Die sog. “Stolpersteine” sind nun auch in Augsburg wieder zum Thema geworden. Die einen wollen sie, um an Personen zu erinnern, die aus Augsburg entführt und meist anderswo umgebracht wurden, vor den Häusern wo sie lebten und wohnten. Auch weil ihnen in den meisten Fällen über den aufgezwungenen Tod auch ein Grabstein in der Heimat verwehrt geblieben ist.
Es gibt aber auch kategorische Gegner und die sind mitunter sehr einfallsreich in den Ausreden, um die “Stolpersteine” abzulehnen. Unter anderem zählt dazu die Sorge um das Andenken der Verstorbenen, das sinnbildlich “mit Füßen getreten” werde, freilich nur wenn man draufstampft, aber auch eine angebliche Omnipräsenz des “Themas” in der Öffentlichkeit. Tatsächlich ist es so, dass allein in der Augsburger Innenstadt (besonders aber auch in Pfersee, Steppach oder Kriegshaber), zahlreiche der Stolpersteine denkbar wären.
Seitens des JHVA begrüßen wir die neuerliche Initiative zur Schaffung sog. Stolpersteine in Augsburg:
Nicht weil es in jedem Fall die beste aller Möglichkeiten wäre, um “der Vergangenheit” zu gedenken (das wäre es fast nie), auch nicht, weil wir der Meinung wären, das sog. “Gedenken” an ermorderte Juden zur “Kritik an der Politik des Staates Israel” berechtigen oder gar qualifizieren würde (mag manchem zwar jucken, aber: nein, weder noch), schließlich auch nicht, weil es sinnvoll wäre, eine weit über tausendjährige Geschichte von Juden in der Region auf ein paar Jahre drastischer Verfolgung und Ermordung zu reduzieren (auch das wäre Wunschdenken der übleren Sorte), sondern weil mit dem sonst überall praktizierten Komplettverschweigen rein nichts bewirkt wird und werden kann – wie man überall sieht, wenn man sehen will.
Es ist ja nun auch nicht so, dass es in Augsburg Stolpersteine nicht schon längst geben würde. Es gibt sie. Überall und in großer Zahl. Sie sind niemanden gewidmet, aber sie erinnern daran, dass die Vernachlässigung der nicht unmittelbar kommerziell verwertbaren Umgebung, allgemein verbreitet ist. Anders als jene Gedenktafeln, sind sie wirkliche Stolpersteine, ganz einfach weil Menschen drüber stolpern. Feine Damen mit teueren Schuhen, Rentner, Kinder, Radfahrer. Sie alle tun sich, wie man als Anwohner der Augsburger Innenstadt täglich beobachten kann, mitunter schwer mit den überall vorhandenenAugsburger Stolpersteinen:
Napoleon, so das bekannte Bonmot soll bei seinem Einmarsch in die Stadt im Herbst 1805 beim Anblick der maroden Augsburger Straßen gesagt haben, dass die Stadt eines Fürsten bedürfe, um der weiteren Vernachlässigung zu entgehen. Und das führte sodann auch zur Verschenkung der Augsburger an die Herzöge von Bayern, die nun sogleich Könige werden wollten … und wurden – und vermutlich deshalb warten Stadt und Straßenbau in Augsburg auch zwei Jahrhunderte später noch immer auf die entsprechenden fürstlichen Maßnahmen …
绊脚石
Камни преткновения
שטולפרשטיין
Stolpersteine in der Augsburger City, Februar 2014
Wie dem auch sei, ein paar Namen hier und da könnten die allgemeine Gleichgültigkeit durchbrechen und einen bewussten Umgang mit der eigenen Nachbarschaft, Stadt, Region, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sorgen.
Wir sind den Gedenksteinen an vielen Orten begegnet und haben nirgendwo eine negative Auswirkung registrieren können, ganz im Gegenteil befassten sich gerade durch diesen Anreiz sehr viele Leute mit der Häuser- und Straßengeschichte ihrer Nachbarschaft, während immer wieder Touristen zu beobachten waren, die deshalb einen anderen Fußweg auf ihrer Exkursionen nahmen.
Ganz ohne Zweifel sind die folgenden Beispiele auch optisch ansprechender als die auch auch zwei Jahren reger Bautätigkeit in der Augsburger Innenstadt überreichlich vorhandenen Stolpersteine:
Stolpersteine in Nördlingen
Stolperstein in Berlin
Stolpersteine in Bamberg
Stolpersteine in Regensburg
vor der ehemaligen Synagoge in Dinkelsbühl
Der Initiator der “Stolpersteine” Gunter Demnig wurde für seine damals schon bemerkenswerte Engagement bereits im Januar 2005 in seiner Geburtsstadt Berlin mit dem “German Jewish History Award” der Obermayer Foundation ausgezeichnet:
Obwohl der Vorsitzende der Stiftung Arthur Obermayer viele und enge Beziehungen nach Augsburg und zu seinen Institutionen hat (seine väterlichen Vorfahren stammen aus Kriegshaber und Pfersee), hat die von ihm ausgezeichnete Initiative in Augsburg bislang keinen Anklang finden können.
