Sonderheft  9, S. 9 f.).

Der Fund wurde als Keller freigelegt, die Relikte des vermuteten früheren Bades mussten erst rekonstruiert, bzw. interpretiert werden. Das „Wasserbecken“ (ohne Zu- oder Ablauf) hat grob geschätzt etwa eine Fläche von einen auf eineinhalb Meter, was den Anschein erweckt, als sei das בור טבילה sozusagen umgekippt und auf der falschen Seite gelandet. Da wir davon ausgehen können, dass der früher als Lagerraum verwendete Keller gewiss trocken war, ergibt sich andererseits auch wieder, dass das heute, etwa einen halben Meter hoch stehende Wasser, wohl aus Gründen der Dramatisierung zugelassen wurde, wobei sodann Anhaltspunkte für חורים fehlen.

Über dem freigelegten Gelände erstreckte sich nach dem 15. Jahrhundert ein wohl christlicher Friedhof, wo die Ausgräber etwa 80 Leichen-Funde machten. Auf der Webseite der „Alten Synagoge Erfurt“ wird im Kontext mit der ausgestellten Mikwe sogar ein fachgerecht freigelegtes Skelett präsentiert. Die weiteren Überreste der katalogisierten Toten wurden den Angaben gemäß, auf dem städtischen Friedhof vergraben, da, wie es einigermaßen makaber heißt „ihre wissenschaftliche Auswertung kaum brauchbare Ergebnisse erwarten ließe“ (dto.).

http://www.alte-synagoge.erfurt.de

Passend zum Friedhof ist eine eher untypisches Detail des präsentierten Bades: ein in der Seitenwand verbauter Quaderstein mit einem umgedrehten Ecksteinkopf. Der lockige Kopf trägt eine Mütze und erinnert damit deutlich an antike römische Sarkophage. Man spricht hierbei von einem sog. „Akroterion“ (ἀκρωτήριον), also einen oft zugespitzten Eckstein welcher an der Kante des Sarkophags angebracht oder dort speziell herausgearbeitet wurde. Im Erfurter Keller ist offenbar ein taurischer Kopf zu sehen, bei römischen und griechischen Grabmalen schon recht typisch mit gelockten Haaren und phrygischen Mützen dargestellt.

Die Köpfe an den Ecken der oft recht wuchtigen Steinplatten wurden im antiken griechisch-römischen Bestattungskult als Grabwächter aufgefasst. Ihre apotropäische Symbolik sollte  „böse Geister“ davon abhalten, die Totenruhe der Verstorbenen zu stören oder sich gar der Leichname zu bemächtigen, was im Fall von Erfurt dann offensichtlich nur zeitlich begrenzt klappte.

Taurische Akroterion Maske an einem Sarkophag im Vatikan

Kopie des Kopfes an der Außenseite des Schutzbunkers

In Erfurt wurde die als Steinplastik allen Ernstes als „König David aus dem Alten Testament“ gedeutet, was abermals den Stellenwert Erfurts unterstreiche und in Bezug auf seine neu gefundene Mikwe deren „besondere Stellung unter den Mikwen Mitteleuropas heraushebt“, denn „erstmals wurde an einem jüdischen Ritualbau figürlicher Schmuck nachgewiesen“.

Keine naheliegender Gedanke, aber die Erklärung  ist ebenso einfach wie bestechend: „Die Krone mit Lilienaufsatz ermöglicht eine Interpretation der Plastik als König David. Kunsthistorisch lässt sie sich in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts datieren.“

(http://www.erfurt.de/ef/de/erleben/kunst/aktuelles/2010/print_35565.shtml)

Fehlt nur noch eine Erklärung dafür, warum mittelalterliche Juden sich eine David-Figur in Stein gemeißelt haben sollten, obwohl das Judentum wie auch der Islam Skulpturen als Götzenbilder streng verbieten. Als sie sich über das Verbot erst mal hinweggesetzt hatten, überkam sie dann doch eine Art schlechtes Gewissen, weshalb sie den Kopf dann mit der Kinnspitze nach oben, also verkehrt herum eingesetzt hätten? Eine bizarre Vorstellung.

