“Freiheit” oder die Sehnsucht danach, auf Gräbern zu tanzen

May 3, 2020

Am gestrigen Nachmittag (2.5.20) fanden sich ca. 311 Personen am benachbarten Augsburger Königsplatz zu einer „Demonstration gelebten Übermuts“ ein.

Dicht gedrängt, als gelte eine Abstandsregel von 15 cm, begehrten sie “mutig” auf, gegen weitgehend schon wieder aufgehobene Einschränkungen seitens des Staates und der Kommunen. Selbige verlangten von der Allgemeinheit aus nachvollziehbaren Infektionsschutzgründen Vor- und Rücksicht zu nehmen. Für die Protestanten war dies freilich nur ein Vorwand, um sie daran zu hindern, zum Friseur zu gehen oder Billig-Teppiche bei KiK zu kaufen. Ganz zu schweigen vom Einkauf im Baumarkt oder vom Schunkeln im Bierzelt.

Ein Großteil der Versammelten verzichtete auch auf die nunmehr allseits empfohlenen Mund-Nase-Schutz-Masken, sehr viel mehr hatten aber Regenschirme mit sich. Auch das Wetter meinte es nicht gut mit den Demonstranten, da es sogleich zu regnen begann.

 

Ein paar Leute saßen auch in Meditations-Pose auf mitgebrachten Kleinteppichen, freilich ohne erkennbaren Einfluss auf das Wettergeschehen.

Es wurden teils bizarre Reden gehalten, mit Anklängen an einschlägig bekannte „Verschwörungstheorien“. Aber immer wieder auch zum selbst-attestierten „Mut“, den viele Redner und Teilnehmer hervorhoben. Sie bezogen sich dabei auf ihr Grundrecht, sich zu versammeln.

Es ist kein explizites Grundrecht, im Regen zu stehen, wo man die Truppe auch getrost stehen lassen konnte.

Grundrechte sind erst dann in Gefahr, wenn der Rechtsweg ausgeschlossen wird. Davon kann freilich nicht die Rede sein.

Die Polizei umgab den kleinen, dichtgedrängten Haufen in weitem Abstand, unternahm sonst nichts weiter. Eigentlich wie in vor-Corona-Zeiten.

Der trotzdem überbetonte „Mut“ freilich, sich gegen eine müde, ja gähnende “Staatsmacht” unter Regenschirmen zu versammeln, ist reine Imagination. Sonderbar auch die offenbare Annahme, jene Schirme könnten den „Herden-Schutz“ bewirken.

Um mit den Worten Stefan Zweig zu sprechen: „Jede Widerstands-Geste die kein Risiko birgt und keine Wirkung hat, ist nichts als geltungssüchtig.“

Zum Abschluss stimmten die in sich schwelgenden Selbstverliebten das Lied „Freiheit“ von Marius Müller-Westerhagen an.

Dort freilich heißt es auch:

Alle, die von Freiheit träumen,

sollen’s Feiern nicht versäumen, sollen tanzen,

… auch auf Gräbern“.

***

Nun ja …: Mut? Übermut?

Für sich selbst sprechen auch diverse selbstgemalte Transparente der Kundgebungsteilnehmer

Warum schadet Meinungsfreiheit der Gesundheit?“ (Ja, das fragt sich auch die Tabak-Industrie…)

Ich will mein Grundgesetz zurück!“

Zensur, Diktatur, Impfzwang! – Nein Danke!“ (Man beachte die Zuspitzung in der Aufzählung!)