Nachahmende Variationen finden sich übrigens ebenfalls an vielen Orten. In Kaufbeuren z.B. können die Gedenksteine weit größer ausfallen als das eher bescheidene Pflastersteinformat, und in manchen Fällen muss man noch nicht mal tot sein, um auf diese Weise in die Erinnerung gerufen zu werden:
am Dom-Platz von Erfurt reicht es sogar wenn man Angelika, Rock Hudson oder Freddy Mercury heißt
Es war nicht wirklich schwer zu erraten (siehe Kommentar https://jhva.wordpress.com/2012/07/27 ), dass auf die eigenartige und gerade seitens der „Gegner“ sehr emotional geführte, mitunter auf psychologischen Kastrationsängsten beruhenden Debatte über Beschneidungen von Jungen in Deutschland, ein Gesetz die Rechte der Ärzte stärken, ansonsten aber erklären würde, dass Beschneidungen weiterhin „erlaubt“ bleiben. Genau so kam es und entsprechend vermeldet das Bundesministerium für Justiz am 27. September:
Beschneidung bleibt erlaubt
Das Bundesjustizministerium hat Eckpunkte zur Beschneidung vorgelegt, die diese Woche an Länder und Verbände verschickt wurden. Die Beschneidung bleibt in Deutschland erlaubt.
Datum 27.09.2012
Das Bundesjustizministerium stellt klar, was ohnehin schon möglich ist: Die Regelung soll die Verunsicherung, die durch das Urteil des Landgerichts Köln entstanden ist, beseitigen. Nach dem Grundgesetz haben Eltern das Recht auf Erziehung. Die Erziehung liegt primär in der Verantwortung der Eltern. Dazu gehört auch, dass sie sämtliche Fragen, die ihre Kinder betreffen, entscheiden können – auch eine Beschneidung des Jungen nach Regeln der ärztlichen Kunst. Der Staat hat hier ein Wächteramt, wenn im Einzelfall eine Kindeswohlgefährdung droht. Das BMJ hat eine Regelung vorgelegt, die nur auf die Beschneidung von Jungen beschränkt ist, die noch nicht selbst entscheiden können.
Das Bundesjustizministerium hat vier Anforderungen an die Beschneidung berücksichtigt:
1. Sie muss fachgerecht durchgeführt werden. Und deshalb muss die Beschneidung möglichst schonend und mit einer möglichst effektiven Schmerzbehandlung durchgeführt werden.
2. Sie darf nur nach einer vorherigen umfassenden Aufklärung erfolgen.
3. Eltern müssen den Kindeswillen bei dieser Frage entsprechend miteinbeziehen.
4. Eine Ausnahmeregelung greift, wenn im Einzelfall das Kindeswohl gefährdet wird, z.B. bei gesundheitlichen Risiken.
In der Regel wird die Beschneidung von Ärzten durchgeführt. Die Beschneidung kann innerhalb der ersten 6 Lebensmonate auch von Personen durchgeführt werden, die von ihrer Religionsgemeinschaft dafür vorgesehen sind. Diese Personen müssen die Beschneidung genauso gut wie ein Arzt beherrschen.
Es bleibt also letztlich im wesentlichen alles wie zuvor, außer dass Eltern künftig am achten Tag den Willen des Kindes entsprechend miteinbeziehen werden. 😉
* * *
Religious circumcison of little boys will still be “legal” as a draft law by the federal German justice department suggests. Maybe this will bring to an end the somewhat weird discussion which has occupied German media this summer following a decision of district court in Cologne (Kölner Landgericht).
Medienberichten zu Folge ist der Hofer Rabbiner und Mohel David Goldberg im Zusammenhang mit dem kontroversen Kölner Beschneidungsurteil angezeigt worden. Erstattet wurde die Anzeige von einem „Arzt aus Hessen“, angeblich auch Mitunterzeichner eines offenen Briefes an die deutsche Bundeskanzlerin, in welchem zu einem Verbot der Beschneidung von Kindern aufgerufen werden soll.
In Berlin weilt hingegen Yona Metzger, Oberrabbiner der Aschkenasen in Israel, der zum Thema beiträgt, dass er sich vorstellen könne, Beschneider in Deutschland eine medizinische Fortbildung zu ermöglichen. Er sprach sich jedoch dagegen aus, Beschneidungen künftig nur noch von Ärzten durchführen zu lassen. Das brächte auch nichts, wenn sie nicht zugleich auch Beschneider wären.
Noch immer steckt also gewissermaßen die Vorhaut der „Beschneidungsgegner“ im engen Sommerloch fest. Eine Art verbale Phimose. Die Argumente drehen sich vor allem noch immer um Mutmaßungen aus dem reichen „Spektrum der Medizin“. Raw Metzger zeigt sich als Chochem, denn er weiß natürlich, dass in Deutschland nach wie vor besonders medizinische Kriterien gelten – auch wenn diese sich im Laufe des letzten Jahrhunderts öfter einschneidend geändert haben. Was der Onkel Doktor sagt, ist sicher und gut, so wie früher das Amen des Dorfpfarrers ausschlaggebend war. Und tatsächlich: Außer Eigeninteressen verfügen Mediziner in der Regel über keine eigenen Interessen.
Metzger sagte auch, dass er sich darüber freut, dass man in Deutschland nun über die Beschneidung diskutiert. Das wäre insofern erfreulich, wenn die Diskussionen etwas mit den Fakten zu tun hätte. Das nun aber ist eher selten der Phall, äh … Fall.