Akroterion an Steinsarkophag im Römischen Museum Augsburg

Ob es sich bei dem ausgestellten Fund wirklich um eine ehemalige Mikwe handelt ist angesichts des Eckkopfstein wenig plausibel, da es im Judentum ein striktes Verbot für die Herstellung und Verwendung einer Skulptur  (פסל) gibt. Da ansonsten an den Begebenheiten und baulicher Substanz mangelt, ist die Präsentation als solche einigermaßen fragwürdig. Selbst wenn tatsächlich Überreste einer mittelalterlichen Mikwe vorhanden, aber dann doch wieder mehrfach überbaut und verändert worden wären, hätte es keine praktischen Nutzen, da keine funktionalen Aspekte vorhanden sind.  Schon ein Bruchteil des dafür ausgegebenen Geldes hätte wohl ausgereicht um der heutigen jüdischen Gemeinde am Juri-Gagarin-Ring eine koschere Mikwe zu besorgen, damit Im Wortsinn “Jüdisches Leben in Erfurt” gedeihen könnte. Es wurde lediglich ein ehemaliger unterirdischer Lagerraum unter Wasser gesetzt und überbaut, wofür zudem auch noch in mehreren Dutzend Fällen die Totenruhe Erfurter Ahnen gestört, zerstört wurde. Angesichts des Sarkophags im Mikwen-Museum könnte man dann fast von Sarkasmus sprechen, wäre es nicht eher eine Farce.

Zweifellos am originellsten ist dabei der Wegweiser zur “Mikwe” im benachbarten Biergarten.

Since last fall Erfurt has another landmark of her Jewish history project, the mikveh discovered in 2007 next to the Krämerbrücke (bridge), which was overbuilt by an protective building similar to Regensburg Marktplatz

In 2007 the news from Erfurt was that the medieval mikveh was rediscovered next to the famous Krämerbrücke at river Gera. After lots of excavation, documentation and construction since last fall there is another piece of Erfurt’s Jewish tourist program. Today the remnants of the basement cellar which once was used as storage room is regarded as Jewish immersion bath first mentioned in Erfurt about the year 1248. Medieval deed mention the bath at another place, at Kreuzstr. 4, what actually does not bother the experts since medieval writers had not the same degree of accuracy as they are today. Diggings there also had no convenient result and just unveiled a 19th century basement.

On the site of the finding for half a millennium there a Christian cemetery and so some eighty skeletons needed to be examined and removed from their burial place. Since their remains were regarded of less important academic value the collected bones were buried at the municipal cemetery.

Although the site is promoted as medieval mikveh, it of course is none. Today however the “mikveh” is overbuilt by a kind of protective shelter, similar to the one, which is similar to the arrangements of Neupfarrplatz in Regensburg. You only can visit the basement when joining a guided group.

Sarcophagus at Vatican, Museo Grogoriano profano (drawing by G. Eichler), note the acroterion mask on the top of the depiction.  Source: http://av.zrc-sazu.si/pdf/50/AV_50_Kastelic.pdf

In the sidewall of the „mikvah“ there is a head shaped corner stone sculpture until late Roman times known as “acroterion” on the top of sarcophagi. Many head shaped cornerstones – as the Erfurt one – quite typical have Phrygian bonnets and curled hair. In ancient Roman and Greek belief system the acroterion was supposed to protect the tomb from violation of graves or even from stealing the corps. Obviously the period of warranty in 2007 already was expired.

The experts from the local monument protection authority however have interpreted the cornerstone as “King David from the Old Testament” and say it underlines the importance of Erfurts Jewish past. For the first time there is an evidence for figural decoration at a Jewish “ritual construction”, what of course would highlight the mikvah of Erfurt among the other mikvot in Central Europe.