Der Kapitalismus ist das Virus. Revolution Now!“

Panikmacher isolieren! Widerstand 2020!“

Impfzwang = Körperverletzung

Impfpflicht? Träumt weiter!“

Isolation tötet!“

Wieviel laßt Du dir gefallen?“

Aber es gab am Rande auch solches zu lesen:

„Den Staat zu kritisieren ist wichtig, aber diese Verschwörungstheorien werden Leben kosten!“

(Text: יהודה שנף, Fotos: عادل ساڵح )


Augsburg Judenhut

September 5, 2016

wearing-a-jewish-hatwearing the Judenhut (medieval Jews hat) in Augsburg

Judenhut in Augsburg Yehuda ShenefAnders als von vielen “Experten” vermutet, war der Judenhut (anders als der gelbe Ring oder Fleck, den Muslime erfunden hatten) im Mittelalter KEIN Merkmal negativer Diskriminierung, sondern diente der Kennzeichnung hochstehender Gemeindeführer, vergleichbar einem Bischofshut bei den Christen. Entsprechend häufig finden sich bei Christen auch Formulierungen wie Judenbischof für Rabbiner oder Gemeindevorsitzende.


Jüdisch-deutscher Patriotismus im ersten Weltkrieg

July 21, 2016

Vor genau hundert Jahren: Patriotische jüdische Zeitungen in Deutschland berichteten Meldungen wie diese, zur Halbzeit des Weltkrieges: ein jüdischer Knabe der gegenüber dem amerikanischen Präsidenten in New York seine deutsche Flagge gegenüber der amerikanischen Neutralität verteidigt.

Roosevelt jüdischer Knabe 1916In den Gräben des Krieges, unter den Verwundeten und Toten, ebenso wie unter den für ihre Tapferkeit ausgezeichneten Deutschen waren die jüdischen Soldaten der Wehrmacht überdurchschnittlich vertreten.


Deutschland 1936: Verbot jüdischer Künstlernamen

January 7, 2016

Verbot jüdischer Künstlernamen
„Die Behörden haben jüdischen Künstlern die Führung von Künstlernamen untersagt, sowohl in Ausübung ihres Berufes als auch im privaten Gebrauch. Da wir künftig sämtliche Künstler nur noch mit ihrem bürgerlichen Namen ankündigen dürfen, teilen wir unseren Mitgliedern diejenigen Münchener jüdischen Künstler mit, bei welchen diese Änderung erforderlich ist:
Kapellmeister Erich Eisner, früher Künstlername Erck
Marieluise Kohn, früher Knstlername Luiko
Ida Kraft, früher Künstlername Gordon
Oberspielleiter Hugo Magnus, früher Künstlername Magnus Groß
Bernhard Renkazischok, früher Künstlername Renka

Bayerische Israelitische Gemeindezeitung, 1. Januar 1936, S. 11

Neandertaler Augsburg Israel Carmel NaturkundemuseumNaturkundemuseum Augsburg: Abguß vom Schädel eines sog. “Neanderthalers” (Künstlername), gefunden bei Mt. Carmel in Israel: Klarname unbekannt

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At the end of 1935 German government prohibited the use of of any artist names (Künstlername, such as stage, screen, showbiz, pen, etc.), pseudonym or nom de plume by Jews. The article of the Bavarian Jewry noted the names of Munich artists who would be effected by the new law.

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בסוף 1935 ממשלה הגרמנית אסר על השימוש בכל אחד משמות בדויים על ידי יהודים


Josef Schuster warnt Juden vorm Tragen der Kippa in Deutschland

February 27, 2015

Der neue Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland (ein politisches, kein religiöses Gremium) warnt Juden davor in bestimmten Vierteln oder Gegenden in der Öffentlichkeit eine Kippa zu tragen, damit als Jude erkennbar und womöglich auch angreifbar zu sein. Dass dies nicht ganz grundlos ist, belegen seit einigen Jahren diverse Nachrichten über Juden, darunter auch Rabbiner, die in Berlin, Frankfurt oder Offenbach zum Teil mit Messer angegriffen und mitunter ernsthafter verletzt wurden. Die Einzeltäter waren immer Muslime, meist eher jugendlich, meist eher mit nahöstlichem oder türkischer Herkunft. Ihre vorgeschobene Motivation Juden anzugreifen besteht in der Sympathie” mit den Philistern, den Palästinensern, die angeblich unter Israelis so sehr zu leiden hätten. Was das mit einen deutschen oder aus Russland stammenden Juden zu tun hätte …? Und ob man ebenso dünn begründet einen türkischen Muslim angreifen könnte, weil in Nigeria Christen getötet oder entführt werden? Oder in Syrien? Oder in Pakistan? Oder wegen Anschlägen islamistischer Terroristen in Paris, in Kopenhagen, in Australien, Kanada, Israel oder sonstwo?