Die vielerorts zu hörende „Lösung“ etwa, Beschneidungen von Ärzten unter Betäubung vornehmen zu lassen, war die eigentliche Grundlage des Falles der die Debatte(n) auslöste: Ausschlaggebend für das in sich mehrfach widersprüchliche Urteil von Köln war nämlich eine Anfang November 2010 an einem vierjährigen Muslim durchgeführte Beschneidung. Diese wurde von einem (muslimischen) Arzt und unter örtlicher Betäubung durchgeführt. Zwei Tage nach der Beschneidung wurde der Knabe von seiner Mutter wegen Nachblutungen in einer Kölner Klinik nachbehandelt. Da solche Nachblutungen in der Regel nicht vorkommen, schon gar nicht zwei Tage nach der Bescheidung müsste man annehmen, dass die Arbeitsweise des Arztes zu beanstanden wäre. So kam es dann auch und der Arzt wurde wegen Körperverletzung angezeigt – und freigesprochen. Das am 7. Mai ergangene Urteil der ersten kleinen Strafkammer des Landgerichts Köln war die Berufungsverhandlung zu diesem Freispruch. Obwohl der muslimische Arzt das Kind zwar betäubt hatte, bedurfte seine Arbeit der medizinischen Nachbesserung in einer Klinik. Nun müsste man annehmen, dass die Beschneidung dieses einen Jungen zu Komplikationen führte, die eine Anklage und Verurteilung des Arztes rechtfertigen würden. Das Kölner Gericht kam jedoch eigenartiger Weise zu einem ganz anderen, überraschenden Befund: “Aufgrund des von der Kammer eingeholten Sachverständigengutachtens steht fest, dass der Angeklagte fachlich einwandfrei gearbeitet hat. Ein Behandlungsfehler liegt nicht vor.“ Andererseits sah das Gericht jedoch den Tatbestand nach Strafgesetzbuch 223 (1) als erfüllt an. Dort heißt: „Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Zusammengefasst hatte der Kölner Arzt, der den kleinen Muslim beschnitten hatte, also zwar so gearbeitet, dass der Junge Tage später in einer Klinik nachbehandelt werden musste. Trotzdem sah das Gericht keinen Behandlungsfehler und attestierte dem Arzt, dass er „einwandfrei“ gearbeitet hatte und weil dem so war, lag nun der Straftatbestand der Körperverletzung vor. Logisch ..?
Da der muslimische Arzt angeblich „einwandfrei“ arbeitete, konnte das Kölner Gericht im Folgenden auch nicht sagen, worin nun die sich auf Paragraph 223 berufende Diagnose der „Misshandlung“ oder gar der „Schädigung der Gesundheit“ bestanden haben soll. Der Freispruch des Arztes machte deshalb Sinn, weil die Richter nicht den konkreten – offenbar etwas misslungenen – Fall im Visier hatten, sondern Beschneidungen von Kindern als solche, die offenbar auch bei Muslimen in aller Regel ohne Komplikationen verlaufen, selbst dann wenn sie wie in Köln von Ärzten und unter Betäubung vorgenommen werden.
Die kleine Strafkammer des Landgerichts urteilte, dass „der Körper des Kindes durch die Beschneidung dauerhaft und irreparabel verändert“ (werde). Nun, insofern Vorhäute anders als Haare oder Fingernägel offenkundig nicht nachwachsen, ist zumindest das anklingende Argument der Irreversibilität korrekt. Die Strafkämmler verwenden jedoch nicht den Begriff der Reversibilität, sondern sprechen stattdessen von „irreparabel“, d.h. das Abschneiden der Vorhaut (oder sollte man angepasst von „Demontage“ sprechen?) ließe sich nicht reparieren. Da auch www.duden.de bei „Reparatur“ zuerst an Autos denkt, geht es wohl nicht nur mir so. Der zugrunde liegende lateinische Begriff „reparo, reparare“, der sich von „paro, parare“ (= erwerben, kaufen) ableitet, bedeutet wörtlich eigentlich „wieder (re) erwerben, beschaffen“, etc. im Sinne von Ersatz beschaffen. Und genau so bringt man als Konsument auch das kaputte Elektrogerät oder Auto zum Kundendienst und lässt die defekten Teile in der Regel austauschen. Wie nun auch immer, mutmaßen die Kölner Richter, die sich auf allerlei Fachgutachten stützen also, dass eine einmal entfernte Vorhaut nicht ersetzt werden könnte. Das denken sie so, stimmt aber nicht. Da dieses „Argument“ trotzdem überall zu hören und zu lesen ist, ist es wohl nützlich, diesbezüglich etwas ausführlicher zu werden. Und Hobby-Historikern macht das ja auch durchaus etwas Spaß:
Schon vor etwa 2200 Jahren zur Zeit der seleukidischen Herrschaft kannte man im besetzten Judäa verschiedene Verfahren der Vorhautrestauration, insbesondere durch das Dehnen der verbliebenen Schafthaut. Juden, die an den damals völlig nackt ausgeführten sportlichen Übungen der griechischen Besatzer teilnehmen wollten, hatten in der Regel das Problem, dass sie durch die fehlende Vorhaut (πόσθη) als Juden erkennbar waren, was offenbar zu ihrem Ausschluss an den Wettbewerben führte. Um zum griechischen Establishment gehören zu können, mussten sie nun langwierige Dehnübungen auf sich nehmen, andere als Sportler sonst auf sich zu nehmen gewohnt sind. Das angewandte Verfahren nannte sich επι-σπασμος, wörtlich “Überziehen” (oder „Hinziehen“) und erklärt sich ein wenig von selbst. Wer nun an Krämpfe denkt, liegt nicht ganz falsch, da σπασμος nicht nur “Ziehen, Dehnen” heißt, sondern auch „Zucken“. Der moderne Begriff der Spasmen stammt von da. Im ersten Buch der Makkabäer (um 165 v.a.Z.) ist von üblen Gesellen die Rede, welche das Volk überreden wollten, es dazu zu verführen, die heidnischen Bräuche und ihren Götzendienst anzunehmen: „Sie gründeten in Jerusalem ein Gymnasium (γυμνάσιον) und machten sich Vorhäute (ἀκροβυστίας). Sie fielen ab vom heiligen Bund (διαθήκης ἁγίας) und benahmen sich wie die Völker (ἔθνεσι) und gaben sich jeder Schande und allen Lastern hin.“ (1. Makk. 1.15)
Es ist offensichtlich , dass ein „Episkopatikos“ (επι-σπαστικος), „Überzieher“ (man könnte ebenso wörtlich auch „Hin-Zucker“ übersetzen) sich ausdrücklich gegen seine jüdische Sozialisation stellte und dass die Negierung der Beschneidung genau diese Absicht hatte. Bei den Römern nannte man denjenigen der seine Beschneidung „reparierte“ einen recutitio (von Lateinisch cutis = Haut, Hülle) , also in etwa einen „Wiederbehüllten“.