תמונות של בית הכנסת לשעבר קריגסהבר

November 20, 2011

 


 הוקם על 1680, שוחזר בשנת 1862, שימש עד 1941

 שימוש לרעה על ידי הנאצים, לאחר מלחמת העולם השנייה שימשה הכנסייה הנוצרית וכן מחסן

 ההזנחה הארוכה גרמה נזקים קשים

 עכשיו, עבודות בנייה לשיקום המבנה נמצאים בעיצומם

בעתיד בבניין יהיה עוד הממלכתי מוזיאון היהודי

 

Currently the building of the former Synagogue of Kriegshaber (Augsburg) is restored. After decades of neglect there now is the aim to establish another stately “Jewish Museum”. 

Die Restaurierungsarbeiten in der ehemaligen Synagoge von Kriegshaber sind nun voll im Gange, werden aber wohl noch über ein Jahr andauern. Am Ende soll im dann sanierten Gebäude eine Filiale (bzw. “dépandance”) des staatlichen “Jüdischen” Museums untergebracht werden.


Eindrücke aus Irsee (Ostallgäu)

November 29, 2010

Der 750 m hoch gelegene Markt Irsee ist ein kleiner Ort im Ostallgäu unweit von Kaufbeuren und mit rund 1400 Einwohnern Bestandteil der Verwaltungsgemeinschaft Pforzen. Auf dem im späten 12. Jahrhundert von Markgraf Heinrich Ursin – Ronsberg bebauten Irseer Burgberg befindet sich die mehrfach umgebaute Klosteranlage, die bis 1803 den Habsburgern unterstand. Etwa ein halbes Jahrhundert später wurde im säkularisierten Kloster eine Irrenanstalt untergebracht, die in der Zeit des Nationalsozialismus im Rahmen des sog. „Euthanasie“-Programms weitergeführt wurde. Zwar wurde die Mehrzahl der auf 2000 Menschen geschätzte Zahl der Ermordeten nicht im Haus getötet, wohl aber vom Fachpersonal und der Anstaltsleitung entsprechend „begutachtet“ und „aussortiert“.

Eine gewisse Anzahl von Personen ist freilich auch im Haus ermordet worden, etwa durch eine konsequente, konzeptionelle Unterernährung, die sog. „E-Kost“, aber auch durch gezielte, tödliche Giftspritzen. Ein inzwischen weiter bekannt gewordener Fall ist der des am 1. November 1929 in Augsburg geborenen Jungen Ernst Lossa der als Halbwaise am 9. August 1944, im Alter von 14 Jahren von den Anstaltsärzten kaltblütig ermordet wurde. Im Augsburger Stadteil Pfersee erinnert heute im Bereich der ehemaligen Sheridan-Kaserne die nach ihm benannte Ernst-Lossa-Str.

Weitere Infos zu Ernst Lossa: http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Lossa

Eine rekonstruierte Biographie: http://www.robertdomes.com/nebel-im-august/making-of/

Auf der Rückseite des weißgetünchten, sichtlich aufwendig renovierten Klosters, heute ein Konferenzhotel, das auch der „Schwabenakademie“ als „Tagungs- und Bildungszentrum Kloster Irsee“ dient, erinnert eine Skulptur an diese mit dem „Euthanasie“ (griechisch für „guter Tod“) verharmloste Verbrechen. Eine ratlos wirkende, fast achselzuckende Figur auf einer Kugel, direkt neben den nicht markierten Gräbern einiger Ermordeter scheint zu fragen: „was soll man dazu noch sagen“.

Widmungstext: “Den stummen Opfern politischer Gewaltherrschaft zum Gedenken” (“in commemoration of the silent victims of political tyranny”)

Die recht große Klosterkirche beinhaltet eine unvermutet kunstvoll gestaltete und geschmückte Kanzel aus dem Jahr 1725 in Form eines Schiffes, welche zumindest thematisch an die Bima der אכרידה‎ Synagoge im jüdischen Viertel Balat in Istanbul erinnert, insofern man diese kennt, natürlich. Die Kirche passt sich dem weißgetünchten Barockeindruck des Tagungshotels an.