Schuster Zentralrat Warnung Kippa Deutschland Muslime
Nachrichtensammlung auf Google.news “235 weitere Artikel” – offenbar alle im selben Wortlaut mehr oder minder, was aber bei anderen Themen kaum anders ist, heutzutage. Stereotypen entstehen so auch nicht ganz zufällig.

Was wollen wir also sagen zur Kippa-Warnung?

Eine Kippa zu tragen ist kein religiöses Gebot. Es stammt weder aus der Tora noch aus dem Talmud, sondern aus dem spätmittelalterlichen Deutschland, wie so manches im Judentum. Es ist nur eine Konvention, die im Judentum üblich ist oder nicht. Insbesondere für sog. “liberale” Juden ist es (neben den Halskettchen aber oft das wichtigste Indiz des “Jude-Seins”, vielleicht weil es mit am einfachsten zu befolgen ist und man es aufsetzen und abnehmen kann, nach Belieben – was mit einer Vorhaut übrigens schon schwieriger wäre. Auf Friedhöfen, in Museen, ja sogar bei Vorträgen zu jüdischen Themen, selbst wenn sie in Kirchenräumen stattfinden scheinen Kippot vielen unentbehrlich. Mit Talmud-Tora hat das aber wenig am Hut. Und für Ohr-todoxe reichen ggf. ja auch Ohr-Stöpsel, außer man gehört einer Sek, ähm einem Franchi… hau-äwer

Im Mittelalter war der Vorläufer der Kippa der sog. Judenhut, keine negative Diskriminierung, wohl aber ein Merkmal für Vertreter der Juden. Die Judenhüte kennzeichneten Gemeindevorsteher, manchmal auch Rabbiner. Vergleichbar mit der Mütze eines Bischofs bei Christen oder Imam oder Mufti im Islam, die auch Yarmulke ähnliches Zeugs am Kopf haben.

Judenhut Augsburg Yehuda Shenef
the medieval Judenhut instead of Kippa is far more safe, have a try

Die negative Diskriminierung von Juden (wie auch Christen und Schwarzen!) stammt tatsächlich aus dem Islam, wurde aber zu deren Schutz gerechtfertigt. Innerhalb der islamischen Gesellschaft mussten sie Abzeichen an ihren Gewändern tragen (meist gelb!). Eine (Un-)Sitte die Christen sodann in ihren Herrschaftsgebieten nachahmten, wobei es dazu eher Juden traf als “Mohammedaner”.

* * *

The political head of the German Jewry (who has bodyguards of course) warns Jews in Germany to wear kippot in public, at least in some areas where are many Muslims. In recent years actually were a number of attacks by young Turks or Msulims from Middle East countries on Jews in Germany, among the attacked also were some rabbis, even liberal ones. However, to wear a kippa is no mitzva like keeping Shabbat, eating kosher, practise circumcision or welfare, study Talmud, and the like. But to many liberal Jews it is the easiest custom, since you can put in on or off like TV.


Demonstration gegen Antisemitismus in Berlin!

September 11, 2014

Große Kundgebung vor dem Brandenburger Tor in Berlin am Sonntag, 14.09.2014, um 15.00 Uhr

In den vergangenen Wochen mussten wir Zeuge werden, wie in vielen deutschen Städten blanker Hass auf Juden wieder offen ausgebrochen ist.
Antisemitische Hetzparolen, tätliche Angriffe und Bedrohungen sowie Anschläge auf Synagogen haben nicht nur in der jüdischen Gemeinschaft, sondern in großen Teilen der Gesellschaft tiefe Besorgnis und Entsetzen ausgelöst.
Doch wir überlassen Antisemiten und den Feinden der Demokratie nicht das Feld!
Deshalb rufen wir alle Demokraten auf:

„Steh auf! Nie wieder Judenhass!“

Große Kundgebung vor dem Brandenburger Tor in Berlin
am Steh auf! Nie wieder Judenhass! Berlin Brandenburger Tor 14 September 2014 KundgebungSonntag, 14. September 2014, um 15.00 Uhr

Wir freuen uns, auch die Bundeskanzlerin begrüßen zu dürfen!