Der von Kaiser Nero in den Selbstmord getriebene römische Satiriker Titus Petronius (14-66), auch bekannt als „Arbiter“ (nein, da fehlt kein „e“) und Autor des “Satyricon” erwähnt im freilich erst 1645 wiederentdeckten „Trimalchios Gastmahl“ (Cena Trimalchionis) einen Sklaven, der, hätte er nicht zwei Nachteile, unbezahlbar wäre: „wiederbehüllt“ zu sein und zu schnarchen (recutitus est et stertit).
Was bei Petronius eher ein Scherz ist, fand beim römischen Arzt Aulus Cornelius Celsus (gest. 50 n.a.Z.) in seinem Werk „De medicina libro octo“ ausführliche Beachtung. Celsus, der als erster über Tumore schrieb, schilderte gleich zwei chirurgische Verfahren um die Beschneidung rückgängig („decircumcison“) zu machen. Beim ersten Verfahren, dass er meist bei Kindern und Männern mit einer auf natürliche Weise zu kurz geratenen Vorhaut empfahl, wurde die Haut an der Wurzel eingeschnitten und über die Eichel gestülpt. Das Abbinden an der Spitze verhinderte einen Schwund der Haut in den früheren Zustand. Auf diese Weise wurde nun eine zweilagige Vorhaut rekonstruiert. Die durch den Aufschnitt entstandene untere Beschädigung der Haut verheilte im Zuge des Heilungsprozesses und wurde überwachsen. Die zweite Methode war ähnlich. Übrigens empfahl Celsus zur Vermeidung einer Erektion während des Heilungsprozesses eine spezielle Diät. Etwa neugierig geworden?
Da ich nicht noch weiter vom Thema abkommen will, hier nur der Hinweis auf den Text in Latein/ bzw. in der Englischen Loeb Edition: http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Roman/Texts/Celsus/home.html. Galen (130-210) zitiert die Praxis der Vorhauterneuerung in der Beschreibung von Celsus, weshalb man annehmen kann, dass sie in seiner Zeit ebenfalls gebräuchlich waren.
Zur Zeit Schimon ben Kosba, den als „Bar Kochba“ bekannten letzten antiken König Israels, gestorben vor etwa 1875 Jahren, war es unter manchen Juden in der Diaspora oder unter griechisch- römischen Einfluss noch immer gebräuchlich, dass sie mittels Dehnübungen oder durch die beschriebenen chirurgischen Eingriffe ihre frühkindliche Beschneidung revidierten. Da Bar Kochba jedoch als Messias ausgerufen und anerkannt wurde, legte er logischerweise Wert auf die Einhaltung der Gebote der jüdischen Bibel, andernfalls hätte er auch seinen Job verfehlt. Entsprechend gibt es Berichte dazu, dass er Wert darauf legte, dass seine jüdischen Anhänger aus der griechischen Diaspora ihre verlängerten Vorhäute erneut beschneiden ließen, ehe sie sich ihm als verehrten „Christos“ im Kampf gegen die römischen Besatzer anschließen durften. Wenn schon, denn schon.
In der Neuzeit dauerte es bis zur Wende des 19. Jahrhunderts, ehe sich die moderne medizinische Literatur wieder mit dem Thema der Vorhautrekonstruierung beschäftigte. Aus der Zeit der nationalsozialistischen Terrorherrschaft in Europa stammen einige Berichte über Männer, die sich mittels Vorhautverlängerungen ihr Leben retteten. Trotzdem ist das Thema jedoch bis heute nicht im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Schade eigentlich, da die Betroffenen den eifrigen Richtern in Köln sicher einige Aufschlüsse geben könnten.
Heute spricht man aus verschiedenen Anlässen, wozu auch Phimosen (nicht Mimosen) gehören von „Operationen am Präputium“, man zumindest als Facharzt schon mal gehört haben sollte, bzw. von Frenulum- oder Präputiumsplastiken. Der aufmerksame Leser ahnt, oder mag selbst weiter recherchieren.