Etwas gruselig und bizarr wirken jedoch die Seitenaltäre für die beiden sog. „Katakomben-Heiligen“ Candidus und Faustus, deren Skelette Ende des 17. Jahrhunderts aus Rom beschafft wurden, um sie in der Kirche auszustellen.  Dazu wurden von dem als „vornehm“ beschriebenen Grabplatz S. Cyriacae eigens Leichname längst verstorbener Römer ausgegraben und ins Ostallgäu gebracht, wo es seit Jahrzehnten bereits keine Reliquien mehr gab. Wer die Ausgegrabenen nun eigentlich waren, ist völlig unbekant. Auf dem Grabstein des Faustus etwa war keine Jahreszahl genannt, jedoch soll neben der Abbildung eines Palmenzweigs gestanden haben „S. Fausti Mart“, nunmehr gedeutet als heiliger Märtyrer Faustus … Wie auch immer schreibt der Leichenbeschaffer, dass es „große Mühen erfordert“ einen solchen „Particular-Coerper“ zu bekommen, da man solche „Heiligen“ – man stelle sich vor – nur „ungern wegführen lasse“.

the two Roman corpses from Italy exhibited in a showcase each as martyrer and saint: Faustus and Canditus

Die Leichen der in Rom ausgebuddelten Unbekannten sind in der Kirche nun stehend und mit Glas, Silber und Gold bestickten Gewändern in Schaufenstern auf- und ausgestellte Figuren. Die so recht bizarr wirkenden Skelete sind mit Drähten verstärkt, um stabil in den Vitrinen zu stehen, die ihrerseits wiederum an den Wänden von Altären angebracht sind.  Der in Irsee verstorbene deutsche Komponist Meinrad Spieß (1683 – 1761), der bereits im Alter von 11 Jahren in die Abtei Irsee kam widmete den ausgestellten Leichen sogar eigene musikalische Werke.

Die im ehemaligen benediktinischen Reichsstift umgebrachten Kinder wie etwa Ernst Lossa bilden einen eigentümlichen Kontrast zu den in weiter Ferne ausgebuddelten römischen Toten, deren mit Schwertern gerüsteten Leichen in Schaukästen ausgestellt in der weißgetünchten Kirche als Heilige verehrt und angebetet werden.

 Vor diesem augenfälligen geschichtlichen Hintergrund war die Aufgabe, die Schilderung eines lebendigen Judentums und auch seines Umgangs mit Vergangenheit und mit Verstorbenen zu vermitteln, freilich nicht leichter, zumal im Rahmen einer Konferenz über die eher museale Beschäftigung mit dem Judentum („Kultur und Geschichte“) im bayerischen Schwaben, deren Fokus nach wie vor noch eher auf dem „Holocaust“ liegt.

Irsee in the Bavarian Swabian Allgäu region in the southwestern part of Bavaria is a small village of some 1400 inhabitants, some 50 km north of world famous Neuschwanstein castle (Fuessen / Schwangau). Irsee, part of Pforzen near Kaufbeuren, is dominated by the former monastery and its twin tower church. In 1850 the cloister was converted to an asylum for mental ill people, but in the time of the Nazi-rule some 2000 patients, among them also children were murdered here and in referred camps. In Augsburg – Pfersee a street has been named after Ernst Lossa (1929-1944) who was murdered in the house by lethal injection since the Doctors were convinced that the 14 year ol boy lead a “worthless life” (“unwertes Leben”). Today the former cloister hosts an elaborately restored conference hotel and training center ,is home to the Schwabenakademie and has a variety of conferences and festivals throughout the year. The abbey church has a worth seeing ship shaped pulpit, while both side aisles of the baroque church have display windows with real corpses excavated some 330 years ago at an old Roman cemetery. The skeletons of the two unknown Romans were regarded as martyrs and therefore decorated with clothes covered with silver and gold. In the rear of the cloister and church there is a park with a memorial for the murdered victims of the so called “mercy killing” (the Greek term “euthanasia” = lit. “good death”)  with a shrugging rather helpless appearing figure balancing on a ball.

At the “Festsaal” of the cloister there now was the 22nd “Conference on History and Culture of Jews in Bavarian Swabia”, we were invited to.  