Die Angriffe auf die jüdische Gemeinschaft sind Angriffe auf die gesamte Gesellschaft.
Deshalb sind alle Bürger aufgerufen, aufzustehen gegen Judenhass!

WIR BRAUCHEN SIE ALLE! GEGEN JUDENHASS! FÜR EIN TOLERANTES UND WELTOFFENES DEUTSCHLAND!

Quelle: http://www.zentralratdjuden.de/


JHVA wordpress Bilanz 2013

January 3, 2014

jhva wordpress jahresrückblick 2013 a

Was sich gegen Ende des Jahres 2012 bereits abzeichnete, setzte sich im Laufe des Jahres 2013 weitgehend fort: acht Mal lag die Zahl der Seitenaufrufe über der Marke von 10.000, zwei Mal knapp darunter und im Oktober wurde mit 12.440 ein weiterer Rekordwert erzielt.

jhva wordpress jahresrückblick 2013 b

Die Statistiken von WordPress geben weiteren Aufschluss, etwa über die Herkunft der Besucher unserer Seiten, die aus 120 Ländern stammten. Alleine 8115 Besucher kamen aus den USA, 2689 aus Österreich … 1477 aus Israel, 930 aus Canada, 873 aus Frankreich, … immerhin 125 aus Japan, 113 aus der Türkei, je ganze 50 aus Indien und Taiwan, … 29 mal wurde der Weblog in Indonesien aufgerufen, genauso oft in Hong Kong, 17 mal in Singapur, 13 mal in Ägypten und sogar 12 mal in Saudi Arabien, das nicht gerade im Fokus schwäbisch-jüdischer Geschichte  liegt. Ganze 10 mal besuchte man uns auch aus den sog. „Palestinian Territories“, ebenso oft wie aus Island, Qatar, Malta, Pakistan, Peru … aber auch einige wenige Syrer hatten Zeit für den Weblog des JHVA, so wie Leute aus Andorra, Uganda, der Mongolai, Panama, Lybien, Kuwait oder Barbados, von den Faroer Islands, Réunion, Aruba, …

Lediglich in Zentral-Afrika, auf Kuba und im Iran hat man offenbar kein Interesse an Pfersee, Kriegshaber, Ber Ulmo, den Wertheimers und Obermayers, den Datschis, Judenhüten, hebräischen Grabsteinen und Kirchhöfen, aber … das muss nichts heißen und ist vielleicht nur der Zensur geschuldet. Immerhin kamen 2013 nun erstmals auch Besucher aus der zuvor verschlossenen Volksrepublik China und einige mehr sogar aus Myanmar, während Besucher aus dem Vatikan fast monatlich verzeichnet werden. Wenn man bedenkt, dass der Vatikan offiziell nur ein paar hundert Einwohner hat, sind 2 oder 3 Besucher von dort im Monat gar nicht schlecht, wenigstens vom prozentualen Standpunkt.

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jhva site views 2006-2013

In 2013 our weblog had about 127.000 site views (a plus of 23 % from 2012, 76 % more than 2011!) and visitors of 120 countries, among them many Muslim countries, Pacific Islands, even from South Africa or currently also from mainland China … which however actually are not in the focus of our occupation with Jewish history in Bavarian and former Austrian Swabia. But never mind, we appreciate that!

So have many thanks and be welcome in 2014 as well.


EU-Studie ermittelt wachsende Furcht vor Antisemitismus in Europa

November 8, 2013

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Antisemitismus in Europa

Die “Fundamental Rights Agency“ (FRA) der EU veröffentlichte heute zum 75. Jahrestag der sog. „Reichskristallnacht“ Ergebnisse ihrer Studie welche in verschiedenen Mitgliedsländern der EU ermitteln wollte, wie es aktuell um Juden und Antisemitismus bestellt ist.