Man sieht also, dass es eine weit über 2000 Jahre alte Praxis gibt, Beschneidungen auch auf chirurgische Weise zu „reparieren“, weshalb das Argument des schlecht beratenen Kölner Gerichts, der Körper des Kindes werde „irreparabel“ verändert unzutreffend ist.
Weiter behauptet das Urteil: „Diese Veränderung läuft dem Interesse des Kindes später selbst seine Religionszugehörigkeit entscheiden zu können zuwider.“ Abgesehen davon, dass dieses „Interesse“ auf der bloßen Annahme basiert, dass bei Muslimen (und Juden) Familientradition, Abstammung und kulturelle Gebräuche dem selben geringen Stellenwert hätten wie im Umfeld der Richter, mangelt es auch hier an Logik. Selbstverständlich können auch Beschnittene ihre Religion wechseln oder sogar auch Atheisten werden. Beschneidung hin oder her. Beispiele dafür gibt es überall. Und da selbst Jesus von Nazareth beschnitten war (siehe das Evangelion von Lukas 2.21), dürfen Beschnittene wohl sogar auch getauft werden. Auch dafür gibt es genug Beispiele, auch wenn es aus jüdischer Sicht eher traurige wären. Nur zur SS konnte man als Beschnittener nicht. Aber darum brauchen sich die Richter wohl keine Sorgen machen.
* * *
Beschneidungsmesser als Symbol am Grabsteinrest eines Mohel, Kriegshaber / Pfersee, jüdischer Friedhof
One arguement in Germany’s ongoing debate over circumcision of male children is the untenable assertion of the Cologne district court circumcision was “irreparable” (as they put it). However, almost 2200 ago there were widely known methods of prepuce reconstruction, accurately described by physicians like Celsus or Galen, mentioned in Mishna as well as in the Makkabean books.
Um all diesen Artikeln etwas entgegen zu setzen und möglichst auch die im September zu erwartende Diskussion im Bundestag zu beeinflussen, haben Prof. Kyrill-Alexander Schwarz (Universität Würzburg) und “Dr. XY” (Name auf schriftlichen Wunsch am 20. August 2012 entfernt) ebenfalls einen Offenen Brief zur Beschneidungsdebatte verfasst, der in den nächsten Tagen in einer der großen Zeitungen veröffentlicht werden soll. Die Datei findet Ihr im Anhang.
Jeder, der den Brief mit unterzeichnen möchte, sendet bitte eine Mail mit Name, Beruf/Titel und Wohnort an: T.Ellen.Guggenheim@t-online.de. Bitte leitet diese Bitte auch an Eure Freunde und Bekannte weiter. Je mehr Unterzeichner, desto besser!
Für das Menschenrecht auf elterliche Erziehung
zur religiösen Identität
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung, sehr geehrte Bundestagsabgeordnete,
Im Zuge der Forderung nach einer „Versachlichung“ der Diskussion um die Beschneidung benennen die Unterzeichner eines offenen Briefes an Sie in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 21.07.2012 als Kernpunkt der Debatte eine „Abwägung der Grundrechte auf Religionsfreiheit von Erwachsenen mit dem Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung sowie die Achtung seiner Würde.“. Diese und ähnliche Beschreibungen in der gegenwärtigen Debatte kommen einer Diffamierung der jüdischen und muslimischen Religionsgemeinschaften gleich. Die Beschneidung ist kein Instrument der Eltern zur sexuellen Unterdrückung, Entwürdigung oder Verstümmelung ihrer eigenen Kinder, sondern ein Akt, der die Körper der Kinder vollständig werden lässt: Sie werden durch eine Beschneidung zu einem selbstverständlichen Teil ihrer Religionsgemeinschaften, ebenso wie sie selbstverständlich eine Muttersprache erlernen. Nicht die Eltern, sondern eine Gesellschaft, die muslimischen und jüdischen Kindern eine solche selbstverständliche religiöse und soziale Identität verweigert, verletzt ihre Würde.
Die Verabsolutierung des kindlichen Rechts auf körperliche Unversehrtheit bedeutet, dass Normativität nur den unbeschnittenen Körpern der Mehrheitsgesellschaft zugestanden wird; nur sie haben eine selbstverständliche und „natürliche“ Existenzberechtigung. Im Sinne der Religionsfreiheit soll sich ein Mensch daher zwar im Erwachsenenalter frei für eine „abnorme Ausnahme“ entscheiden können, jedoch darf er diese nicht zur Normalität werden lassen – Seine Kinder sollen unbeschnitten bleiben, und nicht die Religion ihrer Eltern, sondern jene der Mehrheitsgesellschaft verkörpern. Jüdischen und muslimischen Eltern wird damit nicht weniger als das Recht auf eine selbstverständliche Nachkommenschaft genommen.
Dies ist ein Eingriff in das zuvörderst den Eltern – nicht dem Staat und nicht der Mehrheitsgesellschaft – obliegende Recht und die Pflicht zur religiösen Erziehung sowie generell zur Erziehung und damit Prägung ihrer Kinder (Art. 6 Abs. 2 GG; Art. 4 Abs. 1, 2 GG; § 1 Gesetz über die religiöse Kindererziehung).
Es ist ein zentrales Anliegen des Menschenrechts auf Religionsfreiheit, nicht den Vorstellungen einer Mehrheit folgen zu müssen, sondern für sich das Recht auf ein Leben nach eigenen, dem eigenen Selbstverständnis verpflichteten religiösen Handlungen in Anspruch nehmen zu können. Hier erweist sich der Grundrechtsschutz in seiner zentralen Funktion als Schutz der Minderheit.
Mit dem rigorosen Schutz der körperlichen Unversehrtheit des Kindes und seiner Religionsfreiheit werden die Grundrechte des Kindes von Abwehrrechten gegenüber dem Staat, die es bis zu seiner Mündigkeit durch seine Eltern wahrnimmt (vgl. §§ 1, 5 Gesetz über die religiöse Kindererziehung), zu Abwehrrechten gegen Private, namentlich gegen seine eigenen Eltern. Damit kommt der Staat seiner grundgesetzlichen Pflicht zum besonderen Schutz der Familie nicht nach (Art. 6 Abs. 1 GG).
In der öffentlichen Diskussion wird immer wieder betont, dass die Bedürfnisse und Traditionen der beteiligten Religionsgemeinschaften berücksichtigt werden sollen. Diese Berücksichtigung soll allerdings nach den Vorgaben der Mehrheitsgesellschaft erfolgen. Geschützt wird in einer solchen Gesellschaft nicht „jüdisches und islamisches Leben im Rahmen der deutschen Rechtsordnung“ – geschützt wird der Traum von einem Land, in dem ausschließlich die Deutungsmuster und Körper der Mehrheitsgesellschaft existieren können.
Wir, die Unterzeichner, bitten Sie, den „Kinderschutzgedanken und die Bedürfnisse der betroffenen Kinder zur Grundlage Ihrer Entscheidungsfindung zu machen“ und sich „eindeutig auf der Seite des Kindes zu positionieren“: Jüdische und muslimische Kinder haben das Recht, in einer offenen und pluralistischen Gesellschaft aufzuwachsen, einer Gesellschaft, die ihre Identität nicht kriminalisiert, sondern sie als gleichberechtigt und gleichwertig anerkennt.
* * *
Kommentar zur Diskussion
Es muss etwas mit dem „Sommerloch“ zwischen der Fußball-EM und dem Beginn der Olympischen Sommerspiele in London zu tun haben, vielleicht auch damit, dass man nicht zu viel über das andauernde Gemetzel in Syrien oder über die Entwicklung in Ägypten oder die “Eurokrise” informieren und reden will: Denn selten bekam das Urteil eines einzelnen Gerichts in Deutschland gar so viel Aufmerksamkeit, wie das inzwischen allgemein bekannte Urteil zur “religiösen Beschneidung”, welches selbige als „Körperverletzung“ wertet, freilich ohne näher zu bestimmen, ob das mehr im Bereich einer Watschen, Piercing, Knochenbrüchen oder Hirnambutation zu verstehen ist.
Zwar kann, was viele gar nicht verstanden haben, auch das Kölner Landgericht gar keine Gesetze erlassen (dafür sind in Rechtsstaaten mit Gewaltenteilung noch immer Parlamente zuständig), doch hinderte das eine Vielzahl eifriger Kommentatoren nicht daran, anzunehmen, dass Bescheidung von Kindern in Deutschland nunmehr verboten sei. Dem ist natürlich (noch) nicht so und da keine einzige Partei des Deutschen Bundestages auch nur ein entsprechendes Gesetz erwägt, wird es dazu nicht kommen. Da darüber hinaus auch kein anderes Gericht an die singuläre Entscheidung des Kölner Landgerichts gebunden ist und deren Urteil zudem von einer höheren Instanz revidiert werden kann, müsste man die ganze Sache eigentlich achselzuckend zur Kenntnis nehmen und das Pusten im Wasserglas sozialverträglich gestalten. Allenfalls -ausreichend Langeweile vorausgesetzt – der juristische Weg der Instanzen wäre naheliegend gewesen und der Weg der allgemeinen Rechtspraxis und hätte zudem auch die gesellschaftlich relevante Chance gehabt, die völlig unterschiedlichen Ebenen der Argumentation aufzuzeigen, die nun aber umso lauter am bundesdeutschen Hühnerhaufen zu hören sind.
Ganz offensichtlich lehnt eine – faktisch unberührte – ¾-Mehrheit „der Deutschen“ (in Umfragen, Internetforen, Leserbriefen, … nicht zu vergessen an den Stammtischen) „die Beschneidung“ ab. Das ist zwar ohne Belang, da Christen ja auch nicht nach Mekka pilgern. Auch war das immer schon so, zumindest in dem Sinne, dass sie selbst für sich und ihre Knaben keine Beschneidung erwogen, obwohl eigentlich auch der christliche Heiland, der bekanntlich beachtliche Heilkräfte gehabt haben soll, als Judenbub ganz in Übereinstimmung dem göttlichen Gebot der Tora beschnitten wurde: „Am achten Tage, als er beschnitten (περιτεμεῖν) wurde, nannte man ihn mit Namen Jesus“ (Luke 2.21).
Doch alle Fakten ändern gar nichts daran, dass in den Diskussionen mitunter „Meinungen“ auftauchen, die man so ähnlich auch im „Stürmer“ lesen kann. Das ist insofern sogar verständlich, als dass die Mehrheit der Bevölkerung im Grunde keine Ahnung hat, worum es eigentlich geht. Normalerweise sagt man da aber: was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht. Hier aber geht es aber um den geplanten Vorsatz zum Missverständnis. Für bestimmte Kreise war das aber eigentlich immer schon so und reichte im Mittelalter von Ritualmord-Anschuldigungen bis zu den von Freud diagnostizierten “Schneideträumen”, die in der Nazizeit durch das omnipräsente jüdische Feindbild dann nochmals mit großem Aufwand verstärkt wurden. Im Grunde eine Psychose. Das wäre auch nicht weiter schlimm, denn gesellschaftliche Akzeptanz würde heute voraussetzen, dass ein jeder nach seiner Fasson leben und selig werden soll.
Es ist keineswegs zwingend, dass man sich unbedingt in die Angelegenheiten anderer einmischt, bloß weil man keine Ahnung davon hat.
Trotzdem findet man ganz plötzlich eine landesweite Sorge um das Wohl von kleinen Knäblein, die wie immer schon üblich nach jüdischer und islamischer Tradition erzogen werden.
Beschneidung als solche solle zwar nicht verboten werden, jedoch bei Kindern nur noch aus medizinischen Gründen erfolgen. Insbesondere Mediziner verlangen nun aber „Rechtssicherheit“ aus Sorge „kriminalisiert“ werden zu können, etwa so wie früher Ärzte, die inzwischen längst legalisierte Abtreibungen vornehmen dürfen. Deshalb will nun der Deutsche Bundestag (angeregt nicht zuletzt durch die muslimischen Verbände) ein eigenes Gesetz auf den Weg bringen das jetzt schon legale Beschneidungen legalisiert, damit nicht künftig Mose durch Phimose ersetzt wird.
Auch die Argumentation der “Befürworter” handelt im wesentlichen von medizinischen Definitionen, von Hygiene, geringerem Risiken von Krebserkrankungen oder HIV-Infektionen, etc. weshalb auch die Mehrheit der US-Amerikaner beschnitten sei, während die Kontrahenten eben von “Verstümmelung” oder “Gewalt” reden.
Im Prinzip ist es also eine Art Streit unter Ärzten oder zumindest ein weiterer Schritt zur „Medizinisierung“ der Gesellschaft. Ärzte sind es die uns Ultraschallbilder des Ungeborenen zeigen und zuletzt den Totenschein ausstellen und für die Zeit dazwischen gibt es die Pflichtversicherung.
Es ist offensichtlich, dass der Pharma-Medizin-Komplex de facto die gesellschaftliche Rolle der Religion übernommen hat und dass zumindest in Deutschland Ärzte an die Stelle von (christlichen) Priestern getreten und dabei weiter auf dem Vormarsch sind. Das „religiöse“ Argumente dabei kein Gewicht haben, ist eine fast schon banale Nebensächlichkeit, weshalb ein Rabbi Yitzchak Ehrenberg, orthodoxer Rabbiner aus Berlin, der in einer jener Experten-TV-Talkshow behauptete, das „Beschneidungsverbot“ würde den „Tod des Judentums in Deutschland“ bedeuten, bestenfalls Stirnrunzeln hervorruft, während manche abschätzig meinen, dass wenn die “Körperverletzung von Kleinkindern”, die Grundlage des Judentums sei, es um dieses auch nicht weiter schade wäre. Wen kümmern da erst Grundrechte wie Religionsfreiheit nach Artikel 4.1-2 oder noch eigenartiger, die Annahme, dass es GOTT … wirklich gibt?
Andererseits, wer ist es, der überall proklamiert, dass über sechzig Jahre nach den Nazis “jüdisches Leben” wieder “normal” sei in “Schland” ..? Wer braucht wen fürs gute Image im Ausland …?
Was nun aber? Wie bereits gesagt, gibt es gar kein Verbot der Beschneidung und es wird auch keines geben, aber wir können damit rechnen, dass der Bundestag ein Gesetz vorlegt und beschließt, das als „Kompromiss“ zwischen den „unversöhnlichen“ Positionen letztlich die Rechte der Mediziner stärkt und Beschneidungen nur noch von „Fachärzten“ durchführen lässt. Das wird einerseits zwar viele jüdische Mammen freuen, da es sodann ein schlagendes Argument dafür gibt, den (beschnittenen) Sohn frühzeitig auf eine Ärztelaufbahn vorzubereiten, andererseits vielleicht zu jüdischen Beträumen in deutschen Kliniken führen, damit man dort die Brit Mila feiern kann, statt in der Synagoge, wo dann schon wieder etwas mehr Platz wäre, um in einer weiteren Vitrine noch mehr Beschneidungsmesser auszustellen… Im Ergebnis wäre und wird an der gegenwärtigen Praxis kaum etwas geändert, aber es war dann gut, dass man geifernd drüber gestritten hat.
Fast wollte man sagen, dass dieses absehbare Ergebnis eigentlich schade ist, und das es besser wäre, wenn es tatsächlich zu einem Beschneidungsverbot käme – durch den Bundestag als Gesetz beschlossen. Ein solches Gesetz müsste Beschneider wie Eltern natürlich rundweg kriminalisieren und mit möglichst drastischen Strafen (Bußgeld, Haft, Entzug des Sorgerechts, Ausweisung, etc.) sanktionieren, anders machte das ja auch wieder keinen Sinn. Wenn schon, denn schon.