(Pictures (c) by Yehuda Shenef)


Vom Leben der Juden im wundervollen Creglingen

August 12, 2010

קרעגלינגען

Creglingen im “malerisch schönen” Taubertal, rund 20 Kilometer nordwestlich von Rothenburg ob der Tauber gelegen, ist ein relativ kleiner Ort, der mit seinen neun eingemeindeten Nachbardörfern über weniger als 5000 Einwohner verfügt. Das seit 1437 nachweisbare Wappen Creglingens zeigt zwei schwarze Leoparden mit roten Zungen und gibt das Emblem des fränkischen Fürstenhauses Hohenlohe wieder, die in der ins 11. Jahrhundert zurückreichende Burg Brauneck, unweit des heutigen Creglinger Ortsteils Reinsbronn einen Herrschaftssitz hatten. Im Schatten der Burg dürften die kleinen Weiler nur jeweils aus wenigen Gebäuden bestanden haben, die im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Nutzung standen.

Um dies zu ändern bedurfte es eines Wunders.  Einer genau datierten Ortslegende gemäß, fand ein namentlich nicht genannter Bauer am Nachmittag des 10. August des Jahres 1384 auf einem Acker eine „unversehrte Hostie“ und brachte diese sofort zu den hohenloher Herren auf die Burg. Diese waren der Überlieferung nach von diesem „Wunder“ sehr angetan – immerhin entspricht die Hostie (lat. Schlachtopfer)  in der katholischen Mythologie dem „Leib Christie“. Freilich trifft dies auf geweihte Hostien zu, die deshalb auch von noch nicht geweihten streng geschieden werden. Bei dem Fund des Bauern muss es sich demnach wohl um eine geweihte Hostie gehandelt haben, wobei unklar bleibt, welche äußerlichen Merkmale dies zu erkennen gaben. Mittelalterliche Hostien sollen den Überlieferungen gemäß in der Weise ungesäuerter jüdischer Matzen gebacken worden sein, offenbar jedoch in wesentlich kleineren Durchmesser. Die hohenloher Herren jedenfalls waren sich ihrer Sache dann aber wohl sehr sicher, ließen sie doch am zunächst wohl eher kleinen Fundort der Hostie eine Herrgottskirche errichten, die 1389 fertig gestellt, in der Folgezeit aber dem knapp 900 m nördlicher gelegenen Ort Creglingen wie der Region zu einen gewissen Aufschwung verhalfen. Anders erging es dem Stifter, dessen männliche Linie bereits im Folgejahr ausstarb. Die Kirche hingegen wurde zum Wallfahrtsort und nach 1500 mit einem vielbeachteten, neun Meter hohen Marienalter in der Form einer Monstranz ausgestattet, der heute als eines der bedeutendsten mittelalterlichen Holzschnitzwerke gilt. Sein Schöpfer soll Tilman Riemenschneider aus Würzburg gewesen sein, doch das ist womöglich ebenfalls legendär, da der Altar ab 1530, nachdem die Kirche evangelisch wurde, für rund 300 Jahre von schnöden Holzbretten verhüllt gewesen sein soll. So wurde er erst 1832 wieder entdeckt, während für die Zeit zuvor weder Autorenschaft noch Standort des Alters belegt werden können (vgl. Holger Simon: Der Creglinger Marienaltar von Tilman Riemenschneider, Berlin 1998, S.181 ff.).

Spätestens als um 1520 die Juden aus der nur 18 km entfernten Reichsstadt Rothenburg vertrieben wurden, ist damit zu rechnen, dass sich zumindest einige von ihnen auch in der einen oder anderen Weise in der näheren Umgebung niederließen, was ein Dokument aus dem Jahre 1532 zumindest in Bezug auf Creglingen für einen gewissen Josef von Biberach für die Dauer von zwei Jahren bestätigt. Jedoch überliefert die Geschichte des Ortes, der seit 1448 zur Markgrafschaft Ansbach gehörte, erst am 9. Juli 1618 den Schutzbrief für den Händler Simson aus Reinsbronn, der mit seiner Frau und seinen unverheirateten Kindern und seinen gleichfalls unverheirateten Dienern in Creglingen unter dem Schutz des Markgrafen Joachim Ernst von Brandenburg – Ansbach wohnen darf und das Haus in der heutigen Badgasse 3 erwirbt, in welchem nun das Jüdische Museum untergebracht ist. Reinsbronn freilich war nur 4 Kilometer entfernt und ist heute in Creglingen eingemeindet.

http://www.juedisches-museum-creglingen.de

Viele der späteren Creglinger Juden stammen von jenem Simson ab, von dem ansonsten nur wenig bekannt ist und bis zur Einweihung der Synagoge in der Neuen Straße im Jahr 1800 diente sein Haus, ab 1635 im Besitz seines Sohnes Isaak, in Creglingen auch als Lebensmittelpunkt der wenigen Juden am Ort und bot folglich auch die entsprechende Räumlichkeit für das Lernen und Beten. Lange später wird das Gebäude deshalb auch noch als „alte Judenschule“ bezeichnet. Später war das Gebäude eine Scheune und heute befindet sich darin, das im Jahr 2000 eingerichtete Jüdische Museum,  ermöglicht unter anderem durch den Ankauf des Gebäudes durch Arthur Sinsheimer Obermayer, ein in 12. Generation abstammender Nachkomme des Simson von Reinsbronn. Neben zahlreichen Dokumenten und Ausstellungsstücken zur Geschichte der Creglinger Juden, von gräflichen Schutzbriefen, Reisekoffern und Strümpfen über Betpulte und -bücher, Reste von Synagogenleuchtern bis hin zu Mobiliar, das die finstere Epoche der Arisierung des Besitzes aus jüdischen Haushalten überdauerte, bietet sich heutigen Schülern, aber auch älteren Semestern, an Computerterminals die Gelegenheit Basiswissen über die jüdische Ortsgeschichte, wie auch über das Judentum selbst zu begegnen. Beispielsweise der an vielen anderen musealen Orten weit weniger gewürdigten Tatsache, dass der „Holocaust“ weder Höhepunkt noch Endpunkt der jüdischen Geschichte in Deutschland war.

1655 sind 30 Personen in sieben Familien verzeichnet, natürlich in Steuerakten, da sich das Interesse an den Juden mitunter auf die Höhe ihrer Steuerleistungen beschränkt(€). Im weiteren urkundlich fassbaren Zeitraum machten die Juden rund ein Zehntel der Bevölkerung von Creglingen aus, das stark von Landwirtschaft und Viehhandel geprägt war und aber im Verlaufe des 19. Jahrhundert mit einer durchschnittlichen Einwohnerzahl von ca. 1250 Einwohnern insgesamt stagnierte. Ein weiteres Wunder blieb aus. Für die Juden in Creglingen hatte es die Konsequenz, dass sie zumindest in nachnapoleonischer Zeit keine eigenen Rabbiner im neudefinierten Sinne aufweisen konnten und folglich in der Zeit von 1834 – 1914 dem Rabbinat in Weikersheim und ab da bis 1939 dem Rabbinat in Mergentheim zugeordnet waren. Eine Zählung im Jahre 1925 ermittelte in Creglingen 1191 Personen, wovon 77 Juden und 22 Katholiken waren, die übergroße Mehrheit hing dem protestantischen Christentum an.