Befragt wurde über 5800 Juden in Belgien, Deutschland, Frankreich, Ungarn, Italien, Frankreich, Lettland, Schweden und Groß Britannien.

Zu den Ergebnissen der Studie (siehe: http://fra.europa.eu/DVS/DVT/as2013.php) zählt, dass im Schnitt zwei Drittel der Befragten meinen, dass Antisemitismus in ihrem Land heute ein ernstes Problem (fairly big or big problem) in ihrem Land sei.

Da nun gibt es z.T. signifikante Unterschiede in der Wahrnehmung, fühlen sich doch 89 % der ungarischen Juden bedroht, 85 % der französischen und 77 % der belgischen, gegenüber 61 % der Deutschen und 60 der Italiener, bzw. Schweden. Relativ sicher, falls man das so sagen kann, fühlen sich dann nur die britischen Juden mit 48 und die lettischen mit 44 %, was nun faktisch aber immer noch fast jeden zweiten ausmacht. Jeweils höher fällt die Einschätzung aus, wenn es darum geht, eine Online-Variante des Antisemitismus als problematisch einzuschätzen. Den bemerken nun auch 64 % der Briten oder 67 % der Deutschen oder 87 der in Italien befragten Juden. In Frankreich und Ungarn registrieren in aber „nur“ 85 %, woraus man schließen könnte, dass dort der im sog. „real life“ wahrnehmbare Antisemitismus –anders als in Deutschland, Italien oder im UK online nicht mehr übertroffen wird.

Drei von vier Juden in der EU meinen, dass sich der Antisemitismus in Europa in den letzten fünf Jahren verschlimmert habe. Am ehesten in Ungarn, Frankreich, Schweden und Belgien (c. 90 %), aber auch in Deutschland sind 69 % dieser Ansicht.

Immerhin etwa 4 % der Befragten gaben an, in den letzten 12 Monaten aus antisemitischen Motiven körperlich bedroht oder angegriffen worden zu sein. Den höchsten Wert erreicht hier Belgien mit 7 %.

Etwas eigentümlich ist die Frage, ob man davon gehört hat, ob es im eigenem Land ein Gesetz gebe, das eine antisemitische Diskriminierung bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz verbiete. Nur 49 % der befragten  Juden in Deutschland bejahten dies, 31 % verneinten und 20 % konnten dazu keine Aussage treffen. Am sichersten waren sich übrigens die Briten, von denen 73 % wussten, dass es im Vereinigten Königreich ein Verbot solcher Diskriminierungen gibt.

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Schließlich wollten die Fragesteller noch wissen, ob man befürchte im nächsten Jahr (12 M.) körperlich angegriffen zu werden, weil man Jude ist. Immerhin 17 – 22 Prozent der Befragten in England, Schweden und Italien befürchten das gemäß der Umfrage.  In Deutschland und Ungarn geht sogar ein Drittel davon aus, im nächsten Jahr tätlich angegriffen zu werden, während in Belgien (54 % ) und Frankreich (60 %) das Verbandszeug wohl bereits in der Handtasche verstaut wird.

In Deutschland ist die Annahme mittels Gewalt angegriffen zu werden übrigens bei jungen Juden im Alter von 16 – 29 mit 38 % deutlich ausgeprägter als bei Personen im Alter über 60, bei denen „nur“  28 % erwarten demnächst als Jude angegriffen zu werden.

Der angenommene Gefährdungsgrad steigt der Studie gemäß mit dem Grad der “Religiosität”. Zugrunde lag wohl eine Selbsteinschätzung auf einer Skala von 1 (am niedrigsten) bis 10 (am höchsten), was wohl nicht der letzte Weisheitssschluss der Empirik ist.