Warum? Es wäre durchaus spannend, wie das von statten ginge. Um die Juden in Deutschland braucht man sich dabei nicht viele Gedanken machen, da sie in der großen Mehrzahl schon recht alt sind und nach vielen Jahrzehnten realen Sozialismus in der Sowjetunion nun noch ein paar Jahre deutschen Sozialstaat ausprobieren. Mehr mit dem Rollator unterwegs ist, braucht eh keine Beschneidung mehr. Unter den Jüngeren gibt es viele Mischehen, Abwanderung ins irgendwie dann doch attraktivere Ausland, aber auch eine Abkehr von den kaum gekannten religiösen Traditionen des Judentums, die nicht mal das Aufstellen von Weihnachtsbäumen zum Jahresende tolerieren wollen.
Um es auf den Punkt zu bringen: selbst in den größeren deutschen Städten gibt es nicht eben viele Beschneidungen in den jüdischen Gemeinden, da auch Sowjets Schneideträume und Ressentiments gegenüber dem Judentum hatten.
Anders sähe es aus mit Millionen von Muslimen in Deutschland. Sie zu kriminalisieren wird sich wohl niemand trauen, sonst brennen wieder Reifen auf den Autobahnen. Schon deshalb kommen in den Medien zu dieser Diskussion meist Juden zu Wort, damit sie das negative Stimmungsbild der Öffentlichkeit abbekommen.
* * *
For some weeks there is a heated debate in Germany since a district court in Cologne ruled that religious circumcision of little boys was “Körperverletzung”. The judges however did not specify, whether they have ment a simple bodily harm, as a rather harmless slap in the face or a malicious injury, assault or aggravated battery …
The debates – to put it in a nutshell – are superfluous like many comments. Many overheated squabblers just have not even realized, that in Germany laws of course are made by the Bundestag not by a local Landgericht and up to now no single voice in the Bundestag has been raised to demand any law to ban or illegalize circumcision. The Bundestag in contrary will launch a law which allows circumcision which is already legal.
“Beschneidung bleibt erlaubt”
October 4, 2012Es war nicht wirklich schwer zu erraten (siehe Kommentar https://jhva.wordpress.com/2012/07/27 ), dass auf die eigenartige und gerade seitens der „Gegner“ sehr emotional geführte, mitunter auf psychologischen Kastrationsängsten beruhenden Debatte über Beschneidungen von Jungen in Deutschland, ein Gesetz die Rechte der Ärzte stärken, ansonsten aber erklären würde, dass Beschneidungen weiterhin „erlaubt“ bleiben. Genau so kam es und entsprechend vermeldet das Bundesministerium für Justiz am 27. September:
Beschneidung bleibt erlaubt
Das Bundesjustizministerium hat Eckpunkte zur Beschneidung vorgelegt, die diese Woche an Länder und Verbände verschickt wurden. Die Beschneidung bleibt in Deutschland erlaubt.
Datum 27.09.2012
Das Bundesjustizministerium stellt klar, was ohnehin schon möglich ist: Die Regelung soll die Verunsicherung, die durch das Urteil des Landgerichts Köln entstanden ist, beseitigen. Nach dem Grundgesetz haben Eltern das Recht auf Erziehung. Die Erziehung liegt primär in der Verantwortung der Eltern. Dazu gehört auch, dass sie sämtliche Fragen, die ihre Kinder betreffen, entscheiden können – auch eine Beschneidung des Jungen nach Regeln der ärztlichen Kunst. Der Staat hat hier ein Wächteramt, wenn im Einzelfall eine Kindeswohlgefährdung droht. Das BMJ hat eine Regelung vorgelegt, die nur auf die Beschneidung von Jungen beschränkt ist, die noch nicht selbst entscheiden können.
Das Bundesjustizministerium hat vier Anforderungen an die Beschneidung berücksichtigt:
1. Sie muss fachgerecht durchgeführt werden. Und deshalb muss die Beschneidung möglichst schonend und mit einer möglichst effektiven Schmerzbehandlung durchgeführt werden.
2. Sie darf nur nach einer vorherigen umfassenden Aufklärung erfolgen.
3. Eltern müssen den Kindeswillen bei dieser Frage entsprechend miteinbeziehen.
4. Eine Ausnahmeregelung greift, wenn im Einzelfall das Kindeswohl gefährdet wird, z.B. bei gesundheitlichen Risiken.
In der Regel wird die Beschneidung von Ärzten durchgeführt. Die Beschneidung kann innerhalb der ersten 6 Lebensmonate auch von Personen durchgeführt werden, die von ihrer Religionsgemeinschaft dafür vorgesehen sind. Diese Personen müssen die Beschneidung genauso gut wie ein Arzt beherrschen.
http://www.bmj.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2012/20120927_Eckpunkte_Beschneidung_bleibt_erlaubt.html
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Es bleibt also letztlich im wesentlichen alles wie zuvor, außer dass Eltern künftig am achten Tag den Willen des Kindes entsprechend miteinbeziehen werden. 😉
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Religious circumcison of little boys will still be “legal” as a draft law by the federal German justice department suggests. Maybe this will bring to an end the somewhat weird discussion which has occupied German media this summer following a decision of district court in Cologne (Kölner Landgericht).
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