Einen besonderen Stellenwert in der Spätgeschichte der Juden von Creglingen nimmt bis heute das Geschehen vom „25. März 1933“ ein. An jenem Tag, einem Samstag, zwei Wochen nach Purim, nahm die regionale Nazi Organisation der SA mehrere, man spricht von sechzehn, Creglinger Juden fest, um sie zu „verhören“ (oder eher zu verhöhnen). Als der bereits 67jährige Pferdehändler Hermann (Zvi bar Menachem) Stern versuchte zu fliehen, wurde er von den SA-Leuten geschlagen und im Sitzungsaal des Rathaus, gegenüber der damaligen Schule, ohne ärztliche Hilfe den Nachmittag über liegen gelassen, so dass er noch am selben Abend, vor Schabbes-Ende um halb acht Uhr zu Hause verstarb. Hermann Stern war der letzte jüdische Eigentümer des Hauses in der Badgasse, in welchem die nachweisbare jüdische Ortsgeschichte ansetzt und sein 1900 geborener Sohn Emil, auch er zählte zu den Überfallenen, soll 1939 als letzter in Creglingen wohnender Jude den Ort verlassen haben. An den Folgen der offenbar recht brutalen Behandlung durch die Nazis stirbt kurz darauf, am 2. April 1933, in einem Würzburger Krankenhaus auch Arnold (Aharon Mosche ben Meir) Rosenberg, ein 53jähriger Viehhändler. Bereits am Tag nach der Begebenheit, also am 26. März verstirbt in Creglingen auch die 57jährige herzkranke Peppi Sinsheimer – wegen der Aufregung. Ihr Ehemann Rudolf (Rafael) Sinsheimer , im Ersten Weltkrieg noch Frontsoldat der deutschen Wehrmacht und mit einem Ehrenkreuz ausgezeichnet, gehörte gleichfalls zu den Verhafteten und Misshandelten, überlebte aber. Er konnte 1940 über Spanien und Portugal in die USA emigrieren.

Der Sitzungssaal im ehemaligen Rathaus, in welchem Hermann Stern stundenlang schwer verletzt am Boden lag, ist heute ein eigener und durchaus eigentümlicher Gedenkraum. Zum einem ist er leer und abseits einer kargen alten Deckenleuchte ohne jegliche Einrichtung, dafür ist er in der dem damaligen Aussehen nachempfunden grünlichen Farbe gestrichen und mit technisch versierten Fenstern versehen, die in regelmäßigen Abständen milchig trüb und dann wieder klar werden (wie um den Raum zeitweilig zu verhüllen), während die Lampe, wie uns Herr Martin Heuwinkel vom jüdischen Museum erläuterte, in der Abenddämmerung anginge und sich erst um etwa ein Uhr nachts ausschalte. Auf diese Weise gibt Creglingen nun dem unfassbaren Geschehen des „25. März 1933“ Raum und Besuchern – es leben keine Juden mehr am Ort – zugleich auch Freiraum für eigene Reflektionen, während das Datum und die Geschehnisse in Creglingen über den Ort hinaus als „Pogrom“, „Mord“ oder als „Beginn des Holocausts“ und Hermann Stern gar als „erstes Holocaust-Opfer“ schematisiert werden. Die Schandtaten der Nazischergen waren schlimm genug, und schon am Folgetag brachen sie einer Frau in Creglingen im Wortsinn das Herz, jedoch erscheint eine solche Attribution doch als eine Art makabere Suche nach einem Superlativ, der womöglich helfen soll, drei Tote aus über sechs Millionen herauszuheben und Ihr Leiden unendlich zu machen. Ein wenig erinnert dies konzeptionell doch an jenen (ganz) anderen Juden, dessen weit länger noch zurückliegende Leiden an vielen Hölzern oder noch einfacher als in Gold gefasstes Backwerk zur Schau gestellt wurde. Es irritiert, zumal man sich fragt, was diesem Beispiel folgend, wohl in den Verhörräumen anderer, größerer deutscher Städte eingerichtet werden sollte? Wo nun aber jenen Toten, in aller Stille und Bescheidenheit und ohne Schmuck und Kränze nicht am Ort ihrer Bestattung, am Creglinger Friedhof gedacht werden soll, so ist vielleicht, beim Versuch der inneren Leere zu entfliehen, ein Leerraum noch die geeignetste Position um einer weiteren Symbolisierung entgegenzutreten.

Memorial plate at Creglingen Jewish Cemetery

Creglingen a small townlet in the valley of the Tauber river, only 20 km from famous main tourist attraction Rothenburg ob der Tauber is regarded as scene of a medieval host miracle as well as of the beginning of the holocaust. Since 2000 inside an old barn there is a Jewish Museum in Badgasse 3 dedicated to the maybe 400 years of Jewish history in Creglingen and now incorporated villages as Archshofen or Reinsbronn, while a single and entirely empty room in the former townhall just remembers one Shabbes afternoon in the history of the place.