Leute die meinen nicht oder nur wenig ausgeprägt religiös zu sein (1-3), sahen sich zu 27 % gefährdet, im nächsten Jahr Opfer eines persönlichen, antisemitischen Angriffs zu werden. Von der Mittelklasse (4-6 auf der Skala) schafften es schon 36 % sich zu ängstigen, während jene, die sich auf der Skala mit 8-10 einstuften zu 59 % davon ausgingen demnächst angegriffen zu werden. Interessanter Weise sahen sich nur 28 % der Gruppe der “8-10” „Religiösen“ auf der britischen Insel entsprechend gefährdet.

Als Kriterium für „Religiosität“ wurde übrigens angenommen, dass man als Jude erkennbar ist, etwa durch das Tragen einer Kippa oder eines Magen David als Halskette (wenn schon nicht auf dem Revers). Wenn das nicht alles erklärt? Je länger die Kette, um so größer die Gefahr.

Ebenso merkwürdig – oder zeittypisch – ist der Befund, dass weitaus mehr befragte Juden Angst vor Antisemitismus im Internet haben als vor Friedhofsschändungen. Das sind Prioritäten, die man eher als beängstigend einstufen sollte. In Deutschland dachten dies 67 gegenüber 46 %. In Ungarn und Frankreich liegen die Werte etwa gleichauf.

Die genauen Einzelergebnisse der Studie sind mehrsprachig abrufbar, wobei man grafisch und tabellarisch aufbereitet Gesamt- und Einzelwerte vergleichen kann, etc.

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Was soll man nun davon halten? Die Schlagzeilen aller berichtenden Medien vermelden heute, dass „die Juden sich vor wachsendem Antisemitismus fürchten“, europaweit. Na dann.

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Über die Auswahl der Befragten ist näher nichts zu erfahren, außer:

… dass von den 5847 Juden nach Angabe der EU-FRA 1469 im UK leben, 1192 in Frankreich, 810 in Schweden, 649 in Italien, 608 in Deutschland, 528 in Ungarn, 438 in Belgien und 154 in Lettland, womit angeblich „90 %“ der Juden in der EU repräsentativ repräsentiert seien. Netter Versuch.

In Schweden leben nach amtlichen Angeben derzeit etwa 7.500 Juden (Tendenz sinkend), in Deutschland wurden zuletzt etwa 115.000 registriert.  Wenn nun aber die Zahl der Juden in Deutschland etwa 15 mal so hoch ist wie die der Juden in Schweden, wie kann man dann meinen, eine repräsentative Umfrage zu bekommen, wenn man 810 Juden in Schweden befragt und nur 608 in Deutschland? Nicht nur ist das Verhältnis der schwedischen und deutschen Juden völlig disproportional für ihren Anteil „in Europa“, auch die Gewichtung innerhalb des eigenen Landes ist völlig willkürlich. In Schweden wurden mit 810 von demnach über zehn Prozent der dort lebenden Juden befragt, in Deutschland mit 610 von 115.000 lediglich ein halbes Prozent.

Das soll nicht heißen, dass es keinen Antisemitismus in Europa, der EU, oder in den einzelnen Staaten wie auch in Deutschland gibt. Den gibt es gewiss, zum einem aus der islamischen Welt importiert und hofiert, zum anderen mehr oder minder gut getarnt als “Israel-Kritik” und besonders virulent von Leuten artikuliert, deren Zynismus sonst so ziemlich alles auf der Welt herzlich egal ist.

Mursi Merkel

Aber welchen Sinn ergibt es, Ergebnisse dieser Art zu quantifizieren? Ganz abgesehen davon, dass die Art der Fragestellungen und der damit einhergehenden Erwartungshaltungen gelinde gesagt manipulativ sind?

Wahrscheinlich will man damit sagen, man nimmt das “Thema Antisemitismus” sehr, sehr ernst, um bei der nächsten (längst vorbereiteten) Gelegenheit wieder verbal gegen Israel vom Leder ziehen zu können ..?

However. Zum Abschluss ein eher schwammiges Grußwort bezüglich der „Damons (?) of the past“, das bislang nur erst 11 mal aufgerufen wurde. Es stammt von Martin Schulz, dem Präsidenten des Europaparlaments: